Umfrageblödsinn

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Nun veranstaltet wirklich jeder eine Umfrage zum Vor- und Rücktritt von zu Guttenberg. Im Ergebnis lässt sich aber festhalten, dass diese Spontanabstimmungen nur einen Tatsachenschein vermitteln, in Wirklichkeit aber bereits in dem Moment Makulatur sind, in dem darüber berichtet wird. Bei der Bildumfrage konnte man das schon sehr gut sehen. In der gedruckten Ausgabe will man eine Zustimmung von beinahe 90 Prozent für zu Guttenberg gemessen haben, in der Online-Umfrage überwog aber die Ablehnung (siehe: Spiegelfechter).

Nun hat sich auch die ARD-Aktuell-Redaktion daran versucht. In den gestrigen Tagesthemen soll eine repräsentative Blitzumfrage zum Rücktritt zu Guttenbergs ein „geteiltes Echo“ hervorgebracht haben. Gleichzeitig stellt man aber fest, dass auf dem Online-Portal der Tagesschau fast bald über zwei Drittel der dortigen Umfrageteilnehmer, also mal wieder ziemlich eindeutig, der Aussage zugestimmt haben, der Rücktritt zu Guttenbergs sei angemessen.

Der Rücktritt sorgte für ein geteiltes Echo in der Öffentlichkeit. Laut einer repräsentativen Blitzumfrage von infratest dimap für die Tagesthemen halten 53 Prozent der Befragten Guttenbergs Entscheidung für richtig, 44 Prozent sehen das nicht so. In einer nicht repräsentativen Umfrage auf tagesschau.de schätzen von mehr als 100.000 Teilnehmern sogar fast zwei Drittel den Rücktritt als angemessen ein.

Quelle: Tagesschau

Rücktritt
Quelle: Tagesschau-Umfrage (Stand: vor dem Mittagessen)

Ja, was stimmt denn nun? Lustig ist, dass die Tagesschau-Redaktion unter dem Punkt „In eigener Sache“ zur Umfrage schreibt:

Liebe User,

wir freuen uns über Ihre rege Beteiligung an unseren Umfragen!

Weniger erfreut nehmen wir zur Kenntnis, dass viele unserer Umfragen von Interessengruppen zum Anlass genommen wurden und werden, ihre jeweiligen Mitglieder zur massenhaften Teilnahme aufzurufen.

Wenn Ihnen derlei bekannt wird, schicken Sie uns doch einfach eine E-Mail an redaktion@tagesschau.de. Das hilft uns dabei, unsere Umfrageergebnisse besser einzuordnen.

Herzlichst
tagesschau.de

Vielleicht sollte man derlei Umfragenquatsch lieber ganz lassen und sich selber fragen, ob es überhaupt Sinn hat, nach der Beliebtheit eines Betrügers und Lügners zu fragen oder danach, ob der Rücktritt desselben schäbigen Charakters angemessen sei oder nicht. Diese Fragen stellen sich überhaupt nicht. Gleichzeitig sollten sich die professionell arbeitenden Empiriker und Demoskopen in den Instituten kritisch fragen, ob sie gegen Geld jeden Schwachsinn abfragen lassen müssen oder ob sie ihre Wissenschaft mit solchem Mist nicht schon längst an die Wand gefahren haben.

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Nach dem Rücktritt ist vor der Rückkehr: Guttenberg und kein Ende

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Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Hans-Peter Uhl, hat sich für eine rasche Rückkehr von Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) in die Politik ausgesprochen. „Ich hoffe, dass er uns als Politiker erhalten bleibt und die Rückkehr so bald wie möglich stattfinden kann“, sagte Uhl der in Halle erscheinenden „Mitteldeutschen Zeitung“ (Mittwochsausgabe). Es seien in der Vergangenheit bereits Politiker zurückgekehrt, die „sehr viel mehr kriminelle Energie“ als Guttenberg gehabt hätten, ergänzte er.

Quelle: Stern

Zunächst einmal sei hier festgehalten, dass Herr Uhl seinen Gesinnungsgenossen für einen Kriminellen hält. Aber es gebe noch viel Schlimmere und damit auch eine Chance für zu Guttenbergs schnelle Rückkehr. Ich weiß nicht, wie ernst die Schwarzen das meinen. Jedenfalls gibt es einige, die ein rasches Comeback befürworten und von einem „Ausnahmetalent“ sowie einer „zweiten Chance“ reden. Hier wird offensichtlich alle zur Verfügung stehende Irrationalität mobilisiert, um den Sturz des geliebten Führers wieder umzukehren.

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Zu Guttenberg und die Legendenbildung

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Kaum ist zu Guttenberg zurückgetreten, beginnt die Legendenbildung. Es scheint fast so, als ginge die letzte Strategie des Lügners und Amtsversagers auf. Mit seiner Oscar reifen Vorstellung heute Mittag gelang es ihm, erneut die Botschaft zu verbreiten, dass die Medien lieber über seine Person und seine Doktorarbeit berichtet hätten, als über tote Bundeswehrsoldaten und die Vorgänge in Nordafrika. Und tatsächlich, in einigen Reaktionen, die ich bereits vernommen habe, wird davon gesprochen, dass der Rummel um die Person ein wenig den Blick auf die Sachthemen verdeckt habe.

Damit folgt man der Vorgabe zu Guttenbergs und wahrscheinlich auch der Bundesregierung, die gerade vom politisch wie inhaltlichen Versagen ablenken will. Es entsteht einmal mehr der Eindruck, zu Guttenberg sei ein guter Politiker und Verteidigungsminister gewesen. Das war er nicht, um es noch einmal ganz deutlich zu sagen. Dass die Öffentlichkeit aber erst eine gefälschte Dissertation brauchte, um zu kapieren, dass zu Guttenberg untragbar ist, kann man kritisieren. Es überwiegt aber die Erkenntnis, dass die Medien überhaupt noch etwas gemerkt und vor allem es auch verstanden haben, ihre kritische Position gegenüber zu Guttenberg durchzuhalten.

Er war aber auch kein guter Verteidigungsminister. Während seiner Amtszeit schnellten nicht nur die Besuchszahlen eines Ministers der Verteidigung in Afghanistan in die Höhe, sondern auch die Opferzahlen unter den Soldaten, die noch immer in einem sinnlosen Krieg, ob umgangssprachlich oder nicht, ihre Gesundheit und ihr Leben aufs Spiel setzen müssen. Zu Guttenberg hatte nie eine erkennbare Afghanistanstrategie, sondern immer nur das übernommen, was ihm die Amerikaner auftrugen. Als Teil der Regierung widersprach er dem anderen Selbstdarsteller im Merkelschen Horrorkabinett Guido Westerwelle in der Frage einer Abzugsstrategie. Für die Öffentlichkeit ist bis heute nicht ersichtlich, wann nun ein Abzug aus Afghanistan konkret stattfinden soll.

Dafür hatte zu Guttenberg auf Sicherheitskonferenzen deutlich gemacht, dass er die Bundeswehr als militärischen Arm deutscher Wirtschaftsinteressen auch in Zukunft überall da, wo es nötig erscheint, einsetzen will.

Zudem änderte zu Guttenberg permanent seine Meinung. Der Luftangriff auf zwei Tanklastzüge nahe Kunduz war einmal militärisch angemessen und dann wieder nicht. Bei den Taliban war er zunächst der Überzeugung, dass er niemanden kenne, der je einen vernünftigen Taliban getroffen hätte. Heute gilt, weil die Amerikaner es so beschlossen haben, dass man sehr wohl mit gemäßigten Taliban reden müsse.

Die Bundeswehrreform, die er letzte Woche noch angeblich in trockene Tücher gepackt haben will, um den Schreibtisch im Bendlerblock ordentlich für seinen Nachfolger zu hinterlassen, ist ein einziges Desaster. Die Wehrplicht wurde ausgesetzt, eine teure Anzeigenkampagne exklusiv in den Springermedien gestartet und nun stellt das Ministerium voller Entsetzen fest, dass sich gar keine Freiwilligen zum Handelskriegsdienst melden wollen.

Da fragt man sich verwundert, wie sich der Ex-Minister die Bundeswehr der Zukunft eigentlich so vorgestellt hat. Kein Nachwuchs, der sich freiwillig abschießen lässt und ständig Führungspersonal entlassen, ist auf Dauer ja auch keine Lösung. Wenn ich in den Medien nun aber höre, dass mit zu Guttenbergs Rücktritt auch die angeblich so „ergeizig“ vorangetriebene Bundeswehrreform infrage stehe, wird einmal mehr so getan, als hätte zu Guttenberg mit seiner Initiative einen produktiven Beitrag geleistet.

Unterm Strich bleibt er ein Blender und die Menschen mögen nicht das Ergebnis seiner Arbeit, weil da einfach nichts ist, was man vorzeigen könnte, sondern das Ergebnis gelungener PR-Arbeit. Diese wiederum ist ohne die bereitwillige Unterstützung derjenigen, die für die Verbreitung von Informationen zuständig sind nicht denkbar. Wenn sich zu Guttenberg also darüber beklagt und mit ihm zahlreiche Unterstützer in der Bevölkerung, dass die Medien eine Hetzjagd veranstaltet hätten, um die Person zu zerstören, sei daran erinnert, dass er selbst es war, der die Medien nutzte, um seine Beliebtheitswerte zu steigern. Wer war denn mit Kerner in Afghanistan? Dazu Jens Berger (auf NachDenkSeiten und Spiegelfechter)

Wie passt es zusammen, wenn ein Verteidigungsminister, der in seinen „Glanzzeiten“ mit seiner Frau und dem „Hofberichterstatter“ Johannes B. Kerner nach Afghanistan fliegt, um dort PR-Arbeit in eigener Sache zu machen, sich nun darüber beschwert, dass die Medien seiner Person mehr Beachtung schenken, als den „toten Soldaten in Afghanistan“? Guttenberg nannte dies in seiner Rücktrittsrede eine „dramatische Verschiebung […] auf dem Rücken der Soldaten“. In seiner Parallelwirklichkeit ist zu Guttenberg auch nur deshalb so spät zurückgetreten, weil es für ihn „gerade eine Frage des Anstandes“ gewesen sei, „zunächst die drei gefallenen Soldaten mit Würde zu Grabe zu tragen und nicht erneut ihr Gedenken durch Debatten über [seine] Person überlagern zu lassen.“

Und welche Legende würde unserer Kanzlerin gut gefallen? Dazu hat sich der Karikaturist Klaus Stuttmann Gedanken gemacht.

Karikatur: Klaus Stuttmann
Quelle: Klaus Stuttmann

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blogintern: Statistik 02/2011

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Traditionell ist der erste Beitrag eines Monats immer der über die Blogstatistik im abgelaufenen Monat. Der Rücktritt von Karl-Theodor zu Guttenberg hat dieser bisherigen Handhabung einen Strich durch die Rechnung gemacht. Er muss sich halt immer vordrängeln. Ein widerlicher Typ.

Für die Blogstatistik im Monat Februar ist zu sagen, dass sich die Zahlen im Vergleich zum Januar etwas nach unten entwickelt haben. Das war aber zu erwarten, weil die vielen Verweise auf meine Seite hinsichtlich des Jahresrückblicks von und mit Urban Priol (Tilt!) abebben würden. Dennoch bleibt festzuhalten, dass die täglichen Besuche insgesamt und über einen längeren Zeitraum betrachtet, wieder zugenommen haben. Ein Grund dafür ist die Aufnahme in Jens Bergers Blogroll auf dem Spiegelfechter. Herzlichen Dank dafür.

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Zu Guttenberg tritt endlich zurück! Allerdings wird er dafür keinen Oscar mehr kriegen

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Na endlich, ist man geneigt zu sagen. Eben habe ich die Nachricht noch live im Radio hören dürfen. Die Qualität war unterirdisch, weil es die Medien nicht geschafft haben, kurzfristig eine vernünftige Leitung herzustellen. So klang dann zu Guttenbergs widerliche Rücktrittsansprache auch wie eine Führerbotschaft aus dem Jenseits.

Ich habe mich allerdings gefragt, ob zu Guttenberg nicht mitbekommen hat, dass die Oscarverleihung am Sonntag stattfand, er also keinerlei Chancen mehr hatte, für seinen Vortrag einen Preis zu erhalten.

Es gehört schon eine Menge Dreistigkeit dazu, jetzt noch, nachdem er als Betrüger und Lügner überführt wurde, für sich die Kategorie des Anstands in Anspruch zu nehmen und zu behaupten, ein Getriebener gewesen zu sein, der letztlich aus Kraftmangel abtrete. Da möchte man am liebsten ins Radio schlagen. Aber das lasse ich lieber und versuche mir vorzustellen, welche arme Sau das angeblich bestens bestellte Haus vom Baron übernehmen könnte.

Dabei ist mir dann auch eingefallen, dass Frau Merkel ebenfalls gelogen hat, als sie behauptete, zu Guttenberg nicht als wissenschaftlichen Assistenten, sondern als Minister eingestellt zu haben. Das entspricht doch gar nicht den Tatsachen. Die musste den Guttenberg doch nehmen, weil der Seehofer ihn als Ersatz für Michel Glos aus dem Hut gezaubert hatte. Eines der Merkmale beider Merkel-Regierungen war doch immer, dass die Personalpolitik nach strengen Proporzvorgaben in Hinterzimmern ausgekungelt wurde. Entlassen hat sie übrigens aus eigenem Antrieb auch nie einen Minister, soweit ich weiß, sogar den Glos wollte sie lieber halten.

Aber das ist Geschichte. Wer macht’s denn nun nach Guttenberg? Vorschläge bitte. Ich tippe auf Merkel selber. Denn einen Verteidigungsminister brauchen wir in Kriegszeiten einfach nicht. Denn laut Grundgesetz hat die Kanzlerin dann ohnehin den Oberbefehl.

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