Die Sache mit Maschmeyer und der Familienpflegezeit

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Bundesfamilienministerin Kristina Schröder will die Familienpflegezeit. Das ist bekannt. Dabei hätte dann ein Arbeitnehmer Anspruch darauf, zwei Jahre lang nur die Hälfte der im Arbeitsvertrag festgeschriebenen Arbeitszeit bestreiten zu müssen, aber dennoch 75 Prozent des bisherigen Gehalts zu erhalten. Die dadurch freigewordene Zeit könnte der Arbeitnehmer dann seinen pflegebedüftigen Angehörigen widmen. Nach dieser, durch den Gesetzgeber freihändisch vorgegebenen Pflegezeit, müsste der Arbeitnehmer dann wiederum zwei Jahre voll arbeiten zu ebenfalls 75 Prozent des Gehalts, um seine Schuld gegenüber dem Arbeitgeber wieder abzutragen. So weit der Vorschlag der Ministerin.

Natürlich kann man bereits an dieser Stelle eine Menge Kritik äußern. Zum Beispiel, ob eine zweijährige Pflegezeitvorgabe der Pflegerealität entspricht oder ob es überhaupt Arbeitnehmer mit pflegebedürftigen Angehörigen gibt, die sich eine Gehaltskürzung um 25 Prozent leisten können. Gerade in Zeiten von sich ausbreitender Leih- und Zeitarbeit und eines wuchernden Niedriglohnsektors könnte man die Familienpflegezeit auch unter der Rubrik, an der Wirklichkeit vorbei, abheften.

Aber es kommt noch besser. Frau Schröder hat sich nämlich beraten lassen. Und zwar von der MaschmeyerRürup AG. Und die meinten nun, dass es auf Seiten der Arbeitgeber ein Risiko gäbe, falls der Arbeitnehmer seinen „Lohnvorschuss“ nach Ablauf der Pflegezeit durch nachfolgende Arbeit nicht mehr zurückzahlen kann. Für diesen Fall soll der Arbeitnehmer nun eine private „Lohnvorschussausfallversicherung“ abschließen. Kompetenten Rat fände der Arbeitnehmer dann wahrscheinlich bei der Ex-Firma von Carsten Maschmeyer, dem AWD, dessen Berater mit ziemlicher Sicherheit eine Police bei der Nürnberger Versicherung empfehlen würden. Die hat nämlich an dem Gutachten für das Familienministerium, in dem die Einführung einer solchen „Lohnvorschussausfallversicherung“ angeregt wird, mitgeschrieben.

Das Ministerium weist übrigens jegliche Vorwürfe gerade mit dem Argument zurück, dass die MaschmeyerRürup AG als angeblich unabhängiges Unternehmen das Gutachten anfertigte. Also dreister geht es ja nun wirklich nicht mehr.

Das Familienministerium sieht in der Beteiligung der Versicherung an dem Konzept dagegen nichts Verwerfliches. Die geplante „Lohnvorschussausfallversicherung“ sei nicht in Absprache mit der Versicherungswirtschaft erarbeitet worden, sagte eine Ministeriumssprecherin. Vielmehr habe man das Gutachten bei der MaschmeyerRürup AG in Auftrag gegeben und dieser Firma „keine Vorgaben hinsichtlich der Einbindung von weiteren Akteuren gemacht“.

Quelle: Welt Online

Auch Volker Pispers hat sich auf WDR 2 in seiner Dienstagsbotschaft diesbezüglich gemeldet und „Lohnvorschussausfallversicherung“ zu seinem neuen Lieblingswort gekürt. Dabei bringt er einmal mehr auf den Punkt, worum es bei diesem abenteuerlichen Vorschlag eigentlich geht. Und zwar nicht um eine Absicherung, sondern um die Sicherheit, dass die Kasse der großen Versicherungskonzerne auch weiterhin ordentlich klingelt. Die verdienen nämlich gut an der schleichenden Privatisierung der gesetzlichen Sozialversicherung.

Was bei Rente und Krankheit bereits praktiziert wird, soll nun auch im Bereich der Pflege eingeführt werden. Dabei ist die Strategie immer die gleiche. Die Umleitung von Beiträgen zur gesetzlichen Sozialversicherung auf die Mühlen der privaten Versicherungswirtschaft. Ein Milliardengeschäft. Dafür lohnt es sich, ein paar Millionen für „Scheinexperten“, Gutachten, Kampagnen und Presseleute auszugeben. Der Gewinn ist immer bedeutend höher. Bei der Pflegeversicherung ist die schwarz-gelbe Koalition übrigens noch einen Schritt weitergegangen als unter den rot-grünen Rentenreformern. Dort soll die bisher geltende Freiwilligkeit durch die Pflicht, eine privat finanzierte Zusatzversicherung künftig abschließen zu müssen, ersetzt werden.

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