Mal wieder ahnungslos und offensichtlich manipuliert

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Ich finde es gut, dass im Deutschlandfunk über den Tag verteilt viele Interviews geführt werden. Ich stelle aber auch immer wieder eine Ahnungslosigkeit auf Seiten der Moderatoren fest, die in deren Fragestellungen mehr als deutlich zu Tage tritt. Heute Mittag interviewte Jasper Barenberg den Fraktionsvize der Linken im Bundestag, Jan van Aken, zum Thema Iran. Dabei zeigte sich in den Fragestellungen Barenbergs seine überaus schlechte Sachkenntnis.

 Barenberg: Noch mal zurück, Herr van Aken, zu dem Bericht der IAEO, der Internationalen Atomenergiebehörde. Sie sagen, es gibt keine Informationen darin über ein aktuell laufendes militärisches Atomprogramm. Sie haben aber gleichwohl gesagt, es gibt gute Hinweise, gute Belege für ein solches Programm in der Vergangenheit. Aber dass es keine Indizien für laufende Programme gibt, heißt doch nicht, dass es das nicht mehr gibt?

Barenberg weigert sich zur Kenntnis zu nehmen, dass in dem aktuell diskutierten IAEA-Bericht keinerlei Belege über ein iranisches Atomwaffenprogramm zu finden sind und behauptet stattdessen, dass man aus dem fehlenden Nachweis nicht schließen könne, dass es kein Programm gibt. Super Rechtsverständnis. Im Umkehrschluss ist dann die Tatsache, dass dem Angeklagten die Tat nicht nachgewiesen werden kann, nicht einmal Indizien vorhanden sind, trotzdem ausreichend, um ihn zu verurteilen, weil er die Tat theoretisch begangen haben könnte. In keinem Fall ist er aus Mangel an Beweisen freizusprechen, weil auch schon die Unschuldsvermutung in diesem Fall außer Kraft gesetzt wurde.

In diktatorischen Systemen ist diese Rechtsauffassung vielleicht normal, zu einer Demokratie passt sie nicht!

Barenberg: Nach meiner Wahrnehmung oder nach meiner Kenntnis hat der Iran Gesprächsangebote und Angebote dieser Art, was die Anreicherung von Uran angeht, ja ein ums andere Mal wieder abgelehnt. Also immer der Vorschlag, das zu tun. Und wenn es dann konkret wurde, wurde daraus nichts. Ist das nicht ein Teufelskreis, aus dem wir gar nicht mehr herauskommen?

Hier zeigt sich die totale Unkenntnis in der Sache. Es war der Iran, der zusammen mit den Vermittlern Brasilien und Türkei einen Kompromissvorschlag erarbeitet hat, den der Westen partout nicht akzeptieren wollte und daher die Gespräche immer wieder scheitern ließ. Van Aken gibt die richtige Antwort auf diese ausgesprochen dämliche Frage:

Also, man muss auch sehen, dass Verhandlungen nicht heißen kann, ich stelle eine Forderung und Ahmadinedschad knickt ein oder wir verhandeln nicht weiter. So funktionieren Verhandlungen nicht. 

Doch Barenberg setzt noch einen drauf und recycelt einen Satz, den Ahmadinedschad angeblich gesagt haben soll.

Barenberg: Was die Rationalität des iranischen Präsidenten angeht, da gehen die Meinungen sicherlich weit auseinander. Es gibt andere, die immer wieder verweisen auf die Anwürfe, die es in Richtung Israel gibt, auf die Formulierung, wonach man Israel ins Meer treiben will und die Israelis. Da gibt es sicherlich unterschiedliche Meinungen.

Zunächst einmal ist der falsche Satz schon falsch von Barenberg wiedergegeben. Angeblich gesagt haben soll Ahmadinedschad nämlich, dass Israel von der Landkarte getilgt werden müsse. Und diese Formulierung ist als falsche Übersetzung westlicher Nachrichtenagenturen bereits dokumentiert worden. Ein alter Hut sozusagen. Dennoch muss man dem iranischen Diktator keine feine Kinderstube attestieren. Seine Worte und seine Haltung gegenüber Israel sind da schon klar genug. Ihn und sein Regime aus westlicher Überheblichkeit heraus aber für blöd und irrational zu halten, zeugt jedoch von eigener Dummheit und mangelnder Sachkenntnis.

Dafür ist das Ergebnis irrational, wenn man offen, wie Philipp Mißfelder aus einer Laune heraus – denn Sachkenntnis kann es nicht gewesen sein – mit Krieg droht.

Barenberg: Angesichts der Unsicherheit, Herr van Aken, wir wissen nicht, ob es ein militärisches Programm gibt, ob es wieder angestrebt wird, ist es nicht eine gute Idee, den militärischen Druck aufrecht zu erhalten? 

Was für eine seltsame Logik? Ist es nicht irrational wegen des eigenen Unwissens – also ohne Grund, einem anderen Land Gewalt anzudrohen?

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Öffentliche Bildungsausgaben: Real steigen sie nicht!

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Das statistische Bundesamt teilte heute mit, dass Bund, Länder und Gemeinden für das Jahr 2011 Bildungsausgaben in Höhe von 106,2 Milliarden Euro veranschlagen. Das seien 2,6 % mehr als im Haushaltsjahr 2010.

Mich würde jetzt nicht wundern, wenn die schwarz-gelbe Regierung diese Zahlen als einen großen Erfolg abfeiert. Und tatsächlich, die verantwortliche Ministerin, Annette Schavan, liefert prompt die Jubelmeldung, der sich die Medien weitestgehend unkritisch anschließen.

Bildungsfinanzbericht 2011 belegt wachsendes Engagement des Bundes im Bildungsbereich

Als „gutes Zeichen für die Zukunftsfähigkeit unseres Landes und klares Signal im Kampf gegen Bildungsarmut und Fachkräftemangel“ würdigte die Bundesministerin für Bildung und Forschung, Annette Schavan, die Ergebnisse des heute vorgestellten Bildungsfinanzberichts. Der Bericht zeigt, dass die öffentlichen Bildungsausgaben in Deutschland in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen sind und dass insbesondere der Bund seine Investitionen in diesem Bereich überproportional erhöht hat.

Schavan: „Bildungsausgaben sind Zukunftsinvestitionen. Die Bundesregierung steht zu ihrer Verantwortung.“

Auch in den anderen Bildungsbereichen und von den übrigen Akteuren wird kräftig investiert. Der Bildungsfinanzbericht weist für Bund, Länder und Kommunen 2011 ein Haushaltsvolumen von insgesamt 106,2 Milliarden Euro aus. Gegenüber 2005 ist das ein Zuwachs um 19,5 Milliarden Euro.

Man muss schon genauer in den Bildungsfinanzbericht hineinschauen, um festzustellen, dass die Bildungsausgaben in Wirklichkeit nicht steigen, sondern gemessen am Bruttoinlandsprodukt auf unterdurchschnittlichem Niveau stagnieren:

Anstieg des Anteils der öffentlichen Bildungsausgaben am BIP auf 4,1 %

Der Anteil der öffentlichen Bildungsausgaben bezogen auf das Bruttoinlandsprodukt (BIP) war in den Jahren 2006 bis 2008 nahezu konstant. Bund, Länder und Gemeinden stellten 2008 dem Bildungsbereich Mittel in Höhe von 3,8 % des BIP zur Verfügung. 1995 waren es in Abgrenzung der Finanzstatistik hingegen 4,1 %. Der Rückgang des BIP infolge der Weltfinanzkrise und die antizyklische Ausgabenpolitik im Bildungsbereich haben 2009 zu einem Anstieg des Anteils am BIP auf 4,1 % geführt. Die für 2010 und 2011 veranschlagten Steigerungen der Bildungsausgaben lassen erwarten, dass der Anteil der öffentlichen Bildungsausgaben am BIP trotz Wirtschaftswachstums weiterhin bei 4,1 % bleibt.

Wir erinnern uns, dass es sich die Regierung Merkel auf einem schon wieder in Vergessenheit geratenen Bildungsgipfel zur Aufgabe gemacht hat, die Bildungsausgaben auf zehn Prozent des BIP zu erhöhen. Das einzige, was bisher gelang, ist die Statistik mit Rechentricks zu manipulieren. So wurden einfach Ausgaben, die bisher nicht zu den Bildungsausgaben zählten, als solche ausgewiesen oder neue erfunden. Damit erhöhte sich der Anteil, ohne dass die Regierung auch nur einen Euro mehr ausgeben musste.

Weiter unten heißt es ganz offen im Bildungsfinanzbericht:

Anteil der Bildungsausgaben am BIP in Deutschland deutlich niedriger als in anderen OECD-Staaten

Nach der nationalen Abgrenzung des Bildungsbudgets wurden im Jahr 2008 in Deutschland 6,2 % des BIP für Aus- und Weiterbildung aufgewendet. Internationale Vergleiche beziehen sich in der Regel auf die Ausgaben für formale Bildungseinrichtungen (Kindergärten, Schulen, berufliche Ausbildung, Hochschulen). In internationaler Abgrenzung (OECD) wurden in Deutschland 2008 4,8 % des BIP für öffentliche und private Bildungseinrichtungen verwendet. Gemessen an der Wirtschaftskraft waren die Ausgaben in Deutschland deutlich niedriger als im OECD Durchschnitt (5,9 %). Während im Vergleich zu 1995 andere vergleichbare OECD-Staaten ihre Bildungsausgaben in Relation zum BIP zum Teil kräftig gesteigert haben, ging der BIP-Anteil in Deutschland von 5,1 % auf 4,8 % zurück.

Die ganze Wahrheit sieht wie immer anders aus. Man muss nur genauer hinschauen wollen und sich nicht damit zufrieden geben, was von offizieller Seite an Propaganda verbreitet wird.

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Brauchen die Briten einen Krieg?

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Die heftigen Reaktionen der britischen Regierung nach der “Erstürmung” der Botschaft in Teheran wird auch hierzulande begrüßt und breit diskutiert. Die Kappung der Beziehungen zwischen Iran und dem Westen wirkt dabei wie ein unkoordiniertes Vorgehen. Sogar der Westerwelle hatte mal wieder Gelegenheit, vom Misthaufen der Berliner Politik bedeutungsvoll herunterzugackern. Alle schimpfen sie über die inneren Verhältnisse des Iran und fordern wieder Sanktionen.

Philipp Mißfelder, das außenpolitische Hüftgelenk der Union, plädiert in seinem jugendlichen Eifer sogar dafür, eine militärische Option nicht auszuschließen. Diese Wortmeldung dürfen sie selbst verurteilen. Ich behalte meine durchaus beleidigenden Gedanken lieber für mich.

Doch kaum einer nimmt Notiz von den inneren Verhältnissen in Großbritannien, auch nicht der Abgeordnete Mißfelder. Die nehmen nämlich dramatische Züge an. Wo die scheinbürgerlichen Medien und zweifelhafte Politgestalten einmal mehr versagen und sich lieber in durchschaubaren Manövern verheddern, leisten die Linken bürgerliche Aufklärungsarbeit. In der Jungen Welt steht:

Der größte Streik in der Geschichte

Gewerkschaften legen öffentlichen Dienst Großbritanniens lahm

Ein historischer Tag für die britische Gewerkschaftsbewegung begann in Manchester am Mittwoch morgen mit: Stille. Dort, wo normalerweise ab 7 Uhr in der Frühe auf allen Straßen Dauerstau herrscht, machte sich gähnende Leere breit. Rund 30 Gewerkschaften hatten für den gesamten öffentlichen Sektor Großbritanniens zum Streik gegen eine von der Regierung geplante Rentenreform aufgerufen. Dieser zufolge sollen Beschäftigte länger arbeiten und mehr Geld in die Rentenfonds einzahlen, dafür am Ende des Berufslebens jedoch eine geringere Rente erhalten. Damit sollen die milliardenschweren Bankenrettungspakete finanziert werden.

Wer sich nicht völlig blind durch die Geschichte bewegt, müsste wissen, dass gerade in Großbritannien innenpolitische Verwerfungen durch eine aggressive Außenpolitik immer wieder kanalisiert wurden. Das war zu Zeiten als Kolonialmacht so und zu Zeiten Maggie Thatchers, die den Falklandkrieg 1982 um die relativ unbedeutende Inselgruppe im südlichen Atlantik nur deshalb führte, weil er einen Gewinn an Popularität versprach. In der Folge fiel es ihr leichter, die konservative Wende im Königreich durchzusetzen, die Privatisierung vieler Staatsunternehmen voranzutreiben und die Position der Arbeitnehmerschaft nachhaltig zu schwächen.

Jetzt sind die Briten wieder in einer Situation, in der die innenpolitischen Spannungen auf ihrer kleinen Insel derart zugenommen haben, dass ein Befreiungsschlag nach außen hin nötig und logisch erscheint. Was böte sich da besser als Projektionsfläche an, als eine Verletzung britischer Hoheitsrechte im “Schurkenstaat” Iran?

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Di Lorenzo erklärt

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Derzeit sammle die Zeit noch Abo-Kündigungen, hieß es gestern. Heute erklärt Chefredakteur Giovanni di Lorenzo seinen Lesern, wie es zum Interview mit Karl-Theodor zu Guttenberg kam. Allerdings sagt er nicht, wie viel Geld er persönlich erhalten hat. Dafür druckt die Zeit seitenweise Leserbriefe ab. Offensichtlich hat es nach di Lorenzos Interview innerhalb der Redaktion gerappelt. Das kann man sich eigentlich gar nicht vorstellen. Lesen die vorab ihre Zeitung nicht? Wahrscheinlich sind die Texte einfach zu lang.   

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Stern-Umfrage: Der Guttenberg Fanclub schwindet

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Der Stern hat das Volk zu Guttenbergs Rückkehr befragen lassen und folgendes herausgefunden:

Guttenbergs Fanclub schwindet

Über die Hälfte der Deutschen (51 Prozent) lehnt eine Rückkehr von Karl-Theodor zu Guttenberg in die Politik jedoch ab. Das ergab eine Umfrage für den stern. Nur noch 49 Prozent wünschen, dass der über seine in weiten Teilen abgekupferte Doktorarbeit Gestolperte wieder die politische Bühne betritt. Nach seinem Rücktritt im März hatten sich noch 62 Prozent der Bürger dafür ausgesprochen, dass zu Guttenberg in absehbarer Zeit wieder ein hohes Amt übernimmt.

Mein Kommentar: Das kommt eben dabei heraus, wenn man versucht, sein Image via “Zeit” aufzupolieren. Kandidaten fürs Dschungelcamp (Zitat: Pelzig) würde der Deutsche dort halt nicht vermuten, sondern eher Schachfalschspieler wie Peer Steinbrück. Zum Glück gibt es ja noch andere Medien wie den Stern in diesem Land, die mit ihrem Pulsmesser dem Befinden des deutschen Volkes beinahe täglich auf den Grund gehen. Irgendwann stimmen dann auch wieder die Werte.

Bei zu Guttenberg wünscht man sich in der Tat eine Drecks-Ratingagentur wie Moody’s, die das Betrugsunternehmen Karl-Theodor auf Ramschniveau herabstuft. Wahrscheinlich würde sich der Medienmarkt davon aber nicht beeindrucken lassen.

Zur Entspannung daher ein Gedicht mit dem schönen Anfang: Advent, Advent, ein Gutti brennt. Nachzulesen bei Jens Berger auf dem Spiegelfechter…

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Volker Pispers über das Gleiche in grün

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Die Grünen haben kapiert, dass man Kröten am besten dadurch rettet, indem man sie schluckt. Das sei ein Lernprozess, der für das „Obenbleiben“ notwendig ist. Wer oben bleiben will, dürfe denen da oben nicht ans Bein pinkeln. Deshalb hätten sich die Grünen auch zu einer ganz normalen Partei entwickelt oder seien eben das Gleiche, nur in grün, meint Volker Pispers in seiner Dienstags Botschaft auf WDR 2.

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Der Blick von außen: “Germany Cuts Off Its Nose”

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Der NY-Times Kolumnist Joe Nocera wundert sich über den deutschen Selbstzerstörungstrieb in der Eurokrise.

Can’t the Germans see, one wonders from afar, that their economy was the great beneficiary of the bubble economy that caused Greece — and the other peripheral euro-zone countries — to get in over their heads, because they were buying German exports? Don’t they understand that their banks should share the blame for lending to countries that couldn’t repay the debts? Don’t they realize that the collapse of the euro zone — unthinkable a year ago; perhaps inevitable now — will hurt Germany much more than Greece? Other currencies will be devalued against Germany’s, making German exports more expensive. And German banks — woefully undercapitalized and stuffed with sovereign debt — will face a major solvency crisis when other sovereigns devalue or default. 

Quelle: NY-Times

Kurz übersetzt: “Sehen die Deutschen nicht, dass ihre Volkswirtschaft der größte Profiteur der griechischen, respektive südeuropäischen Blasenwirtschaft gewesen ist, weil diese Länder deutsche Exportgüter kauften? Verstehen die Deutschen nicht, dass beim Zusammenbruch dieser Länder die deutschen Geldgeber auf ihren Forderungen sitzen bleiben würden? Realisieren die Deutschen nicht, dass ein Kollaps der Eurozone sie am härtesten treffen würde, härter als Griechenland?

Diese Fragen sind vollkommen richtig gestellt. Weiter unten fasst Nocera die Logik der deutschen Krisenpolitik wie folgt zusammen. Es könne nicht sein, dass es Länder gebe, in denen keine Steuern bezahlt und die Menschen mit 50 in Rente gingen. Aus Sicht der Deutschen sei das unfair. Daher stünden die Deutschen überzeugenden ökonomischen Argumenten auch ablehnend gegenüber.

You would think that all of this would be obvious to the Germans. But it is not. Germany can’t get past the fact that it is being asked to bail out “club med” countries where no one pays taxes and everyone retires at the age of 50. From the German perspective, it doesn’t seem fair. And that overwhelms even the most powerful economic arguments that bailing out Greece and the other distressed countries also helps Germany.

Ich kann mich da nur wiederholen: Die Deutschen sehen lieber genüsslich dabei zu, wie ein anderer noch mehr leidet. Der eigene Schmerz in der Magengrube ist dann erträglicher, wenn der Grieche, Spanier oder Portugiese aber mal richtig eins auf die Mütze bekommt. Da hatte Merkel mit ihrem absurden Rentenvergleich (faule Südländer) schon einen Nerv getroffen, der potentiell dazu taugt, wie vor knapp 80 eine Volksgemeinschaft gegen alle Vernunft zu schmieden.

Als Reaktion auf die große Depression der 1930er Jahre engagierten die scheinbürgerlichen und ratlosen deutschen Eliten einen braunen Schlägertrupp. Daran sollte man sich gerade in diesen Tagen wieder erinnern.

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Elite-Bonds für Elite-Birnen

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Da haben sich die Elitebirnen aus der Bundesregierung etwas Tolles ausgedacht. Statt gemeinsame Staatsanleihen einzuführen, sollen jetzt sogenannte Elite-Bonds, also gemeinsame Anleihen einiger weniger Euro-Staaten mit Tripple A Rating, beschlossen werden. Das sind dann wahrscheinlich jene ominösen „Stabilitätsbonds“, die Merkel unter Umständen bereit wäre zu akzeptieren. Eurobonds lehnt sie ja weiterhin ab, weil das „Anwerfen der Notenpresse“ die Stabilitätskultur Europas aushebeln würde.

Die Notenpresse bedienen, dürfen hingegen nur die Elite-Birnen aus den Chefetagen der Privatbanken, bei denen die Staaten dann als gewöhnliche Schuldner in Erscheinung treten. Künftig soll nun eine Merkelsche Sonderform von Eurobonds das Ruder herumreißen helfen. Dabei denkt Frau Merkel natürlich an ihr Image und ihre Umfragewerte. Bloß nicht zugeben, mit eigenem Zögern die Krise weiter verschlimmert und mit der Ablehnung von gemeinsamen Anleihen total falsch gelegen zu haben.

Die Wende kommt nun sehr schnell, weil die Zeit davonläuft. Rasch könnte den Tripple A Elite-Bonds die Geschäftsgrundlage entzogen werden, da Moody’s bereits die Bonität aller EU-Staaten in Zweifel zieht. Begründung: Institutionelle Schwächen.

Nun soll ja mit Fips, pardon, Jörg Asmussen ein deutscher Brandstifter, der sich seit Ausbruch der Finanzkrise mit dem Gewandt eines Euroretters tarnt, den Posten des EZB-Chefvolkswirts übernehmen. Er ist SPD-Mitglied und seit 2003 als Staatssekretär im Bundesfinanzministerium unter Hans Eichel, Peer Steinbrück und Wolfgang Schäuble für die Abteilung Nationale und Internationale Finanzmarkt- und Währungspolitik zuständig.

Dabei hat er sich noch 2005 dafür eingesetzt, auf dem Finanzmarkt überflüssige Regulierungen abzubauen und den Ausbau des Verbriefungsmarktes voranzutreiben. Diese Punkte wurden nicht nur in den Koalitionsvertrag zwischen CDU und SPD aufgenommen, 2006 schriebt Asmussen zudem noch einen Aufsatz, in dem er schwärmerisch ausführt, warum Deregulierung und der Handel mit ABS-Papieren unverzichtbar sei.

Nun haben die Franzosen mit Benoit Coeure einen eigenen Kandidaten für das EZB-Direktorium nominiert, dem auch die Aufgabe des Chefvolkswirts zufallen könnte. Dieser Schachzug muss Merkel und Schäuble missfallen, da Coeure nicht nur der fachlich bessere Mann ist (umfangreichen Veröffentlichungsliste wirtschaftswissenschaftlicher Aufsätze und Bücher) und als akademischer Ökonom von Format gilt, sondern auch deutlich werden lässt, dass die Franzosen auf die EZB als letzte Instanz setzen wollen.

Nur sie allein kann soviel Geld in die Hand nehmen, wie nötig ist, um die Spekulation zu beenden. Mit dem in ökonomischen Fragen mittelmäßig begabten und überführten Erfüllungsgehilfen der privaten Banken Jörg Asmussen ist das mit Sicherheit nicht möglich. Er würde wie der scheidende Chefökonom Stark herumjammern und als weiterer Verfechter der Preisstabilität seine Isolation im EZB-Rat beweinen.

Da müssen sich die Elite-Birnen in Deutschland wie in Frankreich halt mal wieder etwas ausdenken, wie sie unter Wahrung ihrer jeweiligen Krisengesichter einen faulen Kompromiss erreichen. Am Ende kommt dann so etwas wie Elite-Bonds heraus, die keinem wirklich helfen, sich aber bestens als Verhandlungsmasse eignen, um dem Rest der EU die Zustimmung zu Vertragsänderungen abzupressen.

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Warum grüne Flaschen wählen?

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Bundeskanzlerin Angela Merkel zieht triumphierend durch Europa. Nach ihrem und Schäubles Willen soll Europa handeln. Am Ende könnte es so aussehen:

Schäuble zieht Merkel

Quelle: Mitternachtsspitzen (19.11.2011)

Es ist schon verrückt. Merkel will umgehend die europäischen Verträge ändern, damit diese auch zu ihrer Ankündigungspolitik der letzten Wochen passen. Die Grünen fordern derweil auf ihrem Parteitag in der Sparkassen-Arena in Kiel eine neue Verfassung für die Bundesrepublik, weil das Grundgesetz nicht mehr so gut zum Leitbild der Troika – Brüssel, IWF und EZB – passt, die als maßgebliche Kontrollinstanz auf die nationalen Haushalte Einfluss nehmen möchte. Der griechische Ex-Premier Papandreou klatscht dabei als Stargast artig Beifall und sieht rot-grün auf dem Vormarsch.

Man könnte auch sagen, die Grünen fordern eine neue Verfassung, weil sie es leid sind, ständig gegen das Grundgesetz verstoßen zu müssen. Möglicherweise könnte dann neben dem Dosenpfand auch der Plastiktütenaufschlag in das neue Regelwerk aufgenommen werden. 22 Cent mehr pro Säckchen schwebt den Ökoliberalen vor. Sollte das dennoch den Plastiktütenkonsum nicht mindern, will man sie verbieten.

Das könnte dem Deutschen aber gefallen, der sich auch nicht zu blöde ist, für das Dosenpfand mit Tüten voller Einwegflaschen vor speziellen Rücknahmeautomaten im Aldi Schlange zu stehen. Nein, er schraubt auch noch geduldig die Verschlüsse auf, um die durch Kälte deformierten Behältnisse wieder in Form zu bringen, damit der Automat das aufgedruckte Einwegsiegel auch erkennen kann. Übrigens ist die Mehrwegquote, die Umweltminister a.D. Trittin stabilisieren wollte, trotz oder wegen der Einführung dieses absolut hirnrissigen Dosenpfandes dramatisch zurückgegangen und der Absatz von Einwegverpackungen gestiegen.

Der Handel profitiert, weil er nicht eingelöste Pfandzahlungen behalten und zudem mit dem artig zurückgegebenen Plastikmüll ein lukratives Nebengeschäft betreiben kann. Bis zu 400 Euro pro Tonne zahlen die Chinesen für gepresste oder geschredderte PET-Flaschen. Im Reich der Mitte werden diese eingeschmolzen und zu neuen Polyesterfäden gesponnen, die dann wieder als Fleece-Pullis verarbeitet nach Deutschland zurückkehren. Mindestens die Hälfte der in Supermärkten zurückgegebenen PET-Pfandflaschen landen in Asien, weiß Greenpeace zu berichten.

Warum sollte der Deutsche grüne Flaschen wählen, wenn er sich dank Dosenpfand schon welche anziehen muss?

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