Was kommt eigentlich hinter Ramsch-Status?

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Ratingagenturen zeichnen sich bekanntermaßen durch ihr kreatives Benotungssystem aus. Allerdings wissen wir spätestens seit dem letzten Jahr, dass griechische Anleihen auf den sog. Ramsch-Status gesenkt wurden. In Ratingsprache übersetzt hieß das Ba1 oder BB+. Nun ist das aber längst noch nicht das Ende der Fahnenstange. Letzte Woche wurde die Note auf CC bzw. CCC gesenkt. Und wieder ist in deutschen Medien vom Ramsch-Status die Rede.

S&P stuft Griechenland noch tiefer in Ramsch-Status

Was heißt denn tiefer Ramsch-Status? Christian Ehring aus der ZDF heute-show gibt Antwort:

Ramschstatus

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Statistische Holpereien (Teil 2)

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Teil 1 hier

Der private Konsum ist und bleibt das Sorgenkind der deutschen Wirtschaft. Der Handelsverband Deutschland interpretiert die jüngsten Daten so:

Mit Blick auf das Gesamtjahr sagte Genth, dass es angesichts der Entwicklung des privaten Konsums und der weitgehend intakten Stimmung bei Unternehmen und Verbrauchern bescheidene Spielräume für den Einzelhandel geben könne. Allerdings gebe es wegen der Euro-Krise, steigender Energiepreise und Krankenkassenbeiträge auch Risiken für Verbraucherstimmung und Konsum. Daher halte der HDE an seiner Umsatzprognose von nominal plus 1,5 Prozent für das Gesamtjahr fest. Bei der momentanen Preissteigerung würde dies real ein leichtes Minus bedeuten. „Für das Herbst- und Weihnachtsgeschäft werden die Verbraucherstimmung aber auch die Entwicklung der Energiepreise entscheidend für den Konsum sein, der im bisherigen Jahresverlauf von der starken Entwicklung am Arbeitsmarkt profitiert hat“, so HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth.

Quelle: HDE

Bescheidene Spielräume für den Einzelhandel ergeben sich also aus der Tatsache eines zu erwartenden realen Umsatzrückgangs in diesem Jahr. Diese Logik ist beeindruckend, aber durchaus stringent. Denn das statistische Bundesamt hat letzte Woche nicht nur die Zahlen zu den Umsätzen im Einzelhandel veröffentlicht, sondern auch zu der Entwicklung der Tarifeinkommen folgende “neutrale” Stellungnahme abgegeben:

Die tariflichen Monatsverdienste der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland sind von April 2010 bis April 2011 insgesamt um 1,5 % gestiegen. Damit zeichnet sich nach Mitteilung des Statistischen Bundesamtes (Destatis) eine Trendwende bei den Tarifverdiensten ab. Seit Oktober 2009 (+ 3,0 %) war die Steigerungsrate beständig zurückgegangen und hatte im Januar 2011 nur noch + 0,9 % betragen.   

Quelle: destatis

Das statistische Bundesamt spricht von einer Trendwende und ignoriert die Verbraucherpreisentwicklung. Die nominale Steigerungsrate bei den Tarifeinkommen von 1,5 Prozent wird als solche nicht gekennzeichnet. Der Hinweis auf die reale Veränderung der Tarifeinkommen, d.h. in der Fachsprache “preisbereinigt”, wird gar nicht erst angeführt. Aber das können sie sich selbst ausrechnen.

Verbraucherpreisindex bis Juni 2011

Quelle: destatis

Im Schnitt gab es im Jahr 2011 einen Anstieg der Verbraucherpreise von über zwei Prozent. D.h., dass Arbeitnehmer mit Tarifeinkommen erneut reale Einkommensverluste hinnehmen mussten. Dazu kommt, dass die Tarifbindung in Deutschland weiter rückläufig ist.

Das deutsche System der Flächentarifverträge erlebt seit Mitte der 1990er Jahre einen sichtlichen Erosionsprozess, der in einem anhaltenden Rückgang der Tarifbindung zum Ausdruck kommt. In Zahlen: Im Jahr 2010 wurden in ganz Deutschland gerade noch 33 Prozent der Betriebe und 60 Prozent der Beschäftigten durch einen Tarifvertrag erfasst. Im Kernbereich der Flächentarifverträge ist die Tarifbindung noch ein paar Prozentpunkte niedriger: Die bundesweiten oder regionalen Branchentarifverträge gelten noch für die Hälfte der Beschäftigten (52 Prozent) und für weniger als ein Drittel der Betriebe (30 Prozent).

Quelle: Magazin Mitbestimmung (Hans-Böckler-Stiftung)

Die Zunahme bei den Tariflöhnen ist daher im wesentlichen von der Entwicklung der übrigen Bruttoeinkommen abgeschnitten. Die Ausbreitung von atypischer Beschäftigung wie Leiharbeit oder Minijobs sowie der politisch betriebene Ausbau des Niedriglohnsektors haben in Wirklichkeit zu einem dramatischen Verfall der Arbeitnehmereinkommen geführt. Zuletzt wurde das durch eine Studie des DIW untermauert.

Die Löhne von Geringverdienern sind seit der Jahrtausendwende rapide gesunken. Beschäftigte in den unteren Einkommensgruppen hatten im vorigen Jahr 16 bis 22 Prozent weniger in der Tasche als im Jahr 2000. Auch Menschen mit mittlerem Gehalt mussten deutliche Einbußen hinnehmen. Bei Besserverdienenden sind die realen Nettoeinkommen dagegen minimal gestiegen. Das zeigen bisher unveröffentlichte Daten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW).

Quelle: Berliner Zeitung

Es stellt sich also noch immer die Frage, woher die “binnenwirtschaftlichen Auftriebskräfte” kommen sollen, die der Bundeswirtschaftsminister Rösler als Stütze des deutschen Aufschwungs erkannt haben will.

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