Bild gibt den Takt vor und die Kanzlerin tanzt danach

Geschrieben von:

Es ist Krieg und Menschen sterben. Die Frage müsste eigentlich lauten, warum und für was zum Beispiel deutsche Soldaten ihr Leben riskieren und verlieren. Doch das bewegt die Meinungsführer in diesem Land nicht so sehr wie die Frage, ob die deutsche Regierungschefin an der Trauerfeier für die zuletzt gefallenen Kameraden teilnimmt oder nicht. Ursprünglich wollte Kanzlerin Merkel die delikate Angelegenheit wie immer unauffällig aussitzen. Schließlich hatte Kronprinz Gutti sein Kommen bereits angekündigt.

Doch heute rief Springers Sturmgeschütz Bild laut nach der Kanzlerin und sogar dem Bundespräsidenten. Und Merkel reagiert prompt und kündigt ebenfalls ihr Kommen zur Trauerfeier an. Ich erinnere noch einmal an Georg Schramm in Neues aus der Anstalt – Folge 28 (siehe hier im Blog):

„Ein Handstreich von Friede Springer würde reichen, und ihre Tintenknechte schreiben die Kanzlerin vom Thron herunter und werfen sie ihrer eigenen Partei zum Fraß vor.

Die wahrhaft Mächtigen, das ist gewiss, haben die Gunst des Volkes längst verloren. Deswegen ist diese Frau so wertvoll für sie. So lang die Frau die Gunst des Volkes hat, hat sie die Gunst der Macht.“

Es geht um die Macht der Mächtigen in diesem Land. Die ist nämlich bedroht, weil die Bevölkerung mit deutlicher Mehrheit den nutz- und sinnlosen Einsatz in Afghanistan verurteilt und ablehnt und damit auf sichtbare Distanz zum Puppentheater geht. Auf Dauer kann das eine Marionettenregierung wie die unsere nämlich nicht durchhalten, weshalb sie daran erinnert werden muss, ihre Außendarstellung oder ihr Spiel zu verbessern, damit der Pöbel bei Umfragen weiterhin angibt, dass Frau Merkel und Herr zu Guttenberg als einzelne Persönlichkeiten einen tollen Job machen, die Regierung als Ganzes aber nicht.

Der afghanische Präsident Hamid Karsai ist kein Verwirrter, der seine Verbündeten nur deshalb vor den Kopf stoße, weil er innenpolitisch etwas unter Druck geraten sei. Nein, er ist der einzige, der begriffen hat, dass der Krieg der NATO verloren und die ganze Operation nach acht Jahren sinnlosen Kampfes defacto gescheitert ist. Dass Karsai sich angesichts dieser Faktenlage andere Optionen sucht, ist logisch. Auf der anderen Seite sind die Schwachsinnsbekundungen eines Guido Westerwelle zum Beispiel völlig unlogisch und wirr. Ebenfalls via Bild lässt der Außenminister verbreiten:

„Es wäre falsch, jetzt einen exakten Abzugstermin festzulegen. Dann wüssten die Terroristen, wie lange sie noch durchhalten müssten, bis wir weg sind.“
[…]
„Wir haben vor wenigen Wochen eine neue Afghanistan-Strategie mit einer klaren Abzugsperspektive beschlossen. Wir wollen möglichst 2013 die Sicherheitsverantwortung an die Afghanen übergeben und 2011 erstmalig mit der Reduzierung des Bundeswehrkontingents beginnen.“

Ich bin ja immer noch dafür, dass es die bessere Strategie wäre, anstatt Soldaten lieber Herrn Westerwelle auf Staatskosten nach Afghanistan zu fliegen, er darf ruhig auch seine gewohnte Reisebegleitung als Unterstützung mitnehmen. Vor Ort könnte er dann den Kampf gegen die Taliban aufnehmen, indem er sich hinstellt und Vorträge über ein einfaches und gerechtes Steuersystem hält. Ich bin sicher, dass die Taliban und andere vor dem Westerwellschen Pickelgesicht und seinem rechtspopulistischen Geschrei in Scharen flüchten würden. Oder sie reagieren anders. Es wäre kein Verlu… >:XX

2

Arbeitsrecht: Ein dummer Unternehmens-Anwalt vor Gericht

Geschrieben von:

Rechtsunwissenheit und Rechtsirrtümer sind ja weit verbreitet. Aber das sich geschulte Anwälte vor einem Arbeitsgericht so dumm verhalten, wie der, der die Geschäftsführung der Fluggesellschaft Germania vertrat, ist neu. Das Unternehmen hatte vor kurzem sechs Piloten entlassen, weil diese von ihrem Grundrecht der Vereinigungs und Koalitionsfreiheit nach Art. 9 GG Gebrauch machten. Die Kündigungen waren schon dumm, aber noch dümmer war nun der Auftritt der juristischen Vertretung vor dem zuständigen Arbeitsgericht Berlin.

Quelle: Junge Welt

Vor den Richtern bestätigte die Unternehmensseite auch noch ihren Verstoß gegen das Grundgesetz mit der inzwischen in Mode gekommenen Begründung einer akuten wirtschaftlichen Notlage, die durch das Verhalten der Piloten hervorgerufen worden sei. Es fiel sogar wörtlich der Satz:

„Die Geschäftsführung fühlte sich durch die Wahl der Tarifkommission erheblich unter Druck gesetzt.“

Wie kann ein Anwalt für Arbeitsrecht (die arbeitsrechtliche Kompetenz unterstelle ich jetzt mal) nur so etwas sagen? Aus taktischer Sicht ein lupenreines Eigentor. Wie heißt es doch gleich in Art. 9, Abs. 3 GG:

Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet. Abreden, die dieses Recht einschränken oder zu behindern suchen, sind nichtig, hierauf gerichtete Maßnahmen sind rechtswidrig.

Wenn die Wahl der Tarifkommission als Grund für die Kündigungen angeführt wird, hat der Beklagte doch überhaupt keine Chance, den Fall zu gewinnen. Das hätte dem Germania-Anwalt doch klar sein müssen. Aber es kommt noch besser. Der redete sich regelrecht um Kopf und Kragen:

Die „Gefahr, daß Mitbestimmung etabliert wird“, habe man abwehren müssen, die Tarifkommission hätte „die Wettbewerbsfähigkeit der Germania gefährdet“, ein „Warnstreik könnte maximal einen Tag lang abgepuffert werden“ usw. usf.

:crazy:

Somit hatte die Klageseite leichtes Spiel und konnte quasi den Richterspruch vorweg nehmen:

„Dankenswerterweise hat die Gegenseite ausgesprochen, daß die Wahl in die Tarifkommission der eigentliche Grund für die Kündigung war. Und genau das macht sie sittenwidrig und damit unwirksam.“

:))

2