Niedersachsen gibt seinen Schülern zwei Tage vor den Weihnachtsferien frei, teilt das Kultusministeriums mit. Das kommt überraschend, da der Minister einen früheren Ferienstart bislang ablehnte. Begründung: Das sei ja nur eine Scheinsicherheit. Da sich in der am heutigen Mittwoch tagenden Bund-Länder-Runde allerdings bereits abzeichnet, dass (fast) alle einen früheren Beginn der Weihnachtsferien wollen, kippt auch Niedersachsen erneut um. Statt Schule gibt es dann eben wieder Notbetreuung für die Schüler, die sich nicht allein oder mit der Familie zu Hause selbst isolieren können. Klingt unlogisch, ist es auch.
Dennoch begrüßen Politik und Fachverbände die Entscheidung. Jedoch bleiben Fragen offen. Zum einen ist der Zeitpunkt der Verkündung merkwürdig. Denn die Pressemitteilung des Kultusministers platzte mitten in die Vorverhandlungen zur Bund-Länder-Schalte. Da hatte es bereits geheißen, alle seien sich einig, die Weihnachtsferien bereits am 16. Dezember beginnen zu lassen. Eine Falschmeldung, wie sich wenig später herausstellte. Danach wurde gemeldet, der genaue Beginn der Weihnachtsferien sei immer noch unklar. Gut möglich, dass Niedersachsen mit der Entscheidung daher Fakten schaffen wollte, über die man in der offiziellen Runde nicht mehr diskutieren will. Peinlich wäre es allerdings, wenn sich dann doch noch etwas ändern sollte.
Nachvollziehbar bleibt die Maßnahme ohnehin nicht. Mehrere Tage Schule opfern, um ein paar Stunden Weihnachten mit Oma und Opa zu feiern, ist schon reichlich schräg. Das Argument, eine „Vorquarantäne“ erhöhe die Sicherheit fürs Weihnachtsfest ist zudem haarsträubend, besonders dann, wenn man parallel dazu einen Betreuungsnotbetrieb in der Schule anbieten will, um dem Ärger von berufstätigen Eltern zuvorzukommen. Dann kann man allerdings auch den normalen Unterricht erteilen. Schon die Begriffe „Vorquarantäne“ oder „Selbstisolation“ sind infam, weil sie unterstellen, dass eine Gefahr von Kindern und Jugendlichen für ältere Mitmenschen und Familienangehörige ausgehe. Außerdem können die Angehörigen, die ja mit derlei Maßnahmen geschützt werden sollen, es auch selbst entscheiden, welchem Risiko sie sich aussetzen wollen. Die fragt nur niemand.
Es ist auch töricht anzunehmen, dass sich Jugendliche nun artig im eigenen Zimmer einschließen werden, auch weil sonst alles verboten ist. Und noch etwas ist unklar. Bislang haben die Landesregierungen immer betont, die Schulen unbedingt offen halten zu wollen, weil sie eben keine Hotspots seien und Ansteckungen bei jungen Leuten, wenn überhaupt, nur in der Freizeit stattfänden. Warum sollte dann eine „Vorquarantäne“ mit hohem Freizeitanteil, den man gar nicht kontrollieren kann, notwendig sein? Ist es nicht eher so, dass die Erwachsenen mehr zum Infektionsgeschehen beitragen und es dann viel konsequenter wäre, den Gang zur Arbeit eine Woche vor Weihnachten zu untersagen? Das geht natürlich nicht, da das bisherige Betriebsverbot in einigen Branchen schon jetzt immer teurer zu werden scheint und die bekannten Haushälter aus der Fraktion der Schwarzen Nullen schon wieder Panik schieben. Bleibt eben nur der sinnlose Aktionismus auf dem Rücken der Kinder und Jugendlichen. Sie sind ja nur die Zukunft.
Bildnachweis: André Tautenhahn
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Über den Autor:
André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.