Der Bielefelder Konflikt- und Gewaltforscher betreut seit längerem eine Langzeitstudie mit dem Namen „Deutsche Zustände“. Seit 2002 untersucht Heitmeyer darin die Entwicklung von Vorurteilen in der Gesellschaft Jahr für Jahr. Heitmeyer kommt in seinem aktuellen Jahresbericht zu dem Ergebnis, dass die, den ökonomischen Verhältnissen geschuldete, immer stärker werdende Abstiegsangst zur Wiederbelebung alter Ressentiments führe. Dies gehe aus den am Freitag vorgestellten Ergebnissen der Studie hervor.
Quelle: Berliner Zeitung
In der Studie, in der seit 2002 rund zweitausend Deutsche regelmäßig nach ihren Einstellungen befragt werden, gaben 75 Prozent an, dass eine Bedrohung des Lebensstandards die Solidarität mit Schwächeren verringert. Gleichzeitig aber stimmten 89 Prozent der Befragten der Aussage zu, dass die Deutschen sich in der Krise wieder mehr auf Werte besinnen müssten.
Anstelle des Zeitungsberichts empfehle ich für Interessierte zusätzlich die etwas aufschlussreichere Kurzpuplikation des IKG (Institut für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung) aus dem letzten Jahr. In dem Zeitungsbericht heißt es nämlich am Ende, dass die negativen Einstellungen gegenüber Langzeitarbeitslosen im Vergleich zum Vorjahr abgenommen hätten. Das sei ein positiver Trend, so die Zeitung. Im Kurzbericht aus dem letzten Jahr liest sich das noch anders:
Eine längerfristige Aussage über die Entwicklung der Abwertung von Langzeitarbeitslosen ist derzeit noch nicht möglich, da dieses Element erst 2007 in das Syndrom aufgenommen wurde. Jedoch zeigen sich in diesen zwei Jahren leichte Anstiege. So stimmten in 2008 63,4% der Aussage zu, dass es empörend ist, wenn sich Langzeitarbeitslose auf Kosten der Gesellschaft ein bequemes Leben machen (2007: 60,8%).
Die Entwicklung der Abwertung von Langzeitarbeitslosen ist noch wenig aussagekräftig, da sie erst in 2007 und 2008 erhoben wurde und bislang keinen Unterschied aufweist.
Die Werte in diesem Bereich seien eher stagnierend, so die Forscher letztes Jahr. Nun kann sich in einem Jahr viel verändert haben, jedoch glaube ich nicht an positive Trends, vor allem wenn die obigen Werte nur etwas zurückgegangen sein mögen. Leider gibt es dazu auf der Seite des IKG keine aktuellen Zahlen. Die Sache mit den Trends ist also so eine Sache, aber da liegt im Grunde auch die Schwäche der Studie. Sie bleibt weitestgehend an den ermittelten Daten haften und verzichtet auf eine Spiegelung an den realen gesellschaftlichen Verhältnissen. Das übernehmen dann die berichtenden Medien, die für sich die Daten entsprechend interpretieren. Siehe dazu eine schöne Zusammenfassung auf heise-online unter dem Titel „Kalte Gesellschaft, aufgefressen von Angst“.
Dort teile ich aber nicht die abwertend klingende Feststellung, die Studie würde nur ein sich jährlich wiederholender Warnmelder sein. Gerade diese Warnungen sind wichtig, um die Bundesregierung daran zu erinnern, dass sie mehr tun muss, als gedankenlose Klientelpolitik zu betreiben.
DEZ