Westerwelle kurz zitiert

Geschrieben von:

Gerade habe ich in den Tagesthemen von Westerwelles Aussteigerprogramm für Taliban-Mitläufer gehört. Dieser Personenkreis sei aus einer wirtschaftlichen Notlage heraus in die Arme der Taliban getrieben worden. Wenn man nun Geld in die Hand nehme, um diesen Menschen und ihren Familien eine Perspektive zu geben, dann sei das ein Beitrag zur Wiedereingliederung in die Gesellschaft, so Westerwelle zur Bild am Sonntag, dem Bericht aus Berlin und wer es sonst noch hören wollte.

„Darum wird es in London auch einen völlig neuen Ansatz zur Wiedereingliederung von Aufständischen in die Gesellschaft geben“

Quelle: Spiegel

Das sagt gerade derjenige, der in Deutschland Mindestlöhne aus ideologischer Dauerverblendung ablehnt und darüber hinaus plant, das größte Sozialleistungskürzungsprogramm der Geschichte zu verabschieden. Schließlich gebe es kein Recht auf staatlich bezahlte Faulheit, so Westerwelle bei jeder größeren Veranstaltung. Jetzt wissen wir auch, wie er das gemeint hat. Die Menschen müssen erst in eine wirtschaftliche Notlage geraten, die sie veranlasst, militant zu werden, damit ihnen ein staatlich gefördertes Wiedereingliederungsprogramm eine neue, friedliche Perspektive verschafft.

Na, haben sie ihre Mistgabel noch? Die könnte sich als nachhaltige Zukunftsperspektive entpuppen. Spaß beiseite, der Westerwelle wird immer bekloppter. Und sowas nennt sich Außemminister, Parteichef, Liberaler, Anwalt, Leistungsträger. Mir ist einfach nur schlecht…

5

Zur Hartz IV-Debatte

Geschrieben von:

Man hält es ja kaum noch aus, was zu diesem Thema zur Zeit gesagt wird. Ich will jetzt gar nicht weiter auf die neuerlich ausgebrochene Sozialschmarotzerkampagne eingehen und schon gar nicht kommentieren, was der hessische Küchenchef an vergifteten Kochrezepten in die Republik hinausposaunt. Das wird in anderen Blogs schon sehr ausführlich und kritisch getan. Mich interessieren vor allem die kleineren Dinge, die von der Ausstrahlung solcher Hetztiraden beeinflusst werden und so wiederum zur Änderung der Wahrnehmung beitragen. Zum Beispiel wie Journalisten fragen.

Bei der Internetrecherche bin ich dabei mal wieder auf Christoph Slangen vom Berliner PR-Büro Slangen & Herholz gestoßen. Der hat vergangene Woche ein Interview mit Heinrich Alt, ein Vorstand der Arbeitsagentur, geführt. Den Text finden sie z.B. im Onlineangebot der Nordswest Zeitung. Wahrscheinlich wurde das von Slangen geführte Interview auch in zahlreichen anderen regionalen Tageszeitungen abgedruckt. Thema war, Diskussion um Hartz IV. Und eine Frage von Slangen lautete:

Werden Langzeitarbeitslose in staatlichen Arbeitsprogrammen nicht zwangsläufig zur Konkurrenz für die Privatwirtschaft?

An dieser Frage können sie nicht nur die Blödheit des Journalisten erkennen, sondern auch die Wirkung der jahrelang betriebenen Hetz-Propaganda gegen Hartz IV-Empfänger, für die Roland Koch als aktuelles Beispiel Pate steht. Allein auf die Idee zu kommen, staatliche Arbeitsprogramme, und wir reden hier ja von Zwangsdiensten ohne richtige Vergütung, als Konkurrenz für die Privatwirtschaft zu sehen, zeigt auf welch tiefen, menschenverachtenden Niveau die Diskussion bereits angekommen ist.

Was will denn Slangen eigentlich mit seiner Frage zum Ausdruck bringen? Das die Löhne in der privaten Wirtschaft leider noch nicht so niedrig sind, um mit dem öffentlichen Zwangsdienst in einem Zustand mithalten zu können, den Slangen noch als „Wettbewerb“ versteht? Oder will uns Slangen mit seiner Frage mitteilen, dass es genügend Arbeit gibt, die aber nicht von der Privatwirtschaft erledigt werden kann, weil sich niemand findet, der zu den angebotenen Bedingungen die Arbeit erledigt? Die Frage ist doch auch völliger quatsch. Sie lässt es nämlich als völlig legitim erscheinen, dass der Staat als Arbeitgeber zu noch mieseren Bedingungen Menschen beschäftigen kann, als die Privatwirtschaft es ohnehin schon macht. Sie zielt zudem auch an der Realität vorbei. Das können sie an der Antwort von Herrn Alt sehr schön sehen.

„Wir haben einen Katalog an Arbeitsfeldern, von denen wir sagen, dass sie dort keine Konkurrenz zur Privatwirtschaft darstellen. Wir dürfen nicht mit unserer Arbeitsmarktpolitik dazu beitragen, dass wir Beschäftigung am ersten Arbeitsmarkt verdrängen. Dazu stimmen wir uns regelmäßig mit den Gewerkschaften und Arbeitgebern ab.“

Mit anderen Worten, es geht um öffentliche Interessen. Staatliche Arbeitsprogramme treten also nicht vornehmlich mit der Privatwirtschaft in Konkurrenz, sondern mit dem öffentlichen Dienst. Und das passt wiederum zu der Spardebatte, die angesichts gigantischer Haushaltslöcher in den öffentlichen Kassen zur Zeit tobt. Der Abbau von öffentlicher Beschäftigung geht ja nicht einher mit dem Abbau von öffentlichem Interesse. Entweder privatisiert man dann öffentliche Aufgaben, um die Arbeit, die immer noch erledigt werden muss, auch zu verrichten, oder man denkt, wie der hessische Suppenkoch, gleich über Zwangsarbeitsdienste nach, um schließlich Kosten zu sparen und vom eigenen Versagen in der Wirtschafts- und Sozialpolitik abzulenken.

Aber darauf kommt so ein Journalist wie Christoph Slangen scheinbar nicht. Selbst wenn er mit der Nase drauf gestoßen wird, wie eine Antwort des Herrn Alt deutlich zeigt. Auf die Frage, ob das „Konzept Arbeitspflicht“ (in diesem Zusammenhang hätte ich gern von Herrn Slangen erfahren wollen, worin Begriff und Vorstellung dieser Konzeption eigentlich liegen) überhaupt umsetzbar sei, antwortet Alt:

„Das bedeutet, ich muss dann auch entsprechende Angebote vorhalten und die dürfen reguläre Beschäftigung nicht ersetzen. Dass es in diesem Umfang überhaupt zusätzliche Beschäftigung gibt, halte ich für unwahrscheinlich.

Das hält aber Suppenköche und andere Hetzer sowie Journalisten nicht davon ab, auch weiterhin so zu tun, als gäbe es genug Beschäftigung, vor denen sich Hartz IV-Empfänger drücken würden.

5

TV-Tipp: Neues aus der Anstalt – Folge 31

Geschrieben von:

Am kommenden Dienstag um 22:15 Uhr ist es wieder so weit. Die Anstalt öffnet im ZDF ihre Pforten. Wie immer „Live“ und direkt nach dem heute-journal.

Quelle: ZDF

Zu einem satirisch-therapeutischen Kurzaufenthalt schauen am 26. Januar 2010 in der Anstalt vorbei: Horst Evers, Django Asül und Bülent Ceylan.

Die Anstalt startet also am Jahrestag der Gründung der Deutschen Terminbörse (DTB) vor zwanzig Jahren. Das könnte man ja auch zum Thema machen. Inzwischen gibt es die DTB ja nicht mehr, sondern firmiert unter dem Namen EUREX. Die European Exchange (EUREX) ist eine der weltweit größten Terminbörsen für Finanzderivate (also Futures und Optionen) mit 2,165 Milliarden Kontrakten allein im Jahr 2008.

Man könnte ja z.B. der Frage nachgehen, warum es der Politik so schwer fällt, auf diese Kontrakte, die Jahr für Jahr enorm gestiegen sind, eine kleine Steuerabgabe einzufordern. Eigentlich müsste das Entsetzen groß sein, dass es nicht so ist.

3

Zu Lafontaine

Geschrieben von:

Gestern hat Oskar Lafontaine siebeneinhalb Minuten gesprochen und Gregor Gysi stellvertretend für den Vorstand der Partei Die Linke knapp sieben Minuten. Ausdrücklich sagten beide, dass über die Nachfolge von Oskar Lafontaine keine Aussagen getroffen würde.

O-Ton Gysi: „Die einzige Frage, die sie sich jetzt schenken können, ist die nach irgendwelchen neuen Vorschlägen. Darüber werden wir in den Gremien beraten. Wir werden das auch zügig machen. Aber zumindest von uns beiden werden sie keinen einzigen Namen hören.“

Doch dieses nicht besprochene Thema ist und bleibt die Hauptnachricht einer paralysiert wirkenden Medienlandschaft. Nehmen sie zum Beispiel Springers Welt. Dort titelt man mit der Überschrift „Der Stellungskrieg ist eröffnet“ oder man schöpft plötzlich Hoffnung, wie bei der SPD z.B., die auf einmal wiederentdeckt, dass eine Zusammenarbeit mit der Linken immer von der Person Oskar Lafontaine abhängig gemacht wurde – was für ein schäbiger Seitenhieb. Dazu heißt es in der Zeit: „SPD-Linke: Wachsende Chancen für Rot-Rot im Bund“.

Worüber Lafontaine und Gysi in ihrer Pressekonferenz im Karl-Liebknecht-Haus geredet haben, erfahren sie wohl am Besten dadurch, indem sie es sich selbst anhören. Auf der Seite der Partei Die Linke finden sich gleich als erstes die Audiomitschnitte der Statements.

http://die-linke.de/

Direkt unter:


Natürlich geht es auch um den Verzicht Lafontaines auf Parteivorsitz und Bundestagsmandat, aber ich konnte jetzt nicht erkennen, dass sich Lafontaine aus der Bundespolitik zurückziehen werde. Im Gegenteil. Er bleibt als führende Figur mindestens bis zur Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen dabei. Überhaupt betonte Lafontaine die Bedeutung der NRW-Wahl für die weitere Entwicklung dieses Landes. Es müsse deutlich werden, welche politischen Kräfte wen zur Kasse bitten wollen, um das Finanz- und Wirtschaftskrisen-Desaster zu bewältigen.

Vor der Bundestagswahl habe sich die schwarz-gelbe-rot-grüne Einheitssoße um die Beantwortung der Frage noch mit der Floskel des Abwartens herumgedrückt, mittlerweile liegen die Kürzungsvorschläge auf dem Tisch. Nur reinen Wein wolle man den Wählerinnen und Wählern erst nach er NRW-Wahl einschenken. Das sei ein angekündigter Wahlbetrug. Lafontaine wiederholte einmal mehr seine zentralen Aussagen, die er auch schon bei seinem ersten Auftritt dieses Jahr am 19. Januar im Saarland (ich berichtete hier im Blog darüber) ausführlich vorgetragen hat.

Gregor Gysi zog Bilanz und würdigte das Wirken Oskar Lafontaines für die Entstehung der Partei Die Linke, die es so wahrscheinlich nicht gegeben hätte. Er sprach über das Prinzip der Vereinigung, die sich von dem eines bloßen Beitritts deutlich unterscheide. Daraus las ich persönlich jetzt auch einen versteckten Seitenhieb auf die Abwicklung der DDR durch die alte Bundesrepublik, die ja auch nach den Maßstäben des Grundgesetzes (siehe bspw. Eigentumsfrage) höchst bedenklich war. Hören sie sich die Statements an. Oskar Lafontaine wird von der Bildfläche nicht verschwinden, aber auch nur sooft auftauchen, wie es der Gesundheitszustand nun einmal zulässt. Schließlich hat er ja kein gebrochenes Bein, Husten oder Schnupfen, sondern Krebs. Eine Krankheit, die man also nicht so einfach wegstecken kann. Auch das brachte Lafontaine deutlich zum Ausdruck.

0