Die Sache mit dem Länderfinanzausgleich

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Derzeit tobt die Diskussion um eine Reform des Länderfinanzausgleichs. Die Geberländer Bayern, Baden-Württemberg und Hessen wollen, so ihre Argumentation, nicht mehr für die armen Nehmerländer zahlen und den Gang nach Karlsruhe antreten. Zumindest wollen zweifelhafte Gestalten wie Stefan Mappus aus der Stuttgarter Staatskannzlei gerne mitbestimmen, wofür beispielsweise Rheinland-Pfalz Geld ausgibt und notfalls Sanktionen verhängen dürfen, wenn ein Land seine Finanzen nicht in den Griff bekommt und oder die Schuldenbremse verletzt.

Irgendwo habe ich bereits den Spruch gelesen, der auch als neuer PR-Slogan für Schwarz-Gelb-Rot-Grün dienen könnte, „Solidarität gibt’s nur im Austausch für Solidität“. Das klingt schon fast wie der Erfolgsspruch aus dem Hause der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) „Sozial ist, was Arbeit schafft!“

Steffen Kampeter (CDU), Parlamentarischer Staatssekretär des Bundesministerium für Finanzen hat das im Zusammenhang mit der Eurokrise im Interview mit dem Deutschlandfunk gesagt und diesen abartigen Gedanken mit Blick auf die Defizitländer in Europa geäußert, die unter zunehmenden Refinanzierungsproblemen zu leiden haben.

Nun ist es nicht schwierig, die allgemeine Bestrafungsmentalität, die die Deutschen den Europäern zuteil werden lassen möchten, auch im Innern anzuwenden. Es kann ja schließlich nicht sein, dass die deutschen Südländer kostenlose Kindergarten- und Studienplätze im Norden finanzieren. Das reiche Land Bayern führt zum Beispiel neue berufsbegleitende Studiengänge ein, die pro Semester 3.000 Euro kosten sollen, weil mit der Organisation dieser speziellen Bildungsangebote auch höhere Kosten verbunden sind. Insofern sollten sich die klammen Bundesländer an den reicheren orientieren, statt Geld für soziale Wohltaten aus dem Fenster zu werfen.

So in etwa ist der aktuelle Diskussionsstand. Die PR-Falle hat zugeschnappt. Denn in Wirklichkeit geht es nicht um den Länderfinanzausgleich, sondern schlicht um ein wahltaktisches Ablenkungsmanöver, auf das Journalisten reihenweise hereinfallen. So auch Jasper Barenberg vom Deutschlandfunk. Er interviewte kürzlich den SPD-Finanzpolitiker Puchtler und stellte unter anderem folgende Frage:

Nun müssen ja die Eltern in Rheinland-Pfalz zum Beispiel seit letztem Jahr keine Kita-Gebühren mehr zahlen. Hat Baden-Württembergs Ministerpräsident Stefan Mappus nicht recht, wenn er sagt, man lasse sich in Rheinland-Pfalz feiern mit Geld, das eigentlich aus Stuttgart, aus München oder aus Wiesbaden stammt?

Quelle: dradio

Entscheidend für den Länderfinanzausgleich sind die Steuereinnahmen der Länder. D.h. ob ein Land zum Geber- oder Nehmerland wird, hängt davon ab wie viel länderbezogene Steuern es einnimmt und nicht wie viel es ausgibt. Die Einnahme von Steuern hängt wiederum von wirtschaftlichen, geografischen und regionalen Besonderheiten ab.

Wenn also Nehmerländer wie gefordert sparen, um die Ausgaben zu begrenzen, ändert das nichts an der Einnahmesituation, die für den Ausgleich maßgeblich ist. Na gut, ganz richtig ist das natürlich nicht. Wenn zum Beispiel bei wichtigen Investitionen gekürzt wird, hat das Auswirkungen auf die Einnahmen. Sie sinken, weil finanzpolitische Kürzungspolitik immer auch eine Verschiebung öffentlich anfallender Kosten in den privaten Bereich bedeutet. Auf den fehlenden Binnenkonsum muss an dieser Stelle nicht extra hingewiesen werden.

Ein anderes Beispiel verdeutlicht den Sachverhalt vielleicht etwas besser. Wenn ein Land aufgrund einer Schuldenbremse oder Androhung von Sanktionen dazu gezwungen wird, Ausgaben zu kürzen oder Gebühren zu erheben, hat das ganz konkrete Auswirkungen auf die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Menschen. Wenn Kinder keine gute Ausbildung bekommen oder diese nur gegen viel Geld zu haben ist, wenn die Infrastruktur zerfällt, keine öffentlichen Einrichtungen unter- oder vorgehalten und Straßen nicht ausgebaut oder repariert werden, wird es in der Regel auch keine Arbeitsaufnahme an einem solch trostlosen und teuren Ort geben. Abwanderung wäre die Folge und natürlich auch ein Einbruch bei den Steuereinnahmen.

Es geschieht also genau das Gegenteil von dem was unterstellt wird. Denn wenn die Einnahmen der Länder sinken, steigen automatisch die Zuweisungen für sie aus dem Finanzausgleich, weil das Grundgesetz nun einmal eindeutig vorschreibt, dass „die Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse im Bundesgebiet gewahrt wird.“ (Art.106 GG, Abs.3)

Und das bedeutet, dass die unterschiedliche Finanzkraft der Länder ausgeglichen werden muss. Ja, das böse kommunistische bzw. linksextremistische Wort von der Umverteilung fordert hier das Grundgesetz. Wenn man aber den süddeutschen Landesfürsten so zuhört, könnte man zu der Überzeugung gelangen, als stünden hier ganz andere Zeitgenossen nicht auf dem Boden der freiheitlich demokratischen Grundordnung. Der Verfassungsschutz sollte da beobachtend aktiv werden, wie ich finde.

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Schwarz-Grün in Stuttgart nicht ausgeschlossen

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Meine Angst vorm Superwahljahr bleibt weiterhin begründet. Am 2. Januar schrieb ich hoffnungslos in diesem Blog:

In Baden-Württemberg stehen die Zeichen auf Geißler. Eindeutig. Dort wird es zu einer geschlichteten Schwarz-Grünen Regierungstieferlegung kommen. Mehr ist dazu nicht zu sagen, auch wenn alle Beteiligten etwas anderes behaupten.

Und ja, die Grünen schließen ein Bündnis mit Mappus nicht aus. Warum? Ja, weil man eben nichts mehr ausschließt. Ganz einfach. Man muss halt positiv denken und einfach sehen, dass es auf die Verpackung ankommt. Beim Gammelfleisch und „Stuttgart 21“, aus dem der Kostveredler Geißler ein scheinbar schmackhaftes „Stuttgart 21 plus“ zauberte, hat die Umetikettierung doch auch funktioniert, zumindest für eine Weile. Die Frage ist jetzt nur, wird der Wähler den stinkenden Braten auch riechen?

Aber dagegen, dass er am Ende womöglich doch noch ein Bündnis mit der viel kritisierten CDU eingeht, wollte sich Kretschmann dann doch nicht festlegen. Zwar sagte er: „Ich glaube, es riecht zurzeit nicht nach Schwarz-Grün“, doch Koalitionen von vornherein auszuschließen, halte er nicht für klug. Zurückliegende Wahlen hätten gezeigt, dass Überraschungen und schwierigste Situationen möglich sind. „Wir werden einen eigenständigen Wahlkampf führen, und dann entscheidet der Souverän.“ Es sei aber klar: „Wenn es die Möglichkeit gibt, die CDU in die Opposition zu schicken, werden wir das tun.“

Quelle: taz

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