Merkels lustige Plauderstunde

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In Merkels lustiger Plauderstunde am Mittwoch konnte man den Eindruck gewinnen, dass es bei den Medien nie einen kritischen Instinkt gegeben hat. Es war der Tag der wohlmeinenden Lacher und der Legendenbildung. Frau Merkel durfte Erfolge aufzählen, die es in Wahrheit gar nicht gibt. Doch die Presse schreibt dann nur, dass die Erfolge zwar vorhanden seien, wie ein stabiler Arbeitsmarkt und stabile Finanzmärkte, ein Aufschwung und ein stabiles Krisenmanagement, doch seien diese Erfolge nicht die von Frau Merkel, sondern die von Peer Steinbrück und Olaf Scholz.

Sie hat ja auch Spaß am Regieren. Sagt sie feixend und zählt Erfolge auf. Nur: Es sind nicht die Erfolge von Schwarz-Gelb, die Deutschland am Ende der globalen Wirtschaftskrise gut dastehen lassen. Die Stabilisierung der deutschen Finanzmärkte nach der Lehman-Pleite? Eine Leistung Merkels und ihres sozialdemokratischen Finanzministers Peer Steinbrück. Der Aufschwung der Automobilindustrie, der Bauwirtschaft? Erreicht durch Abwrackprämien und die Konjunkturpakete I und II. Der überraschend stabile Arbeitsmarkt? Eine Folge der Kurzarbeiterregelungen, initiiert von Arbeitsminister Olaf Scholz, SPD. Alles also Bilanz erfolgreichen Regierungshandelns der großen Koalition, geboren aus der disziplinierten Zusammenarbeit von Union und SPD.

Quelle: Tagesspiegel  

Da staunte ich nicht schlecht, als ich das gelesen habe. Mission erfüllt, könnte man meinen. Etwas anderes als die Botschaft einer erfolgreichen Politik zu verbreiten, lag doch auch gar nicht im Interesse der Kanzlerin. Für die Politik der Kanzlerin spielt es ja auch gar keine Rolle, ob es in der Koalition nun harmonisch zugeht oder nicht. Ganz im Gegenteil. Die unterhaltsamen Streitereien lenken doch so schön vom Versagen aller bisher angetretenen Regierungen von Rot-Grün über die Große Koalition bis hin zu Schwarz-Gelb ab. Seit 1999 werden wir von präsidialen Kabinetten regiert, deren Interessen gar nicht mehr darin bestehen, zum Wohle des deutschen Volkes alle Kraft einzusetzen, um dessen Nutzen zu mehren sowie Schaden von ihm abzuwenden. Das Schröder- wie das Merkel-Kabinett betrieben und betreiben reine Klientel-Politik, die sogar den Verfassungsbruch mit einschließt. Das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes wurden und werden weder gewahrt noch verteidigt, sondern missachtet und mit Hilfe einer Zweidrittelmehrheit zum Teil so geändert und neu verfasst, dass sie zum politischen Willen passen.

Das Parlament wurde in dieser Zeit zu einer reinen Abnickerbude, in der sämtliche parlamentarischen Rechte an die Exekutive abgetreten wurden. So ermächtigte eine breite Mehrheit von CDU, CSU, SPD, FDP und Grünen den damaligen Finanzminister Steinbrück, über eine halbe Billion Euro Steuergeld im Rahmen des Bankenrettungsschirms frei verfügen zu dürfen. Das Parlament gab sogar seine Kontrollrechte auf. Die Exekutive informiert lediglich in einem Ausschuss über die Verwendung des Geldes, aus dem natürlich unter Strafandrohung nichts öffentlich verbreitet werden darf.

Als die SPD im Jahr 2005 ihre Kanzlerschaft einfach abbrach, um die Agenda-Politik zu retten, wurde der Bundestag mit Hilfe einer fingierten Vertrauensfrage aufgelöst. Kanzler Schröder begründete seinen Schritt damals damit, keine eigene Mehrheit im Parlament mehr zu besitzen. Seltsam war dabei nur, dass nach der verlorenen Vertrauensfrage und der folgenden Auflösung des Bundestages durch den Bundespräsidenten noch rasch zahlreiche Gesetze durch Rot-Grün verabschiedet wurden. Als die SPD dann in der Großen Koalition die unermüdliche Kämpferin für eine sozialere Politik abgab und unentwegt den Mindestlohn forderte, den durchzusetzen sie sieben Jahre lang nicht für notwendig erachtete, lehnte sie sogar den eigenen Gesetzesantrag ab, weil er von den Linken ins Plenum eingebracht wurde.

Seit über zehn Jahren erleben wir eine Politik der neuen Einheitspartei Deutschlands (CDU/CSU/SPD/FDP/GRÜNE). Da konnten sie wählen, was sie wollten, sie bekamen immer die gleiche schlechte angeblich „alternativlose“ Politik serviert, die nur den vermeintlichen „Sachzwängen“ Rechnung trug. Jedoch die schlimmste Lüge der Kanzlerin, die man nur noch mit Demagogie übersetzen kann, war die Behauptung, dass das Ausland das deutsche „Herangehen an die Probleme“ mit Anerkennung quittiert hätte. So als ob es keinen offenen Streit mit Frankreich und den USA über die falsche deutsche Politik gegeben hätte. Merkel wischt den Disput einfach weg und erledigt damit auch die möglichen kritischen Nachfragen der Journalisten, die aber auch gar nicht gestellt wurden.

Merkel wird wiederkommen.

„Sie können sicher sein, dass Sie mich nach den Ferien wiedersehen.“

Gelächter im Saal. Wahrscheinlich weil sich die meisten spontan an den hier erinnerten.                         

I’ll be back! Hasta la vista, Baby.“

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Sonntagsfrage: Von falschen Auf- und Abwinden

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Die SPD freut sich derzeit. Liegt sie doch zusammen mit den Grünen in den Umfragen auf Bundesebene vorn. Forsa hat heute im Auftrag des Magazins Stern und des Senders RTL neue Ergebnisse präsentiert.  Sonntagsfrage

Aktuell wäre also ein rot-grünes Bündnis auf Bundesebene möglich. Aber auch nur, weil die FDP unter der Fünf-Prozent-Hürde bliebe. Die Verlässlichkeit von Forsa-Projektionen steht aber weiterhin im Zweifel. Selten lag das Institut an den realen Zahlen, wie sie sich bei Wahlen schlussendlich darstellten (siehe 6 Wahlumfragen im Vergleich). Bei Forsa-Chef Güllner muss man daher immer fragen, welche Absichten er mit seinen Veröffentlichungen verfolgt.

Zum Beispiel ist er entschiedener Gegner eines Bündnisses mit den Linken. Das hat er einmal mehr bei der NRW-Wahl zum Ausdruck gebracht.

Die SPD hat nur 20 von 100 Wahlberechtigten mobilisieren können – das sind die Treuesten der Treuen, mehr nicht. Es ist auch ein Märchen, dass die Person Hannelore Kraft besondere Wirkung entfaltet hätte. Die SPD-Anhänger haben Kraft in Kauf genommen, weil sie Jürgen Rüttgers nicht wollten. Und auch wenn das oft anders beschrieben worden ist: Es gab in NRW keine Wechselstimmung. Wenn Kraft nun auf dieser dürren Zahlengrundlage einen Anspruch auf das Amt der Ministerpräsidentin formulieren will, ist das nicht durch den Wählerwillen gedeckt. Ich glaube nicht. Bei allen Unterschieden zwischen Andrea Ypsilanti und Hannelore Kraft – die Wähler hätten wieder das Gefühl: Hier ist eine Frau auf dem Ego-Trip. Denn auch die SPD-Anhänger wollen kein Linksbündnis. Würde es Kraft trotzdem machen, würde sie die Sozialdemokratie nachhaltig schädigen.

Quelle: Stern

Der erklärte Schröderianer Güllner hat also ein Interesse daran, die Chance für ein rot-rot-grünes Bündnis als Alternative zum Einheitsbrei der etablierten Parteien, wo inzwischen jeder mit jedem den gleichen politischen Unfug umsetzen kann, kleinzureden und der Öffentlichkeit zu signalisieren, dass diese Option gar keine ist. Unter diesem Gesichtspunkt müssen Umfragen aus dem Hause Forsa immer wieder kritisch betrachtet werden. Klar ist, dass die Wähler der schwarz-gelben Koalition nicht mehr vertrauen und der anfängliche Rückhalt für diese Bundesregierung in einem atemberaubendem Tempo verschwunden ist. Doch was ist die Alternative? Für Güllner und andere auf gar keinen Fall ein Bündnis aus SPD, Grünen und den Linken.

An der aktuellen Umfrage stellt sich daher die Frage, ob die FDP tatsächlich unter der Fünf-Prozent-Hürde liegt. Würde sie nämlich im Bundestag vertreten sein, kann eine rot-grüne Regierung nur mit Duldung der Linken funktionieren, analog zu der Situation in Nordrhein-Westfalen. Liegt sie aber unter der Sperrklausel könnten SPD und Grüne die Regierung stellen. Man hätte dann einen gefühlten Wechsel herbeigeführt, aber die Fortsetzung der immer gleichen Politik gesichert vor allem mit Blick auf die Agenda 2010 und die Kriegspolitik.

Man muss sich das nur einmal vorstellen. Die SPD wähnt sich mit einer Zustimmung von 28 Prozent bereits wieder auf der Siegerstraße und gibt vor, bei den Menschen wieder anzukommen. In der Praxis aber wird nur allzu deutlich wie wenig bereit sie tatsächlich ist, die Fehler der Vergangenheit zu korrigieren. Im Bundestag hat man sich als Oppositionspartei relativ zügig mit CDU und FDP auf eine Grundgesetzänderung verständigt, um die bis dahin verfassungswidrig betriebenen Jobcenter zu legalisieren. In Nordrhein-Westfalen traut sich Hannelore Kraft nicht, auf die Linken zuzugehen, um die eigenen Wahlversprechen umzusetzen. All das zeigt, dass die SPD aber auch die Grünen keine Alternative sind, wenn sie allein regieren könnten.

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Eine Zwischenbilanz des Krieges in Afghanistan

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Ginge es nach Verteidigungsminister zu Guttenberg, dürfe man keine Bilanz über den Einsatz am Hindukusch ziehen (siehe hier im Blog). Höchstens eine „Art Zwischenbilanz“. In den gestrigen Tagesthemen ist das nun geschehen und die Zahlen sprechen eine eindeutige Sprache. Hier ein Auszug aus dem Tagesthemen-Bericht vom 20.07.2010:

Der Einsatz in Afghanistan ist teuer und die Bilanz nach beinahe zehn Jahren Krieg katastrophal. Wie die Sicherheitsverantwortung, das große Ziel der Verbündeten, an die Afghanen übergeben werden soll, bleibt weiterhin ein Rätsel. Die Rückkehr der Taliban oder ganz anderer Gruppen ist so gut wie sicher, da es nach wie vor überhaupt kein funktionierendes Gemeinwesen in Afghanistan gibt. Die tatsächlichen Zustände am Hindukusch werden weiterhin ignoriert. Eine kritische Beurteilung der Tatsache, dass Clans, Korruption und der unter Duldung der westlichen Demokratien betriebene Drogenanbau über das Schicksal des Landes bestimmen, findet in den Köpfen der politischen Hampelmänner nicht wirklich statt.

…mittlerweile deckt Afghanistan 90 Prozent der weltweiten Opium-Nachfrage -, sondern Karsais Halbbruder Ahmad Wali ist selbst tief in den Drogenhandel verstrickt. Im Juli vergangenen Jahres wurde auf seinem Anwesen tonnenweise Opium beschlagnahmt, was allerdings keine negativen Konsequenzen für ihn nach sich zog. „Auf den einschlägigen Listen amerikanischer Dienste über Drogenbarone in Afghanistan rangiert Karsais Halbbruder auf einem der Spitzenplätze – ebenso wie der für die Bekämpfung des Drogenhandels zuständige Vize-Innenminister.“ (1) Kurze Zeit später kam heraus, dass Ahmad Wali Karsai auf der Gehaltsliste der CIA steht, was eine optimale Voraussetzung dafür ist, um in Afghanistans Drogengeschäften mitzumischen.(2)

Quelle: Hintergrund

Unter diesem Gesichtspunkt wirken Vorschläge wie der von Westerwelle, nach einem Aussteigerprogramm für Aufständische seltsam von der Wirklichkeit entrückt. Es klingt fast wie eine Kabarettnummer. Ganz und gar nicht wie eine Kabatettnummer klingt dagegen die verräterische Herumeierei der politisch Verantwortlichen um ein konkreten Abzugstermin. Da heißt es einmal, dass man nächstes Jahr damit beginnen wolle und im Jahr 2014 die Übergabe der Sicherheitsverantwortung an die Afghanen abgeschlossen sein soll, doch mit dem Abzug der NATO-Truppen hat das alles nichts zu tun. Im Gegenteil, der Plan sieht eine dauerhafte militärische Präsenz in dem Land vor. Nach der Ankündigung durch den neuen Oberbefehlshaber in Afghanistan General Petraeus vom 4. Juli (siehe hier im Blog) redet nun auch der NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen Klartext.

Die NATO beabsichtigt nicht, Afghanistan in absehbarer Zeit zu verlassen. Das stellte NATO- Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen im Vorfeld der Afghanistan-Konferenz in Kabul klar.

Zugleich stimmte er auf weiter steigende Verluste der Besatzungstruppen ein. Die Militäroffensiven in das Kerngebiet der Taliban würden „unweigerlich zu heftigeren Gefechten führen“, so Rasmussen in einem Gastbeitrag für das Hamburger Abendblatt am Montag.

„Bedauerlicherweise wird es mehr Opfer geben.“ Darüber hinaus kündigte er eine Dauerpräsenz der NATO in Afghanistan an. „Selbst wenn unsere Truppen in eine unterstützende Rolle wechseln, wird Afghanistan die ständige Unterstützung der internationalen Gemeinschaft benötigen einschließlich die der NATO.“ Die Nato sollte mit der afghanischen Regierung eine Übereinkunft über eine langfristige Zusammenarbeit treffen, forderte der NATO-Generalsekretär.

Quelle: Hintergrund

Die Rolle Deutschlands dabei ist klar. Nachdem das Märchen von der zivilen Wiederaufbaumission der Bundeswehr kläglich an der Realität gescheitert und für jeden offenkundig wurde, vertritt die Bundesregierung nun die Auffassung, dass Bündnistreue oberste Priorität habe. Wenn also die NATO eine dauerhafte Afghanistanlösung beschließen sollte, würde man das hierzulande als alternativlosen Sachzwang verkaufen. Die weiterhin steigenden militärischen Kosten im Milliardenbereich müssten dann von der durch Sparprogramme gequälten Bevölkerung einfach akzeptiert und hingenommen werden.

Die Übergabe der Sicherheitsverantwortung bedeutet nach den Worten Westerwelles aber noch kein Ende des Engagements in Afghanistan. Es werde auch dann noch Soldaten, zivile Aufbauhelfer und Polizisten der internationalen Staatengemeinschaft in dem Land geben.

Quelle: Bundesregierung

Übrigens entsendet die Bundesregierung gerade einmal 250 deutsche Polizisten nach Afghanistan. Das sind etwa 100 mehr als bisher. Die sollen nun bis 2014 das schaffen, was die bisher 170 deutschen Ausbilder in den letzten acht Jahren nicht geschafft haben. Das ist keine erfolgsversprechende Strategie, sondern ein politisches wie gesellschaftliches Armutszeugnis. Aber wenigstens hatte der schneidige Verteidigungsminister von und zu Guttenberg kürzlich Gelegenheit, seine neue Panzerhaubitze zu bewundern, nachdem er von den Aufständischen in Afghanistan zum Rückzug gezwungen wurde…

Taliban verscheuchen Gebirgsjäger Guttenberg

Eigentlich wollte der Verteidigungsminister deutsche Soldaten mit einem Besuch überraschen. Talibankämpfer kamen ihm zuvor und überraschten die Deutschen mit einem Angriff. Der Minister musste umdrehen, doch wenigstens konnte er seine neuen Panzerhaubitze bewundern.

Quelle: FTD

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Neu auf NSO: Innerdeutsche Kontroversen – Zum 20. Juli

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(Auszug aus der akademischen Arbeit “Folgen der unterschiedlichen Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus in der DDR und der alten Bundesrepublik: am Beispiel Gedenkstättenpolitik” – von André Tautenhahn)

Quelle: Nachrichtenspiegel-Online (NSO)

Nachrichtenspiegel-Online ist ein neues Portal für Blogger, das die Gleichförmigkeit der Medienwelt zu durchbrechen versucht. An dieser alternativen Arbeit beteilige ich mich gern. Der verlinkte Artikel ist eine längere wissenschaftliche Arbeit mit zahlreichen Fußnoten und etwas anstrengender Sprache. Sorry dafür, aber diese Form der schriftlichen Ausarbeitung passt eben besser in so ein Portal wie NSO als in einen kleinen privaten Blog, der eher dem Motto in der Kürze liegt die Würze folgt. :)

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Brüderle boykottiert das Sparpaket

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Das Sparpaket der Bundesregierung ist ökonomischer Unsinn. Das ist schon lange klar. Nun möchte man aber meinen, dass die Ressortchefs, die sich jetzt im Sommerloch ganz offen gegen die eigenen Sparvorschläge wenden, etwas mehr Sachverstand erkennen lassen. Dem ist aber nicht so. Ich gebe zu, etwas anderes habe ich persönlich auch nicht erwartet.

WeinWirtschaftsminister Rainer Brüderle zum Beispiel lehnt die Vorgaben für sein Ressort wie folgt ab.

Quelle: Süddeutsche (dpa)

Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle geht auf Distanz zu dem von Finanzminister Wolfgang Schäuble vorgelegten Gesetzentwurf für eine Luftverkehrssteuer. Laut «Rheinische Post» warnt Brüderles Ministerium vor einem Verlustgeschäft. Die Einbußen durch die Steuer könnten doppelt so hoch sein wie die erwarteten Einnahmen. So sei mit einem erheblichen Rückgang der Passagierzahlen zu rechnen. Auch für die Beschäftigung seien «negative Effekte» zu erwarten. Die Abgabe soll dem Bundeshaushalt jährlich eine Milliarde Euro bringen.

Was für ein Blödsinn. Glaubt denn wirklich jemand in dem nur scheinbar hochkompetent besetzten Wirtschaftsministerium, dass ein Preisaufschlag von vielleicht 10 oder 20 Euro auf den Ticketpreis dazu führen wird, dass zahlreiche Passagiere ins Auto oder die Bahn umsteigen werden, um zu ausländischen Flughäfen zu fahren, wo sie dann erst in ein Flugzeug einsteigen, um ihre Geschäftsreise fortzusetzen? Wer das glaubt, der glaubt auch daran, dass nun wegen des Preisunterschieds entlang der deutschen Grenze ganz viele neue Flughäfen eröffnet werden, um den zu erwartenden Strom von Menschen, die 10 oder 20 Euro sparen wollen, abzufangen.

Ein bisschen klingt das wie die Begründung für die Senkung der Mehrwertsteuer für Hotelübernachtungen. Damals wurde von der FDP ja auch behauptet, dass die Menschen eher im Ausland übernachten würden als in deutschen Hotels. Mit anderen Worten, ein Geschäftsreisender, der in Berlin zu tun hätte, würde aus Kostenerwägungen heraus lieber in Amsterdam übernachten, deshalb müsse man die Mehrwertsteuer für Übernachtungen senken, um deutsche Hotels wettbewerbsfähiger zu machen.

Herr Brüderle hat einen Vollschuss. Und die Medien, die diesen Quark wieder als seriösen Einwand des Ministers verkaufen, sollten den Sendebetrieb oder die Produktion endlich einstellen und das machen, was bei diesem Wetter angebracht wäre. Ins Freibad gehen und eine Abkühlung nehmen. Man fasst es ja nicht.

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Wieso Hannelore Kraft jetzt an allem schuld ist

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Lisas Welt, die Glosse aus der Sendung Report Mainz. In der heutigen Ausgabe beschäftigte sich Lisa mit einer für die Bundesregierung komfortablen Situation.


Quelle: Report Mainz

Die Sendung war übrigens von den Themen her mal wieder sehr interessant. Wiederholt wird sie gleich um 23:30 Uhr auf EinsExtra und zu einer vertretbaren Zeit morgen um 20:15 Uhr im SWR-Fernsehen. Aber alle Beiträge sowie die komplette Sendung sind auch als Podcast über das Internet zu jeder Zeit abrufbar.

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Ungarn, der IWF und die EU

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Vor zwei Jahren stand das EU-Mitglied Ungarn vor einer Staatspleite. Relativ geräuschlos reagierte die EU im Zusammenspiel mit dem IWF auf diese Krise. Schließlich ging es ja nicht um die Eurogruppe, also jene Länder wie Griechenland, Spanien, Portugal usw., die aufgrund ihrer Währung von Natur aus stabil zu sein hatten. Deshalb wurde wie immer in solchen Fällen, das übliche Vorgehen praktiziert. Der IWF gab Geld und das Land musste im Gegenzug einen rigorosen Sparkurs akzeptieren. Damit ist nun Schluss.

Da bei finanziellen Hilfen, die der IWF bereitstellt, auch ständig über die Ergebnisse der Sparbemühungen des Schuldners beraten und verhandelt wird, stellte sich auch dieses Jahr die Frage nach weiteren Ausgabenkürzungen. Im Prinzip ist das ja keine Frage, sondern ein Diktat. Denn für den IWF, die Weltbank und die EU gibt es gar keine andere Alternative, um ein Haushaltsdefizit abzubauen, als zu sparen.

Da machen die Ungarn nun nicht mehr mit. Die wollen nämlich zur Verminderung des Haushaltsdefizits eine fette Bankensteuer einführen. Das hat Anja Kohl eben in den Tagesthemen bei ihrer Analyse vom Börseparkett mal wieder vergessen zu erwähnen. Ungarn will also die zur Kasse bitten, die die Krise verursacht und durch sie bereits wieder profitiert haben, um die Verschuldung und den Haushalt in den Griff zu bekommen. Das passt natürlich weder den Banken, noch der EU und auch nicht dem IWF.

Die Banken aber, lieferten die tollste Begründung für die Ablehnung des ungarischen Vorschlags:

Der Chef von Raiffeisen International, Herbert Stepic, hatte die Bankensteuer, die rund 200 Milliarden Forint (etwa 700 Millionen Euro) in Ungarns Staatskasse spülen soll, vor kurzem als große Bürde kritisiert. Stepic äußerte die Befürchtung, dass andere Länder Osteuropas dem Beispiel Ungarns folgen könnten.

Quelle: Focus Online

Das geht natürlich nicht. Man stelle sich nur vor, andere Länder würden dem Beispiel Ungarns folgen und einfach eine Bankensteuer erheben, die die Institute zwingt, Geld dem Staat zurückzugeben. Aus Sicht der Banken muss das wie der Weltuntergang aussehen. Deshalb werden auch alle Hebel in Bewegung gesetzt, um die ungarische Regierung von ihrem Kurs wieder abzubringen und das zu tun, was alle anderen Regierungen in Europa auch willig zu tun bereit sind. Nämlich Sparen! Das schadet zwar der Wirtschaft, aber solange es die Märkte beruhigt und die wieder Vertrauen fassen, ist doch alles im Lot. So würde es Anja Kohl von der ARD wohl formulieren. Koste es, was es wolle.

Den neuen rechtsgerichteten ungarischen Regierungschef Viktor Orbán, der schon einmal die Macht in Ungarn inne hatte, muss man wirklich nicht mögen, aber seine Haltung den Finanzmärkten gegenüber ist zu begrüßen.

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"Die biblische Erkenntnis, alles habe seine Zeit"

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Ole von Beust liefert ganz großes Kino. Sein Rücktritt folgt der biblischen Erkenntnis, alles habe seine Zeit. Wie nobel und die Kommentatoren honorieren diesen Schritt, ziehen sogar eine positive Bilanz eines volksnahen ersten Bürgermeisters, der erfolgreich regierte und sogar als erster eine schwarz-grüne Koalition zustande brachte. Liberal und weltoffen lauten die Zuschreibungen. Wer denkt da noch zurück an die Zeit, als sich Ole von Beust durch Ronald Schill zur Macht verhelfen ließ.

Ronald Schill, der im Bundestag gegen Ausländer hetzen durfte. Ronald Schill, der Giftgas für die Hamburger Polizei forderte. Ronald Schill, der der SPD Blut an den Händen vorwarf und Ronald Schill, dessen Partei Internanierungslager für kranke Zuwanderer forderte. Zu all diesen Ausfällen seines Koalitionspartners schwieg der nette Ole von Beust damals in den Jahren seiner ersten Amtszeit zwischen 2001 und 2004. Er wurde ja auch kaum drauf angesprochen, von Medien, die in Hamburg zu fast 90 Prozent vom Springer-Konzern kontrolliert werden.

Sehen sie deshalb noch einmal einen Bericht des Magazins Panorama vom 26. Februar 2004 mit dem Titel: „Hamburgs heimliche Wahlhelfer – Die Springer-Presse auf Kampagnen-Kurs“

Quelle: Panorama

Ole von Beust strahlt – tausendfach: auf Wahlplakaten, in Werbespots und bei jedem öffentlichen Auftritt. Der Erste Bürgermeister der Hansestadt Hamburg hat alle Chancen, die Wahl am kommenden Sonntag zu gewinnen. Denn seine zweijährige Kumpanei mit Innensenator Schill und die damit verbundenen Skandale haben die Bürger offenbar vergessen. Ole von Beust ist wieder ein Saubermann – und die gesamte Springer-Presse hat an diesem Hochglanz-Image einseitig mitpoliert. Sie hofiert von Beust, widmet ihm Homestories und freundliche Schlagzeilen. Der Springer-Konzern, der 85 Prozent des Hamburger Zeitungsmarktes dominiert, hat sich zum heimlichen Wahlhelfer der CDU gemacht.

Ronald Barnabas Schill, der einstige Steigbügelhalter von Ole von Beust, kommt in den Springer-Zeitungen kaum mehr vor. Vor zwei Jahren war das noch ganz anders. Damals war er der umjubelte Polit-Neuling in BILD und Co. Jetzt weisen dieselben Blätter nicht mal mehr auf Schills Wahlkampfauftritte hin. Und so wird die politische Landschaft in Hamburg retuschiert – ganz im Sinne des Ersten Bürgermeisters. Kein Wunder, dass der strahlt!

Autorin/Autor: Bericht: Iris Ockenfels und Dietmar Schiffermüller

Der Link zum Video:

http://daserste.ndr.de/panorama/media/wahlhelfer100.html

Es ist traurig, dass die Medien inzwischen so vergesslich geworden sind, dass ihnen zur Schill-Sauerei von damals nichts mehr einzufallen scheint. Diese unsägliche Koalition zwischen CDU, FDP und Schill-Partei kommt in den Kommentaren, die vorgeben eine Bilanz ziehen zu wollen, gar nicht vor. Das ist nicht nur schlecht, sondern auch schäbig.

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Auch Finanzminister Weimar tritt ab

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Mit dem hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch (CDU) geht auch sein dienstältester Minister von Bord. Finanzminister Karlheinz Weimar (CDU) kündigte am Freitag in Wiesbaden seinen Rückzug an. “Nach insgesamt mehr als 15 Jahren Ministertätigkeit ist die anstehende Kabinettsbildung der richtige Zeitpunkt, den Platz neuen und jüngeren Kräften frei zu machen”, sagte der 60-Jährige in einer Mitteilung.

Quelle: Frankfurter Rundschau

Selten so gelacht. Weimar müsste angesichts seiner Verbrechen im Amt aus der hessischen Staatskanzlei direkt in einen der von Koch privatisierten Vorzeigegefängnisse überstellt werden. Weimar war dafür verantwortlich, dass engagierte und erfolgreiche Steuerfahnder per fingierten Gutachten aus dem Dienst entfernt wurden. Zudem kritisierte der hessische Landesrechnungshof zuletzt sehr offen die Prüfungspraxis der Finanzverwaltung, deren Chef Weimar in letzter Instanz nun einmal war (siehe FR hier). Doch Weimar sieht kein Fehlverhalten.

Weimar bleibt dabei, dass in Hessen niemand geschont wurde. Auch nicht bei den Banken-Fällen, die die gemobbten Frankfurter Steuerfahnder nicht mehr bearbeiten durften. Bei diesen Fällen seien nur „Rentner mit kleinen Beträgen“ ins Netz gegangen, sagte Weimar. Die Frankfurter Rundschau hat einen dieser angeblichen „Rentner“ ausfindig gemacht: Es ist der ehemalige Vorstand einer großen Frankfurter Bank. Für Weimar fiel er wohl unter die von ihm in diesem Zusammenhang erwähnten Kleinsparer.

Nun bleibt uns von der hessischen Drecksbande nur noch ein Überbleibsel. Die Bundesfamilienministerin Kristina Schröder. Sie hat ja bereits mit ihren windigen rechte Gewalt gleich linke Gewalt Theorien für ausreichend Gesprächsstoff gesorgt. Im Augenblick fällt sie sehr unangenehm dadurch auf, dass sie die Kürzung des ohenhin mickrigen Elterngeldes für Langzeitarbeitslose und auch für Aufstocker mit schrägen Argumenten zu verteidigen sucht. Unterm Strich kürzt sie bei Geringverdienern um die 440 Millionen Euro und bei denen, die mehr als 1240 Euro netto verdienen 155 Millionen Euro (siehe SZ). Besonders zynisch wird diese ganze Angelegenheit wieder, wenn man sich vor Augen führt, dass das rollende Regierungsmonster, Finanzminister Schäuble, für die Umsetzung des Hartz-IV-Urteils des Bundesverfassungsgerichts ab 2011 gerade einmal 480 Millionen Euro Mehrausgaben pro Jahr für Kinder von Hartz-IV-Beziehern einplant.

Ich will nur noch einmal daran erinnern, dass es vor allem die Medien waren, die diese verbrecherischen Verhältnisse in Hessen wie auch im Bund herbeigejubelt hatten.

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