Wegtragegebühr für Westerwelle?

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Ich bin gerade vom Iglu-Bau zurück und da fiel mir noch die Geschichte mit Westerwelle ein. Der könnte ja bald das Amt des Draußenministers übernehmen, wenn man denn den Unkenrufen aus seiner eigenen Partei Glauben schenken darf. Aber Herr Westerwelle denkt natürlich nicht daran, seinen Stuhl zu räumen. Er hält ihn weiterhin besetzt. Das könnte man auch eine Sitzblockade nennen. Und die kann künftig teuer werden.

Denn inzwischen wird laut darüber nachgedacht, eine „Wegtragegebühr“ von jenen zu verlangen, die blockierend irgendwo herumsitzen. Aus meiner Sicht spielt es dabei aber keine Rolle, ob dieser Vorgang nun auf der Straße, auf Schienen oder in der Parteizentrale der FDP stattfindet. Okay, zunächst will man in Mecklenburg-Vorpommern dieses Projekt erst einmal testen, aber im Zeitungsbericht heißt es, dass eine Kostenverordnung für den Fall existiere, dass polizeilicher Zwang aus Gründen der Gefahrenabwehr angewendet werden muss und dass dies nicht nur eine Regelung für den Atommülltransport sei.

Daraus könnte man auf einen Modellcharakter auch für den Bund und das Thomas-Dehler-Haus schließen. Polizeilicher Zwang aus Gründen der Gefahrenabwehr könnte ich mir bei Westerwelle und der FDP sehr gut vorstellen. Die Frage ist halt nur, wohin man den Warner vor einer Gefälligkeitsdemokratie kostenpflichtig versetzen sollte. Vor die Parteizentrale der SPD?

Na ja, bis spätestens zum Treffen der Dreikönigsmörder werden einige aus den eigenen Reihen der FDP dem Westerwelle den Schneid abgekauft haben. Irgendwie lustig.

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Von wegen Politikwechsel in Hamburg

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Das Verhalten der Grünen, aus der Koalition mit der Union vor dem 17.12.2010 auszusteigen und damit die Bundesratsminderheit der schwarz-gelben Bundesregierung vor der Hartz-IV-Abstimmung ins Wackeln zu bringen, ist bereits diskutiert worden. Aber kaum einer wunderte sich darüber, dass die Wahlperiode in Hamburg erneut abgebrochen werde, obwohl es doch eine konstruktive Mehrheit im Senat gäbe, die das jetzige CDU-Minderheitskabinett einfach ablösen könnte. Es wäre nach 1982, 1987, 1993 und 2004 bereits das fünfte Mal, dass die Legislaturperiode in der Hansestadt vorzeitig enden würde.

In den Umfragen sieht es für Rot-Grün derzeit nicht schlecht aus. Diese Prognose will man in ein sicheres Ergebnis verwandeln. Dahinter muss dann die reale Politik oder gar ein Politikwechsel zurücktreten. Wie das konkret aussieht, demonstriert die Linksfraktion in der Bürgerschaft einmal mehr. Sie reichte einen Antrag auf Abschaffung der Studiengebühren ein. Natürlich haben die erklärten Gegner von Studiengebühren, SPD und Grüne, diesen Vorstoß abgelehnt, mit der Begründung, er sei populistisch.

Da fragt man sich immer, ob es den Studenten und potenziellen Wähler überhaupt interessiert, dass die einzelwirtschaftlich wie volkswirtschaftlich unsinnigen Studiengebühren nun populistisch oder nicht-populistisch abgeschafft werden. Wo liegt denn da der Unterschied?

Der Unterschied liegt einfach darin, dass man auch in der Hansestadt nicht mit den linken Schmuddelkindern spielen darf und schon gar nicht dann, wenn der Spitzenkandidat der SPD Scholz heißt, vielen noch bekannt als „Agenda Scholz“. Der hatte als Generalsekretär der SPD im Jahr 2003 den Leitantrag zur Agenda 2010 verfasst, der dann mit 90 Prozent auf einem außerordentlichen Parteitag am 1. Juni 2003 in Berlin unter der Überschrift „Agenda 2010 – Mut zur Veränderung“ verabschiedet und von den Grünen in der Koalition dann eifrig mit umgesetzt wurde.

Wenn sich daran schon keiner mehr erinnert, sollte wenigstens das aktuelle Theater in der Bürgerschaft jedem zeigen, wie ernst es SPD und Grüne eigentlich meinen.

Inhaltlich kritisierten die jetzigen Oppositionsparteien die Abkehr der CDU von Ökoprojekten wie der neuen Stadtbahn und die Hinwendung zu den Gegnern der gescheiterten Schulreform. Ahlhaus rechtfertigte dies mit dem Hinweis, daß »man die Kröten nicht mehr schluckt, wenn die Geschäftsgrundlage fürs Krötenschlucken entfallen ist«.

Nur zur Erinnerung, Ahlhaus hat keine Mehrheit. Es wäre ein leichtes für die angebliche Opposition, ihm die Kröte Rausschmiss zu präsentieren. Und bevor die scheinheiligen Medienleute wieder das Lied vom Linksruck anstimmen und die Behauptung auftaucht, die SPD würde sofort mit den Linken, sollte klar sein, dass bereits die Gelegenheit dazu bestünde, sie aber wieder nicht genutzt werde.

Seltsamerweise interessieren die realen Mehrheitsverhältnisse auch kaum einen Journalisten. Alles schielt auf die Neuwahlen und was dann passieren könnte. Wer dabei an einen Politikwechsel glaubt, sollte schnellstmöglich aufwachen…

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Kurz zum Krisenmechanismus

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Europa folgt Madame No zähneknirschend. Das war deutlich zu spüren. Es ist auch mal wieder auffällig, dass jedes Land etwas anderes aus dem Gipfelergebnis herausliest. Lustig war hingegen, dass gleich nachdem weißer Rauch aus Brüssel aufstieg und die Regierungschefs reihenweise Erfolgsmeldungen verkündeten und behaupteten, dass der Euro nun stabilisiert sei, eine gnadenlose Herabstufung Irlands durch die Ratingagentur Moody’s folgte. Jetzt sei man nur noch zwei Stufen vom griechischen Ramschniveau entfernt.

Big Money hat also gleich zurückgeschlagen, um einmal zu testen, wie belastbar das ist, was Europa unter der Leitung der Sprechblasenautomatin Merkel da verkündet hat. Ich weiß zum Beispiel nicht, was da nun stabilisert worden sein soll. An der Höhe des Rettungsfonds soll sich ja nichts ändern, so Merkel. Es scheint jedenfalls so, als ob Big Money diese kühne Behauptung widerlegen möchte.

Inzwischen befasst sich Frau Merkel ja mit dem Krieg in Afghanistan. Sie ist auf Überraschungsbesuch in Kunduz. Mit einem weiteren toten deutschen Soldaten hat sie bestimmt nicht gerechnet. Dennoch ist überall zu hören, dass die Regierungschefin vom Krieg spräche. Aber was hat sie gesagt?

„Wir haben hier nicht nur kriegsähnliche Zustände, sondern Sie sind in Kämpfe verwickelt, wie man sie im Krieg hat“, sagte Merkel am Samstag vor mehreren hundert Soldaten im Feldlager der Bundeswehr. „Das ist für uns eine völlig neue Erfahrung. Wir haben das sonst von unseren Eltern gehört im Zweiten Weltkrieg.“ Das sei aber eine andere Situation gewesen, weil Deutschland damals der Angreifer war.

Quelle: Süddeutsche

Kämpfe die wie Krieg aussehen und Deutsche, die keine Angreifer seien. Na klar, wir haben doch völlig vergessen, dass Afghanistan als 17. deutsches Bundesland verteidigt werden müsse. Deutschlands Sicherheit wird am Hindukusch verteidigt. Wer kennt ihn nicht, den Spruch vom Struck, der nun die Ebert-Stiftung anführt und damit zu einem geistigen Führer der SPD geworden ist.

Warum sind wir eigentlich in Afghanistan? Ich weiß, der Kriegsgrund liegt zehn Jahre zurück, aber ein Rückblick lohnt sich. Deutschland fühlte sich angegriffen, weil die USA am 11. September von bestens in Deutschland integrierten und ausgebildeten Ausländern attackiert wurde. Damals hat der Sarrazin noch kein islamistisches Schläfergen entdeckt. Nach dem Angriff auf das World Trade Center haben die Amerikaner unter ihrem klügsten Präsidenten Bush II. auf der Welt herumgesucht und sich gefragt, wem man eins auf die Mütze hauen könnte. Der Gegner musste sorgsam ausgesucht werden. Denn selten war die Solidarität mit den Amerikanern höher als im Herbst 2001. Der Bundeskanzler a.D. Schröder sprach gar von uneingeschränkter Solidarität. Und so ein Angebot schlägt man als größte Militätmacht natürlich nicht aus.

Angriff auf die NATO hieß es dann und erstmals in der Geschichte wurde der Bündnisfall nach Art.5 NATO-Vertrag ausgerufen. Und es ging nicht gegen die Russen, sondern gegen Afghanistan, weil man dort al-Qaida unter der Bettdecke die Taliban vermutete. Wichtig, der Einsatz war aus deutscher Sicht, obwohl man angeblich angegriffen wurde, kein Krieg, sondern ein robuster Stabilisierungseinsatz. Erst seit dem letzten Jahr hat sich die Sicht auf die Dinge etwas geändert. Im Laufe des Krieges hat sich der Feind ebenfalls gewandelt. Derzeit kämpft man gegen Aufständische oder gegen sich selbst.

Aber ich war ja noch beim Krisenmechanismus. Merkel will wirtschaftlich mit den anderen EU-Staaten zusammenarbeiten. Bisher hat sie das bekanntlich abgelehnt, wegen der Marktwirtschaft und deren eigenen Gesetzen über den Wettbewerb. Sie musste dieses Zugeständnis machen, weil sie sonst ihren dauerhaften Krisenmechanismus nicht bekommen hätte. Witzig war nun, dass sie diese Zusammenarbeit aber nicht beim Abbau der Handelsungleichgewichte sieht, sondern bei einer Angleichung an die deutsche Irrlehre. So meinte sie, dass man darüber reden könne, das Rentenalter europäisch anzupassen (gemeint ist ganz klar die deutsche Rente mit 67 und nicht die französische mit 62) oder die Schuldenbremse nach deutschem Vorbild auch in anderen Ländern zu installieren.

Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass die europäischen Partner so eine bescheuerte Art der wirtschaftlichen Zusammenarbeit gemeint haben. Jedenfalls scheint klar zu sein, dass die Bundesregierung an einer ausgeglichenen Handelsbilanz kein Interesse hat. Somit dürfte es noch einige europäische Krisengipfel geben, die sich mit der Frage beschäftigen, was unter einer wirtschaftlichen Zusammenarbeit zu verstehen ist. Der Druck auf Berlin wächst, endlich etwas gegen die unterirdische Lohnentwicklung und damit mehr für die Binnennachfrage zu tun.

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