Erneut gesunkene Einzelhandelsumsätze: Kein Aprilscherz

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Wie bereits heute morgen getwittert, sanken die Einzelhandelsumsätze auch im Februar 2010. Falls das noch jemand mit dem Adjektiv „überraschend“ charakterisiert, dem ist auch nicht mehr zu helfen.

Quelle: destatis

Nach vorläufigen Ergebnissen des Statistischen Bundesamtes (Destatis) lag der Umsatz im Einzelhandel in Deutschland im Februar 2010 nominal 0,5% und real 0,9% niedriger als im Februar 2009. Beide Monate hatten jeweils 24 Verkaufstage. Das Ergebnis für den Februar 2010 wurde aus Daten von sieben Bundesländern berechnet, in denen circa 76% des Gesamtumsatzes im deutschen Einzelhandel getätigt werden. Im Vergleich zum Januar blieb der Umsatz im Februar 2010 unter Berücksichtigung von Saison- und Kalendereffekten nominal unverändert und sank real um 0,4%.

In den ersten beiden Monaten des Jahres 2010 setzte der deutsche Einzelhandel nominal 2,1% und real 2,5% weniger um als im vergleichbaren Vorjahreszeitraum.

Der letzte Satz ist interessant. Inzwischen bewegen wir uns ja innerhalb eines statistischen Bereichs, in dem Krisenmonate mit Krisenmonaten verglichen werden. D.h., dass Jahr 2009 war schon komplett von der Krise gekennzeichnet. In den ersten beiden Monaten des Jahres 2009 wurden dann auch im Vergleich zum selben Zeitraum 2008 deutlich niedrigere Umsätze im Einzelhandel gemessen. Lesen sie die Meldung von vor einem Jahr:

Quelle: destatis (2009)

In den ersten beiden Monaten des Jahres 2009 wurde im deutschen Einzelhandel nominal und real jeweils 3,3% weniger als im vergleichbaren Vorjahreszeitraum umgesetzt.

Im aktuellen Jahr liegen wir also mit den Einzelhandelsumsätzen noch einmal deutlich unter dem Vorkrisenzeitraum im Jahr 2008. Wer angesichts dieser niederschmetternden Entwicklung immer noch von „überraschenden“ Ergebnissen spricht oder gar von einer stabilen Lage, wie die Commerzbankspinner hier zum Beispiel, verfolgt nur das eine Ziel, die Menschen absichtlich zu täuschen.

Das Ganze passt natürlich auch überhaupt nicht zu den gestrigen Jubelmeldungen über das neuerliche „Jobwunder“. Zufällig hielt ich vorhin beim „Einkaufen“ :>> die aktuelle Ausgabe der Neuen Presse Hannover in der Hand. Urlaub eben. Aber ich habe sie mir nicht gekauft, sondern nur den Leitartikel von Udo Harms gelesen und das Papier daraufhin angewidert in den Zeitungsständer zurückgesteckt. Offensichtlich bleibt die NP-Redaktion ihrer manipulierenden Linie treu. Von erstaunlicher Stabilität war in Bezug auf den Arbeitsmarkt die Rede und vom Job-Frühling in Hannover. Einfach nur lachhaft, diese bornierten NP-Spinner.

Der ganze Laden fliegt auseinander, die europäische Währungsunsion ist so gut wie Geschichte und die Neue Presse Hannover ruft den stabilen Job-Frühling aus. Gestern lief ja ein Film über Scientology im Ersten. Ich frage mich, warum man sich mit solchen Randgruppen abgibt und nicht einmal die viel schlimmere Meinungsmanipulation durch Medien wie die Neue Presse Hannover zur besten Sendezeit filmisch unter die Lupe nimmt. In diesem Sinne, einen schönen Karfreitag und lassen sie sich nicht ans Kreuz nageln. :D

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blogintern: Statistik 03/10

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Im März 2010 haben die Besucher- und Seitenzugriffszahlen wieder zugenommen. Einem Tipp folgend, habe ich den Blog auf diversen Blogportalen eingetragen. Das hat möglicherweise zu der positiven Entwicklung mit beigetragen. Wie immer an dieser Stelle, möchte ich mich bei allen Leserinnen und Lesern sowie den Mitdiskutanten bedanken, die immer fleißig Kommentare schreiben. Empfehlen sie den Blog ruhig weiter, wenn er ihnen gefällt. :D

Stats_0310

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TV-Tipp und Sendung versteckt: Dokumentation über das System Berlusconi

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Italien hat soeben rechts gewählt. Warum? Was steckt dahinter? Das System Berlusconi im Fokus. Medien, Macht und Macho heißt eine interessant klingende Dokumentation, die mal wieder im Nachtprogramm, heute um 0:35 Uhr im ZDF, nahezu unter Ausschluss der Öffentlichkeit versendet wird.

Die Italien-Korrespondentin des ZDF, Antje Pieper, dokumentiert das „System Berlusconi“ und zeigt sein unbestrittenes politisches Gespür. Exemplarisch: Das Erdbeben von l’Aquila. Silvio Berlusconi hat die Ausnahmesituation genutzt. Der Einsatz der freiwilligen Helfer, das schnelle Eingreifen des Zivilschutzes wurden zu seinem ganz persönlichen Erfolg. Kritische Nachfragen hingegen, wie es zu dem Unglück überhaupt kommen konnte, werden zur Nebensache erklärt.

Quelle: ZDF

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Privat vor Staat

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Dieser urliberale Grundsatz gilt auch bei der Bankenrettung. Wie auf eine kleine Anfrage der Partei Die Linke bekannt wurde, sind rund 80 Prozent der staatlichen Rettungsbeihilfen bei den privaten Banken gelandet.

Ungefähr 80 Prozent der Rettungsbeihilfen des Bundes sind bisher an Privatbanken einschließlich der ”Hypo Real Estate“ und der Deutschen Industriebank (IKB) gegangen. Wie die Bundesregierung in ihrer Antwort (17/1056) auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion (17/762) weiter mitteilt, erhielten Landesbanken wie die BayernLB und die HSH 20 Prozent der Rettungsbeihilfen. Bei den Rekapitalisierungsmaßnahmen betrug der Anteil der Privatbanken sogar 90 Prozent. 10 Prozent kamen der WestLB zugute.

Quellen: PM Bundestag und komplette Antwort

Das kann man eigentlich gar nicht glauben, nachdem immer wieder behauptet wird, dass es die öffentlichen Institute am schlimmsten getrieben haben sollen. Nicht das wir uns falsch verstehen. Die Landesbanken haben eindrucksvoll bewiesen, wie man das von den privaten Hardcore-Zockern Erlernte in die eigene Unternehmensphilosophie einfließen lässt. Schließlich stehen hinter den öffentlichen Banken jene Volksvertreter, die es bis zum Ausbruch der Krise unheimlich toll fanden, den Finanzjongleuren nachzueifern.

Das tun sie übrigens immer noch…

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Kurz zu den neuen Arbeitslosenzahlen

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Das Thema ist und bleibt absurd. Man feiert eine angebliche Früjahrsbelebung und weiß im Grunde ganz genau, dass die Statistik tief manipuliert ist. Am tollsten finde ich in diesem Zusammenhang einen Artikel der Welt, in dem über einen Streit der „Experten“ berichtet wird. Sie müssen bei diesem Artikel nur Anfang und Ende lesen, um die Absurdität des Ganzen nachzuvollziehen. Den Text dazwischen einfach auslassen.

Der Frühling hat auf dem Arbeitsmarkt für einen kräftigen Aufschwung gesorgt. Im März gingen die Arbeitslosenzahlen um 75.000 auf 3,568 Millionen zurück. Erstmals sank die Zahl der Arbeitslosen damit wieder unter den Vorjahreswert.

[…]

Die Arbeitslosenzahlen kann man nicht allein für sich betrachten. Dass sie nicht viel höher ausfallen, liegt einerseits daran, dass die Statistik nicht mehr alle Arbeitslosen erfasst. Offiziell ging die Arbeitslosenzahl gegenüber dem Vorjahresmonat um 18.000 zurück – aber nur, weil arbeitslose Teilnehmer bestimmter Trainingsmaßnahmen sowie Arbeitslose, die von Privatvermittlern betreut werden, nicht mitgezählt werden. Wären sie dabei, wäre die Arbeitslosenzahl um 142.000 gestiegen. Dazu kommen die 800.000 Kurzarbeiter. Einige Hunderttausend von ihnen wären arbeitslos, wenn die Unternehmen nicht die vom Staat geförderte Kurzarbeit in Anspruch nehmen würden.

Wie man angesichts der Fakten, die am Ende des Beitrags richtig zusammengefasst werden, von einem „Jobwunder“, von einem kräftigen Aufschwung oder Streit zwischen „Experten“ faseln kann, bleibt mir ein Rätsel. Ohne statistische Tricks wären die Arbeitslosenzahlen gestiegen und zwar ziemlich deutlich. Ich sehe da keine Frühjahrsbelebung, sondern eher eine Frühjahrsverarschung. Die Redakteure der Welt fürchten sich offensichtlich gar nicht davor, dass ihren Lesern die Wirklichkeit auffallen könnte, die ihnen die Springer-Journalisten selbst völlig überraschend liefern.

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Volker Pispers eigentlich über Wahrnehmungsstörungen

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Auch im Urlaub erreicht mich Volker Pispers Dienstags-Botschaft. Wenn man so auf das Meer blickt und sich einmal klarmacht, dass die Wellen immer auf den Strand schlagen werden, weil der Wind über das Wasser bläst, stellt man sich die Frage, wie schwierig es sein muss, zu leugnen, dass Wellen überhaupt auf den Strand schlagen, wenn der Wind weht.

Aber genau das tut die Bundesregierung wenn man ihr so zuhört. Export um jeden Preis und Haushaltsdisziplin bei den Abnehmerländern. Auch Volker Pispers stellt die Frage, in welchem Zusammenhang die Exportweltmeisterschaften Deutschlands zu der Verschuldung in den südeuropäischen Ländern stehen. Das ist gar nicht so doof, was Pispers da in seinem kurzen Beitrag mit dem Titel „Augenwischerei“ formuliert. Er beschreibt die Wellen, wie sie auf den Strand schlagen. Eigentlich müsste man sie auch hören, wenn man nicht hinguckt.

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Zur Peinlichkeit der deutschen Bundesregierung

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Angela Kohl, Abwarten, abwägen, aussitzen – Wie Angela Merkel Altkanzler Kohl immer ähnlicher wird. So titelt der aktuelle Stern.

Stern vom 25.03.2010

Dabei hat das Verhalten Merkels eigentlich nichts mit Ähnlichkeiten zu tun, sondern mit einer Haltung, die in der konservativen und scheinbürgerlichen Parteienwelt tief verankert ist. Ein unabhängiges Urteilsvermögen gehört nicht zu diesem Politikstil. Das abwartende Verhalten ist sozusagen systembedingt. Die, die sich als die Bürgerlichen bezeichnen, warten solange, bis sich die Mehrheit ihrer Klientel eine Meinung gebildet hat, der sich der politische Arm dann anschließen kann. Deshalb turnen auch Gestalten wie Ackermann und Co. ständig im Kanzleramt herum und diktieren der Frau Regierungschefin ihr politisches Programm. Die NachDenkSeiten schrieben einmal von einem Kaffeekränzchen, das unser Land regiert. Man kann aber auch von einem Meinungspotpourri von Interessenvertretern sprechen, wie es Heiner Flassbeck in seinem Buch „Gescheitert“ macht.

Kennzeichnend ist jedenfalls, dass für die selbsternannten „Bürgerlichen“, aber auch für Rote und Grüne, Sachverstand und Expertise Fremdwörter sind. Man greift ja nicht einmal auf das eigene Personal in den Ministerien zurück, sondern man findet es inzwischen völlig normal, sog. „externen Sachverstand“ einzuholen. Dabei stellt sich immer wieder heraus, dass diese Beratungsleistungen von Personen erbracht werden, die im Dienste von Kapitalinteressen ihr Werk verrichten. Für die Regierung zählt also nicht das eigene Urteilsvermögen auf der Grundlage des ihr zuarbeitenden Beamtenapparates. Die Regierung selbst scheint bloß Angestellte zu sein. Das Aussitzen und Abwarten von Frau Merkel ist deshalb keine verspielt klingende Annäherung an die erfolgreiche Überlebensstrategie Helmut Kohls, der ja gemeinhin als Mentor Merkels gilt, sondern vielmehr ein Ausdruck von Führungs- und Regierungsunfähigkeit.

Das wiederum ist ein Zustand, der weniger mit einem bürgerlichen Selbstverständnis, als vielmehr mit finanzfeudaler Unterwürfigkeit zu tun hat. Merkel, Westerwelle, die SPD-Stones, Schröder und Fischer gehören zu einem Typ von Politikern, die nach außen hin als Wahrer bürgerlicher Interessen auftreten, in Wirklichkeit aber als Angestellte des großen Kapitals die Aufträge ihrer eigentlichen Vorgesetzten in Banken und Versicherungen artig erfüllen, damit dem reichsten Zehntel der Bevölkerung, das bereits jetzt schon über rund 60 Prozent des Gesamtvermögens verfügt, noch mehr zugeteilt wird.

Nur so ist auch zu erklären, warum die Bundesregierung in Bezug auf die Lösung der Finanzkrise innerhalb der EU so ein dummes Zeug erzählt und sich zum Gespött aller anderen Währungsteilnehmer macht, die aber der größten Ökonomie der Eurozone zwangsweise zustimmen müssen, um das Gesamtkunstwerk zu retten. Dabei könnte man natürlich Deutschland kurzerhand einen europäischen Arschtritt verpassen und aus der Eurozone ausschließen. Dann könnte Deutschland seine harte D-Mark wiederhaben und die anderen Länder ihren Euro endlich so abwerten, dass deutsche Billigwaren wieder teurer und die eigenen Exporte nach Deutschland günstiger werden. Und Frau Merkel würde einmal merken, wie sich das mit den volkswirtschaftlichen Zusammenhängen verhält.

Die Zeitung „der Freitag“ schreibt sehr treffend:

„Lost in Translation“

Hallo Berlin, hören Sie uns? Verzweifelt versucht Europa, mit Deutschland in einen volkswirtschaftlichen Dialog zu treten. Doch dort versteht man immer nur BWL

Frau Merkel denkt in betriebswirtschaftlichen Kategorien, aber als Kanzlerin vertritt sie das ganze Land und spricht folglich als Volkswirtschafterin. Das ergibt ein babylonisches Sprachgewirr mit Sätzen ohne jeden Sinn. Beispiel: „Deutschland hat kein Geld.“ Da steht die Frau aus der Ex-DDR im falschen Laden Schlange. Kein Geld gibt es drüben in der Betriebswirtschaft. In einer Volkswirtschaft werden höchstens einmal die Devisen knapp oder die Produktionskapazitäten. Genau diese sind in Deutschland sogar im Übermaß vorhanden. Bloß hängt daran ein Verbotsschild: Halt, nur für den Export bestimmt! Einheimischer Gebrauch nur zwischen sechs und neun Uhr morgens. Drei Arbeitsstunden täglich reichen nämlich dicke, um das zu produzieren, was Hartz IV und der Niedriglohnsektor an Konsum zulassen. In Deutschland fehlt es nicht an Geld, es ist leider bloß immer seltener dort, wo die Nachfrage sein könnte.

Noch ein Beispiel aus Babylon. Angela Merkel hält an Deutschlands Exportüberschüssen fest, verlangt aber vom Ausland die Begleichung der Schulden. Wenn ein Unternehmer das sagt, ist es in Ordnung. Sagt eine Kanzlerin dasselbe, ist es peinlich. Beides geht einfach nicht. Solange die Bundesrepublik Leistungsbilanzüberschüsse erzielt, steigen per Definition die Schulden des Auslands gegenüber Deutschland.

Peinlich wäre schon der richtige Ausdruck, wenn die Peinlichkeit hierzulande auch dem Meinungsmainstream auffallen würde. Doch in den Kommentaren der scheinbürgerlichen Printerzeugnisse wie Welt, FAZ und Co. liest man nur Gutes über Merkels angeblich so harten Euro-Kurs. Dabei hat das nichts mit Härte zu tun, als vielmehr mit dem psychopathologischen Zustand des Wahnsinns. Das kennen wir ja schon von der Westerwelle.

Der bezeichnet sich ja selbst auch als Bürger sowie als Verteidiger bürgerlicher Interessen. Dabei bildet er und seine FDP das Zentrum antibürgerlicher Reflexe, wie man in der Zeit zum Beispiel sehr schön nachlesen kann. Westerwelle macht die bürgerliche Teilhabe ja ganz offen vor allem von materiellen Voraussetzungen abhängig. Deshalb macht er nach seinem Verständnis auch keine Klientelpolitik, weil er letztlich nur bürgerlichen Interessen diene.

Einen Widerspruch zwischen allgemeinen und partikularen Interessen erkennt er nicht. Man kennt diese Manöver von anderen, findigen Populisten. Etwa von dem italienischen Ministerpäsidenten Silvio Berlusconi, der sich als einer der reichsten Unternehmer des Landes gern als Stimme des kleinen Mannes geriert. Westerwelle hält sich für einen Citoyen, doch sein Programm taugt nur für den Bourgeois. Und wer nicht zu seiner Klientel gehört, verdient es nicht, zum Bürgertum gezählt zu werden. L´etat c´est Westerwelle.

L’état c’est Westerwelle. Das ist irgendwie toll, wenn auch falsch gewählt. Denn nicht Westerwelle oder Merkel sind diejenigen, die einen, dem absolutistischen ähnlichen, Machtapparat etablieren, sie sind doch bloß die Hampelmänner bzw. Frauen, die am Ende jener Fäden hängen, die von Interessenverbänden gehalten werden. Figuren wie Merkel und Westerwelle machen keine Politik, sondern dürfen dem Urnenpöbel in der Berliner Puppenkiste die Demokratie vorspielen, wie Georg Schramm es beim legendären Scheibenwischerabschied von Dieter Hildebrandt formulierte. Das war im Jahr 2003. Damals sagte er weiter,

„Guido Westerwelle, das ist wohmöglich unsere Zukunft. Guido Westerwelle kennt jeder aus den öffentlich rechtlichen Bedürfnisanstalten, aber keiner weiß, was er will. Was vielleicht auch besser so ist.“

Inzwischen wissen wir es, und es wäre in der Tat besser gewesen, wenn wir es nicht erfahren hätten. In Wirklichkeit darf uns also nicht nur unsere Regierung peinlich sein, sondern wir uns vor allem selbst, weil wir es zugelassen haben, dass solche schlechten Laiendarsteller uns Regierung vorspielen dürfen. Wenn der Stern oben also feststellt, dass Angela Merkel dem dicken Altkanzler immer ähnlicher wird, so muss man das als misslungenen Versuch interpretieren, dem Zuschauer – also dem Volk – eine Erklärung für das politische Totalversagen anzubieten. Dabei sollte uns vielmehr interessieren, welche Belohnung diese immer schlechter werdenden Politgestalten von jenen erhalten, die teils im Hintergrund und teils ganz offen vordergründig die Fäden ziehen. Diese Ähnlichkeiten würden mich jedenfalls eher interessieren, als die, die man in einem oberflächlichen Politikstil zu entdecken glaubt.

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Commerzbank: Bund zweifelt an Rückzahlung von Milliardenhilfen

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Spielt es eigentlich noch eine Rolle, was in den Banken mit unserem Geld passiert? Spielt es eigentlich noch eine Rolle, wie dumm und einfältig sich Journalisten verhalten haben, als der Staat mit Steuergeld marode Banken rettete. Die Commerzbank wurde vom Bund zum Beipiel mit 18,2 Mrd. Euro gerettet. Das war das Sechsfache des damaligen Börsenwertes. Begnügt hat sich der Bund mit 25 Prozent plus einer Aktie und einem selbstauferlegten Maulkorb. Stille Einlage nannte man das und die Journaille freute sich seinerzeit über das Vorgehen des Staates. Man glaubte, dass die Banken, wie der Fall Schweden in den 90ern zeigte, die großzügigen Geldleistungen des Staates mit ordentlichen Zinsen vergelten würden. Wie schrieb Claudia Brebach von der Neuen Presse Hannover am 10.11.2008?

„Der Fall Commerzbank hat Bankern aber wohl auch klar gemacht, dass es kaum weh tut, zum Staat zu gehen. Die Konditionen des Bundes bei der Not-Kreditvergabe sind moderat, er mischt sich nicht einmal ins Kerngeschäft ein, sondern begnügt sich mit einem guten, von den Banken bezahlbaren Zinsertrag. Eigentlich müsste es geradezu einen Run auf Staatskredite geben.“

Ein Kommentar, der mich noch heute tierisch aufregt. Damals habe ich mit der Journalistin korrespondiert und ihr klarzumachen versucht, dass sie sich im Irrtum befindet und einen schweren Fehler begeht, wenn sie so unkritisch berichtet. Das alles hat sie nicht interessiert und argumentiert, dass nichts darauf hindeute, dass der Steuerzahler da irgendetwas finanziert und nichts zurückbekäme (siehe hier und hier im Blog).

Inzwischen schreiben wir das Jahr 2010 und Frau Brebach wird sich kaum noch an den Briefwechsel erinnern. Ich hätte es auch dabei belassen, wenn nicht nach der Commerzbank selbst im Jahr 2009, nun auch der Bund in Gestalt seiner Soffin-Kontrolleure eingesteht, dass es von der Commerzbank auf Jahre hinaus keine Zinszahlungen geben werde und es wohmöglich besser wäre, auf einen Teil des investierten Geldes, also den 18,2 Mrd. Euro, gleich ganz zu verzichten.

Quelle: MMnews

Im Soffin mehren sich sogar die Stimmen, die von Teilverlusten der Staatshilfe ausgehen. „Ob das Geld jemals ganz zurückgezahlt werden kann, da bin ich skeptisch“, sagt ein Teilnehmer der Runde. Es sei vielleicht sogar sinnvoll, einen Teil des Geldes abzuschreiben.

„Der Bund muss kühl durchrechnen, ob es nicht sinnvoller ist, auf einen Teil des Geldes zu verzichten“, sagte ein weiterer der WirtschaftsWoche. Dahinter steckt die Erwartung, dass sich die Anteile an der Commerzbank nicht verkaufen lassen, solange die Bank keine Dividenden zahlen kann.

Eine schöne Bescherung. Bitte sagen sie es auch anderen weiter, wie das mit dem Steuergeld für systemische Banken konkret funktioniert. Da fließt nichts zurück. Die beteiligten Parteien setzen wohl auf die Vergesslichkeit in der Bevölkerung.

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Die Story über die Rettung der HRE: Ackermanns Werk und Merkels Beitrag

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Hubert Seipel vom WDR blickt auf das Bankenrettungswochenende 2008 zurück und belegt das Versagen der Bundesregierung bei der Rettung der HRE. Die Sendung haben sie mit Sicherheit nicht gesehen. Sie lief am Mittwoch nach dem DFB-Pokal im Ersten. Jetzt weiß ich auch, warum es auf Schalke zu so einem schlechten Spiel gegen die Bayern kam und letztlich zur Verlängerung. Das lag nicht am Platz, sondern an der Regievorgabe, die Zuschauer möglichst einzuschläfern, damit sie ja nicht im Anschluss den kritischen Beitrag über die Bankenrettung sehen. :>> Die Wiederholung lief übrigens in derselben Nacht um 3:25 Uhr.

Quelle: WDR

Der Beitrag ist bis auf ein paar Ausnahmen sehr gut gemacht. Es fehlt zum Beispiel der äußerst wichtige Hinweis, dass Peer Steinbrück und sein Ministerium die Haftungsfrist der HRE-Alteigentümer um ein paar Stunden haben ablaufen lassen, damit nicht die, sondern der Staat in die Bresche springen konnte. Es ergibt ja auch sonst überhaupt keinen Sinn, wenn der Chef der BaFin Jochen Sanio angibt, bereits seit dem Frühjahr 2008 Brandbriefe über den verheerenden Zustand innerhalb der HRE an das Finanzministerium geschrieben zu haben, die Steinbrück selber aber nie gesehen haben will. Diesen Widerspruch muss man aufklären. Dass Steinbrück, Merkel und Co. mit der Finanzindustrie eng verflochten waren und sind, ist klar und kommt in dem Beitrag auch sehr gut zur Geltung.

Als störend empfand ich Volker Wissing von der FDP, der als damaliges Oppositionsmitglied im HRE-Untersuchungsausschuss in diesem Film für meinen Geschmack etwas zuviel Redezeit bekommt. Er sagt zwar viel Richtiges, aber am Ende wird deutlich, aus welcher dreckigen Ecke er kommt, und welche Interessen er vertritt. Wissing gibt den Wolf im Schafspelz. Nur zu gern möchte er und seine FDP dem Staat die alleinige Schuld in die Schuhe schieben. Vor allem die zahnlose Bankenaufsicht dient ihm dabei als Angriffspunkt. Die FDP fordert ja schon lange, dass man nur die Bankenaufsicht entsprechend verbessern müsste und schon sei alles im Lot. Die FDP erkennt kein Markt-, sondern Staatsversagen. An dieser Stelle geht mir der Film den liberalen Freigeistern zu sehr auf den Leim.

Aber der Gesamteindruck ist durchaus positiv. Diesen Film sollte eigentlich jeder gesehen haben, um ein Stück weit die Dimension vermittelt zu bekommen, in der sich Politik, Finanzwirtschaft und gesellschaftliche Eliten zu kriminellen Akten zusammengeschlossen haben, sich gegenseitig decken und auch in die Pfanne hauen. Und alles auf Kosten der Steuerzahler. Film ab!

Gier und Größenwahn – Wie die Politik bei der Banken-Rettung über den Tisch gezogen wurde

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Griechenland: Merkels ökonomischer Offenbarungseid

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Heute im deutschen Bundestag. Kanzlerin Angela Merkel erleutert dem Parlament kurz ihre Griechenland-Strategie, die sie heute Abend und morgen auf dem EU-Gipfel in Brüssel vertreten wird. Sie bleibt natürlich bei ihrem bescheuerten Konzept einer Beteiligung des IWF und zusätzlicher bilateraler Hilfen. Dabei versucht sie schon krampfhaft den Eindruck zu zerstreuen, dass Deutschland Geld zahlen muss.

Quelle: Bundestag

„Die Bundesregierung wird sich beim Rat heute und morgen dafür einsetzen, dass im Notfall eine Kombination von Hilfen des IWF und gemeinsamen bilateralen Hilfen in der Eurozone gewährt werden müsste. Aber dies ist – ich sage es noch einmal – die Ultima Ratio. Ich werde entschieden dafür eintreten, dass eine solche Entscheidung – IWF plus bilaterale Hilfen – gelingt. Dabei werden wir wieder sehr eng mit Frankreich zusammenarbeiten. Ich wiederhole: Es geht nicht um konkrete Hilfen, sondern um eine Spezifizierung und Fortschreibung der Entscheidung vom 11. Februar.

Immerhin betrachtet Merkel das Thema als Teil der Tagesordnung. Ein bemerkenswerter Wandel, wenn man bedenkt, dass nicht mehr viel Zeit bleibt, um überhaupt zu reagieren. Der Kanzlerin, aber auch der Öffentlichkeit sollte man noch einmal konkret darlegen, worum es eigentlich geht. Griechenland muss bis Mai Kredite in Höhe von 22 Mrd. ablösen. Dieses Geld haben die Griechen kurzfristig einfach nicht zur Verfügung. Weder durch ihr Sparprogramm, noch durch neue Kredite. Frisches Kapital wäre nämlich nur durch deutlich höhere Zinsen am Markt zu haben (5,5 Prozent). Den Griechen geht es nun darum, die möglichen Zinsbelastungen zu drücken. Das ist auch verständlich, wenn man sich vergegenwärtigt, dass die Bonität eines Landes von Ratingagenturen und Zockern abhängt, die auf eine Pleite des Staates wetten.

Griechenland will deshalb auch keine direkten Gelder von den EU-Partnern, sondern ein Signal, dass diesen kriminellen Spekulanten zeigt, dass sie auf eine Pleite nicht wetten brauchen, weil im Notfall die EU mit entsprechenden Maßnahmen reagieren würde. Dem miesen Spiel wäre sozusagen das Ziel entrissen. Darum geht es im Kern. Würde die EU einen solchen Beistandsplan beschließen, würden die Zinsen auf neugeliehenes Geld automatisch sinken, weil der Kapitalrückfluss nicht mehr durch das Szenario eines Staatsbankrotts bedroht wäre. Für Griechenlands Staatshaushalt würden niedrigere Zinssätze eine enorme Entlastung in Milliardenhöhe bedeuten. Ein rigoroser Sparplan, wie ihn Deutschland und Europa fordern und der bereits umgesetzt wurde, ergibt ja auch nur dann einen monetären Sinn (volkswirtschaftlich sehe ich persönlich keinen), wenn die Ausgabenbelastungen zurückgefahren und nicht durch einen ausufernden Schuldendienst konterkariert werden. Wer also, wie die Deutschen, an soliden griechischen Staatsfinanzen interessiert ist, müsste einen Beistandsplan unterstützen und nicht mit allen Mitteln bekämpfen.

Aber weil Merkel dumm ist oder einfach nur auf die deutschen Banker hört, die mit einem höheren Zinssatz vielleicht auf fettere Gewinne hoffen, fährt sie einen Kurs, der nicht nur europafeindlich, sondern auch für das eigene Land ökonomisch unverantwortlich ist. Merkel will mit aller Macht den Eindruck vermeiden, deutsche Steuergelder nun für ganze Staaten ausgeben zu müssen, nachdem man sie schon für die eigenen Banken verpulvert hat. Dabei klingt die IWF-Lösung toll, weil der deutsche Steuerzahler keine Ahnung hat, mit wie viel Geld er schon an diesem Weltfinanzfonds beteiligt ist. Gestern habe ich Wolfgang Lieb von den NachDenkSeiten dazu zitiert, der in Erinnerung rief, dass die Mittel für den IWF im Zuge der Finanzkrise und unter tatkräftiger Mithilfe Deutschlands enorm aufgestockt worden sind.

Dennoch ist der IWF allein keine Lösung, weil der nur rund 10 Mrd. Euro locker machen könnte. Die Höhe der Hilfen richtet sich nämlich immer nach der Beteiligung des betroffenen Landes an dem Fonds. Im Falle Griechenlands wären das 1,2 Mrd. Dollar. Aber Merkel ist nicht nur im Rechnen eine Null, sondern auch dünnhäutig, was Kritik angeht. Zum Problem der Bilanzungleichgewichte innerhalb der EU, die von Deutschland zu verantworten sind und als Ursache der Krise zu Recht betrachtet werden, sagt sie im Bundestag:

„Eines möchte ich an dieser Stelle noch erwähnen, wenn auch nur am Rande: Es ist geradezu absurd, Deutschland mit seiner wettbewerbsstarken Wirtschaft gleichsam zum Sündenbock für die Entwicklung zu machen, die wir jetzt zu bewältigen haben.

Unsere Kritiker in Europa verkennen, dass unsere Exportgewinne zum Teil in die Defizitländer zurückfließen und dass Deutschland auch das größte Importland Europas ist. Deutsche Unternehmen haben 500 Milliarden Euro in der EU investiert und beschäftigen dort mehr als 2,7 Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Damit leisten wir einen wichtigen Beitrag zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit Europas, auch auf den Weltmärkten. Darauf können wir zu Recht stolz sein.“

Hier beweist sie, dass sie von Ökonomie überhaupt keine Ahnung hat. Ein Offenbarungseid. Dass Deutschland das größte Importland ist, ist angesichts der volkswirtschaftlichen Größe und gemessen an der Einwohnerzahl (80 Millionen Menschen) eine schlichte Banalität. Merkel hat noch immer die Kritik nicht verstanden. Deutschland müsste gemessen an seiner volkswirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sehr viel mehr Waren importieren, um die Handelsbilanzungleichgewichte mit den Defizitländern endlich abzubauen. Es geht um Verhältnisse, nicht um absolute Zahlen. Wenn Deutschland deutlich mehr exportiert als importiert, bedeutet das zwangsläufig, dass eine andere Ökonomie mehr importiert als exportiert. Dieser Zusammenhang ist evident. Alle Handelsbilanzen müssen zusammengerechnet eine Null ergeben. Da hilft eine Aufzählung über Investitionen nur sehr wenig, denn die stecken in der Leistungsbilanz schon mit drin.

Merkel will also verwirren. Mehr noch, sie will kriminelle Akte von Banken und Spekulanten decken. An dieser Stelle würde ich ja gern wieder dafür plädieren, Angela Merkel nicht mehr einreisen zu lassen. Das tue ich aber nicht. Denn dann würde Guido Westerwelle neuer Bundeskanzler…

Abschließend Albrecht Müller von den NachDenkSeiten zum Thema und als Antwort auf Merkels Stolzsein auf deutsche Wettbewerbsfähigkeit:

Mit ständigen Leistungsbilanzüberschüssen häufen wir Forderungen gegenüber anderen Völkerschaften an, wie fast im gesamten letzten Jahrzehnt geschehen. Wir leisten mehr, als wir selbst zur Verfügung haben. Wir leben unterhalb unserer Verhältnisse. Ob die angehäuften Forderungen dann irgendwann auch noch zum angemessenen Wert an uns zurückgezahlt werden, ist zudem oft fraglich. Wenn zum Beispiel der Dollar auf mittlere und lange Sicht an Wert verliert, dann haben wir zum Teil um sonst gearbeitet und geleistet.

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