Nachtrag zur Griechenland-Strategie der Bundesregierung

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In den Nachrichten wird die Beteiligung des IWF an einem möglichen Rettungsplan für Griechenland als Zugeständnis an Merkels Bundesregierung betrachtet. Der Spiegel feierte ja gestern schon die Kanzlerin als „Siegerin im Griechenland-Poker“ (siehe letzten Beitrag). Doch ganz so dumm sollte man nicht sein und annehmen, dass das Geld, welches der IWF bereitstellen könnte, von einem Goldesel käme. Wer finanziert denn den IWF, wäre die richtige Frage. Wolfgang Lieb von den NachDenkSeiten weist auf ein Dokument der Bundesregierung vom 02.04.2009 hin, aus dem die Absichten einer Neuausrichtung der weltweiten Finanzarchitektur hervorgehen, die dann auch später von den G20 so beschlossen wurden. In dem Papier heißt es:

Insgesamt mehr als eine Billion Dollar stellen die G20 in den kommenden Jahren für Investitionen in den Entwicklungs- und Schwellenländern bereit. Die Weltbank und die regionalen Entwicklungsbanken erhalten 100 Milliarden. 250 Milliarden fließen für sofortige Hilfen an den IWF (davon mehr als 100 Milliarden von der EU), weitere 250 Milliarden später. Dieses Geld soll unter anderem dazu beitragen, den Welthandel wieder ans Laufen zu bringen. Hinzu kommen Bürgschaften und andere Liquiditätshilfen, um den Handel der ärmeren Länder stützen.

Und sie dürfen einmal raten, wer den Löwenanteil an den EU-Geldern für den IWF beigesteuert hat. Wolfgang Lieb bezeichnet dieses Vorgehen von Merkel und Co. als besonders elegante Vertuschung und schreibt dazu:

„Damit könnte Merkel vordergründig ihre starre Haltung im Hinblick auf ein Beistandsverbot der EU beibehalten und durch die IWF-Hintertür Finanzhilfen leisten. Damit würde allerdings die Funktion des IWF als eine monetäre Institution missbraucht und dieser als Kreditgeber zur Überwindung kurzfristiger Zahlungsbilanzprobleme eingesetzt werden, um damit wiederum die Gläubigerbanken Griechenlands zu schützen. Damit könnte man natürlich auch dem IWF in bewährter Manier die „Drecksarbeit“ übertragen und Griechenland die neoliberale Rezeptur für die Überwindung der Haushaltskrise überlassen. Deutschland wäre damit seine Rolle los, dass am deutschen Reform-„Wesen“, mit Lohn- und Steuerdumping die Europäische Union genesen soll.“

Aber wie von mir schon gestern geschrieben, geht es meiner Meinung nach natürlich um die Sanktionen. Mit denen lässt sich im Wahlkampf prima Politik machen und die Hetze gegen die Griechen aufrecht erhalten. Das Feindbild Geriechenland braucht die Merkel auch, um davon abzulenken, welch falsches Spiel sie selber spielt.

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Notfallplan für Griechenland: Merkel & Co lenken endlich ein, diktieren aber unsinnige Bedingungen

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Das muss man so klar schreiben, weil deutsche Medien, wie hier der Spiegel etwa, Merkel als strahlende Siegerin verkaufen wollen.

Merkel vor Sieg im Griechenland-Poker

Kurz vor dem Gipfeltreffen der europäischen Staats- und Regierungschefs am Donnerstag und Freitag in Brüssel zeichnet sich ab, dass die EU der Bundeskanzlerin in der Frage der Griechenland-Hilfen in einem entscheidenden Punkt entgegenkommt: Die französische Regierung zeigt sich offen, den Internationalen Währungsfonds (IWF) in einen Notplan für Athen miteinzubeziehen, wie es Merkel zuletzt immer wieder ins Gespräch gebracht hatte. Angesichts der bisher herrschenden Vorbehalte gegen den IWF könnte die Kanzlerin ein solches Zugeständnis als großen Erfolg für sich verbuchen.

Das ist kein Erfolg, sondern das Eingeständnis, ein real existierendes Problem nicht weiter verleugnen und aussitzen zu können. Internationale Medien sehen das etwas realistischer. Dort steht Deutschlands Bewegung im Mittelpunkt und die Tatsache, dass Berlin bestimmte und sehr problematische Bedingungen diktiert.

Quelle: New York Times

Germany Seems to Signal a Compromise on Greece

Germany indicated on Tuesday that it might agree on an aid package for Greece financed in part by the countries of the euro zone — but only as a last resort and subject to tough conditions.

In addition, European countries would have to agree to negotiate “additional instruments” to enforce budget discipline, beyond the existing rules that allowed Greek finances to run out of control. That raised the possibility of a change to the European Union’s governing treaties, something that would probably take several years to achieve.

Es geht also nicht nur um die Beteiligung des IWF, sondern um tough conditions. Mit anderen Worten, die deutsche Zustimmung gibt’s nur, wenn auch härtere Strafen gegen Defizitsünder, bis hin zum Ausschluss aus der Eurozone, in Zukunft möglich werden. Das wiederum ist eine Scheindiskussion, nicht nur weil es dazu einer Änderung der gerade erst verabschiedeten EU-Verfassung bedarf, die nicht mal eben über Nacht stattfinden kann, sondern weil sich das Überschussland Deutschland selbst ins Knie schießt, wenn es gerade jene Länder härter bestrafen will, die artig deutsche Produkte kaufen und somit für die gefeierten Überschüsse der Deutschen erst Sorge tragen. Deutschlands Vorschlag bedeutet konkret nichts anderes, als eine unter Strafandrohung verordnete Deflation in Südeuopa.

Merkel greift also nicht an, sondern rudert planlos zurück. Dabei versucht sie das Gesicht zu wahren, indem sie Bedingungen stellt, die ökonomisch betrachtet völlig unsinnig sind. Für diese Dumm- und Albernheiten wird sie nun vom Spiegel gefeiert. Aber von diesem Blatt darf man ökonomischen Sachverstand schon lange nicht mehr erwarten. Europa indes atmet etwas auf, dass Deutschland endlich von seinem nach außen hin propagierten kategorischen Nein zu möglichen Hilfen Abstand nimmt. Die Frage ist halt nur, ob sich Europa diesen Berliner Quatsch gefallen lässt. Ich fürchte schon…

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Volker Pispers über den Unterschied zwischen protestantischer Ethik und katholischer Moral

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Die katholischen Würdelosträger müsse man gar nicht in den Dreck ziehen, es reiche aus, sie zu Wort kommen zu lassen, meint Volker Pispers in seiner wöchentlichen Dienstags-Botschaft auf wdr2. So wie den Bischof von Regensburg mit Namen Müller, über den Volker Pispers eine Wahrheit zu erzählen weiß, die die Bezeichnung Dreckschwein durchaus zuließe. Aber das geht natürlich nicht. Dann hätte der Regensburger Bischof ja Recht, wenn er hinter den kritschen Nachfragen von Journalisten eine bösartige Kampagne gegen die katholische Kirche wittere, die man mit Gewalt und Barbarei gleichsetzen könne. Das Schlimmste sei eben nicht das Leid der Opfer, sondern der Ansehensverlust der katholischen Kirche, so Pispers.

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Schluss mit Moor! Über den neuen Sprachwahrer zu Guttenberg

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Am Montag gab es im Ersten wieder die Sendung Titel Thesen Temperamente (ttt) mit Dieter Moor. Zum Ende jeder Sendung gibt es vom Moderator Moor immer ein paar lustige Schlussworte. „Schluss mit Moor!“, heißt der Programmteil. Diesmal nahm Dieter Moor zu der Wahl des Sprachwahrers 2009 Stellung. Karl-Theodor zu Guttenberg hat da in der letzten Woche das Rennen gemacht, weil er das Wort „Krieg“ wieder zum Leben erweckt hat. Damit hat sich die fränkische Wortgirlande gegen Mitnominierte wie Guido Westerwelle, Tokio Hotel, Louis van Gaal, Xavier Naidoo und Uli Wickert durchgesetzt. In der Pressemitteilung der verleihenden Zeitschrift Sprachwelt heißt es:

Sprachgewandtheit und eine verständliche Sprache gaben den Ausschlag für zu Guttenberg.

Sprachgewandt vielleicht, aber verständlich? Das ist doch wohl ein Witz, wie der gesamte Wettbewerb überhaupt. Das findet wohl auch Dieter Moor. Bitteschön.


Link zum Podcast-Video: ARD

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Die Verarsche mit der Bankenabgabe

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Gestern wurde der Vizekanz-Nicht Westerwelle im Anschluss an das Koalitionstreffen wie folgt zitiert.

„Die Dinge finden zueinander und wir haben konkrete Fortschritte bei der Bankenregulierung und Bankenverantwortung erreicht.“

Damit entließ uns die Bundesregierung in die Nacht, wohl in der Hoffnung, dass wir uns auf das Überraschungsei am heutigen Tag freuen würden. Doch so überraschend war es dann doch nicht, was uns die Regierung da wieder anbietet. Volker Kauder hatte bereits zuvor im Bericht aus Berlin der ARD ausgeplaudert, dass er und seine Partei eine Bankenabgabe mit angeschlossenem Notfallfonds anstreben. Doch worum geht’s dabei eigentlich. Bankenabgabe klingt zunächst einmal gut. Diese Meldung schaffte es zumindest auch als Schlagzeile in die Medien. Die Geschichte mit dem Notfallfonds, den die Banken mit ihrer Abgabe selbst finanzieren, kam nun als Detail hinterher. Und das klingt nun wieder überhaupt nicht überzeugend.

So einen ähnlichen Fonds haben wir schließlich schon. Der heißt Einlagensicherungsfonds. Und der hat in der Finanzkrise ja prima funktioniert. Die deutschen Bankkunden mit super sicheren Lehman-Zertifikaten werden sich erinnern. Oder haben sie noch den Auftritt der Kanzlerin vor Augen, wie sie für sämtliche Spareinlagen der Bundesrepublik garantierte? Tolle Sache so ein Fonds. Offensichtlich kann die Regierung heute schon ausschließen, dass der nächste Finanzcrash einen Schaden verursacht, der die Höhe der Einlagen nicht übersteigt. Denn in diesem Fall müsste die Kanzlerin ja wieder mit dem Steuergeld aller Bürger systemische Garantien aussprechen. Oder etwa nicht?

Finanzminister Schäuble meint, dass mit dieser Wahnsinnsidee der Koalition nun endlich die Lehren aus der Finanzkrise gezogen würden. Die Belastungen für die Banken dürften freilig nicht zu hoch ausfallen und müssten „zumutbar“ sein. Man dürfe die Institute nicht „überfordern“, so Schäuble. Stimmt, die haben mit ihren Zahlenspielereien, dem neuerlichen Verpacken fauler Finanzpapiere und ihrem Schneeballsystem schließlich genug zu tun. Merken sie da was? Ein schlauer Journalist hätte die Regierung doch einmal fragen können, warum man mit einem „Versicherungsfonds“, bei dem kein Versicherer der Welt das Risiko übernehmen würde, ein untaugliches Instrument gewählt hat, anstatt endlich eine sehr viel wirkungsvollere Steuerabgabe auf Finanztransaktionen zu beschließen? Mit so einer Steuer würde nämlich schlagartig die Attraktivität schwinden, durch den Einsatz hoher Risiken, schnelles Geld machen zu wollen.

Das Risiko darf sich nicht mehr lohnen! Das ist doch eine zentrale Lehre aus der Finanzkrise, wenn man sie denn richtig verstehen will. Risikoreiche und damit kriminelle Geschäfte gleich ganz zu verbieten, wäre übrigens auch nicht schlecht.

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Über Merkels absurde griechische Tagesordnung

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Wenn es um Griechenland geht, beharrt die Kanzlerin auf ihrem Standpunkt. Sie sieht diesbezüglich keinen Handlungsbedarf und könne nicht verstehen, warum der Rest Europas das nicht erkennt.

Griechenland braucht keine Zahlungshilfen, Hilfen für Griechenland stehen nicht auf der Tagesordnung usw. (siehe Seite der Bundeskanzlerin)

Auf dem Gipfel seien Hilfen für Griechenland kein Thema, „denn Griechenland sagt selber, dass es im Augenblick keine Hilfe braucht“. Ministerpräsident Giorgos Papandreou habe ihr mehrfach versichert, dass sein Land keine finanziellen Forderungen an die EU stelle.

Das Land strebe „vielleicht eine bestimmte Klarheit“ über mögliche Hilfen an, so die Kanzlerin weiter. Zur Zeit gehe es aber lediglich um „technische Fragen“ für den Fall einer Zahlungsunfähigkeit.

Wie in solchen Fällen vorzugehen sei, „über diese Fragen müssen natürlich die Finanzminister einmal miteinander sprechen“, sagte Merkel. Abgewogen werden müsse, was Staaten bilateral tun könnten, oder ob die Hilfe des Internationalen Währungsfonds (IWF) in Anspruch genommen werde. Dazu gebe es aber noch keine politische Entscheidung.

Toll oder, was da unser Pudding im Hosenanzug von sich gibt? Man merkt doch, dass Merkel ihre bisherige Taktik der Tatenlosigkeit wegen angeblich fehlendem Grund nicht mehr aufrecht erhalten kann. Schließlich brüllt Halbeuropa unüberhörbar in Richtung Berlin. Immerhin gibt die Merkel nun zu, dass Griechenland ein bissel Klarheit wünsche. Diese müsse aber, wie immer bei Merkel, erst einmal ruhig abgewogen und in einer gemeinsam hersgestellten europäischen, wenn nicht gar weltumspannenden, Lösung erzielt werden. Da möchte man doch am Liebsten und aus lauter Verzweiflung das Kanzlerinnenbild anschreien…

…und fragen, was die deutschen Superhirne auf den zahlreichen Brüsseler Gipfeltreffen eigentlich besprochen haben. Ich fasse es nicht. Letzten Montag hatte man doch schon verkündet, die technischen Fragen geklärt zu haben (siehe hier im Blog). In diesem Artikel habe ich Schäuble wie folgt zitiert:

„Ich glaube, es ist ein Missverständnis, wenn man sagt, gestern Abend ist eine Hilfszusage für Griechenland beschlossen worden.“ Es sei lediglich eine technische Abwicklung vorbereitet worden für einen Fall, den keiner will. „Griechenland hat keine Unterstützung erbeten. Aber es wäre unsinnig gewesen, wenn man diesen Fall technisch ausgeschlossen hätte“, sagte Kampeter dem Nachrichtensender N24.

Quelle: Focus

Laut Schäuble hat man also über den konkreten Fall und die Abwicklung einer griechischen Notlage gesprochen. Technisch dürfte also nichts mehr unklar sein, weil es ja laut Schäuble schlicht unsinnig gewesen wäre, dies auf dem Treffen der Finanzminister auszuschließen. Merkel lügt der Öffentlichkeit also dreist etwas vor, wenn sie nun behauptet, dass die Finanzminister erst miteinander sprechen müssten, wie man auf den Fall einer eventuellen Zahlungsunfähigkeit Griechenlands reagieren will.

Die Regierung Merkel spielt auf Zeit, weil sie im Vorfeld der Landtagswahl in NRW den bloßen Anschein vermeiden will, Deutschland würde zum Zahlmeister der Griechen. Vielleicht erinnern sie sich noch an die Springer-Bild-Hetze gegen Griechenland in den letzten Wochen:

BILDblog-Grafik
Quelle: BILDblog
siehe auch Print Würgt

Wenn man Friede Springers Sturmgeschütz zum Maßstab der politischen Marschroute nimmt, ist klar, dass es unter keinen Umständen offene Hilfe für Griechenland geben dürfe. Die Botschaft werden Merkel und Co wohl verstanden haben. Ist es doch ein Leichtes für Frau Springer, diese Regierung aus dem Amt schreiben zu lassen. Dazu noch einmal Georg Schramm aus Neues aus der Anstalt – Folge 28:

„Bild und Bertelsmann! Die lautstarken Herolde eines maroden Systems, das weltweit an den Fäden der Geldverleiher zappelt. Ein Handstreich von Friede Springer würde reichen, und ihre Tintenknechte schreiben die Kanzlerin vom Thron herunter und werfen sie ihrer eigenen Partei zum Fraß vor.“

Man stelle sich nur vor, Westerwelle müsse der Öffentlichkeit erklären, dass sein Freibier für alle Konzept nicht umgesetzt werden könne, weil die Griechen deutsche Steuergelder dringender bräuchten. Da wäre aber was los in diesem Land. Doch dieses ganze Theater kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass Deutschland zahlen muss und zahlen wird. Allein schon deshalb, weil Deutschland als Bilanzüberschussland den Kampf gegen die Defizitländer verlieren wird. Das deutsche Exportkonzept braucht zahlungsfähige Abnehmerländer, wenn man so weitermachen will wie bisher und das will man ganz offensichtlich, wie Merkel letzte Woche im Bundestag zu Protokoll gab. Und da liegt das Problem, wie Martin Wolf in einer Kolumne für die Financial Times Deutschland schreibt:

„Beide Länder (die Überschussländer China und Deutschland, Anm. at) sind der Ansicht, ihre Kunden sollten weiter kaufen, aber gleichzeitig eine unverantwortliche Kreditaufnahme beenden. Da ihre Überschüsse Defizite anderer mit sich bringen, ist diese Position unlogisch. Überschussländer müssen Defizitländer finanzieren. Wird der Schuldenberg zu hoch, gehen die Schuldner pleite und die viel gepriesenen „Ersparnisse“ der Überschussländer erweisen sich als illusorisch.“

Kurzum: Wer kaufen soll, braucht auch das Geld dazu, sonst funktioniert das nicht mehr mit dem Exportüberschuss. Die Schwierigkeit besteht nun darin, dass man, wie ich oben bereits schrieb, nicht einfach hergehen und dem deutschen Volk mitteilen kann, die Griechen nun finanziell unterstützen zu wollen. Da würde man wohl tatsächlich einen empfindlichen Nerv treffen und einigen Zorn auf sich ziehen. Deshalb bleibt man bei der Positition und sucht nach einer Lösung, die den Anschein direkter Hilfen vermeidet. Am eigenen Wirtschaftskonzept will und darf die Regierung ohnehin nichts ändern, weil damit ein Glaubensdogma zusammenbrechen würde, das zu den Eckpfeilern der herrschenden Parteien gehört. Über dieses Dogma werden schließlich ganze Karrieren von Politikern abgewickelt. Zum Glaubensgrundsatz noch einmal Martin Wolf:

„Ursache all dessen ist eine Kluft zwischen den Standpunkten. Überschussländer beharren darauf, weiterzumachen wie bisher. Sie weigern sich zu akzeptieren, dass ihre Abhängigkeit von Exportüberschüssen zwangsläufig wie ein Bumerang zurückkommt, sobald ihre Kunden pleitegehen. Und genau das geschieht gerade. Zugleich können Länder, die in der Vergangenheit ein enormes Außenhandelsdefizit angehäuft haben, ihr massives Haushaltsdefizit nur über einen starken Anstieg der Nettoexporte reduzieren.

Gleichen Überschussländer diese Verschiebung nicht aus, indem sie die Gesamtnachfrage erhöhen, entsteht ein Kampf, in dem jedes Land verzweifelt versucht, sein Überangebot auf die Handelspartner abzuwälzen. Auch während der Katastrophe der 30er-Jahre spielte dies eine gravierende Rolle.

Es ist höchst unwahrscheinlich, dass die Überschussländer diesen Kampf gewinnen. Eine Zerrüttung der Euro-Zone wäre schlecht für die deutsche Produktion.“

Im Übrigen geht es Griechenland nicht nur um die Zusage eines Notfallplans, der den Zugang zu billigem Kapital an den Finanzmärkten ermöglicht, sondern auch konkret um die Rolle Deutschlands in der EU. In der franzöischen Zeitung Le Monde fand ich heute eine Stellungnahme des stellvertretenden griechischen Ministerpräsidenten Theodoros Pangalos.

Le vice-premier ministre grec s’en prend à l’Allemagne

„Tant que le sud de l’Europe est sous pression, l’euro est ébranlé et baisse, et les conditions dans lesquelles ils (les Allemands) peuvent accroître leurs exportations massives vers le tiers-monde, vers le reste du monde, s’améliorent“, a déclaré le vice-premier ministre grec, Théodoros Pangalos, lors d’une conférence à Athènes.

Il a ajouté que l’Allemagne autorisait ses banques à prendre part au „jeu déplorable“ de la spéculation sur les obligations grecques. „Je crains que si aucune décision n’est prise rapidement (…), alors l’euro n’aura aucun sens, et si l’euro échoue, cela nous ramènera plusieurs décennies en arrière en termes d’intégration européenne.“

Quelle: Le Monde

Er spricht den fallenden Euro an, der den Deutschen zunächst einmal zu Gute käme, weil deutsche Waren außerhalb Europas billiger werden. Er spricht aber auch die Tatsache an, dass Deutschland es seinen eigenen Banken weiterhin erlaube, an der Spekulation gegen Griechenland mitzumachen. Falls dagegen nichts unternommen würde, führe dieser Kurs unmittelbar zum Scheitern des Euro.

Und ein Scheitern des Euro will die Bundesregierung nach eigener Aussage unbedingt verhindern. Dafür muss sie aber mehr als bisher tun.

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Über Frankreichs deutliche Wahl und die deutsche Spießbürgerlichkeit

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Es ist schon lustig. Vorhin habe ich mir den Bericht aus Berlin im Ersten angetan, weil es einen Themenblock zu den Linken gab. Das war ja auch klar, nachdem die Partei, aus Sicht der scheinbürgerlichen Medienwelt, am Wochenende nun endlich ein Programmentwurf vorgelegt hatte. Und natürlich nutzte die Hauptstadtredaktion des ersten deutschen Fernsehens die Stunde, um da mal beim Nochvorsitzenden nachzuhaken.

Der Moderator der Sendung Rainald Becker bleibt diesbezüglich auch weiterhin eine totale Vollnull und Fehlbesetzung. Seine erste Frage an Lafontaine kam wie ein Reflex, der keiner Übung mehr bedurfte. Und dennoch musste Becker die Schlagworte aus dem Programmentwurf ablesen, um sie dann Lafontaine vorzuhalten:

„Verstaatlichung von privaten Banken, Generalstreik, Systemwechsel!“

Mit dem Programm entferne man sich doch in Berlin von jeglicher Regierungsbeteiligung?, so die Frage von Becker. Lafontaines Antwort einfach genial. Man könne schließlich was die Verstaatlichung von Banken angehe auch mit Frau Merkel koalieren, die ja die Verstaatlichung der HRE zu verantworten habe und die 18 Mrd Euro Finanzspritze an die Commerzbank. Immerhin gut das Sechsfache des damals tatsächlichen Wertes dieser privaten Bank.

Aber die spießbürgerliche Dummheit eines Rainald Beckers soll hier auch gar nicht das Thema sein. Für solche Leute hat die Partei die Linke auf ihrer Webseite extra den kompletten Programmentwurf als Hörbuchfassung zur Verfügung gestellt. Bezeichnender Weise heißt es dort:

Die nachfolgenden MP3-Dateien mit dem Text des Programmentwurfes für Blinde und Sehbehinderte wurden mit dem Programm „NaturalReader9“ und der Stimme „Sarah“ (www.naturalreaders.com) erstellt. Entsprechend der Gliederung des Programm- entwurfes wurde der Text in 54 einzelne Dateien aufgeteilt.

(Vorsicht Satire – ich will hier keine Menschen beleidigen, die wirklich nicht oder nur eingeschränkt sehen können, sondern nur die, die volle Sehkraft besitzen und dennoch nichts erkennen wollen. So wie Rainald Becker.)

Ich empfehle daher noch einmal die Einleitung Lothar Biskys anzuhören und insbesondere seine Bemerkung bzgl. der Medien, konkret der Struktur der Medien, genau zu verfolgen. ;)


Aber zurück zum eigentlichen Thema. Frankreich hat gewählt. Und zwar nicht einfach nur links, sondern noch weiter links. In der union de la gauche haben sich nicht nur die Sozialisten und die Grünen am Stichwahl-Wochenende zusammengefunden, sondern auch die Kommunisten. Sie können sich vorstellen, dass diese Parteien im Vergleich zu unserer Linken, na ja, etwas entschlossener und selbstbewusster auftreten. Während man sich bei uns über Verstaatlichungen, Gereralstreik und Systemwechsel aufregt und darin wahrscheinlich den Wahnsinn des Irrsinns erkennen will, so wie das Rainald Becker von der ARD offensichtlich tut, ist es in Frankreich gerade umgekehrt. Da regt man sich über den Systemwechsel Sarkozys auf, der reformerisch unbedingt Frau Merkel hinterherlaufen will.

In der Präambel des Programmentwurfs der deutschen Linken steht nun:

DIE LINKE steht für Alternativen, für eine bessere Zukunft. Wir sind und werden nicht wie jene Parteien, die sich devot den Wünschen der Wirtschaftsmächtigen unterwerfen und gerade deshalb kaum noch voneinander unterscheidbar sind. Wir verfolgen ein konkretes Ziel: Wir kämpfen für eine Gesellschaft, in der kein Kind in Armut aufwachsen muss, in der alle Menschen in Frieden, Würde und sozialer Sicherheit leben und die gesellschaftlichen Verhältnisse demokratisch gestalten können. Um dies zu erreichen, brauchen wir ein anderes Wirtschafts- und Gesellschaftssystem: den demokratischen Sozialismus.

Das ist schön und gut, aber viel zu lang. Von den Franzosen lernen, heißt die Devise. Da bleibt nur die Frage, ob das Leute wie Rainald Becker auch aushalten würden. Bei der Parti socialiste, der wohl wichtigsten linken Partei in Frankreich, heißt es nun als Erstes:

Art. 1

Être socialiste, c’est ne pas se satisfaire du monde tel qu’il est, c’est vouloir changer la société. L’idée socialiste relève, à la fois, d’une révolte contre les injustices et du combat pour une vie meilleure. Le but de l’action socialiste est l’émancipation complète de la personne humaine.

Quelle: PS

Kurz und knapp umrissen, worum es eigentlich geht. Um einen Kampf gegen die Ungerechtigkeit und für ein besseres Leben. Während die deutsche Linke vorsichtig für etwas kämpfen will, haben die Franzosen den Feind klar vor Augen. Das fehlt den Deutschen leider noch. Ihren abgebrochenen Präsidenten jagen unsere Nachbarn regulär spätenstens in zwei Jahren aus dem Élysée-Palast. Es könnte aber auch früher soweit sein, wenn die Franzosen zu der Auffassung gelangen, der fünften Republik vielleicht eine sechste Version folgen zu lassen. Wer weiß das schon so genau. Jedenfalls werden wir unseren Pudding im Hosenanzug noch lange behalten und wiederwählen.

Vielleicht gehen die Franzosen dann auch mal für uns auf die Straße und üben ein wenig Druck auf die behäbige Bundesregierung aus. Die hat sich nämlich vorhin mal wieder zu einem Gipfel getroffen, um über dringende Probleme zu sprechen. Ergebnis? Es ist wie immer kurz und knapp. Der Vizekanz-nicht meinte:

„Die Dinge finden zueinander und wir haben konkrete Fortschritte bei der Bankenregulierung und Bankenverantwortung erreicht.“

Quelle: Tagesschau

Worin die nun bestehen, erfährt die Öffentlichkeit wie immer nicht. Hauptsache ein bissel heiße Luft abgelassen und die Schlagzeile vordiktiert, dass die Regierung tatsächlich etwas unternehme. Was will man mehr, um den Pöbel ruhig zu stellen?

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TV-Tipp: Volker Pispers und Gäste

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Heute Abend um 20:15 begrüßt Volker Pispers wieder junge Newcomer-Künstler live in oder auf 3Sat. Ich weiß jetz nicht mehr, welche Präposition bei diesem Sender richtig ist. :) Die Sendung ist jedenfalls live und wird aus dem Studio 3 des ZDF Sendezentrums in Mainz übertragen. Sind sie jetzt verwirrt? Macht nichts, einfach einschalten. Auf der 3sat-Kleinkunstbühne treten heute auf: Ulan & Bator, Michl Müller und Matthias Reuter.

Also wenn sie keinen Bock haben auf Promi-Kocharena, Karriere hinter Gittern oder dem Tatort im Ersten, schauen sie 3Sat. Unterstützen sie einen kleinen Sender, über den Georg Schramm vor kurzem auf der Gala zu dessen 25-jährigen Bestehen sagte, dass er die Heimstatt für die Verwirrten und Verirrten des Abends sei (siehe hier im Blog).

Als Appetithappen sollte sie sich Volker Pispers letzte Dienstags-Botschaft auf wdr2 anhören:

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Quelle:
http://www.3sat.de/dynamic/sitegen/bin/sitegen.php?tab=2&source=/kleinkunst/www/130160/index.html

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Die Griechenland-Täuschung

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Langsam wird es kompliziert. Am Montag hatte Finanzminister Schäuble noch verlauten lassen, dass es keine neuen Entscheidungen bzgl. Griechenlands auf dem Treffen der Finanzminister in Brüssel gegeben hätte und das die Bundesregierung nach wie vor davon ausgeht, dass Griechenland mit seinem Sparprogramm entsprechende Erfolge erzielen würde. Eine faustdicke Lüge, wie die Nachrichten der letzten Tage zeigten.

Der griechische Ministerpräsident Papandreou verlangte nun auch öffentlich, dass die Europäische Union endlich ein Rettungspaket auf den Tisch legen müsse, das den Finanzmärkten entsprechende Impulse gäbe. Mit anderen Worten, Griechenland benötigt einen Bürgen um bezahlbare Zinsen für neue Kredite am Kapitalmarkt zu erhalten. Die Bundesregierung spielt auf Zeit. Mal dringen Stimmen über die Schaffung eines europäischen Währungsfonds nach außen, mal die Stimmen nach dem IWF. In Europa wird heiß diskutiert, während hierzulande, der zuständige Finanzminister seinen Mitarbeitern einen Maulkorb verpasst.

Finanzminister Schäuble verordnet seinen Beamten Sprechverbot gegenüber dem Kanzleramt. Niemand soll vorzeitig von Überlegungen zur Rettung Griechenlands erfahren.

Quelle: MMnews

Generell hat man den Eindruck, als wolle Berlin keine konkrete Aussagen treffen, also ganz dem „Duktus“ der Kanzlerin folgen, die sich ja nie so richtig festlegen kann. In der internationalen Presse hieß es dazu letzte Woche, dass Berlin besondere Rücksicht nehmen müsse, da man dem Steuerzahler einen weiteren Rettungsschirm nur schwer vermitteln könne. Doch inzwischen reicht es nicht nur dem griechischen Ministerpräsidenten, sondern auch der EU-Führung. Auch EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso hatte letzte Woche an die Adresse aller EU-Staaten gerichtet, aber im Besonderen Deutschland gemeint, dass es jetzt endlich zu konkreten Hilfen für Griechenland kommen müsse.

Derweil stellt sich Schäuble wieder dumm und behauptet in der morgen erscheinenden Bild am Sonntag immer noch…

„Für EU-Hilfen gibt es kein Gemeinschaftsinstrument. Also kämen im äußersten Fall nur bilateral koordinierte, also freiwillige Hilfen infrage, aber Griechenland selbst sieht diesen Fall nicht als gegeben.“

Quelle: Reuters

Mit anderen Worten, Griechenland habe keine Hilfen angefragt. Offensichtlich ignoriert der deutsche Bundesfinanzminister die Wirklichkeit und sieht in dem Auftreten Papandreous keinen Hilferuf. In der Bild am Sonntag schlägt der Finanzminister stattdessen vor, dass Griechenland auch zum IWF gehen könne. Dem lohnt sich einmal nachzugehen. Der Chef des internationalen Währungsfonds Dominique Strauss-Kahn sagt aber, dass von seiner Organisation nur max. 12 Mrd. Euro zu bekommen wären. Der Bedarf der Griechen läge aber mit rund 50 Mrd. Euro deutlich höher.

A ses interlocuteurs, M. Strauss-Kahn a redit que le FMI était prêt à soutenir la Grèce. Seul problème : l’organisation ne pourrait prêter qu’entre 10 milliards et 12 milliards d’euros à Athènes. Or les besoins grecs sont bien supérieurs : „Pour rassurer les marchés, il faudrait annoncer un prêt de l’ordre de 50 milliards d’euros, l’équivalent de 20 % du produit intérieur brut grec“, estime un expert.

Quelle: Le Monde

Die Meinung Strauss-Kahns habe ich in deutschen Medien bisher nicht gefunden. Wäre ja auch blöd, wenn das Scheinargument des Finanzministers ihm einfach so abhanden kommen würde. EU-Kommissionspräsident Barroso meint als Reaktion auf Strauss-Kahn übrigens, dass die IWF-Lösung auch nur ergänzend betrachtet werden könne, neben klaren bilateralen Finanzhilfen, von denen Kanzlerin Merkel und ihr rollender Politverbrecher bis heute nichts wissen wollen.

Le recours au FMI ne pourrait avoir lieu qu’en complément des prêts bilatéraux de la zone euro. „Ce n’est pas une question de prestige. Il s’agit de voir quel est le meilleur moyen de répondre à la situation“, observe José Manuel Barroso, président de la Commission.

Das ist halt „Täuschland“. Da meldet sich abschließend sogar der Bundeshorst, lange hat man von diesem Kasperkopf ja nichts mehr gehört, und mahnt an, Undenkbares zu Denken. Er meint damit die „geordnete Insolvenz“ von ganzen Staaten. Da spricht der Mann aus Erfahrung. Als er nämlich noch Chef des IWF war, sah er sich mit Argentiniens Staatsbankrott konfrontiert und musste mit dem Schuldner verhandeln. Nicht sehr erfolgreich. Die Streitereien zwischen dem IWF und Argentinien dauern bis heute an. In dem südamerikanischen Staat ist Köhler nicht sonderlich beliebt. Auf dem Höhepunkt der Auseinandersetzung im März 2004 verließ Horst Köhler seinen Posten fluchtartig, um in Deutschland Grußonkel zu werden.

Im Focus-Interview meint der Bundes-Hotte:

Wenn ein Staat in die Zahlungsunfähigkeit gerate, sei „die größte Gefahr, dass Chaos ausbricht. Dass es zu sozialen und politischen Unruhen kommt“, sagte Köhler. „Deshalb brauchen wir ein geordnetes Verfahren. Damit jeder weiß, welche Stellen kümmern sich, welche Spielregeln gelten jetzt?“

Sehr schön. Offensichtlich hat der Horst im Fall Argentinien wie auch Griechenland geschlafen. Diese Unruhen traten bereits auf, bevor Bankrott angemeldet werden musste. Und diese Unruhen entstanden nicht, weil die Menschen nicht wüssten, welche Spielregeln gelten, sondern weil sie genau begriffen haben, das ganz bestimmte Spielregeln gelten sollen. Ich kann wirklich nicht verstehen, warum dieser Bundespräsident laut einer Umfrage zu den beliebtesten deutschen Politikern gehört. Erst sagt er lange nix und dann kommt wieder nur Müll. Die Eurozone sei eine Schicksalsgemeinschaft, sagt Köhler. Ich hoffe nicht, dass Köhler und Deutschland auch eine sind.

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Reinhold Robbe und sein letzter Bericht

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Da ich gerade Egon W. Kreutzers lesenswerten Paukenschlag über die Kopfpauschale lese und erfahren habe, dass Dr. med. Philipp Rösler seine medizinische Ausbildung auf Staatskosten und ohne lästige Studiengebühren bei der Bundeswehr absolvierte, habe ich mir gedacht, schau doch noch einmal in den letzten Bericht des Wehrbeauftragten Robbe. Der hat sich ja laut darüber beklagt, dass es in der Truppe an vielem fehlt. Unter anderem auch an qualifizierten Ärzten. Rösler ist ja ausgebildeter Chirurg mit abgebrochener Augenarztausbildung. In dem Bericht heißt es nun.

Um in den Auslandseinsätzen und bei humanitären Hilfsmaßnahmen die von der Sanitätsführung geforderte medizinische Betreuung ?wie im Inland? zu gewährleisten, muss der Sanitätsdienst Ärzte verschiedener Fachrichtungen sowie medizinisches Assistenz- und Hilfspersonal bereithalten, ausbilden und abstellen. Gebraucht werden insbesondere Rettungsmediziner sowie Chirurgen und Anästhesisten. Gerade in diesen Bereichen ist der Besetzungsgrad aber nicht zufriedenstellend. So waren bei den Anästhesisten im Jahre 2009 von 161 Dienstposten nur 113 besetzt, bei den Chirurgen 100 von 136 Dienstposten. Darüber hinaus ist etwa ein Drittel der Fachärzte mit entsprechenden Qualifikationen nicht für den Auslandseinsatz verwendungsfähig. Für die verbliebenen Ärztinnen und Ärzte ist die Einsatzbelastung dadurch besonders hoch.

Personalengpässe gibt es auch im Bereich der Augenheilkunde und bei den Zahnärzten. Die entsprechenden Dienstposten können im Einsatz häufig nur eingeschränkt besetzt werden.

Quelle: Jahresbericht des Wehrbeauftragten 2009

Tja. Warum holt die Bundeswehr dann nicht den Fahnenflüchtigen Rösler zurück und befreit uns von einem Politiker, „der freiwillig oder unfreiwillig, wissentlich oder gutgläubig, als Kopfgeldjäger im Dienste der PKV“ unterwegs ist, wie Egon W. Kreutzer sehr treffend schreibt? Weiter heißt es im Paukenschlag:

Schließlich war die Ausbildung des Herrn Rösler zum Mediziner für unseren Staat eine teure Investition, in deren Folge wir uns eine mindestens dreißigjährige ärztliche Tätigkeit versprochen hätten.

Aber jeder kann sich irren, jeder soll seine zweite Chance haben, und so soll Herrn Dr. med. Rösler auch nicht vorgeworfen werden, dass er nach langer und teurer Ausbildung erkannte, dass er diesen Beruf nicht ausüben kann, weil er seine Berufung für die Politik entdeckt hatte.

Vorhalten kann man ihm jedoch, dass er meint, Studium, Promotion und eine abgebrochene Ausbildung zum Facharzt für Augenheilkunde bei der Bundeswehr hätten ihm ausreichende Erfahrungen im Gesundheitswesen beschert, um als „Arzt“ in der gesundheitspolitischen Debatte kompetent mitreden zu können.

Herr Rösler hat nie erlebt, mit welchen Problemen und Schwierigkeiten niedergelassene Ärzte zu kämpfen haben, Herr Rösler weiß nicht, wie es an öffentlichen Krankenhäusern und privaten Kliniken zugeht, er kennt aus eigener beruflicher Anschauung nur die Bundeswehrumgebung, wo man als Arzt zwar zugleich wehrhafter Uniformträger, Vorgesetzter und Untergegebener ist, aber im Vergleich zu denjenigen Ärzten, die in der freien Wildbahn des deutschen Gesundheitswesens hier um den Profit, da um das blanke Überleben kämpfen, doch eher wie im Kuscheltiergehege lebt.

Die liberalen Hochleistungsträger sollten sich freiwillig zum Dienst in Afghanistan melden. Rösler als Arzt im Feldlazarett und Westerwelle in der Zweigstelle der Arbeitsagentur in Kunduz, um wechselwillige Taliban zu betreuen.

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