Regierungserklärung zur Europapolitik und G20

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Angela Merkel hielt heute Mittag eine Regierungserklärung. Morgen reist sie ja bekanntlich zu einem neuerlichen EU-Gipfel nach Brüssel. Ich will gar nicht so sehr auf die Blamage eingehen, die sich die Bundeskanzlerin eingehandelt hat, als sie mit dem Franzosen-Wicht in Deauville einen Deal schloss, in dem sie erklärte, auf den automatischen Sanktionsmechanismus für Defizitsünder, den sie zuvor vehement gefordert hat, einfach zu verzichten.

Natürlich war klar, dass die Position Merkels und in ihrem Gefolge der europäischen Union, die sich jetzt durch Merkel düpiert fühlt, nie und nimmer hätte umgesetzt werden können, weil damit offen Verfassungsbruch begangen worden wäre. Nicht so klar ersichtlich war aber, wie sich Merkel aus dieser Sackgasse befreien würde. Dass sie nun einfach gesagt hat, machen wir nicht mehr, ist schon ein starkes Stück. Als Erklärung für ihre 180 Grad Wende bot sie heute nur einen Satz:

„Eine deutsch-französische Einigung ist noch nicht alles in Europa. Aber: Ohne eine deutsch-französische Einigung wird vieles nichts.“

Ich würde sagen, bei Frau Merkel ist alles nichts!

Das Zugeständnis der Franzosen, die Deutschen bei dem Bestreben einer EU-Vertragsänderung zu unterstützen, darf dabei getrost als Nebelkerze bezeichnet werden. Denn Merkel selber war es doch, die den Lissabon-Vertrag wasserdicht geredet und als unabänderbar bezeichnet hatte, nachdem die Iren und Tschechen diesem neoliberalen Machwerk doch noch zugestimmt hatten. Die kleinen EU-Staaten werden zudem wohl kaum einer Änderung zustimmen, die besagt, dass sie weitere Kompetenzen abgeben sollen und im Zweifelsfall gar nicht mehr mitreden dürfen.

Aber das nur am Rande. In ihrer Rede ging sie unter anderem auch auf die Ursachen von Defiziten ein und wehrte sich einmal mehr gegen den Vorwurf, Deutschlands Exportüberschuss sei verantwortlich dafür. Sie sagte, dass die Handelsbilanzen den Marktgesetzen des Wettbewerbs unterliegen würden und ein künstlicher Eingriff durch den Staat unter allen Umständen zu vermeiden sei. Sie empfahl einmal mehr, dass andere Länder vom deutschen Beispiel lernen und ihre Wettbewerbsposition verbessern sollten. Damit unterstrich sie erneut ihre geistige Borniertheit.

Merkel hätte nämlich auch sagen können, dass die anderen Länder endlich kapieren sollen, dass wir Deutschen keine Massenkaufkraft brauchen. Die Unternehmen machen alles, konsumieren, investieren und exportieren. Wenn man sich das Herbstgutachten der Wirtschaftsinstitute anschaut, kann man zu keinem anderen Ergebnis kommen. Demnach wird nämlich erwartet, dass die Einkommen im nächsten Jahr um 1,4 Prozent steigen werden. Die Preise aber auch um 1,4 Prozent. Nun soll aber bei unterstellter gleichbleibender Sparquote der Konsum ebenfalls um 1,4 Prozent steigen. Diesen Zaubertrick versteht man nur, wenn man fest daran glaubt, dass die Zuwächse bei Unternehmen und Vermögen, die sich in diesem Jahr auf unverschämte 14 Prozent und im nächsten Jahr auf noch einmal satte 3,6 Prozent belaufen sollen, in privaten Konsum umsetzen werden.

Heiner Flassbeck meinte dazu kürzlich auf den NachDenkSeiten:

„Wenn das in Europa die anderen Länder auch noch kapieren, müssen wir nur noch die Wesen vom Mars davon überzeugen, dass wir von nun an alles produzieren, was sie brauchen, und schon ist die Sache geritzt.“

So gesehen brauchen wir auch keine steigenden Löhne und schon gar nicht einen staatlichen Eingriff in die Handelsbilanzen, der dem freien, zügellosen und perversen Marktgeschehen zuwider läuft. Warum nur verteidigt Frau Dr. Merkel dann ihre zurückliegenden Konjunkturpakete als richtig und notwendig?

In gewisser Weise hatte Frank-Walter Steinmeier mit seiner Feststellung recht, dass der Widerspruch zum Markenkern der schwarz-gelben Regierung gehöre, weil das tatsächliche Handeln immer genau dem Gegenteil von dem entspricht, was vollmundig angekündigt wurde. Aber das ist ja nur die banalste aller Erkenntnisse. Viel treffender wäre ja die Zuspitzung, die Georg Schramm bei seinem Referat am Montag in Stuttgart vortrug. Die Regierung betreibe einen vorsätzlichen Missbrauch der Sprache und niemand hindere sie daran.

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Jens Berger: "Die FDP ist Meister auf dem Gebiet der fleischgewordenen Realsatire"

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Seit Montag wissen wir vom Kabarettisten Urban Priol, dass Guido Westerwelle die „Puffmutter der Wirtschaftsnutten“ ist, die mit einem von den Steuerzahlern prall gefüllten Geschenkkorb durch die Lande zieht, aus dem sich ihre Klientel, die Vermögenden, die Finanz- und Versicherungskonzerne, die Arzneimittelhersteller, die Schwerindustrie und die Hotelbesitzer nach Lust und Laune bedienen können.

Bei den Liberalen gilt inzwischen nicht mehr der Grundsatz vom einfachen und gerechten Steuersystem, welches darauf basierte, die vorhandenen Einnahmen des Staates an die oben beschriebene Klientel einfach durchzuleiten bzw. umzuverteilen. Nein, seit der freudigen Verkündigung, die Tabaksteuer zu erhöhen, um die bestehende Steuerbefreiung der Schwerindustrie beizubehalten, haben die Liberalen gezeigt, dass die bisherigen Steuereinnahmen nicht mehr ausreichen, um die Wünsche der eigenen Großspender zu befriedigen.

Gestern hieß es noch Rauchen für die Schlote, heute heißt es schon Saufen für die Luftfahrt. Denn die Luftverkehrsbranche ist der einzige Wirtschaftszweig, der von den Liberalen noch nicht aus den Klauen des Sparpakets, das unter dem Schlagwort „Fairer Ausgleich zwischen sozialen Kürzungen und Belastungen für die Wirtschaft“ firmiert, befreit wurde. Die Luftverkehrsabgabe soll nach derzeitigem Stand noch erhoben werden. Um diese Belastung der Wirtschaft abzumildern, haben sich die lustigen gelben Schwachköpfe etwas neues ausgedacht. Eine Alkoholsteuer, die sich nach dem Alkoholanteil im jeweiligen Getränk bemisst.

Jens Berger (Spiegelfechter) hat sich darüber einmal Gedanken gemacht und fragt sich zum Schluss, warum es eigentlich noch keine Sexsteuer für’s horizontale Gewerbe gibt, zumal doch der Umbau der Bundeswehr durch Freigeist zu Guttenberg sicherlich zu einer Belastung der deutschen Rünstungsindustrie führen würde. „Ficken für den Weltfrieden“, das müsste doch aus der Perspektive der Liberalen ein verlockender Gedanke sein.

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