Das Griechenland Desaster ist vor allem wieder ein Beleg für das Versagen der Finanzaufsicht

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In einigen Kommentaren zum Thema Griechenland und Goldman Sachs konnte man bereits wieder hören, dass der Staat Griechenland Schuld daran sei, dass die Bank mit Swap-Geschäften die Haushaltsbilanzen zu frisieren half. Schließlich seien Swap-Geschäfte legal und die Tatsache, dass Banken Geld damit verdienen wollen grundsätzlich nicht zu beanstanden. Da staunte ich nicht schlecht, da doch allein schon der Vorgang an sich skandalös ist. Kann mir mal jemand erklären, welchen Vorteil es haben soll, Schulden auf dem Papier solange in andere Währungen hin und her zu tauschen, bis ein für den Schuldner günstigeres Zinsniveau erreicht wird? Das ist doch verrückt.

Aber noch besser ist, dass die sich gerade gegenüber Griechenland so aufplusternde Europäische Union so tut, als wären ihr diese Praktiken nicht bekannt gewesen. Brüssel wusste wohl davon oder konnte davon wissen. Die EU nahm es wahrscheinlich sogar hin, dass auch andere Staaten diese Swap-Geschäfte tätigten, um ihre Bilanzen EU-hübsch hinzubekommen. Solange der Finanzmarkt lief, konnte man auch, die so manipulierten Bilanzen ungeprüft passieren lassen. Merken sie da was? Ich persönlich kann nicht an Verschleierung glauben, sondern finde eher, dass Politik und Finanzindustrie auch auf europäischer Ebene eng miteinander verflochten sind. Dass dabei die Finanzaufsicht versagen muss, ist doch nur logisch.

Den Kommentatoren in diesem Land ist das natürlich mal wieder schnuppe. Für die ist entscheidend, ob man Griechenland helfen müsse oder nicht, ob der EU-Vertrag und die darin verankerten Stabilitätskriterien noch tragfähig sind oder nicht. Die Verknüpfung mit der Aufforderung, dass Griechenland angeblich „unausweichlicher Sparmaßnahmen“ nicht mit bockiger und selbstbetrügerischer Verweigerung begegnen sollte, rundet das Bild dann ab. Aufklärung und Selbstkritik bzw. eine Anklageschrift an die Adresse der Finanzindustrie Fehlanzeige.

Dabei wäre es doch sehr interessant, die US-Großbank Goldman Sachs genauer zu betrachten. Im Jahr 2009 machte das Institut einen Gewinn von 12,2 Milliarden Dollar (rund 9 Milliarden Euro), sechsmal so viel wie 2008. Die Mitarbeiter werden im Jahr 2010 rund 16,2 Mrd. Dollar (rund 12 Mrd. Euro) Gehälter und Boni einstreichen, das sind 5,3 Mrd. Dollar mehr als im Vorjahr. Wieso muss diese Bank eigentlich keine Strafe zahlen. Schließlich haben unter anderem deren Geschäfte dazu geführt, den Euroraum zu destabilisieren. Stattdessen sind deren Ratgeber in Politik und Wirtschaft weiterhin gefragt. Na ja, das Geschäft an sich war ja legal, wie oben beschrieben. Schon klar. Und wenn auf Griechenlands Straßen wieder die Fetzen fliegen, weil die Menschen ihr Land und ihr Leben zurück haben wollen, wird scharf geschossen oder nicht? Auch das ist ja mittlerweile in der EU legal.

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Westerwelle will die "Wahrheit" sagen

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Der Bild-Zeitung sagte er:

„Jeder hat seinen eigenen Stil. Ich will gestalten, und deswegen will ich unserem Volk auch die Wahrheit sagen. Das Herumreden um den heißen Brei führt doch nur zu noch mehr Politikverdrossenheit. 45 Prozent des Bundeshaushalts werden mittlerweile für den Sozialetat ausgegeben. Zusammen mit den Zinsen für die Schulden sind es sogar 60 Prozent. Wenn das so weitergeht, wird durch diese Umverteilungspolitik der ganz normale Steuerzahler zum Sozialfall.“

Quelle: SZ

tata tata tata :DD :DD :DD

Der Büttenredner Westerwelle. Er will die Wahrheit sagen und Dolly Buster meint unterstützend:

„Er sagt die Wahrheit“

Quelle: RP-Online

Da kann ja nix mehr schief gehen. Mich würde in der Tat die Wahrheit interessieren. Zum Beispiel in welchem Verhältnis Herr Westerwelle zur Deutschen Vermögensberatung steht, die erst großzügig an die FDP spendete, um dann nach dem Wahlsieg prompt zu gratulieren. Für alle, die es vergessen haben, hier noch einmal der offiziell gelöschte Beweis:

DVAG gratuliert

Vielleicht könnte Herr Westerwelle auch einmal ganz allgemein darüber Auskunft geben, inwiefern Spendengelder in praktische Politik umgesetzt werden. Eben lese ich nämlich einen Bericht in den Nürnberger Nachrichten, der mir doch zu Denken gibt:

Geldsegen aus dem Steuerparadies

Dies galt auch für die 76.800 Euro, über die sich die FDP aus dem Steuerparadies freuen konnte. Als Adresse firmierte eine Villa in der Dufourstraße 121 in St. Gallen. Rund 50 wenig bekannte Aktiengesellschaften oder Holdings logieren unter dem Dach.

Persönlicher Absender der FDP-Spende war laut der Liste in dem Parlamentsbericht Cornelius Boersch, der nach eigenen Angaben dem FDP-Vorsitzenden Guido Westerwelle seit Jahren als Wirtschaftsberater zur Seite steht. Vor seinem Wechsel ins Außenamt saß Westerwelle im Beirat einer auch im schweizerischen Zug gemeldeten Beratungsfirma, an der Boerschs Mountain-Partner-Gruppe Anteile hält.

Wie war doch gleich die liberale Haltung zu deutschen Steuerflüchtlingen, die den Staat jedes Jahr um weitaus mehr Geld betrügen, als es ein Arno Dübel je tun könnte? Ziemlich eindeutig oder?

Doch nun kurz zum Inhalt seiner Bild-Ansprache und dem gestiegenen Anteil am Haushalt, der inzwischen für den Sozialstaat aufgewendet werden muss. Gestern hat die Bild-Zeitung ja wahrheitswidrig behauptet, dass die Sozialausgaben pro Einwohner in dem Zeitraum von 1992 bis 2007 um 35 Prozent gestiegen seien. Das war natürlich wie immer eine Lüge. In dem Zeitraum zwischen 1992 und 2007 stieg die Arbeitslosigkeit um 45 Prozent und die Sozialausgaben um lediglich 16 Prozent (Quelle: Jahnkes Infoportal). Bild und Westerwelle wollen wohl vergessen machen, dass es mit den Hartz-Reformen zu massiven Leistungskürzungen kam, die nun wirklich niemand mehr bestreiten kann. Staatliche Leistungen herunterzufahren, war Ziel der Agenda 2010. Dass das Gegenteil eingetreten ist und der Staat für immer mehr Menschen gekürzte Leistungen vorhalten muss, hat weniger mit Arno Dübel und seinesgleichen zu tun, als vielmehr mit dem Scheitern dieser Schwachsinnsreform, an der Herr Westerwelle im Vermittlungsausschuss seinerzeit kräftig mitgebastelt hat.

Zu den Bild-Zahlen noch einmal Jahnke klarstellend:

Erstens, ist der Zeitvergleich verlogen, denn 1992 gab es mit 2,6 Mio Menschen ein Rekordtief an Arbeitslosigkeit, während es 2007 um 45 % mehr Arbeitslose waren. Auch gab es 1992 nicht den wuchernden Niedrigstlohnsektor in Deutschland, der Arbeitnehmer zwingt, neben ihrem Arbeitslohn Sozialleistungen in Anspruch zu nehmen. Zweitens, stieg nach den Zahlen des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales das deutsche Sozialbudget pro Einwohner zwar auf 8636 Euro, jedoch waren das nach Abzug der Verbraucherpreisinflation lediglich 16 % (Abb. 15595). Die Zahlen zeigen auch, wie seit 2003 die realen Sozialleistungen rückläufig waren, obwohl bis 2005 die Arbeitslosigkeit noch anstieg, auch und gerade eine Folge der Hartz-IV-Reformen.

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