Stuttgart 21: Klaus Stuttmanns Vorahnung oder das Geißler-Plagiat

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Quelle: Klaus Stuttmann

Diese Karikatur hat Klaus Stuttmann vor dem Beginn des Schlichtungstheaters am 6.10.2010 erstellt. Und es ist nun genauso gekommen. Unglaublich! Heiner Geißler schlägt allen Ernstes vor, den Fernverkehr über den Tiefbahnhof und den Nahverkehr über einen verkleinerten Kopfbahnhof laufen zu lassen.

Quelle: SWR

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Konjunkturdaten: Statistische Stolpereien

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Arbeitsmarkt

Wenn selbst die fingierte Statistik einen Anstieg der Arbeitslosigkeit ausspuckt, sind natürlich immer jahreszeitliche Effekte verantwortlich. Im Winter ist es das schlechte Wetter und im Sommer die Urlaubszeit. Inzwischen muss man aber davon ausgehen, dass nicht nur das Sinken der offiziellen Arbeitslosenzahl, sondern auch ihr Steigen etwas mit der amtlichen Definition von Arbeitslosigkeit zu tun hat.

Denn wie sie inzwischen wissen dürften, werden längst nicht alle Bezieher von Arbeitslosengeld I und II auch als arbeitslos gezählt.

Von den Arbeitslosengeld-Empfängern waren im Juli 688.000 oder 88 Prozent arbeitslos gemeldet. 90.000 Arbeitslosengeld-Empfänger wurden nicht als arbeitslos geführt, z.B. weil sie vorruhestandsähnliche Regelung in Anspruch nahmen, arbeitsunfähig erkrankt waren, sich in einer Trainingsmaßnahme befanden oder an Maß-nahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung teilnahmen.

Quelle: Monatsbericht Juli 2011

Im letzten Monatsbericht hieß es hingegen noch:

Von den Arbeitslosengeld-Empfängern waren im Juni 640.000 oder 87 Prozent arbeitslos gemeldet. 98.000 Arbeitslosengeld-Empfänger wurden nicht als arbeitslos geführt, z.B. weil sie vorruhestandsähnliche Regelung in Anspruch nahmen, arbeitsunfähig erkrankt waren, sich in einer Trainingsmaßnahme befanden oder an Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung teilnahmen.

Quelle: Monatsbericht Juni 2011

Das heißt, der Anstieg der Arbeitslosigkeit im Juli ist auch auf den besseren Gesundheitszustand der Erwerbslosen zurückzuführen, die im Juni zwar auch schon arbeitslos waren, aber nicht gezählt wurden, weil sie arbeitsunfähig erkrankt waren. 

Das soll nur ein Beispiel unter vielen sein, für die absurden Zählmethoden der Bundesagentur, die auch nicht wirklich zählt, sondern immer mehr schätzt.

Fakt ist, dass sich der Anteil der Langzeitarbeitslosen wieder erhöht hat (um 1 auf 34 Prozent) und die Zahl der Unter­be­schäf­ti­gung bei über 4 Mil­lionen (4.091.291) verharrt. Das entspricht einer Quote von 9,6 %.

Die Beschäftigungssituation wird nach wie vor unter einem quantitativen Gesichtspunkt betrachtet. Egal welche Arbeit zu welchen Konditionen auch angeboten und verteilt wird, sie fließt ungefiltert als positive Erscheinung in die Statistik ein. Das größte Plus mit über 20 Prozent Zuwachs verzeichnet immer noch die Leiharbeitsbranche. Insgesamt gebe es knapp 41 Millionen Beschäftigte, davon aber nur rund 28 Millionen in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis. Wie hoch der Anteil der Vollzeitbeschäftigten ist, erfährt man aber nicht.

Einzelhandel

Die Verkündung der Einzelhandelszahlen ist diesmal etwas lustiger ausgefallen. Das statistische Bundesamt traut nämlich der eigenen Statistik nicht mehr so recht über den Weg.

Methodische Hinweise:
Methodische Änderung ab Berichtsmonat Juni 2011

Die Ergebnisse basieren ab dem Berichtsmonat Juni 2011 auf einem neuen Berichtskreis, da ein Teil der Unternehmen in der Erhebung ausgetauscht wurde. Der Berichtskreis ist damit aktueller und repräsentativer, wodurch die Konjunkturbeobachtung am aktuellen Rand verbessert wird.[…]

Erfahrungsgemäß stellt ein Teil der neuen Stichprobenunternehmen seine Angaben zunächst nicht zeitgerecht zur Verfügung. Die Umsätze für den Juni weisen darum etwas größere Schätzanteile (27,2 %) auf als im Durchschnitt der ersten Monate diesen Jahres (26,0 %).

Quelle: destatis

Im Ergebnis für Juni heißt es dann:

Die deutschen Einzelhandelsunternehmen setzten im Juni 2011 nach vorläufigen Ergebnissen des Statistischen Bundesamtes (Destatis) nominal 0,5 % mehr und real 1,0 % weniger um als im Juni 2010. Der Juni 2011 hatte mit 24 Verkaufstagen zwei Verkaufstage weniger als der Juni 2010, da Christi Himmelfahrt und Pfingstmontag in diesem Jahr in den Juni fielen. Im Vorjahr lagen diese Feiertage im Mai. Im Vergleich zum Mai 2011 ist der Umsatz im Juni 2011 unter Berücksichtigung von Saison- und Kalendereffekten (Verfahren Census X-12-ARIMA) nominal um 6,1 % und real um 6,3 % gestiegen.

Das verstehe bitte wer will. Der Juni 2011 hatte zwei Verkaufstage weniger als der Juni 2010, dafür aber Feiertage und trotzdem wurde im aktuellen Zeitraum real 1,0 Prozent weniger umgesetzt. In diesem Jahr fielen die Feiertage in den Juni, deshalb ein schlechteres Geschäft, so die Statistiker. Was heißt das nun? Ich dachte immer, Feiertage sorgen gerade für verstärkte Umsätze oder spielt die Tatsache, dass man sich an Himmelfahrt und Pfingsten nichts schenkt so eine große Rolle? Traditionell sind der Mai und der Juni aber sehr umsatzstarke Monate. Das weiß jeder, der im Einzelhandel tätig ist oder war.

In diesem Jahr gab es im Mai aber überhaupt nix zu feiern, selbst der Tag der Arbeit fiel auf einen Sonntag. Die deutliche Zunahme der Umsätze im Juni gemessen an den Ergebnissen vom Mai scheinen daher diesem Umstand Rechnung zu tragen. Aus Sicht der Statistiker wäre es nun aber blöd gewesen, die Zunahme der Umsätze im Juni nun auch noch mit den Feiertagen zu erklären, nachdem diese schon für einen Rückgang der Umsätze im Jahresvergleich herhalten mussten.

Einzelhandel bis Juni 2011

Jedenfalls ist der Bierabsatz im ersten Halbjahr 2011 um 1,0 Prozent gestiegen. Das nun wiederum ist keine Statistikstolperei, sondern sehr wohl nachvollziehbar. 

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EDIT: Focus Online schreibt übrigens unter der Jubelüberschrift: „Stärkstes Umsatzplus seit 1994“

„Die Daten könnten allerdings statistisch verzerrt sein, hieß es in der Behörde. Denn der Mai habe drei Verkaufstage mehr gehabt als vor einem Jahr, der Juni hingegen zwei Tage weniger. „Diese Konstellation hat es noch nie gegeben“, sagte ein Statistiker zu Reuters. Das sogenannte Saisonbereinigungsverfahren, das jahreszeitliche Schwankungen ausgleichen soll, habe dies möglicherweise nicht völlig widerspiegeln können.“

Teil 2 hier

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Ein Solms zur Steuerdiskussion

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Heinemann: Herr Solms, was spricht gegen einen höheren Steuersatz bei einem Einkommen zwischen 53.000 und 250.000 Euro?

Solms: “Die Steuerzahler sind heute schon extrem hoch belastet. Sie zusätzlich zu belasten, würde den Leistungsprozess stören und gerade diese Menschen, die besonders leistungsfähig sind, in hohem Maße weiter ins Ausland treiben. Das können wir uns einfach nicht erlauben. Man muss im Übrigen bedenken, dass die höheren Einkommensbezieher – also die zehn Prozent Bestverdienenden – über 50 Prozent des Steueraufkommens erbringen. Das heißt, die sind hochbelastet, mehr wäre einfach unvernünftig.”

Heinemann: Sie sprechen von besonders Leistungsfähigen – nennen wir sie doch einfach mal besonders Reiche!

Solms: “Nein, die sind nicht reich, sondern durch ihre Arbeit haben sie ein höheres Einkommen, weil ihre Arbeit so hoch geschätzt wird. Und genau das sind diejenigen, die die Arbeitsplätze für die anderen mitschaffen, die für den Aufschwung in Deutschland gesorgt haben, und die sollen für diese Arbeit nicht bestraft werden, sondern auch deren Arbeit muss sich weiterhin lohnen. Im Übrigen dürfen Sie nicht vergessen, dass heute diejenigen, die hohe Einkommen beziehen, schon – wenn sie Soli und Kirchensteuer obendrauf rechnen – mit rund 50 Prozent besteuert werden. Mehr ist auch verfassungsrechtlich nicht geboten.”

Quelle: dradio

Hermann Otto Solms fährt noch einmal das gesamte Repertoire längst widerlegter Behauptungen auf, wonach die Besser- und Bestverdienenden durch Steuern unglaublich hoch belastet seien und auf gepackten Koffern säßen, um das Land sofort zu verlassen, falls die Abgabenschraube nach oben gedreht würde. Warum sind die “hoch Geschätzten” und keinesfalls reichen Menschen eigentlich noch hier, wenn nach Solms eine steuerliche Hochbelastung längst Realität ist?

Damit könnte man schon schließen und die FDP bei ihren drei Prozent belassen. Doch sollte man noch einmal darauf hinweisen, dass die oberen 10 Prozent eben nicht über 50 Prozent des Steueraufkommens erbringen, sondern nur über 50 Prozent der Einkommenssteuer die mit weniger als 40 Prozent zum Gesamtsteueraufkommen beiträgt.

2010 betrug der Anteil der Steuern vom Einkommen 38,5 %; er verringerte sich damit seit 2000 um gut 5 Prozentpunkte und seit 1990 sogar um fast 8 Prozentpunkte.

Quelle: BMF

Das ist kein feiner, sondern ein elementarer Unterschied, weil der Anteil der indirekten Steuern mit 51,8 Prozent (für 2010) am Gesamtsteueraufkommen deutlich höher ist. Dazu kommt, dass die von Solms angeführten oberen 10 Prozent bei näherer Betrachtung nur einen Anteil von 37,9 Prozent am zu versteuernden Einkommen haben und über 60 Prozent des Gesamtprivatvermögens verfügen, wohingegen die unteren 70 Prozent nicht mal auf einen Anteil von 9 Prozent kommen.

Über die Hälfte des Steueraufkommens wird demnach über die Umsatzsteuer (33,9 Prozent), Energiesteuer, Versicherungssteuer, Tabaksteuer usw. bestritten, also Steuerarten, die nicht progressiv am jeweiligen Einkommen oder Vermögen, sondern absolut nach dem Modell einer Flat-Tax erhoben werden. D.h., dass Geringverdiener gemessen an ihren Einkommen deutlich höher belastet werden, als Besserverdiener, die von ihren Einkommen nur einen geringen Teil für den Konsum einsetzen müssen und den Rest sparen bzw. anlegen können.  

Durch politische Entscheidungen wurde eine Verschiebung der Finanzierungsbasis des Staates zu Gunsten höherer Einkommensbezieher und Vermögender erreicht. Diese Entwicklung bleibt weitgehend unerkannt. Im Durchschnitt zahlen Besserverdienende auch nicht den Spitzensteuersatz, der gilt ja nur für einen bestimmten Teil des Einkommens.

Quelle: NachDenkSeiten

Umgekehrt profitieren höhere Einkommen auch von einer Senkung der Steuersätze in unteren Progressionszonen. Wenn man also nur Normalverdiener entlasten wollte, müsste Herr Solms und seine FDP die Spitzensteuersätze anheben, um nicht gleichzeitig eine viel stärkere Entlastung der Besserverdienenden im Vergleich zu den Normalverdienern auszulösen. Aber dieser angenehme Nebeneffekt käme den Liberalen und ihrer Klientel nicht wirklich ungelegen. Darüber sprechen tut man aus Imagegründen freilich nicht. Denn wie sagte der neue Parteifurzende und andere Jungliberale einmal. Es gehe nicht darum liberale Grundsätze aufzugeben, sondern sie so zu verkaufen, dass sie sozialer aussehen.

„Der FDP fehlen nicht kluge Konzepte in den verschiedenen Politikfeldern. Daran herrscht kein Mangel. Wir glauben aber nicht daran, dass eine Partei nur wegen sinnvoller Maßnahmevorschläge gewählt wird.

Sie erhält vielmehr Zustimmung, wenn sie mit einer positiven politischen Erzählung verbunden wird, die das Lebensgefühl der Menschen trifft und ihnen Hoffnung auf eine bessere Zukunft macht.“

Quelle: tautenhahn.blog

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