Neues von der Arbeitsagentur

Geschrieben von:

Die Arbeitsagentur hat heute bekanntgegeben, dass im Jahr 2009 mehr als 162.000 Hartz-IV-Bescheide fehlerhaft erlassen wurden (siehe Spiegel Online).

Die Zahl klingt gigantisch: Gut 160.000 Hartz-IV-Bescheide waren nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit im vergangenen Jahr falsch. Allerdings verschickte die Behörde insgesamt fast 25 Millionen Benachrichtigungen – somit waren lediglich gut ein Prozent fehlerhaft.

Aha, im Text weiter unten ist zwar von 1,4 Prozent die Rede und von über 300.000 Widersprüchen, die erfolgreich waren, aber egal. Die Spiegel-Leute oder die Agenturfritzen, die diese Meldung aufgeschrieben haben, meinen anscheinend, dass die Fehlerquote sehr gering sei. Das ist lustig, da dieselben Schreiberlinge aus der Tatsache, dass es im Jahr 2009 rund 165.000 Missbrauchsfälle gab, eine riesen Nummer gemacht haben. Sie wissen schon. Damals hat sogar unser Außenvizekanz-Nicht Westerwelle die Zahlen der Bundesagentur angezweifelt und behauptet, dass die Dunkelziffer der Hartz-IV-Schmarotzer weitaus höher liegen müsse, wegen der Dekadenz und so.

Da frage ich mich natürlich, wie Guido Westerwelle diese Zahlen bewertet. Er könnte ja bei Maybrit Illner erneut Stellung dazu beziehen. :DD

6

Kurz zur "Übergabe in Verantwortung"

Geschrieben von:

Nachdem die Seite WikiLeaks brisante Dokumente zum Afghanistan-Krieg veröffentlicht hat (siehe auch Spiegel Online), erscheint das gebetsmühlenartig vorgetragene Geschwafel der Bundesregierung, eine Übergabe der Sicherheitsverantwortung an die afghanischen Behörden und Streitkräfte im Jahr 2014 realisieren zu können nicht nur noch abenteuerlicher, sondern verlogen durch und durch.

Was man schon an der Dauer des Einsatzes und der Gefahrenzunahme ablesen konnte, aber auch an der lächerlichen Zahl von 250 deutschen Polizisten, mit denen die Bundesregierung glaubt, genügend Sicherheitskräfte ausbilden zu können, wird nun auch durch der Öffentlichkeit vorenthaltene Dokumente deutlich, dass der Krieg in Afghanistan und die ihn unterstützende Politik nicht nur völlig absurd und sinnlos ist, sondern auch jede Begründung für eine Fortsetzung des Krieges oder ein Art Übergabestrategie haltlos geworden ist.

Wieso fordert eigentlich keiner den Rücktritt der Bundesregierung? Und was macht Freigeist zu Guttenberg nun? Wird er seine Ansicht abermals ändern und den Angriff auf zwei Tanklaster nahe Kunduz, bei dem zahlreiche zivile Opfer vor knapp einem Jahr zu beklagen waren, nun doch wieder als militärisch angemessen bezeichnen, weil inzwischen klar geworden ist, wie schwach und unterlegen die NATO-Truppen zusammen mit ihren afghanischen Freunden in Wirklichkeit sind? In dem NATO-Bericht, der zu Guttenberg eigentlich zum Verhängnis werden musste – seltsamerweise hört man dazu aber nichts mehr – hieß es ja, dass es keine unmittelbare Bedrohung der Bundeswehr gegeben habe. Nun könnte zu Guttenberg aber bequem auf Notwehr plädieren, weil angesichts der militärischen Schwäche seiner Truppen, etwas anderes als eine permanente Bedrohungssituation gar nicht vorgelegen haben konnte.

Möglicherweise will der Gebirgsjäger der Reserve Karl-Theodor zu Guttenberg auch deshalb nur umgangssprachlich von einem Krieg reden, weil sich herausgestellt hat, dass die deutsche Wehrmacht Bundeswehr gar nicht in der Lage ist, auf Augenhöhe des Gegners mitzuhalten. Dabei hat das Land die Medien gerade aufgeatmet, weil man dank 00-Gutti nun endlich wieder offen vom Krieg reden darf (siehe Spiegelfechter).

In einem Land, das gerade einmal vor einem halben Jahrhundert die Welt in Schutt und Asche gelegt hat, ist die Erleichterung, die auch die Frankfurter Rundschau packt, schierer Hohn. Mehr noch: Sie ist feige und verlogen! Warum braucht man für diese herbeigesehnte, herbei geschriebene Erleichterung auch noch die Republik als menschliches Schutzschild?
Wenn irgend etwas in dieser Republik einigermaßen stabil ist, dann die seit Jahren große Mehrheit derer, die diesen Krieg ablehnen!

Wenn also irgend jemand erleichtert ist, dann ist es eine milliardenschwere Minderheit, die in Afghanistan weder Deutschland verteidigt, noch die Demokratie aufbaut, sondern Krieg führt.

Wolf Wetzel via Spiegelfechter

Bleibt noch ein Wort zu Westerwelle, den Minister für Äußeres und einfache, gerechte Steuersysteme. Der liebe Herr Westerwelle hatte bevor er sich über die römische Dekadenz von Hartz-IV-Beziehern beklagte, damit gedroht, die Afghanistan-Konferenz in London zu Beginn dieses Jahres zu boykottieren, wenn dort nur über neue Truppen entschieden werden würde und nicht über eine Übergabe der Sicherheitsverantwortung an die Afghanen, die bereits im Jahr 2010 starten könne.

Dies solle dort geschehen, wo es regional möglich sei. Am Ende dieses Prozesses werde „eine Abzugsperspektive“ für die Bundeswehr stehen.

Quelle: Tagesschau am 28.12.2009

Die jüngste Konferenz zum Thema fand letzte Woche in Kabul statt. Westerwelle drohte nicht mit Boykott im Vorfeld, sondern meinte, dass eine schrittweise Übergabe bis 2014 realistisch sei:

Die Übergabe der Sicherheitsverantwortung bedeutet nach den Worten Westerwelles aber noch kein Ende des Engagements in Afghanistan. Es werde auch dann noch Soldaten, zivile Aufbauhelfer und Polizisten der internationalen Staatengemeinschaft in dem Land geben.

In Kabul soll nun festgeschrieben werden, wo und unter welchen konkreten Bedingungen im nächsten Jahr die Sicherheitsverantwortung an die afghanischen Sicherheitskräfte übergeben werden kann.

Drei oder vier Provinzen – davon mindestens eine im deutschen Verantwortungsbereich im Norden – kommen hier 2011 in Betracht.

Quelle: Bundesregierung

Kanzlerin Merkel ließ diesen Unfug sogar mit den Worten „Übergabe in Verantwortung“ überschreiben (Regierungserklärung vom 27.01.2010). So wie es jetzt aber aussieht, wird weder eine Provinz in Verantwortung übergeben, noch übergeben.

1

Es ist wieder Zeit für Sommerinterviews

Geschrieben von:

Und das ZDF folgt seiner alten Linie. Zwar führt nicht mehr Peter Frey die Gespräche, sondern Thomas Walde, aber an der Strategie hat sich nichts geändert. Offensichtlich glaubt das ZDF noch immer, die Zuschauer mit billigen Tricks der Meinungsmache manipulieren zu können. Sie können das Interview mit dem Parteichef der Linken Klaus Ernst auf der Seite des ZDF nachschauen und nachlesen.

Wenn sie das tun, sollten sie auf die Fragen von Thomas Walde achten. Im letzten Jahr wurde Oskar Lafontaine von Peter Frey, dem neuen Chefredakteur des ZDF, immer wieder mit dem Hinschmeißen und Weglaufen konfrontiert. Ein sachliches Gespräch war nicht möglich, wie letztlich auch der geniale Youtube-Zusammenschnitt der journalistischen Nichtleistung Freys zeigt.

Ähnlich lief es auch bei Klaus Ernst. Ein mit ernster Miene dreinschauender Thomas Walde, der wahrscheinlich beim ZDF noch was werden will, hakte immer wieder mit Unterstellungen und dreisten Lügen nach, um den Anschein eines kritisch fragenden Journalisten zu wahren. Besonders lächerlich war dabei, die Schutzbedürftigkeit von Kleinanlegern besonders zu betonen, die Aktien von Banken gezeichnet hätten.

Wie soll diese Art der Verstaatlichung oder Vergesellschaftung ganz praktisch ablaufen? Gehen Sie dann zu Kleinaktionären und sagen: ‚Oma gib mir mal deine Deutsche-Bank-Aktien‘?

Wie werden Sie Kleinaktionären sagen, dass die ihre Bankaktien rauszurücken haben?

Da habe ich gelacht, denn offensichtlich kennt Herr Walde die Aktionärsstrukturen in diesem Lande schlecht. Da steht er sprichwörtlich allein im Walde. Es ist auch überhaupt nicht zu verstehen, weshalb Herr Walde es offensichtlich für den größeren Skandal hält, Anteilseignern von Pleitebanken die Aktien wegzunehmen, als den Steuerzahlern Milliardenschulden durch die Rettung maroder Kreditinstitute aufzubürden. Das ist ein journalistisches Armutszeugnis.

Als zweiter Punkt fiel auf, dass das ZDF es nun mit Radikalisierungsvorwürfen versucht, um die Linke zu stigmatisieren. Bei Lafontaine hat es bekanntlich noch ausgereicht, ihn mit dem eigenen Weglaufen zu konfrontieren und dem Vorwurf, dabei eine Chance hingeschmissen zu haben, all die schönen Dinge, die die Linke so fordert als SPD-Chef und Finanzminister umzusetzen.

Ihre politische Heimat war lange Zeit die SPD. Heute hat Ihre Partei einen Programmentwurf, in dem die Verstaatlichung aller Banken gefordert wird, in dem von demokratischer Vergesellschaftung vieler Politikbereiche die Rede ist. Was hat Sie so radikalisiert?

Aber die SPD hat nie gefordert, alle Banken zu verstaatlichen. Sie tun das aber heute. Insofern haben Sie sich sehr wohl radikalisiert.

Man läuft also entweder davon oder man ist ein Radikaler, der Dinge fordert, die eine Art “Heilserwartung” wecken.

Es gibt andere Punkte in Ihrem Programmentwurf, in denen Sie sehr wohl eine Heilserwartung erwecken. Ich sprach es eben an: Mindestlohn beispielsweise. Wie soll das eigentlich gehen? Deutschland steht derzeit im internationalen Wettbewerb recht gut da. Unter anderem hat die bisherige Lohnzurückhaltung dazu beigetragen. Wenn das jetzt durch ihre Mindestlohnforderungen quasi auf staatlichem Wege ausgehebelt würde, birgt das doch die Gefahr in sich, dass dieser zarte Aufschwung kaputtgeht. Warum wollen Sie dieses Risiko eingehen?

In dieser Frage gehen nun falsche Behauptungen, Unterstellungen und schlicht asoziales Verhalten Hand in Hand. Herr Walde behauptet einfach, dass es einen Aufschwung gäbe, der nachhaltig sei, weil Deutschland Lohnzurückhaltung übe. So als ob es keine Weltwirtschaftskrise geben würde, deren Ursache gerade im Lohndumping Deutschlands begründet liegt. Und wer noch immer die Auffassung vertritt, dass ein Mindestlohn etwas Utopisches sei, weil er wirtschaftliche Prosperität verhindern würde, der ist, Volker Pispers folgend, schlicht ein Arschloch. Denn wer es richtig findet, dass ein Mensch von seiner Arbeit nicht leben können soll oder zumindest der Auffassung ist, dass man dabei Kompromisse machen sollte, beweist nur seine asoziale Grundhaltung – mehr nicht.

Das machte auch Klaus Ernst etwas umständlich dem neuen Sommerlochfrager des ZDF deutlich. Der wusste sich aber zu wehren und behauptete weiter:

Aber Deutschland steht im internationalen Vergleich sehr gut da und die Arbeitslosigkeit ist gesunken. Warum wollen Sie das riskieren?

Da hätte Klaus Ernst nun richtig schalten müssen und erwidern, dass wir kein Risiko eingehen würden, wenn wir es fertigbrächten, unsere Statistiken einer kritischen Prüfung zu unterziehen. Denn wenn laut Statistik rund ein Viertel aller Beschäftigten in prekären Arbeitsverhältnissen steckt, also in Zeit-, Leiharbeit oder Teilzeit und damit die Form atypischer Beschäftigung innerhalb von zehn Jahren um 25 Prozent zugenommen hat, dann sollte man das durch Herrn Walde angedeutete Jobwunder, dass auch Frau Merkel und die Bundesregierung ständig ins Feld führt, schleunigst unter dem Stichwort “utopischer Irrglaube” beiseite legen.

Den Rest schenke ich ihnen.

2