Währungsmanipulation wohin man schaut

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Gerade freuen sich die Europäer, dass Portugal heute seine Anleihen im Volumen von 1,25 Mrd. Euro platzieren konnte und damit nicht in Refinanzierungsprobleme geriet. Die Portugiesen wollten nicht mehr als sieben Prozent Rendite zahlen. Nun sind sie ihre kurzzeitigen Staatsanleihen für 5,4 und die langfristig laufenden Papiere für 6,7 Prozent losgeworden. Ein Grund zur Freude ist das aber nicht, weil die hohen Risikoaufschläge trotzdem bezahlt werden müssen. Portugal muss seine beschlossenen Sparmaßnahmen also nicht nur durchhalten, sondern wahrscheinlich noch ausbauen, wenn die Wirtschaft, was zu erwarten ist, weiter einbricht.

Wer kauft nun portugiesische Papiere oder die der anderen Defizitländer? Nun es sind vor allem die Chinesen, Japaner und Brasilianer, die wiederum eine Aufwertung ihrer Währungen verhindern wollen und deshalb den Euro stützen. Die wollen nämlich wie die Deutschen auch exportieren und eine zu starke eigene Währung mindert bekanntlich die Absatzchancen. Da haben alle bei den Deutschen gelernt.

Unsere Wirtschaftsfachnasen und unsere politischen Laiendarsteller hatten ja kürzlich vollmundig der ganzen Welt empfohlen, sich am deutschen Wirtschaftsmodell ein Beispiel zu nehmen. Das Dumme ist nur, dass nicht alle gleichzeitig exportieren können, ohne dem anderen etwas wegzunehmen. Aus diesem Grund wird Frau Bundeskanzlerin dann morgen auch um die Ecke gebogen kommen und wieder etwas Blödes zur Eurorettung sagen, damit der Kurs wieder schön auf Talfahrt geht und die deutsche Exportwirtschaft weiter feiern kann.

Aber amüsant ist es schon, wenn ausgerechnet die Chinesen den Euro retten, weil die Europäer dazu nicht in der Lage sind. Ich meine, derzeit reden alle über die Wege zum Kommunismus. Dabei führt der Weg des aktuell gültigen Kommunismus direkt zur Stabilität des Euro und darüber hinaus zu hohen Zinserlösen auf der Seite der kommunistischen Finanzanleger. Also wenn das kein Lacher ist.

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Rasante Aufschwungkrise

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Tage und wochenlang haben die wenigstens 100 Mathematiker des statistischen Bundesamts Tabellen gewälzt und hin und her gerechnet. Nun haben sie das Ergebnis. Das deutsche Bruttoinlandsprodukt steigt im abgelaufenen Jahr um satte 3,6 Prozent, so stark wie seit der Wiedervereinigung nicht mehr, wie es gleich als erstes heißt. Aber zunächst zur Überschrift:

Deutsche Wirtschaft 2010: Rasanter Aufschwung nach der Krise

Und Brüderle, der zuständige Minister für’s Wachstum, legt gleich mit der frohen Botschaft nach:

„Höchstes Wachstum seit der Wiedervereinigung führt zu Beschäftigungsrekord“

Dabei hätte er auch sagen können: Höchstes Wachstum seit der Wiedervereinigung führt zu Defizitrekord. Denn auch das steht in der Meldung der Statistiker:

Der Staatssektor wies im Jahr 2010 nach noch vorläufigen Berechnungen ein Finanzierungsdefizit in Höhe von 88,6 Milliarden Euro auf. Gemessen am BIP in jeweiligen Preisen errechnet sich daraus eine Defizitquote von 3,5%. Nach leichten Überschüssen in den Jahren 2007 (+ 0,3%) und 2008 (+ 0,1%) sowie einer Defizitquote von 3,0% im Jahr 2009 würde der im Maastricht-Vertrag genannte Referenzwert von 3% des BIP damit im Jahr 2010 erstmals seit fünf Jahren wieder überschritten.

Das ist doch komisch mitten im Aufschwung. Aber nicht für Rainer Brüderle. Für ihn, wie auch für die Statistiker ist nur entscheidend, dass es rasant nach oben geht. Brüderle sagt:

„Das war der größte Anstieg des Bruttoinlandsprodukts seit der Wiedervereinigung. Besser als bei uns lief es in keinem anderen großen Industrieland.“

Richtig, es lief ein Jahr davor auch in keinem anderen großen Industrieland schlechter. Wir können ja nicht nur den größten Anstieg innerhalb der EU vorweisen, sondern auch den größten Einbruch! Wie war das doch gleich letztes Jahr? Mit einem preisbereinigten Minus von 4,7 Prozent ging es nach unten. Nun geht es um 3,6 Prozent (preisbereinigt um 3,5 und damit nix mit Rekord) nach oben. Unterm Strich bliebe also das Minus, bedingt durch einen Aufhol-, nicht Überholprozess, wie Brüderle meint und das statistische Bundesamt suggeriert.

Propagandaminister Brüderle legt aber noch einen drauf.

„Die realen verfügbaren Einkommen der privaten Haushalte nahmen 2010 so stark zu wie seit 2001 nicht mehr. Dies stützt die binnenwirtschaftlichen Auftriebskräfte.“

Warum stiegen denn die real verfügbaren Einkommen? Weil die Beschäftigten, die in 2009 in die teure Dauerkurzarbeit zu niedrigeren Einkommen ausgelagert wurden, nun wieder ihren normalen Lohn erhalten. Ein lausiger statistischer Effekt, den Brüderle da beschreibt und als großen Einkommenszuwachs der privaten Haushalte verkaufen will. Das geht über den Tatbestand der vorsätzlichen Täuschung noch weit hinaus.

„Die Beschäftigung hat im vergangenen Jahr ein Rekordniveau erreicht und liegt auf dem höchsten Stand seit der Wiedervereinigung. Unser Land nimmt Kurs auf Vollbeschäftigung.“

Vor allem hat die Leiharbeit mit knapp einer Million Beschäftigten auf Abruf ein Rekordniveau erreicht. Das wird sich 2011 fortsetzen. Aber was ist denn nun mit dem Aufschwung. Bleibt er oder geht er. Die falsch deutenden Statistiker verraten sich mit einem Satz.

Die wirtschaftliche Erholung fand hauptsächlich im Frühjahr und Sommer 2010 statt.

Und was war im Herbst und im Winter? Keine Erholung? Stagnation? Rezession? Man hätte also auch schreiben können: Die wirtschaftliche Erholung hat sich in den letzen beiden Quartalen nicht fortgesetzt oder hat sich abgeflacht, wie das schon in den Berichten steht, die zum Beispiel vom Finanzministerium monatlich herausgegeben werden. Jedenfalls wird sich das nicht fortsetzen, was im Frühjahr und im Sommer stattgefunden hat. Das ist die eigentliche Nachricht.

Wir haben keinen Aufschwung XXL, sondern eine Aufschwungkrise. Richtig wäre es, auch darauf hinzuweisen, dass der nächste Absturz um einiges schlimmer enden könnte, als der von 2009.

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