Interview mit einem “Politikberater” – Oder die Angst der Image-Macher

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Über den Deutschlandfunk muss ich mich heute doch sehr wundern. Erst durfte Wolfgang Gerhard seine Ahnungslosigkeit verbreiten und nun kommt mit Klaus-Peter Schmidt-Deguelle auch noch einer zu Wort, der als Politikberater vorgestellt wird. Die Nähe zum Begriff des Politikwissenschaftlers sollte wohl den Eindruck vermitteln, hier spreche einer, der etwas Substanzielles zur Krisenbewältigung beitragen könnte. Dabei wurde hier jemand befragt, dessen Job das Aufpolieren von Images ist. Der also aus einem Hanswurst einen Sparhans macht, siehe das Beispiel Hans Eichel. Zuletzt wollte Schmidt-Deguelle das ramponierte Image von Carsten Maschmeyer wiederherstellen und scheint auch Erfolg damit zu haben. Aus den Negativschlagzeilen scheint der Drückerkönig aus Hannover inzwischen verschwunden zu sein.  

Schmidt-Deguelle, der beim Deutschlandfunk vor einem Jahr noch als Medienberater galt, durfte nun mit Blick auf die Bundesregierung die Botschaft verbreiten:

„Man hätte die Leute mitnehmen müssen und man hätte sie auch mitnehmen können“

Da stellt sich die Frage, wobei? Die Verdummung des Wahlvolks kann ja nur funktionieren, wenn das Wahlvolk nicht versteht, worum es geht. Der Rösler kann eben nicht einfach hergehen und von Pleite sprechen. Das versteht ja jeder. Er muss lernen, Herrschaftssprache oder PR-Deutsch zu sprechen, wie die Kanzlerin. Bei Schmidt-Deguelle klingt das dann so:

Rösler darf das fordern, aber Rösler ist der Wirtschaftsminister dieser Regierung und nicht nur der Parteivorsitzende. Was ein Gerede, das nicht substanziell begründet ist, auslöst, haben wir gesehen in den letzten Tagen. Es sind Milliarden vernichtet worden, weil ein deutscher Wirtschaftsminister, über dessen Funktion im Ausland sowieso wenig bekannt ist und dessen Bedeutung, damit einmal kurz die Märkte irritiert hat.

Natürlich kann Griechenland Pleite gehen. Natürlich kann Griechenland umgeschuldet werden. Dieser Prozess wird ja auch vorbereitet. Aber er kann nicht so eingeläutet werden, dass das einfach herbeigeredet wird, sondern es muss geordnet gehen. Dafür gibt es im Moment nicht die Instrumente, und die Folgen, die eine Umschuldung Griechenlands für den gesamten Finanzsektor, für die Bedrohung der übrigen schwachen Euro-Länder hat, die müssen händelbar sein, und dafür ist zum Beispiel die Umstrickung, die Umwandlung des Rettungsschirms, des EFSF, und dann die Einrichtung des permanenten Rettungsschirms, des ESM, ja gedacht. Aber das braucht noch seine Zeit. Und jetzt sozusagen im Hauruckverfahren aus Angst vor dem Wahltermin diese Paniksituation heraufzubeschwören, ist absolut unverantwortlich.

Haben sie das verstanden? Falls nicht, hat Schmidt-Deguelle seinen Job gut gemacht. Griechenland kann Pleite gehen und der Prozess wird vorbereitet. Aha. Man dürfe nur nicht einfach so ungeordnet drüber reden. Man brauche erst Instrumente – das heißt einen PR-Berater, der die richtigen Sätze erfindet – um dann geordnet die Menschen in die Irre zu führen.

Der Parteichef – und das gilt in dem Fall auch für die Parteichefin der CDU – hätten von Anfang an anders kommunizieren müssen. Sie hätten kommunizieren müssen, dass dieses Europa ein Projekt ist, das mit diesem Euro steht und fällt. Das haben sie gesagt, aber sie haben nicht gesagt, wie es zu retten ist. Man hat sich von Entscheidung zu Entscheidung gehangelt, ohne es zu kommunizieren.  

Auch dieser Nonsens ist nicht leicht zu entschlüsseln. Kommuniziert wurde ziemlich deutlich, wie “es” nicht zu retten ist, um dann immer genau anders zu entscheiden. Im Grundsatz sagt der “Politikberater” an dieser Stelle aber, dass alle Entscheidungen richtig gewesen seien und nur die Art der Vermittlung falsch war. Das kennen wir zu Genüge. Die SPD glaubt heute noch, ihre Agendapolitik sei richtig gewesen, aber den Menschen nicht gut erklärt worden.

Schmidt-Deguelle hat natürlich etwas gegen das populistische Gehabe von FDP und CSU. Der stumpfsinnige Populismus macht nämlich stumpfsinnige, aber sehr lukrative, Beratung überflüssig.  

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Unerschütterliche Marktgläubigkeit

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In diesen Tagen scheint die Vernunft vollends über Bord zu gehen. Nationale Egoismen, Chauvinismus und billiger Populismus bestimmen das öffentliche Bild. Und Journalisten stehen entweder teilnahmslos daneben oder lassen sich einspannen in die Hetze gegen alles, was Auflage verspricht. Einige glauben auch, die Bildung eines deutschen “Tea-Party” Pendants geortet zu haben. Ich sehe das noch nicht, weil es dafür auch einer breiten Bewegung bedarf. Doch weder die Neonazis aus Meck-Pomm konnten bei den Menschen punkten, noch die Rechtsradikalen aus der FDP werden mit ihrer Haltung über Denkverbote auch nur eine sicher verlorene Stimme retten können. Dafür sitzt bei den Betroffenen die Erkenntnis, gar kein Hotel zu haben, doch noch zu tief.    

Wolfgang Gerhard, der Vorsitzende der Friedrich-Naumann-Stiftung und ehemaliger FDP-Chef wurde heute Morgen vom Deutschlandfunk interviewt. Er ist sicherlich kein Rechtsradikaler, aber ein schlichtes und merkbefreites Gemüt von gestern, an dessen liberalen Zwangsgeist die Krise von 2008 buchstäblich vorbeigegangen ist. Er wird in den Nachrichten bloß mit der Aussage zitiert, dass die Debatte um die Griechenland-Hilfe kein Sprengsatz für die schwarz-gelbe Koalition in Berlin sei. Dabei hat er beiläufig das offen ausgesprochen, woran unsere politische Führungselite noch immer leidet. Marktgläubigkeit!    

Im Übrigen haben ja die Märkte eigentlich die desolate Situation in einigen Mitgliedsstaaten der Euro-Zone aufgedeckt, von der sich die Politik oft zurückgehalten hat, sie klar zu bewerten. Es wird bei uns so oft kritisch über Marktwirtschaft geredet. Der Markt deckt politische Fehlleistungen konsequent auf, und das ist in Griechenland klar geschehen. Dort haben Regierungen, gleich welcher Zusammensetzung, nicht die geringste Fähigkeit entwickelt, wirklich mit dem Euro etwas Positives an Chancen für ihr Land zu entwickeln.

Quelle: dradio

Wer nach IKB-Pleite, Lehman-Pleite, HRE-Pleite, Commerzbank-Pleite, der Bildung zahlreicher Bad Banks und einem riesigen Rettungsschirm für die Finanzmarktbranche noch mit seinem gelb lackierten Wagen angebraust kommt und behauptet, der Markt decke politische Fehlleistungen konsequent auf, der muss so furchtbar schnell unterwegs gewesen sein und so wenig von der Außenwelt mitbekommen haben, dass ihm der Flächenbrand auf den Märkten entgehen konnte.

Die politische Fehlleistung besteht doch wohl darin, dass permanente Marktversagen schlicht zu leugnen. Das Auf und Ab an den Börsen hat doch überhaupt nichts mit einem rationalen Verhalten zu tun. Wenn sogar so ein unterdurchschnittlicher Politiker wie Rösler mit einer Bemerkung über Denkverbote die Märkte in Bewegung versetzen kann, ist das ein vollkommen absurder Vorgang. Noch hirnrissiger ist allerdings die Reaktion der Regierungschefin, die ihre Koalitionspartner dazu aufrief, das Sprechen in verständlichen Worten und Sätzen wieder einzustellen und zum bewährten Sprechblasenkonzept zurückzukehren, bei dem selbst die Märkte daran scheitern, den Pudding an die Wand zu nageln.

Aber weil aus Sicht des liberalen Blindfahrers Gerhard die griechischen Regierungen in der Vergangenheit keine Fähigkeit entwickelt hätten, mit dem Euro etwas Positives anzufangen, muss man das Volk dafür bestrafen. Vielleicht will er ja doch noch mit Brüderle, Lindner und Rösler rechts abbiegen, um die zu unrecht kritisch beäugte Marktwirtschaft zu retten. Doch wer lediglich an den Markt glaubt, beweist nur, dass er die Marktwirtschaft nicht verstanden hat. 

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