Hans-Ulrich Jörges bei Anne Will über zu Guttenberg

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Gestern habe ich zufällig bei Anne Will reingeschaltet und Herrn Jörges vom Stern gegen Ende der Sendung schimpfen hören. Er beklagte sich über die Guttenberg-Kritiker, die bisher keine Argumente gegen ihn gehabt hätten, dagegen aber glaubten, dass das gegelte Haar des Ministers als Beweis gegen die Person zu Guttenberg taugen würde. Jörges behauptete, dass die Guttenberg-Gegner ein Vorurteil pflegten und zwar wenn jemand gegeltes Haar hätte, sei er unglaubwürdig, ein Schleimer und so weiter.

Man muss wissen, dass Jörges von Anfang an vom „Baron der Herzen“ begeistert war. In seinem Internet Video-Blog vom 4. Juni 2009 können sie das nachhören und sehen. Ich habe mich darüber damals schon gewundert und mich gefragt, ob Jörges einen an der Waffel hat, sich vor eine Kamera zu setzen und mit kleinen Pappfigürchen von zu Guttenberg und Merkel herumzuspielen und dabei die Frage zu erörtern, ob zu Guttenberg Kanzler werden könne.

Wenn sie die Web-TV-Kolumne über zu Guttenberg genau verfolgen, werden sie festsstellen, dass es nur Herr Jörges ist, der mit den gegelten Haaren Scheinargumente konstruiert. So behauptete er zum Beispiel, dass den Wahlkampfstrategen der SPD ein gegelter adeliger Schopf mit feinen Manieren prima passen würde. Wortwörtlich sagte er dann über zu Guttenberg:

„Ein Mann mit Rückgrat. Das suchen die Leute. Aufrecht und authentisch. Und es zeigt sich eben, auch unter einem gegelten Haarschopf kann ein kluges Hirn und ein klarer Charakter stecken.“

Warum sagt er das? Weil er selber unter einem gegelten Haarschopf einen unglaubwürdigen Schleimer vermuten würde?

Anfang 2010 ist auch die ZDF Satire Sendung „heute-show“ auf Jörges seltsamen Online-Zwischenruf aufmerksam geworden und hatte das Mitglied der Stern-Chefredaktion wegen des Hypes um zu Guttenberg eingeladen. Hier der Ausschnitt.

Bei Hans-Ulrich Jörges wundere ich mich immer wieder über die Starrheit, mit der er zum Teil vollkommen idiotische Meinungen verteidigt, bis ihn – ganz plötzlich – die Erfahrung der Wirklichkeit als überraschende Offenbarung ereilt. Dann rudert er zurück und tut so, als hätte man die Missstände nicht schon vorher erkennen können. Das war zum Beispiel bei der Geschichte mit dem Skandal um die Berliner S-Bahn so. Auch darüber habe ich im Blog berichtet:

Rote Kelle für den Börsengang der Bahn, sagt stern-Redakteur Hans-Ulrich Jörges in seiner WebTV-Kolumne

Hans-Ulrich Jörges macht die Erfahrung einer Erfahrung und tut endlich mal das, was Journalisten eigentlich immer tun sollten. Reflektieren, sogar selbstkritisch. Seine aktuelle WebTV-Kolumne vom Berliner S-Bahnhof Hackescher Markt finden sie hier.

Darin fällt folgendes beachtliches Statement:

„Ich war bisher, muss ich gestehen, ein Anhänger des Börsengangs, weil ich geglaubt habe, nur dadurch kann die Bahn modern bleiben und sich Kapital verschaffen. Ich bin inzwischen dagegen, wegen dieser Berliner Erfahrung. Ich muss einsehen, die Gegner hatten immer recht. Hier wird gespart auf Kosten der Menschen.“

Hans-Ulrich Jörges ist ein toller Unterhalter, für Talkshows ideal, aber ein mieser Journalist, dem einfach die Fähigkeit zur Reflexion fehlt, obwohl er immer vorgibt, ganz nah am politischen Geschehen dran zu sein.

In seinem Video-Beitrag von 2009 und auch gestern meinte er, dass zu Guttenberg eine große Zustimmung in der Bevölkerung hätte, die man nicht einfach ignorieren könne. Im Jahr 2009 sei diese erst entstanden, weil zu Guttenbetg bei der Opelrettung mit Rücktritt gedroht habe. Das hätte den Menschen imponiert. Wenn das wirklich stimmen sollte, müsste man sich doch fragen, warum der feine Herr jetzt so an seinem Stuhl klebt. Er könnte doch einfach gehen.

Aber wie ich höre und lese, kommt der PR-Quatsch mit einem in Erwägung gezogenen Rücktritt gerade wieder in die Medien. Jetzt können sich endlich alle hinter ihrem Liebling versammeln und ihm demonstrativ den Rücken stärken. Einfach widerlich…

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Die Stunde der Wahlforscher

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Hamburg hat gewählt, das Ergebnis ist eindeutig und nun schlägt die Stunde der Wahlforscher. Da könnte man sich noch töter lachen, als man nach diesem Ergebnis ohnehin schon ist. Auf NDR2 hörte ich gerade einen Mitarbeiter von infratest dimap sagen, dass es doch sehr einzigartig sei, dass ein Herausforderer im direkten Vergleich mit dem Amtsinhaber höhere Zustimmungswerte aufweise. Er zielte dabei wohl auf den obligatorisch gemessenen Amtsbonus ab, vergaß aber wohl, dass Christoph Ahlhaus nie gewählt wurde und erst seit dem August letzten Jahres erster Bürgermeister der freien und Hansestadt Hamburg war.

Was mir nur gerade wieder durch den Kopf schoss war doch der Medienhype, der seinerzeit – vor drei Jahren – um ein mögliches schwarz-grünes Projekt gemacht wurde, nur um eine linke Mehrheit, die es dann ja rechnerisch auch gab, zu verhindern. Bei dieser Wahl musste man die linke Gefahr nicht fürchten. Dafür waren die Umfragen zu eindeutig und solange die SPD vorne liegt und dann noch mit Olaf Scholz einen echten Schröderianer an der Spitze hat, sind die Koalitionsoptionen, Naturgesetzen gleichend, vorgegeben.

Obwohl, dass mit den eindeutigen Umfragen stimmt natürlich wieder nicht. Wenn ich die Prognose mit den zuletzt gemeldeten Umfragen vergleiche, liegt die Trefferquote aller Institute, zumindest bei den ersten drei Parteien, doch wieder ziemlich deutlich daneben. Vielleicht erklärt mal einer von infratest dimap selbstkritisch, warum man nicht mehr genau vorhersagen kann, wie sich der Wähler am Wahltag nun entscheidet.

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Merkel und das Hartz-IV-Wort zum Sonntag

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Eigentlich hatte ich nicht vor, den Vorschlag der drei alten Ministerpräsidenten Beck, Böhmer und Seehofer weiter zu kommentieren. Allein schon der Gedanke an eine stufenweise Anhebung der Regelsätze um zunächst fünf und ab Mitte des Jahres um weitere drei Euro ist so albern, dass man sich fragt, ob die das wirklich ernst meinen. Aber jetzt kommt zu Tick, Trick und Track auch noch Fuck Merkel mit folgender Bemerkung hinzu:

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) warnte vor einer überhasteten Einigung im Streit um höhere Hartz-IV-Sätze. Wenn die Union einer stärkeren Anhebung des Regelsatzes zustimmen würde, wären dadurch alle Steuerzahler zusätzlich belastet: „Hartz IV ist nicht dafür gedacht, dass man mit einer Kombination von Arbeitslosengeld II und ein bisschen Schwarzarbeit eigentlich für das ganze Leben drauf verzichten kann, wieder einen richtigen Job zu machen“, sagte die CDU-Vorsitzende.

Quelle: Spiegel Online

Ach ja, die Steuerzahler werden zusätzlich belastet. Das stimmt. Wo kämen wir hin, wenn der Deutsche neben der Bankenrettung, die den Bankern erneut Spitzenboni verschafft hat, auch noch schwarz arbeitende Sozialschmarotzer finanzieren müsste.

Aber was ist eigentlich mit der Kombination aus ALG II und ein bisschen Schwarzarbeit gemeint? Die Ein-Euro-Jobs? Schließlich müssen etwa 224.000 Menschen so überleben. Will Mutti Merkel diesen Betroffenen mit einem Mindestlohnvorstoß oder einem regulären Jobangebot im öffentlichen Dienst aus der gesetzlich angeordneten Schwarzarbeit helfen? Man weiß so wenig.

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Hamburger Stimmenwirrwarr

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Das neue Wahlrecht in Hamburg ist auf den ersten Blick kompliziert. Aber nicht, weil es neuerdings viele Stimmen zu verteilen gibt, sondern weil immer nur von zehn Stimmen gesprochen wird, obwohl es zwanzig sind. Bei der Wahl zur Bürgerschaft, also zum Landesparlament, hat der Wähler zehn Stimmen zur Verfügung. Jeweils fünf für die Landes- und Wahlkreisliste. So weit so gut. In Hamburg werden heute aber auch die Bezirksversammlungen, also die kommunalen Vertretungen, gewählt. D.h. dem Wähler werden nicht nur zwei Listen für die Bürgerschaftswahl ausgehändigt, sondern auch zwei Listen für seinen Bezirk. Und da hat er auch wieder zehn Stimmen zu vergeben, jeweils fünf für die Bezirks- und Wahlkreisliste.

Alles klar?

Es wäre schön, wenn Medien und Blogger das auch so genau wiedergeben würden.

Quelle 1: Landeswahlamt Hamburg

Wie viele Stimmen kann ich abgeben?

Für die Bürgerschaftswahl können Sie 10 Stimmen abgeben: 5 auf dem gelben Landeslisten-Stimmzettel und 5 auf dem roten Wahlkreis-Stimmzettel. Für die Bezirksversammlungswahlen können Sie ebenfalls 10 Stimmen abgeben: Auch dort haben Sie jeweils 5 Stimmen auf dem grünen Bezirkslisten-Stimmzettel und dem blauen (Bezirks-)Wahlkreis-Stimmzettel.

Quelle 2: Wahlbroschüre „20 Stimmen für Hamburg“

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Über den Seher zu Guttenberg

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Weil es gerade passt, zitiere ich mal aus einem Bericht der FAZ vom 17.10.2010. Es ging um den kometenhaften Aufstieg von Karl-Theodor zu Guttenberg und darum, ob er nicht nur das Kanzleramt erstürmen, sondern auch Horst Seehofer vom Thron des CSU-Chefs stoßen könnte. Die Personaldebatte in der Union war auf dem Höhepunkt und die seltsam seherischen Fähigkeiten des schwarzen Barons werden erst jetzt wirklich deutlich:

„Kanzler der Reserve“ – künftiger CSU-Chef? Was derzeit über ihn berichtet werde, sei „fern aller realistischen Betrachtungen“, sorgt sich Verteidigungsminister zu Guttenberg. In solchen „Retter-Betrachtungen“ liege immer „die Gefahr der Überschätzung“.

Und ja, endlich begreifen viele, wie sehr sie ihn doch überschätzt haben. Man hätte ihn nur beim Wort nehmen müssen und nicht dem Glanz seiner Erscheinung erliegen dürfen. Seit dem rechnete zu Guttenberg stündlich mit dem Absturz, doch niemand glaubte ihm.

Der Verteidigungsminister sagte nun der Zeitschrift „Der Spiegel“, solche Berichte seien „bizarr“. Er betonte mit Blick auf seinen rasanten politischen Aufstieg: „Ein gewisser Absturz hätte bei mir längst kommen müssen. Weil er bislang nicht gekommen ist, kann er stündlich kommen.“

Nun sind Wochen und Monate daraus geworden. Wahrscheinlich war Guttenberg selbst so überrascht darüber, dass er seine letzte seherische Botschaft, nämlich die, mit der Politik einfach aufhören zu können, vergessen oder verdrängt hatte.

Im „Spiegel“ äußert Guttenberg Zweifel, ob er überhaupt für längere Zeit in der Politik bleiben werde. Er sei „von Beginn an mit dem vollen Bewusstsein in die Politik gegangen, dass ich jederzeit aufhören könnte.“ Die Möglichkeit eines plötzlichen Endes der politischen Karriere bereite ihm keine Angst. Er verspüre keine „Lust des Klammerns“ an dem, was er habe. Im Gegenteil sei „die Lust, andere Brücken zu bauen“ in letzter Zeit größer geworden.

Und wie er klammert. Aber er hat ja keine Schuld, sondern Seehofer, der für sich reklamierte, den Guttenberg erfunden zu haben.

Der bayerische Ministerpräsident betonte mit Blick auf seine Entscheidung, Guttenberg im Jahr 2008 zum CSU-Generalsekretär zu küren: „Immerhin habe ich den Karl-Theodor erfunden und geholt.“ Darauf sei er stolz.

Da greift dann ein Rädchen in das andere. Der Erfinder des „Lügenbarons“ ist gleichzeitig der Vorsitzende jener Partei, von der die Universität in Bayreuth wohmöglich finanziell abhängig ist. Schließlich ist der „Plagiator“ selbst Werbemaskotchen der juristischen Fakultät, an der er seinen Doktor geschenkt bekam.

Vielleicht gelingt es der aktuellen CSU und Guttenberg, den Übervater Strauß an krummen Dingern noch zu überbieten. Und es soll ja keiner sagen, man hätte das nicht vohersehen können – bei der guten Quellenlage…

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Hamburg wählt, ohne wirklich eine Wahl zu haben

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Eigentlich tun mir die Hamburger leid. Morgen sollen sie einen neuen Senat und neue Bezirksversammlungen wählen. Die Wahlberechtigten haben neuerdings zwanzig Stimmen, von denen sie jeweils fünf in vier verschiedenen Listen entweder kumulieren oder panaschieren können, wie es im Wahlrecht so schön heißt.

Nur für wen oder was? Ich neige ja dazu, den Bürgern der Hansestadt zu empfehlen, dafür zu sorgen, dass die FDP nicht den Sprung über die Fünf-Prozent-Hürde schafft. Das wäre wenigstens ein kleiner Erfolg. Was die Bürger aber darüber hinaus wählen sollen, ist im Prinzip Jacke wie Hose. Die Spitzenkandidaten der größeren Parteien sind politisch gesehen nichts weiter, als ein Plagiat des jeweils anderen und vom bereits schlechten Original kaum noch zu unterscheiden.

Insofern muss man die komplizierte Wahlrechtsänderung als Vortäuschung einer demokratischen Wahl verstehen, bei der mit vielen zur Verfügung stehenden Stimmen die Tatsache verdeckt werden soll, dass man in Wahrheit gar keine Auswahl hat, sondern nur die Wahl zwischen Pest und Cholera. Egal ob Kreuz – wo auch immer auf den vielen Zetteln – oder nicht, du kriegst auf jeden Fall die Seuche.

Aber ohne Regierung geht es ja auch nicht. Schauen sie nur nach Belgien. Dort gibt’s eine Frittenrevolution, aber nicht, weil man die Regierung satt hat, sondern nach über 250 Tagen ohne (Weltrekord) endlich wieder eine haben will.

Was ist nun schlimmer? Eine Wahl, aus der kein Ergebnis in Form einer Regierungsbildung folgt oder eine Wahl, aus der, was auch immer sie wählen, sich immer derselbe Dreckshaufen zu einer Regierung zusammenfindet, um den Souverän mit Füßen zu treten? Okay, die Belgier haben wenigstens ihre Fritten…

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TV-Tipp: Mitternachtsspitzen

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Heute Abend um 21:45 Uhr sendet das WDR-Fernsehen die erste Ausgabe der Mitternachtsspitzen in diesem Jahr.

Wer die letzte Sendung vor Weihnachten verfolgt hat, konnte die beiden Kabarettisten Wilfried Schmickler und Uwe Lyko in einem grandios vorgetragenen Krippenspiel erleben, bei dem die beiden in die Rollen von Maria und Josef schlüpften. Der Ankündigung entnehme ich nun, dass das Format eines wechselnden Rollenspiels weiter gehen soll. Zwar wird es Loky und Smoky nicht mehr geben, dafür aber andere große Paare der Weltgeschichte…

Die beiden letzteren glänzten ja zuletzt in der Weihnachtsausgabe der Mitternachtsspitzen 2010 als des Heilands Eltern Maria und Josef. Vom Allerhöchsten ermutigt, schlüpfen sie fortan regelmäßig in die unterschiedlichsten Rollen und hauchen Großen Paaren der Weltgeschichte neues, zwerchfellerschütterndes Leben ein. Ob Karl Theodor und Stephanie zu Guttenberg, Adam und Eva, Julius Cäsar und Cleopatra, Jackie und John F. Kennedy, Adolf Hitler und Eva Braun oder gar Siegfried und Roy: Wilfried Schmickler und Uwe Lyko decken auf, wo das Geheimnis dieser spannenden Paare in Wirklichkeit lag und liegt. Geschrieben wird die neue Rubrik, wie zuvor auch schon der Klassiker „Loki und Smoky“, vom langjährigen „Mitternachtsspitzen“-Co-Autor Dietmar Jakobs. Welches Paar allerdings sich am 19. Februar die Ehre geben wird, bleibt noch geheim …

Quelle: WDR

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TV-Tipp: Neues aus der Anstalt – Folge 41

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Am kommenden Dienstag läuft die nächste Folge Neues aus der Anstalt im ZDF, aber nicht wie gewohnt um 22:15 Uhr, sondern wegen einer Karnevalübertragung eine Stunde später um 23:15 Uhr.

Zwei Tage nach den Bürgerschaftswahlen in Hamburg startet auch die Anstalt so richtig ins Superwahljahr 2011. Urban Priol und Erwin Pelzig küren die strahlenden Gewinner und werfen einen Blick auf die düstere Zukunft der Verlierer. Auch die Landtagswahlflut im März wirft bereits ihre Schatten voraus. Den satirischen Urnengang begleiten die kabarettistischen Lichtgestalten Monika Gruber, Jochen Malmsheimer und Piet Klocke.

Quelle: ZDF

Ich denke, die kaberettistischen Lichtgestalten werden den Fall der politischen Lichtgestalt Karl-Theodor zu Guttenberg genüßlich kommentieren. Der Urnengang in Hamburg birgt hingegen weder Licht noch Gestalt, egal wer da morgen nun gewinnt.

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Zu Guttenberg: Der Kampf des Sprachwahrers

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An der Berichterstattung über den neuen „Plagiator“ Karl-Theodor zu Guttenberg stört mich vor allem der alberne Wettbewerb der Medien, nach noch mehr geklauten Stellen in Guttenbergs Dissertation zu suchen, um ihm ein Fehlverhalten nachweisen zu können, das dazu dienen könnte, die Forderung nach einem Rücktritt des Ministers zu begründen. Gleichzeitig wird die scheinheilige Frage formuliert, ob denn die akademische Schluderei die bisher geleistete politische Arbeit zu Guttenbergs in den Schatten zu stellen vermag. So als ob zu Guttenberg eine erfolgreiche politische Arbeit vorweisen könnte.

Warum zum Teufel fordert man nicht den Rücktritt zu Guttenbergs, weil er als Verteidigungs- und früher als Wirtschaftsminister gescheitert ist? Er lebt doch nur von seinem Image und nicht von inhaltlicher Leistung. Insofern passt das wieder. Die Person selbst ist genauso inhaltsleer und aufgeblasen wie die Doktorarbeit, die nun aufwändig geprüft werden soll. Warum? Das geht doch kurz und knapp.

Dagegen wäre es schöner, endlich zu erfahren, was Karl-Theodor, dem Geistesblitz, dazu bewogen haben könnte, den auf deutschen Befehl hin geflogenen Bombenangriff auf afghanische Zivilisten einmal als militärisch angemessen zu bezeichnen und dann wieder nicht. Auch da sollte geprüft und aufgeklärt werden. Das dauert jetzt schon zwei Jahre. Wie lange soll die Aufklärung beim Zitateklau nun dauern? Was ist mit der Verletzung des Grundrechts auf Postgeheimnis bei der Bundeswehr? Was ist überhaupt in der Truppe los, wenn sich die Kameraden beim Säubern ihrer Waffen selber abschießen und das Verteidigungsministerium diesen Vorfall vertuscht?

Statt diese Fragen zu klären, warten wir lieber monatelang auf die Rückkehr der Gorch Fock.

Es ist wie immer. Die Öffentlichkeit wird jetzt wieder tagelang mit einem Thema gelangweilt, das vom Prinzip her ganz klar ist und das keiner weiteren Untersuchung, die dem Ertappten ja nur Zeit verschaffen soll, bedarf. Guttenberg hat betrogen. Das ergibt sich allein schon aus der Tatsache, dass die Autoren, deren geistiges Eigentum gestohlen wurde, sich selbst in der Arbeit zu Guttenbergs, ohne entsprechend zitiert worden zu sein, wiedergefunden haben. Über den ersten Absatz der Einleitung, der nun glasklar kopiert worden war, will ich gar nicht erst reden und auch nicht darüber, dass Guttenberg offenbar gar nicht weiß, was er überhaupt geschrieben hat. Vielleicht weil er es gar nicht selber geschrieben hat?

Wer ernsthaft davon spricht, dass die Täuschungsabsicht noch nicht erwiesen sei, hat entweder ein ernsthaftes Wahrnehmungsproblem oder er will die Öffentlichkeit mit einer Verschleppungstaktik dazu bringen, dass sie glaubt, zu Guttenberg sei nur ein Opfer einer Hetzkampagne.

Bezeichnend ist dann auch die unter Politikern übliche Entschuldigungsfloskel, die zu Guttenberg vor ausgewählten Journalisten! (den Tipp hat er wahrscheinlich von Mutti Merkel) in Berlin abgab. Er sehe bei sich kein Fehlverhalten und weise die Vorwürfe entschieden zurück, räume aber ein, dass es Fehler gegeben habe. Er entschuldige sich dafür, wenn sich andere durch die bedauerlichen Fehler, also nicht durch ihn und seine Arbeitsweise, verletzt fühlten.

Das ist in etwa so, wenn sie mit ihrem Auto einen Fußgänger überfahren, der gerade die Straße auf einem Zebrastreifen überquert hat und dann jeden Vorwurf eines gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr scharf zurückweisen und lediglich ihr Bedauern darüber zum Ausdruck bringen, dass beim Autofahren Fehler passieren, durch die sich andere Verkehrsteilnehmer verletzt fühlen könnten.

Zu Guttenberg will vorübergehend seinen Doktortitel nicht führen, also, um im Bild zu bleiben, ohne Führerschein einfach weiterfahren.

Eine wache demokratische Öffentlichkeit kann sich so etwas nicht bieten lassen. Zu Guttenberg muss gehen, aber nicht weil er in seiner Doktorarbeit betrogen hat, sondern weil er als Person in führender Funktion versagt hat. Eine substanzlose Gestalt, deren einzige Leistung darin besteht, ein Motiv der politischen PR-Fotografie zu sein.

Ach, den Sprachwahrer habe ich noch vergessen. Wo wären wir nur ohne den umgangssprachlichen Krieg?

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Die Gesellschaft der erfolgreichen Minderleister

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Was soll man dazu noch sagen?

Nachdem bekannt geworden war, dass Frau Familienministerin Schröders Doktorarbeit kaum durch eigene Geistesanstrengung besticht, sondern weitgehend von der Zuarbeit ihrer Mitarbeiter lebt, die eine dusselige Umfrage unter CDU-Mitgliedern angefertigt hatten, was der Doktorvater Prof. „Parteienforscher“ Falter auch für unproblematisch hält, ist nun herausgekommen, dass auch der Unantastbare, Karl-Theodor zu Guttenberg, bei seiner Promotion nicht ganz sauber gearbeitet hat. Copy und Paste lautet dabei das Stichwort.

Die Reaktion von Guttenberg ist natürlich souverän:

„Der Vorwurf, meine Doktorarbeit sei ein Plagiat, ist abstrus. Ich bin gerne bereit zu prüfen, ob bei über 1.200 Fußnoten und 475 Seiten vereinzelt Fußnoten nicht oder nicht korrekt gesetzt sein sollten und würde dies bei einer Neuauflage berücksichtigen.“

Über 1.200 Fußnoten und 475 Seiten und eine Neuauflage betont der Minister Halbgott. Angeber, habe ich da nur gedacht. Selbst wenn er ertappt wurde, hält er sich und seine Minderleistung noch für wichtig.

Nach und nach stellt sich das schwarz-gelbe Kabinett als einzige aufgeblasene Luft- und Lachnummer heraus. Der einzige, der keinen akademischen Nachweis seiner Unfähigkeit braucht, ist Rainer Brüderle. Das erledigt der Suffkopp aus der Pfalz bei jeder Pressekonferenz zur wirtschaftlichen Lage und zuletzt mit dem Satz, einen Konjunkturblumenstrauß voller Blüten vor seinem geistigen Auge erblickt zu haben.

Zu den übrigen FDP-Schnöseln will ich mich aus gesundheitlichen Gründen lieber nicht äußern.

Im Prinzip hat nur die Kanzlerin einen unerschütterlichen Beleg für ihre akademische Leistung und ihren Erfolg vorzuweisen. Leider vermeidet sie es in der Öffentlichkeit zu erwähnen, dass sie als DDR-Studentin nach Moskau reisen und dort lernen durfte. Dieses Privileg wurde nur ganz wenigen und besonders systemtreuen Mitstreitern der sozialistischen Weltanschauung zu Teil.

Stellen sie sich doch nur einmal vor, ein „linker“ Professor für Physik würde herausfinden, dass die Diplomarbeit von Frau Merkel mit dem etwas sperrigen Titel „Der Einfluß der räumlichen Korrelation auf die Reaktionsgeschwindigkeit bei bimolekularen Elementarreaktionen in dichten Medien“ gar nichts mit Physik zu tun hätte, sondern in Wirklichkeit ein Versuch gewesen sei, schon damals die Sprache als Mittel zur Verwirrung der Menschen einzusetzen.

Im Übrigen finde ich die Plagiatsvorwürfe, die der Jura-Professor gegen zu Guttenberg erhebt, aus meiner Sicht gar nicht so interessant. Viel besser finde ich ja dessen Bewertung der Guttenbergschen Doktorarbeit.

Doch während der im linken Spektrum aktive Jurist bei der fachlichen Bewertung in einer Rezension für die Fachzeitschrift „Kritische Justiz“ zum Schluss kommt, die Bestnote sei „mehr als schmeichelhaft“ angesichts von „Politsprech“ und der „Nacherzählung rechtspolitischer Diskussionen“,…

Quelle: FAZ

Diese trockene Feststellung wirft auch ein bezeichnendes Licht auf die akademischen Prüfer, die bei der Bewertung solcher Arbeiten nicht nur von Objektivität und Fachkompetenz geleitet werden, sondern wohmöglich auch durch andere Umstände.

Übrigens hat ein Lehrer des designierten Bundesbankpräsidenten Jens Weidmann dessen Berufung in das Amt scharf kritisiert.

Roland Vaubel, Ex-Professor des designierten Bundesbank-Chefs Jens Weidmann, hält die Berufung seines ehemaligen Schülers für eine Fehlentscheidung.„Weidmann ist der Aufgabe nicht gewachsen“, sagte der Wirtschaftsprofessor von der Universität Mannheim „Welt Online“.

„Er ist ein guter Ökonometriker, aber ein farbloser Technokrat. Es liegt ihm nicht wirtschaftspolitisch zu argumentieren, das heißt zu begründen, mit welchen wirtschaftspolitischen Instrumenten die Ziele am besten erreicht werden können“, so Vaubel.

Quelle: Welt Online

Mit anderen Worten: Nüchtern betrachtet sei Weidmann ein klassischer Minderleister, weil er die gesamtwirtschaftlichen Zusammenhänge einfach nicht kapiert. Witzig dabei ist, wie Angela Merkel ihren nunmehr ehemaligen Wirtschaftsberater in den Himmel lobt und betont, der Mann sei unabhängig und habe einen eigenen Kopf, den er aber nicht zu benutzen brauche, weil er ohnehin nur das zu vertreten habe, was die Regierung in ihrer wirtschafts- und finanzpolitischen Borniertheit, unter der Chiffre „Stabilitätskultur“ zusammengefasst, aus Berlin vorgibt.

„Jeder, der Jens Weidmann kennt, weiß, dass er über höchste Sachkompetenz verfügt, dass er einen brillanten Intellekt hat, dass er ein unabhängiger Kopf ist“, betonte die Kanzlerin und sprach von einem „guten Personalpaket“.

Sie sei überzeugt, dass Weidmann ein ausgezeichneter Bundesbank-Präsident sein werde und im Kreis der Europäischen Zentralbank (EZB) seine Stimme für die deutsche Stabilitätskultur erheben werde.

Quelle: Welt Online

Wir können wirklich stolz sein, auf so viel Qualität innerhalb unserer Führungselite. Ich glaube Sarah Wagenknecht war es, die im Zusammenhang mit der Personalpolitik der Kanzlerin von Inzest gesprochen hat. Ein wahrlich treffender Vergleich.

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