Zum Sozialbericht 2009

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Eigentlich habe ich heute einen Kommentar von Christoph Slangen in der Neuen Presse Hannover zum Sozialbericht 2009 erwartet. Ich hatte angenommen, dass gerade er auf den Zug derer aufspringt, die steigende Sozialausgaben anprangern. Das hätte dann auch gut zum gestrigen Steuerzahlergedenktag gepasst. Komisch. Ist der Slangen krank oder strickt er bereits an einer größeren Story?

Jedenfalls druckt die Neue Presse heute auf Seite 1 eine dpa-Grafik über die Entwicklung der Sozialleistungen. An der kann man schön studieren, wie die Öffentlichkeit auch mit Hilfe visueller Darstellungen getäuscht werden soll. Denn bei dieser Abbildung springt sofort die steigende Kurve ins Auge, auf der die absoluten Mrd. Beträge eingetragen sind, die bisher jedes Jahr für Sozialleistungen aufgewendet werden mussten.

Sozialleistungen_NP

Das soll schocken und die Botschaft transportieren, der Sozialstaat verteile immer mehr „Wohltaten“. Aber neben scheinbar gekonnter Manipulation steckt in dem Schaubild auch ein Beleg für offensichtliche Dummheit. Denn im unteren Teil der Grafik steht korrekterweise der Anteil der Sozialleistungen am jeweiligen Bruttoinlandsprodukt. Und für jeden nachvollziehbar kann man nun ablesen, dass die Aufwendungen gemessen an der Wirtschaftsleistung seit 2003 kontinuierlich zurück gegangen sind und im Jahr 2008 mit 29 Prozent sogar noch unterhalb des Wertes für das Jahr 1992 gelegen haben.

Und nun kommt Herr Slangen ins Spiel. Der hat nämlich immer behauptet, die Regierung hätte nie richtig gespart und deshalb würden sich die Defizite in den Kassen der öffentlichen Hand vergrößern. Am 22.11.2008 schrieb Slangen unter der Überschrift Die Fehlkalkulation der Koalition in der Neuen Presse Hannover:

„Dass es nun 2011 mit der Nullneuverschuldung wieder nichts werden wird, kann man der Regierung dennoch zum Teil vorwerfen. Es sind jedoch nicht Konjunkturprogramme oder Bankenschutzschirm, die kritisch gesehen werden müssen. Zu ihnen gibt es kaum eine Alternative. Der Fehler ist in den ersten Jahren der Koalition gemacht worden. Union und SPD verließen sich zu sehr auf Steuererhöhungen und darauf, dass die Konjunktursonne weiter scheinen werde, mindestens bis zum Wahltag 2009. Das war eine Fehlkalkulation. So zeigt sich jetzt, dass die Finanzen des Bundes gerade in der wirtschaftlich guten Phase der Großen Koalition mit mehr Ehrgeiz hätten saniert werden müssen. Und zwar durch entschlosseneres Sparen.

Und am 18.12.2008 schrieb er unter der Überschrift Höhere Schulden in Kauf nehmen:

„Statt Haushaltskonsolidierung heißt es nun Konjunkturstützung um jeden Preis. Die neue Priorität ist der Regierung nicht zu verdenken, im Gegenteil. Alle Maßnahmen zu ergreifen, um den Einbruch der Wirtschaft so gering wie möglich zu halten, ist die Aufgabe der Stunde. Wenn dazu deutlich höhere Schulden aufgenommen werden müssen, ist das in Kauf zu nehmen. Hätte sich die Regierung allerdings in den vergangenen Jahren weniger auf die Konjunktur verlassen, stattdessen mit strikterem Sparen besser vorgesorgt, wäre die antizyklische Konjunkturstützungspolitik jetzt aus einer besseren Position darstellbar. Das ist das Versäumnis der Koalition.

Und am 26.01.2009 schrieb er es noch mal hin unter der Überschrift Regierung war nicht sparsam genug:

„Geld auszugeben, um den Konjunktureinbruch abzufedern, sei das Gebot der Stunde. Doch ist das nur ein Teil der Wahrheit. Die schwarz-rote Regierung hatte sich von Beginn an zu sehr auf Steuererhöhungen und konjunkturellen Rückenwind verlassen. Sie hätte bei der Sanierung des Haushalts schon weiter sein können, wenn sie sparsamer gewesen wäre.

Tja, wie sich auch dieses Mal wieder zeigt, hat Slangen einfach nur etwas behauptet, was nicht der Wahrheit entspricht. Die Originalgrafik aus dem Sozialbericht ist übrigens aufschlussreicher.

Sozialleistungen

Denn hier werden neben der Sozialleistungsquote auch die Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts und der Sozialleistungen im Verhältnis zueinander angegeben. In der NP-Grafik oben wurden ja nur die absoluten Zahlen für die Sozialleistungen genommen und isoliert dargestellt. Daneben müsste aber auch eine Kurve sein, die das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts abbildet. Die Tabelle mit den entsprechenden Werten findet sich ebenfalls in dem Sozialbericht, der für jeden Journalisten auf der Seite des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales zugänglich ist.

Sozialleistungen_Tabelle

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Nachtrag: Le 14 juillet: Ein wirklicher Feiertag

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Der Nationalfeiertag der Franzosen wäre natürlich nix ohne die Marseillaise. Und die hat niemand so schön gesungen wie Mireille Mathieu „La demoiselle d’Avignon“…


Wenn sie vorhin vielleicht das „Perfekte Dinner“ auf Vox gesehen haben oder eine andere dieser wie Pilze aus dem Boden geschossenen Kochsendungen, die wir Deutschen ja so lieben, denken sie einmal an die Große Französische Revolution. Denn als im Gefängnis L’Abbaye das Septembermassaker im Jahre 1792 ausbrach und zahlreiche Köpfe unter der Regie des Jean Paul Marat rollten, musste auch dem letzten Spitzenkoch im Dienste ihrer Majestät klar werden, dass er künftig lieber ein eigenes Lokal aufmacht, um nicht in den Verdacht zu geraten, wider die Revolution zu handeln. :>>

So wurde nach 1789 und la Grande Terreur, dem viele adlige und klerikale Zeitgenossen zum Opfer fielen, ein Großteil der Köche einfach arbeitslos. Und so wie Versailles das Schloss der Schlösser war, das Europas Monarchen zu kopieren versuchten, so war auch die Küche europäische Spitze und trat nach der Zerschlagung des ancien régimes ihren Siegeszug als „Haute Cuisine“ bei den Bürgern einer neuen Welt an.

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Le 14 juillet: Ein wirklicher Feiertag

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Vive la révolution, vive la République, vive la France!!!

Für uns Deutsche heißt das eigentlich übersetzt, dass wir verpflichtet sind, heute Abend eine Flasche Bordeaux zu öffnen, um etwas zu feiern, das wir nie haben erfahren dürfen. Von dem wir aber profitieren. Die geglückte Revolution. Neidvoll blicken wir immer dann auf unseren Nachbarn, wenn die (Staats-)Bürger („citoyen“) für ihre Rechte kämpfen und sich dabei auch gegen die (Besitz-)Bürger („bourgeois“) zur Wehr setzen. Diese revolutionäre Tradition kennen wir Deutschen nämlich nicht. Max Weber brachte diese Schwäche des deutschen Bürgertums mit dem Unterlassen, einem Hohenzollern je den Kopf abgeschlagen zu haben, auf den Punkt. Seitdem feierten wir nur Tage des Scheiterns wie den 17. Juni oder Tage der herrschenden Bürokratie wie den 3. Oktober. Einen Tag wie der 9. November, der Gutes und viel Schlechtes in der deutschen Geschichte repräsentiert, wurde aus Angst nie ernsthaft in Erwägung gezogen.

Was mit uns Deutschen aktuell los ist, arbeitet Volker Pispers in seinem Dauerprogramm „Bis neulich“ sehr schön heraus. Viele Themen konnten sie in diesem Jahr bei wdr2 schon hören. Viel Spaß…

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Die wahren Wendehälse

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Während sich das ZDF im Sommerinterview an Oskar Lafontaine und seinem Rücktritt 1999 abarbeitet, statt nüchtern festzustellen, dass seine damaligen Positionen auch die heutigen sind, hat Sebastian Dullien von der Frankfurter Rundschau einmal untersucht, wer vor der Krise am lautesten nach Deregulierung schrie. Dazu hat der Autor einen Index erstellt. Das Ergebnis ist nicht weiter überraschend. Leider schlägt sich das nicht in den Umfrageergebnissen nieder. Da dominieren genau jene Gestalten, die vor dem Crash jenen Rezepten das Wort geredet haben, die heute öffentlich verurteilt werden.

Selten hat sich ein Sinneswandel so schnell vollzogen: Nicht einmal vier Jahre ist es her, dass viele Politiker in Deutschland gar nicht rasch genug den staatlichen Einfluss über die Wirtschaft abbauen wollten.
Noch im Wahlprogramm zur Bundestagswahl 2005 schrieb die CDU/CSU: „Wir entschlacken die Vorschriften zum Kreditwesengesetz und führen die bestehende Überregulierung bei der Bankenaufsicht auf das notwendige Maß zurück.“

Das können sie übrigens auch im aktuellen Koalitionsvertrag nachlesen. Auf der Seite 86 f. finden sie unter dem Punkt „3. Finanzmarktpolitik“ folgende Passagen:

Eine der wichtigsten Voraussetzungen für Wirtschafts- und Beschäftigungswachstum ist ein international wettbewerbsfähiger „Finanzplatz Deutschland“. Er ist die Grundlage für effiziente Finanzdienstleistungen für den Verbraucher und eine gute sowie kostengünstige Kapitalversorgung der Wirtschaft. Der deutsche Finanzmarkt besitzt ein großes Potential, das unter Beachtung der ständigen Fortentwicklung der globalen Finanzmärkte in der kommenden Legislaturperiode weiter ausgebaut werden soll. Dazu wollen wir:
[…]
Überflüssige Regulierungen abbauen. Dazu werden wir eine interministerielle Arbeitsgruppe einrichten, die im Dialog mit Markteilnehmern ein „Möglichkeitspapier“ zum Bürokratieabbau im Finanzsektor vorlegen soll. Bestehende Gesetze, Verordnungen und sonstige Regulierungen sind darauf zu überprüfen, ob sie ihr Ziel kostengünstig erreichen oder noch erforderlich sind. Als Startprojekt bietet sich die anstehende Novelle des Investmentgesetzes an.

Aber heute behauptet jeder Politiker, schon immer gewusst zu haben, dass der Finanzsektor deutlich mehr Regulierung und staatliche Aufsicht brauche. Die Studie von Dullien klärt auf:

„Für die Studie wurden dazu Reden, Gastbeiträge und Interviews führender Wirtschaftspolitiker in 34 tonangebenden deutschen Tages- und Wirtschaftsmedien ausgewertet. Aus diesen Daten wurde ein Index errechnet, der angibt, wie deutlich sich eine Persönlichkeit für Deregulierung stark gemacht hat.

Ein Wert von 100 Prozent bedeutet, dass der entsprechende Politiker sich in allen untersuchten Themenfeldern für einen Rückbau des Staates ausgesprochen hat, ein Wert von null, dass er bei keiner der untersuchten Fragen für weniger Staat plädierte.“

Nun raten sie mal, wer nach dieser Messung einen Wert von „Null“ erreicht? Richtig, Oskar Lafontaine. Und wer steht ganz oben? Guido Westerwelle mit einem Wert von 100 Prozent. Dahinter reiht sich die gesamte schwarz-gelbe Garde. Erschreckend auch, dass Deutschlands Ökonomen im Schnitt bei 92 Prozent landen. Kein Wunder also, dass es ein breites Bündnis aus Deregulierungsverfechtern geben musste. Fazit:

„Werte in der Größenordnung von 100 Prozent oder knapp darunter sind bedenklich, weil sie darauf hindeuten, dass in allen Politikfeldern weniger Staat gefordert wurde. Da wir heute wissen, dass zumindest auf den Finanzmärkten etwas mehr Regeln wohl besser gewesen wären, deutet dies auf ein gewisses pauschales „Deregulierungs-Vorurteil“ der Experten hin.“

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Sommervorführung des ZDF

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Gestern sollte Oskar Lafontaine vom ZDF-Vorzeigejournalisten Peter Frey interviewt werden. Dabei kam es zu einem bemerkenswerten Schlagabtausch zwischen einem parteiischen Meinungsmacher, der so tat, als würde er objektive Maßstäbe anlegen und „anständig“ sein und Oskar Lafontaine, der endlich mal die Kampagnenpolitik der Medien im Allgemeinen und beim ZDF im Besonderen zum Thema machte. Ich hätte mir da noch einen Zuschauer aus dem Off gewünscht, der mit Hilfe eines Zwischenrufes, man kennt ja sowas aus den Parlamenten, lautstark gegen Peter Freys grottige Vorstellung angegangen wäre. Aber man kann ja nicht alles haben. Dafür darf Peter Frey selber auf der Seite des ZDF zu dem arg entglittenen Interview Stellung nehmen und behaupten, die Angriffe Lafontaines seien ein Ausdruck von Schwäche. Frey habe quasi einen „Wunden Punkt“ getroffen. Man muss schon sehr weichgekocht in der Birne sein, es als journalistische Leistung zu verstehen, zwanzig Minuten damit zu vergeuden, einen Gesprächspartner mit der Wiederholung der immer gleichen falschen Behauptung provoziert zu haben.

Weil immer wieder behauptet wird, Oskar Lafontaine habe wortlos „hingeschmissen“, ohne zu erklären warum, dem sei bitte Lafontaines eigenes Buch „Das Herz schlägt links“ aus dem Jahre 1999 zu empfehlen. Darin legt er unmissverständlich klar, warum es zu diesem Schritt kam. Im Vorwort heißt es:

„Auch als der Rücktritt von einigen mir weniger wohlgesonnen Zeitgenossen so dargestellt wurde, als hätte ein pflichtvergessener Mensch einfach die Arbeit niedergelegt, änderte ich meine Auffassung nicht. Der Ministerrücktritt als politische Entscheidung ist ein fester Bestandteil demokratischer Kultur. Ein Minister sollte nicht nur dann zurücktreten, wenn die Medien ihn aufgrund eigenen Fehlverhaltens dazu drängen, sondern insbesondere dann, wenn er mit der Politik seines Regierungschefs oder seiner Regierung nicht mehr einverstanden ist. Doch dies scheinen Teile der deutschen Öffentlichkeit völlig vergessen zu haben.“

Oder auch nicht. Als Franz Müntefering zweimal „hinschmiss“, einmal als Vorsitzender der SPD, der seinen Kandidaten für den Posten als Generalsekretär 2005 nicht durchbekam und ein weiteres Mal als Vizekanzler, der aus familiären Gründen Ende 2007 zurücktrat, akzeptierten alle Medien dieses Vorgehen mit sehr viel Verständnis. Die Rückkehr Münteferings nur ein paar Wochen nach dem Tod seiner Frau im Sommer 2008 und vollends nach dem Sturz Kurt Becks im September 2008 wurde von den Medien als Großereignis inszeniert. Ihm wirft man nicht in zwanzig Minuten vor, alles „hingeschmissen“ zu haben, als es um die Wurst ging.

Oskar Lafontaine schreibt 1999:

„Unmittelbar nach meinem Rücktritt hatte ich nicht die Absicht, die Gründe darzulegen, die zu diesem Entschluss geführt haben. Die Verpflichtung zur Solidarität mit der eigenen Partei und ihrem Führungspersonal schien mir wichtiger als Klarstellungen. Sie werden allzuoft vom politischen Gegner missbraucht. Ich dachte an die Europa-, die Landtags- und Kommunalwahlen und wollte keinen Streit, der die Partei belastet hätte. Daher gab ich ein einige Tage nach meinem Rücktritt nur ein kurzes Interview, in dem ich im wesentlichen auf das schlechte Mannschaftsspiel der Regierung hinwies. Ich war der Auffassung, dass der Hinweis deutlich genug sei und die eigene Partei und die Anhänger der SPD sich durchaus ihren Reim darauf machen könnten. Hierin sollte ich mich täuschen.“

Denn unmittelbar nach Lafontaines Rücktritt am 11. März 1999 folgte am 8. Juni 1999 bereits in London die Vorstellung des Schröder-Blair-Papiers, in dem eine Änderung der Grundzüge rot-grüner Wirtschafts- und Finanzpolitik für die kommenden Jahre festgeschrieben wurde. Denn auf einmal trat an die Stelle des handelnden Staates, der Politik aktiv gestalten könne, die nebulösen Gebote einer globalisierten Welt, die den Staat zu ganz bestimmten Reformen zwängen. Die Durchsetzung eines solchen Glaubensdogmas kommt nicht über Nacht.
Lafontaine sagt bereits 1999 dazu:

„Wir hatten mit dem Versprechen einer anderen Politik, mit dem Versprechen, mehr soziale Gerechtigkeit in unserem Land zu verwirklichen, die Wahl gewonnen.“

Man kann es auch deutlicher sagen. Schröder konnte nach dem freiwilligen Rückzug Lafontaines aus der Regierung und aus der Partei den größten Wahlbetrug der bundesdeutschen Geschichte durchziehen, der die SPD noch auf viele Jahre hinaus lähmen wird. Wie sagte der Kanzler doch am 10. März in der Kabinettssitzung, eine wirtschaftsfeindliche Politik sei mit ihm nicht zu machen. Am nächsten Tag bereichtete Bild, Schröder habe mit Rücktritt gedroht und Lafontaine angegriffen. Es war also abzusehen, dass Lafontaine sich dem hätte fügen müssen, was in der Folge sehr rasch an Reformen eingeleitet wurde.

Gestern nun behauptet Peter Frey, dass Oskar Lafontaine einer der mächtigsten Männer der Republik gewesen sei, der politische Entscheidungen hätte herbeiführen können. Diese Unterstellung ist aus historischer Perspektive schlicht gelogen, wie auch das jämmerliche Anfügen des Beispiels, Lafontaine hätte die Änderung der Rentenformel ja zu diesem Zeitpunkt angehen können.

Antwort Lafontaine: „Sehen Sie, wenn Sie schon sagen, wir hätten die Rentenformel damals ändern können, dann sind Sie jetzt so tief in die Geschichte gegangen, dass Sie die Fakten nicht mehr präsent haben. Die Rentenformel war damals ausgezeichnet, die hätte ich gerne heute wieder.“

Ach ja. Vergleichen sie bitte auch die anderen Sommerinterviews im ZDF.

Sommerinterviews_Terminplan

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Nach der Kaufrausch- nun die Nachfragekampagne

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Heute auf der Titelseite der Neuen Presse Hannover:

Nachfragekampagne

Schön wär’s, fällt mir dazu nur ein. Nach der Kaufrauschkampagne folgt nun die Konjunkturprogramm- oder Nachfragekampagne? Jedenfalls betreibt die Neue Presse abermals eine grobe Irreführung wenn sie so tut als ginge es der Wirtschaft mit einem Mal besser. Die angebliche Explosion der Aufträge ist in Wahrheit nicht mehr als ein laues Lüftchen. Denn auch die Neue Presse verschweigt einmal mehr den katastrophalen Absturz der Deutschen Wirtschaft in den zurückliegenden drei Quartalen.

Dass die Auftragseingänge derzeit durchaus stark ansteigen, ist nicht zu leugnen. Nur gleichen sie in keinem Falle den vorausgegangenen Absturz aus. Und das muss man sich immer wieder vor Augen führen, wenn man über Konjunkturprogramme und deren Wirkungen etwas Vernüftiges aussagen will. Auf welchem Niveau ist man gelandet? Und ist von da aus betrachtet die Belebung ausreichend, um auf weitere konjunkturelle Maßnahmen zu verzichten? Denn nicht umsonst präsentiert Vera König, die Autorin des Jubelberichtes, einen kritischen Zeugen, der meint man müsse das Konjunkturprogramm jetzt schon etwas dämpfen…

Doch angesichts des Booms gibt es auch skeptische Stimmen. Professor Stefan Homburg, Finanzwissenschaftler der Leibniz-Uni, sieht Risiken im Konjunkturprogramm: „Das hektische Vorgehen birgt die Gefahr der Verschwendung öffentlicher Mittel.“

Hier wird einfach so getan, als würde dieses mickrige Konjunkturprogramm Großes bzw. zu viel bewirken. Das ist schlicht absurd und falsch. Richtig ist hingegen, dass der konjunkturelle Impuls tatsächlich Wirkung zeigt. Schon allein das müsste die Skeptiker von der Richtigkeit solcher Programme in Krisenzeiten überzeugen. Aber dass hat man hier gar nicht auf dem Schirm. Vera König schreibt etwas über die Belebung der Nachfrage, der Finanzwissenschaftler bemängelt den Umfang der Aufträge und beide ignorieren, dass die ewig schwache Binnennachfrage nun dabei helfen muss, die dramatisch weggebrochenen deutschen Ausfuhren (Export) auszugleichen. Dafür macht man ja überhaupt das Konjunkturprogramm.

Im Mai 2009 schrumpfte der deutsche Export um 24,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat. Und weil der Exportanteil an unserer Wirtschaftsleistung so hoch ist, schrumpft das Bruttoinlandsprodukt auch um sechs Prozent. Wer angesichts dieser niederschmetternden Zahlen Angst hat, dass mit öffentlichem Geld zu viel in die lokale Wirtschaft investiert werden könnte, der hat einfach die Dimension der Wirtschaftskrise noch nicht begriffen.

In den Dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts reagierten zahlreiche Volkswirtschaften mit Monumentalarchitektur auf die Wirtschaftskrise. Gigantische Beschäftigungsprogramme wurden beschlossen und eine heftige Bautätigkeit ausgelöst, die das Gesicht von Metropolen veränderte. Neoklassizistische Großprojekte prägten die Zeit zwischen 1933 und 1939. Zum Beispiel in Washington die National Archives, der Supreme Court oder das Jefferson Memorial. In Italien versuchten die Faschisten gar das antike Rom wieder hervorzuholen und die Nazis wollten Berlin gänzlich unter Speer und Hitlers „Germania“ verschwinden lassen.

Die Nationalsozialisten nenne ich hier deshalb als negatives Beispiel, weil deren absurde Großmannsucht in Deutschland auch eine Reaktion auf die wirtschaftspolitische Untätigkeit der Regierung Brüning war. Denn Heinrich Brüning betrieb mit Hilfe von Notverordnungen prozyklische Politik. Er legte Sparprogramme auf und erhob neue Steuern, während er gleichzeitig die Senkung staatlicher Leistungen durchsetzte und auf die Absenkung von Löhnen und Gehältern bestand, um den deutschen Export zu stützen.

Die Ansichten von damals sind heute wieder präsent. Am liebsten würde man die Krise einfach wegsparen und staatliche Leistungen auf ein Minimum vom Minimum zurückführen, um der heiligen Kuh Export wieder auf die Beine zu helfen. Dabei lehrt die Geschichte, dass eine Wirtschaftskatastrophe, der man mit solchen Rezepten begegnet, mit dazu beiträgt, eine noch viel größere Katastrophe auszulösen. Und angesichts der Widerstandslosigkeit, mit der sich unsere Volksvertretung augenscheinlich entmachten lässt, und es dabei hinnimmt, von einem dummen karrieregeilen Finanzminister am Nasenring durch die Manege gezogen zu werden, lässt nicht gerade hoffnungsfroh in die Zukunft blicken…

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Nachtrag zu Steinbrücks Rentenauftritt

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Und er hat es geschafft. Steinbrück bekommt die Titelseite in der Bild-Zeitung. Wie ich vermutet hatte, tritt der Minister nicht als Finanzexperte oder gar als SPD-Wahlkämpfer auf, sondern ist für den Boulevard und die eigenen Interessen unterwegs. Und wer so das Maul aufreist, bekommt auch die Zustimmung der grünen Bildzeitung aus Hannover. Natürlich ist es Christoph Slangen, vom Berliner PR-Büro Slangen+Herholz, der den Schwachsinn Steinbrücks als positive Nachricht kommentiert. Leider käme die Kritik zu spät, meint Slangen heute in der Neuen Presse Hannover.

„Jahrelang wurde die zwingende Notwendigkeit von Reformen gepredigt, doch sie werden bei erstbester Gelegenheit umgeworfen. Peer Steinbrücks Kritik an der Rentengarantie ist deshalb berechtigt. Aber er hätte sich mit seinem Parteifreund, Sozialminister Olaf Scholz, besser früher angelegt, als vielleicht noch etwas zu verhindern war.“

Und jahrelang schreibt Slangen die eingeimpften Parolen einfach ab, ohne je zu hinterfragen, worin die Notwendigkeit der gepredigten Reformen eigentlich bestand. Dass sich dann ein armes Schäfchen wie Christoph Slangen verraten fühlt und sich über Änderungen am Glaubensdogma wundert, rührt einen ja fast zu Tränen. Ich empfehle den Austritt aus der Gemeinde und den Gebrauch des eigenen Verstandes. Doch die sektenhafte Gehirnwäsche lässt sich bei Slangen nicht so einfach umkehren.

„Die Rentenerhöhung in diesem und im vergangenen Jahr fiel nur so hoch aus, weil SPD und Union die Rentenformel kurzerhand ausgesetzt hatten. Die Rentengarantie, die nun hinterherkommt, ist erst recht unsystematisch. Sie setzt das Grundprinzip außer Kraft, dass die Renten stets den Löhnen folgen.“

Tja die Rentenformel wird ausgesetzt. Ein Drama wenn man nicht erklärt, was aus der Formel eigentlich geworden ist. Denn wo ist die Kritik am neu geschaffenen politischen Grundprinzip, dass die Renten auf ein Grundniveau von rund 40 Prozent des durchschnittlichen Bruttoeinkommens fallen müssen? Das entpricht bis zum Jahr 2030 einer Kürzung der Rentenleistung um 20 bis 25 Prozent. D.h. die heute Jungen werden die Opfer einer Rentenkürzungspolitik von heute, die Steinbrück mit zu verantworten hat. Wo ist die Kritik an der Wirtschaftspolitik der Bundesregierung, die fallende Löhne und Einkommen seit mindestens einem Jahrzehnt toleriert und mit Hartz IV zuletzt auch noch subventioniert? Wo ist die Kritik an der für die Rentenkasse so dramatischen Expansion des Niedriglohnbereiches und prekärer Beschäftigung, die Altersarmut vorprogrammiert? Wo ist die Kritik am Krisenmanagement der Bundesregierung, das vor allem etwas mit Abwarten zu tun hat und somit den Verlust von Arbeitsplätzen billigend in Kauf nimmt?

Nichts davon nimmt Slangen zur Kenntnis. Er hat noch nicht einmal kapiert, warum die Regierung die Garantie überhaupt ausgesprochen hat. Wahrscheinlich war es der Volkswirt Steinbrück selbst, der erkannt hat, dass bei einem Schrumpfen der Wirtschaftsleistung und hoher Arbeitslosigkeit auch die sozialen Kosten explodieren würden. Wahrscheinlich war er es, der darauf hinwies, dass sich die eingebauten Dämpfungsfaktoren in der Rentenversicherung, die immer nur auf Wachstum ausgelegt waren, in der Krise nun dramatisch auswirken würden. Auch ignoriert Slangen eine entscheidende Fußnote der Rentengarantie mit voller Absicht. Nämlich die Tatsache, dass Teile der diesjährigen Rentenerhöhung ab 2011 zurückgefordert werden sollen, so dass auf Jahre hinaus wieder nur Nullrunden für die Rentner garantiert sind.

„Auch wenn der Fall einer sinkenden Lohnsumme vermutlich nicht eintritt, bleibt es fahrlässig, mit einer Garantie die einmal erreichte Rentenhöhe für sakrosankt zu erklären. Bei einer extrem schlechten wirtschaftlichen Entwicklung müssten die Beschäftigten dafür zahlen.“

So ein Schwachsinn. Die sozialen Kosten einer Periode, die durch Rentner oder Kinder und Jugendliche entstehen, müssen immer von der arbeitsfähigen Generation bezahlt werden. D.h. die wirtschaftliche Entwicklung muss verbessert werden. Doch Slangen tut mal wieder so, als sei eine schlechte wirtschaftliche Entwicklung einfach so vom Himmel gefallen.

So und jetzt noch eine Rechenaufgabe für den Sparfuchs der NP. Was glaubt Slangen eigentlich kosten die gegenwärtige und die künftigen Generationen die Milliarden für die Banken??? Wieso regt sich dieser Vollidiot über den Bruch angeblicher Grundprinzipien in der Rentenpolitik auf und schweigt zu dem Verfassungsbruch, den Steinbrück begangen hat, als er sich durch das Parlament ermächtigen lies, über eine halbe Billion Euro frei und ohne Rechenschaft ablegen zu müssen, verfügen zu dürfen? Über diesen Skandal, der die demokratische Kontrolle einfach so außer Kraft gesetzt hat, gibt es keinen kritischen Kommentar vom PR-Beauftragten Christoph Slangen. Stattdessen reagiert er, wie die Kollegen von Bild, auf das Ablenkungsmanöver von Steinbrück. In meinen Augen ist das bereits organisierte Kriminalität.

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Wer findet den Fehler?

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Gestern las ich einen Kommentar von Petra Rückerl in der Neuen Presse Hannover über Vattenfall. Darin schreibt sie allgemein über das Sicherheitsproblem bei älteren Kernkraftwerken. Na ja, dass sich die Sicherheitsfrage nun nicht mehr ausklammern lässt, hat auch die NP begriffen. Schöner wäre es aber gewesen, wenn man den eigentlichen Sinn von Kernkraftwerken gleich miterörtert hätte. Man hätte etwas über die unterschiedlichen Perspektiven aussagen können. Denn für die Betreiber sind KKWs reine Gelddruckmaschinen, für die Allgemeinheit enorme Kostenverursacher.

Und anstatt Frau Merkel mit einem larifari Vorwurf, die Sache bis nach der Wahl aussitzen zu wollen, davonkommen zu lassen, hätte Frau Rückerl die Rolle der heutigen Kanzlerin als Umwelt- und Atomlobbyministerin, die in der Ära Kohl den Müll der Betreiber im Namen und auf Kosten des Volkes in maroden Lagerstätten entsorgt hat, auch mal erwähnen können. Stattdessen nimmt sie Wolfgang Clement als Vorzeigelobbyisten herbei und schreibt auch noch (SPD) dahinter. Dabei ist Clement bereits seit November 2008 kein SPD-Mitglied mehr. Aber gut, vielleicht wollte Frau Rückerl ihn noch einmal als Kronzeugen gegen die SPD benutzen und hat dabei den aktuellen Stand übersehen.

Sie hätte natürlich auch den Chef der Lobbyorganisation „Deutsches Atomforum“ Walter Hohlefelder nehmen können. Der war von 1986 bis 1994 Abteilungsleiter im Bundesumweltministerium und für den Bereich Reaktorsicherheit, Strahlenschutz und Nukleare Entsorgung zuständig. Er hat sozusagen die Schlüssel an Frau Merkel übergeben. Er hat auch die Sicherheit des Schachtes in Morsleben begutachtet. Sie wissen schon. Das ist das ehemalige Salzbergwerk, in das Frau Merkel medienwirksam zahlreiche Fässer mit strahlendem Müll hat hineinkippen lassen, während die Energieversorger danebenstehend Beifall klatschten.

Dieses astreine politische Meisterwerk zwischen Hohlefelder, Frau Merkel und der Atomwirtschaft wird den deutschen Steuerzahler heute mit rund 2,2 Mrd. Euro belasten. Denn soviel kostet die Sanierung von Morsleben, an der sich die Müllverursacher nicht zu beteiligen brauchen, weil sie damals bereits läppische 138 Millionen bezahlt haben, um den radioaktiven Müll abkippen zu dürfen. Die Bundesregierung sagt dazu heute „einigungsbedingte Altlast“. Das ist eigentlich auch ein schöner Name für Frau Merkel, gegen deren Abkippen ich nichts einzuwenden hätte!!!

Anlage: NP_Kommentar, Rückerl, 10.07.2009, Seite 2
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Steinbrück muss weg – Sie haben noch die Wahl

Geschrieben von:

Und mit ihm, die gesamte SPD-Führung. Heute stellt sich Steinbrück hin und kritisiert mit der Rentengarantieregelung des Bundes wieder einen Beschluss, der von einem Parteikollegen (Sozialminister Olaf Scholz) ausgearbeitet wurde. Und das im Wahlkampf. Wenn es in der SPD eine strategische Abteilung gibt, müsste die doch nun endlich den Knüppel raus holen und diesem Dummkopf über die Rübe ziehen. Und zwar gleich zweimal.

Erstens, wegen parteischädigendem Verhalten, denn wer ist schon so blöd und fällt dem Ministerkollegen und der eigenen Partei keine drei Monate vor der Wahl in den Rücken? Die Geschlossenheit, die der andere Steinklotz in der SPD auf dem letzten Parteitag noch so betont hat und als größtes Pfund in die Waagschale werfen wollte, um aus dem nach wie vor tristen Umfragetief herauszukommen, ist nun wieder dahin. Denn Olaf Scholz und andere SPDler geben bereits Interviews, in denen sie die Aussagen Steinbrücks kommentieren und relativieren müssen. Da kann der Steinmeier noch so verbissen tönen, dass am 27. September ein besseres Ergebnis für die SPD zu Stande kommen würde. Das Verhalten der Parteispitze ist einfach nur noch lächerlich. Da wird einer nach dem anderen über die Klippe gestoßen.

Zweitens sollte der Steinbrück einen drüber gezogen bekommen, weil er schon wieder großen Unsinn redet. Dieser Mann ist gelernter Volkswirtschaftler, benimmt sich aber wie der Chefredakteur der Bild-Zeitung. Seine warnenden Worte bzgl. der Rentengarantie verfolgt demnach auch ein bestimmtes Ziel. Die sozialen Sicherungssysteme sollen nach der Wahl auf den Prüfstand. Steinbrück will dort Einsparungen vornehmen und vollenden, was der Boulevard schon lange fordert. Regelsätze runter, Rentengarantie nicht auf Kosten der jungen Generation usw. usf. Die Milliardengeschenke an die Banken, die Steinbrück zu verantworten hat, müssen ja irgendwie bezahlt werden. Und Steinbrück legt jetzt den Grundstein dafür. Die Diskussion soll mal wieder auf den Sozialstaat gelenkt werden.

Dabei ist ihm kein Lügenspruch zu billig. Steinbrück sagt, der jetzigen Rentnergeneration ginge es so gut, wie keiner Generation davor und begründet damit seine ablehnende Haltung im Hinblick auf das Garantieversprechen der Bundesregierung. So eine Aussage ist schon ein starkes Stück, denn natürlich geht es den Rentnern heute besser als früher. Das hat aber einen einfachen Grund. Die Konstruktion der Rentenversicherung ist doch so angelegt, dass jeder, der sein Arbeitsleben beendet, den Lebensstandard auch im Rentenalter halten kann. Das ist doch überhaupt der Sinn einer Rentenversicherung, kurzum: Die Versicherungsleistung! Auch die privaten Versicherer werben mit der Sicherung des Lebensstandards im Alter. Dafür muss man ja auch seine Beiträge zahlen.

Nun ist es aber so, dass Steinbrück und Konsorten die Deutsche Rentenversicherung nicht als Versicherung begreifen wollen, sondern als angeblich zu teures Sozialstaatsungeheuer, von dem die heute Arbeitenden ohnehin nix mehr haben würden. Und damit diese Prognose auch eintritt, hat man die Rentenversicherung ihrer Versicherungsleistung beraubt. Politisch wurde unter dem fadenscheinigen Demografieargument die Rentenleistung einfach gekürzt und eine künstliche Versorgungslücke geschaffen, die die privaten Versicherer zu ihren Konditionen wieder schließen sollen. Wie sonst soll man eine Rentenformel deuten, die vorsieht, dass man im Alter nur noch 40 Prozent seines letzten Gehalts als Rente zugesprochen bekommen soll? Wie sonst sollte man die Anhebung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre deuten, wenn nicht damit, dass hier eine neue lukrative Versorgungslücke der privaten Altersvorsorge neue Beiträge zuspielen soll?

Weiter moniert der Finanzminister, dass mitten in der Krise, in der viele Menschen um ihren Arbeitsplatz fürchten müssen, die Renten so stark steigen würden, wie seit vier Jahren nicht mehr. Dieser Satz ist in doppelter Hinsich eine Frechheit von diesem, Verzeihung, Arschloch. Erstens gab es in den letzten Jahren Rentennullrunden bei konstanter Inflationsrate. Die letzten mickricken Erhöhungen blieben ebenfalls hinter der Teuerungsrate zurück. Wer sich also hinstellt und so tut, als würde die aktuelle Rentenanpassung einen skandalösen Umfang annehmen, verschleiert bewusst die Tatsache, dass die Renten in den letzten Jahren an Wert oder besser an Kaufkraft verloren haben. Zweitens ist die Krise vom Steinbrück und seinem Schreibtischtäter im Finanzministerium Jörg Asmussen mit verursacht worden, und sie weigern sich auch noch, aktiv etwas gegen die Folgen ihres Tuns zu unternehmen, sei es durch weitere Konjunkturprogramme oder durch eine nationale Reglementierung des Finanzmarktkasinos.

Wenn sich Steinbrück also hinstellt und Partei für jene Menschen ergreift, die aufgrund seiner irrsinnigen Politik um ihren Arbeitsplatz fürchten müssen, ist das nichts weiter als dreiste Verhöhnung und teuflischer Zynismus, der plump auf das Ausspielen von gesellschaftlichen Gruppen zielt. Die Jungen sollen auf die Alten gehetzt werden. Das unterscheidet sich nicht von der Hetze gegen Ausländer oder Hartz IV Empfänger. So lange sich der Urnenpöbel gegenseitig bekämpft, bleiben die herrschenden Machtstrukturen erhalten. Und wie passt so etwas eigentlich zum Wahlprogramm der SPD? Eben gar nicht. Daher folgen sie dem Rat von Egon W. Kreutzer und setzen ihre Zweitstimme bei der Bundestagswahl nicht für die SPD, nicht für die CDU bzw. CSU, nicht für die FDP und nicht für die Grünen ein. Eine Entscheidung für diese Parteien bedeutet immer die Große Koalition als wahrscheinlichstes Ergebnis. Deshalb kann Steinbrück auch so reden. Sein Job ist nach der Wahrscheinlichkeitsrechnung gesichert. Nur Schwarz-gelb ist theoretisch als Steigerung des Absurden auch noch drin. Aber dann geht’s für Steinbrück ohnehin durch die Drehtür auf einen gut dotierten Posten in der Finanzbranche.

Wer aber einen Wechsel der Politik will, kann an den Linken nicht vorbei. Ihre Stärke bestimmt über die Chance eines Wechsels, um mal ein bissel den Obama zu bemühen. Alle anderen können in irgendeiner Koalition überleben und das „Weiter so“ aushalten. Denken sie drüber nach… ;)

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