Schäuble und das lustigste Statement des Tages

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In der Bild am Sonntag vergleicht Bundesfinanzminister Schäuble die aktuelle Wirtschaftskrise mit dem Fall der Mauer (siehe FAZ).

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) ist davon überzeugt, dass die Finanzkrise ähnliche gravierende Folgen in Wirtschaft und Politik haben wird wie das Ende des Ost-West-Konflikts. „Die Finanzkrise wird die Welt so stark verändern wie der Fall der Mauer. Die Gewichte zwischen Amerika, Asien und Europa verschieben sich dramatisch. Und diese Entwicklung ist noch längst nicht zu Ende“, sagte Schäuble in einem Interview mit der „Bild am Sonntag“.

Und er hat Recht. Die Finanzkrise verändert die Welt, aber die Politik ändert nichts. Dr. Wolfgang Opfer-Schäuble belässt es bei devoten Appellen an die Verursacher der Finanzkrise.

Der Finanzminister appellierte an die deutschen Banken, ihr in der Krise geschrumpftes Eigenkapital zu erhöhen, um in der jetzt einsetzenden Aufwärtsbewegung der Wirtschaft den Unternehmen ausreichend Kredite geben zu können. In der Wiederauffüllung der Bilanzen mit Eigenkapital hinken nach seiner Ansicht die deutschen Banken im internationalen Vergleich hinterher. „Dafür bietet der Bankenrettungsfonds Hilfen und ich kann an die Kreditinstitute nur appellieren, diese Hilfen auch anzunehmen.“

Was diese Bettelei soll, habe ich nie verstanden. Warum bestimmt der Finanzminister nicht selbst, wie das bei den Banken laufen soll. Schließlich reicht er auch das Geld hinüber. Wenn sich Schäuble und Merkel darüber mokieren, dass die Banken nicht das machen, was sie ihrer Meinung nach tun sollten, müssen doch Gestze her, die von vorneherein das Risikoverhalten der Banken mäßigen. Ist das etwa so schwer zu verstehen? Offensichtlich, sonst würden Merkel und Schäuble nicht dauernd über Raffgier und Egoismus jammern.

Warum folgt man nicht endlich dem Vorschlag von James K. Galbraith zu Beginn des Jahres, nur für die Einlagen der betroffenen Banken zu garantieren und ansonsten solche maroden Institute wie IKB, HRE, Commerzbank und Dresdner Bank auch Pleite gehen zu lassen, anstatt sie mit Milliarden Steuergeldern vollzupumpen? Was spricht denn dagegen, diese Banken für insolvent zu erklären? Die Systemrelevanz? Was ist das denn? Das hat bis heute keiner erklären können.

Doch ziemlich genau können wir uns vorstellen, welche Zeitbomben in den Bilanzen der betroffenen Banken versteckt sind. Galbraith zu den amerikanischen Banken:

„Als allererstes müssen diese Wertpapiere, die aus den Büchern der Banken verschwinden sollen, geprüft und bewertet werden. Bisher habe das Minimum an Prüfung gezeigt, dass bei einem großen Anteil dieser Papiere Täuschung und Betrug in den Dateien zu finden ist. Kein Außenseiter, der diese Papiere angemessen überprüft, würde sie ihren Kunden empfehlen. Das ist das Problem.

Daher könne man schließen, dass diese Banken nicht mehr gerettet werden können, denn sie seien insolvent.“

Quelle: NachDenkSeiten

Was Galbraith für Amerika fordert, kann man auch auf die deutschen Banken übertragen. In deren Bilanzen lagert derselbe Giftmüll – immer noch. Anstatt das Management von Banken anzubetteln, staatliches Geld zu nehmen und ansonsten darum zu bitten, eine geistig moralische Wende zu vollziehen, sollte man diese Versager und Verbrecher einfach rausschmeißen und wenn möglich auch jene Anleger/Eigentümer bestrafen, die sich an den riskanten Geschäften beteiligt haben und nunmehr so tun, wie im Enteignungsprozess bei der HRE geschehen, als würde man ihnen einen wertvollen Besitz wegnehmen.

So verdient am Ende auch Schäubles Pointe keinen Beifall. Eher fassungslos lässt er den Leser mit den Worten stehen:

„Aber die Erfolgreichen haben auch eine besondere Verantwortung den Nicht-so-Erfolgreichen gegenüber: Sie müssen vermitteln, dass dieses System fair und gerecht ist. Und dafür braucht es ein gewisses Maß an Zurückhaltung. Damit unsere Gesellschaft zusammenhält, müssen ‚die da oben‘ auch Verständnis für ‚die da unten‘ haben. Das Gefühl, dass es in der Welt gerecht zugeht, darf nicht immer schwächer werden.“

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Zum Kurzarbeitergeld

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Seit letzter Woche wissen wir, dass die Betrugsfälle zunehmen (siehe Die Zeit).

Die Zahl der vermuteten Betrugsfälle beim Kurzarbeitergeld steigt weiter an. Anfang dieser Woche registrierte die Bundesagentur für Arbeit (BA) schon 578 Unternehmen, die mutmaßlich zu Unrecht staatliche Unterstützung kassiert haben. Vor ein paar Tagen waren erst knapp 540 Fälle bekannt. Inzwischen könnten nach Angaben der BA bundesweit bis zu 40.000 Beschäftigte in die Betrugsfälle involviert sein. Die mögliche Schadenshöhe lässt sich der Behörde zufolge nicht abschätzen.

Ich würde mir an Stelle der BA auch keine Schätzung trauen. Zumal man dann eine diesmal sehr berechtigte Debatte über Leistungsbetrüger auf der Unternehmensseite führen müsste. Die BA traut sich vielleicht auch deshalb keine Schätzung des Schadens zu, weil Arbeitsminister Jung in der Kurzarbeitergeldlösung seines Vorgängers ein erfolgreiches Arbeitsmarktinstrument sieht. Er will die Regelung nämlich verlängern, die nach gegenwärtigem Stand zum Jahresende ausläuft.

Da merkt man richtig, wie einem die geballte fachliche Kompetenz entgegenschlägt. Man ist entschlossen, der eigenen Ahnungslosigkeit ein aufgesetztes Gesicht zu geben. Vor allem auch vom liberalen Brüderle hört man keine neuen Gedanken. Er trägt die Verlängerung des Kurzarbeiter-Mists einfach mit. Seine Durchhalteparolen klingen wie folgt:

„Gegen diese sinnvolle und befristete Maßnahme sind wir Liberale nicht.“

Der Arbeitsmarkt habe sich erfreulicher entwickelt, „als wir es alle befürchtet hatten. Da war das Kurzarbeitergeld eine sinnvolle Regelung, weil so die Fachkräfte in den Betrieben gehalten werden können. Noch sind wir aber nicht über den Berg, es drohen weitere Firmenpleiten.“
Quelle: Stern

Brüderle und Jung scheinen die Fakten weiterhin ignorieren zu wollen. Die OECD rechnet für 2011 mit 4,3 Millionen Arbeitslosen in Deutschland (9,7 Prozent) und den beiden fällt nix weiter dazu ein, als die Kurzarbeit zu verlängern, bis irgendwann einmal ein Wunder geschieht, auf das beide wohl hoffen. Sollte man sich damit etwa zufrieden geben?

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Annette Schavan und ihr Bildungs-Riester oder Meinungsmache, wie Botschaft B die Botschaft A transportiert

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Gestern staunte ich nicht schlecht, als Bundesbildungsverweserin Annette Schavan mit dem Vorschlag aufwartete, privates Sparen für die Ausbildung der Kinder staatlich fördern zu wollen. In nahezu allen Medien kam dann folgende Meldungskonstruktion.

Bildungsministerin Annette Schavan (CDU) will die Förderung von Studenten aus einkommensschwachen Haushalten langfristig um ein Bildungssparen ergänzen, vergleichbar der Riester-Rente oder dem Bausparen.

Weil, so die Ministerin, sich gezeigt habe, dass solche Modelle in der Praxis gut funktionierten. Also Botschaft B ist die Ankündigung in Sachen Bildung etwas tun zu wollen, weil man die Probleme erkannt zu haben scheint. Doch diese Botschaft B dient nur einem Zweck, die Botschaft A, dass nämlich staatlich gefördertes privates Sparen wie die Riester-Rente ein Erfolgsmodell sei, zu transportieren.

Dabei ist genau das Gegenteil richtig. Die staatlich geförderte Riester-Rente ist ziemlich deutlich gescheitert, vor allem auch deshalb, weil einkommmensschwache Haushalte nichts vom Ersparten im Alter haben werden, da die Riester-Rente mit der Grundsicherung verrechnet wird.

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Die Vorbereitungen zur neuen Kaufrauschkampagne laufen an

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Es wird langsam weihnachtlich, finden jedenfalls die Klimaforscher der GfK und haben mal wieder rumgefragt, wie viel Geld die Deutschen für Geschenke dieses Jahr ausgeben wollen. Also ich kann mich da jetzt noch zurückhalten, aber nicht die Medien, die dringend wieder eine positive Schlagzeile gegen die Krise setzen wollen.

Die Welt am Sonntag titelt mal wieder:

Weihnachten kennt keine Krise

GfK-Umfrage für die „Welt am Sonntag“: Die meisten Deutschen wollen nicht an den Geschenken sparen.

Unter dem Christbaum wird in zwei von drei Haushalten von der Wirtschaftskrise nichts zu spüren sein: Fast 60 Prozent der Deutschen wollen für Weihnachtsgeschenke in diesem Jahr ebenso viel Geld ausgeben wie 2008. Dies ergab eine exklusive Umfrage des Marktforschungsunternehmens GfK für die „Welt am Sonntag“. Sieben Prozent planen sogar, trotz der Krise tiefer in die Tasche zu greifen, während 26 Prozent der Geschenkekäufer diesmal sparen wollen. Insgesamt zeigen sich die Männer spendabler als die Frauen.

Dass zwei Drittel der Befragten trotz der Serie von Negativschlagzeilen aus der Wirtschaft und Sorgen um den Arbeitsplatz zumindest nicht weniger in die Päckchen unterm Weihnachtsbaum investieren wollen, dürfte den krisengeschüttelten Händlern wie Glockengeläut in den Ohren klingen.

Diese Jubelmeldung ist in doppelter Hinsicht schwachsinnig. Erstens kann man auf die Messungen der GfK getrost verzichten, weil die nur Absichten feststellen und keine real verwertbaren Daten messen und zweitens könnte man die Jubelaussage, dass die Menschen mindestens so viel ausgeben wollen, wie letztes Jahr, mal mit den realen Zahlen vom letzten Weihnachtsgeschäft vergleichen.

Das statistische Bundesamt ermittelte für den Dezember 2008 folgende Daten:

Im Dezember 2008 erzielte der Einzelhandel in Deutschland nominal 0,6% mehr und real 0,3% weniger Umsatz als im Dezember 2007.

Insgesamt sanken die Umsätze im Jahr 2008 real um 0,4 Prozent gegenüber 2007. Damals titelte die Welt zum Weihnachtsgeschäft ähnlich euphorisch, Grund war ebenfalls eine wirklichkeitsfremde Klimamessung der GfK:

Die Deutschen sind immun gegen Rezessionsangst

Ich berichtete in diesem Blog letztes Jahr unter anderem hier.

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Buchtipp: Das kritische Jahrbuch 2009/2010, von den Machern der NachDenkSeiten

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Das kritische Jahrbuch 2009/2010

Zum dritten Mal erscheint am 15. Dezember „Das kritische Jahrbuch“ der NachDenkSeiten.
Nach dem kritischen Jahrbuch 2007 und dem kritischen Jahrbuch 2008/2009 folgt nun „Das kritische Jahrbuch 2009/2010“.

Viele Leserinnen und Leser wollen Texte aus den NachDenkSeiten auch in Buchform verfügbar haben. Diesem Wunsch kommen wir auch dieses Jahr wieder gerne nach. Wir sind sicher, dass auch „Das kritische Jahrbuch 2009/2010“ für viele unserer Leserinnen und Leser wieder ein willkommenes Geschenk für kritische Freunde sein wird.

Quelle: NachDenkSeiten

Das letzte Jahrbuch endete unter anderem mit den Sätzen,

„Lassen Sie sich nichts vormachen: hinter den Schuldzuweisungen und auch hinter den (zaghaften) Schuldeingeständnissen verbergen viele, der angeblich vom Saulus zum Paulus Bekehrten, nur ihre Absicht des „Weiter-So“.

„Bis hierher und nicht weiter“ muss unsere Antwort sein.“

Nach dem letzten Bundestagswahlergebnis müssen wir nun schmerzlich erkennen, dass es politisch gesehen einfach so weitergehen wird. Die scheinbar vom Saulus zum Paulus Bekehrten haben sich längst zurückverwandelt und predigen wieder ihre nie abgelegten Dogmen. Nach der Wahl jubelten vor allem private Krankenversicherungen, Ärzteverbände, die Pharmaindustrie, Apotheker und die Arbeitgeberverbände. Zudem kann sich die Finanz- und Versicherungsindustrie über neues Futter freuen. Mit der Zwangspflegeversicherung, der Kopfpauschale oder einem Riestersparmodell in der Bildung eröffnen sich neue Geschäftsfelder. Der Ausverkauf öffentlichen Eigentums wird verstärkt fortgesetzt. Die Privatisierung der Bahn zum Beispiel steht wieder auf der Tagesordnung.

In dem neuen Buch von Albrecht Müller und Wolfgang Lieb kann es also nur darum gehen, den Faden kritischer Aufklärung nicht abreißen zu lassen und ein Bewusstsein für den unumgänglichen Protest zu schärfen.

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Petition: Steuerpolitik – Einführung einer Finanztransaktionsteuer

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Attac erinnert an die Petition Steuerpolitik – Einführung einer Finanztransaktionsteuer vom 06.11.2009. Zeichnen sie noch bis zum 3. Dezember online hier mit.

Der Deutsche Bundestag möge beschließen: Bundesregierung und Bundestag werden aufgefordert, eine Finanztransaktionssteuer einzuführen und dafür einzutreten, dass sie auch von anderen Ländern umgesetzt wird. Diese Steuer bezieht alle spekulationsrelevanten Finanztransaktionen ein. Bis diese Steuer EU- oder weltweit umgesetzt ist, sollen auf nationaler Ebene vorbereitende Schritte unternommen werden, z.B. unterstützende parlamentarische Entschließungen oder die Einführung einer Börsenumsatzsteuer.

Die Attac-Mail finden sie hier:

http://www.attac.de/newsletter/public/archive.php?id=143

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