Gestern staunte ich nicht schlecht, als der Chefredakteur von ARD-Aktuell Kai Gniffke seine Meinung in den Tagesthemen ausbreiten durfte. Thema war die SPD und im Einzelnen das Verhalten von Christoph Matschie in Thüringen, welches der Chefredakteur verteidigte. Matschie hätte recht mit seiner Entscheidung, nicht den einfacheren Weg zu rot-rot zu gehen. Matschie tue es für das Land, weil nicht die SPD ihr Verhältnis zur Linkspartei, sondern umgekehrt die Linke ihr Verhältnis zur SPD ändern müsse. Und jetzt kommt’s. Die Linke müssse sich entscheiden, ob sie an der Seite einer selbstbewussten SPD verantwortliche Politik machen will oder weiter dem Populismus frönen möchte. Da habe ich das erste Mal gelacht und gleichzeitig mit dem Kopf geschüttelt, da dem Chefredakteur offensichtlich die realen Kräfteverhältnisse in Thüringen aus dem Hirn gefallen sind.
Aber es ging noch weiter. Auch die Bundes-SPD solle nicht einfach nach links rücken, weil es dann angeblich zu einem Überbietungswettbewerb populistischer Forderungen käme. Irgendwie habe ich das Gefühl, solche Journalisten bräuchten einen Arschtritt oder zumindest einen Zwangsaufenthalt in ihrem eigenen Archiv. Herrn Gniffke sollte man die Elefantenrunde vom Sonntag noch einmal in Dauerschleife vorführen. Vielleicht erkennt der Chefredakteur dann, dass die Linkspartei nicht an einem Überbietungswettkampf und einer weiteren Zerstörung der SPD interessiert ist, sondern das Gegenteil der Fall war. Lafontaine war entsetzt über das Abschneiden der SPD. Er sagte wortwörtlich:
„Wir wollten eine linke Mehrheit und keine Schwächung der SPD
Und genau das ist der Punkt, den Gniffke, seine korrupten Medienhanseln und weite Teile der Führungs-SPD selbst nicht begreifen wollen. Die SPD ist selbst verantwortlich für ihr Scheitern, gerade weil sie eine Politik zu verantworten haben, die die Mehrheit der Bevölkerung ablehnt. Doch dann kommt Schützenhilfe vom Chefredakteur von ARD-Aktuell. Der dämlichste Satz des Tages:
„Warum um alles in der Welt schämt sich die SPD dafür, dass sie mit der Agenda 2010 Millionen Menschen aus der Arbeitslosigkeit geholt hat?“
WEIL ES NICHT STIMMT, HERR GNIFFKE!!!
Wie kann man nur so dumm und ignorant sein und die gescheiterte Agendapolitik noch immer zum Aushängeschild der SPD machen wollen. Steht die SPD noch nicht tief genug, Herr Gniffke? Aber dann kommt Herr Gniffke mit seiner Schlussformel. Die neue Führungscrew muss Vertrauen zurückgewinnen. Es muss den Menschen das Gefühl gegeben werden, die tun was für uns und nicht für sich. Da habe ich dann zum vorletzten Mal gelacht und mit dem Kopf geschüttelt. Christoph Matschie macht in Thüringen doch genau das. Er hat nicht für die Menschen entschieden und seinen im Wahlkampf propagierten Politikwechsel vollzogen, sondern nach den durchaus lukrativen Posten in einer neuen Regierung gegriffen.
Für Gniffke ist indes klar, die Luftbuchungen von FDP und Linken müssten entzaubert werden. Dafür hätte es einen wie Peer Steinbrück gebraucht, der sich als kompetenter Krisenmanager bewährt habe. Dessen Fehlen beklagt der Chefredakteur von ARD-Aktuell. Wissen sie, ich beklage mich nicht über das Fehlen von Peer Steinbrück und würde mich auch nicht darüber beschweren, wenn der Chefredakteur von ARD-Aktuell nach dieser Propaganda-Nummer gestern in den Tagesthemen seinen Hut nehmen würde. Unmöglich so etwas.
Quelle: Tagesthemen
OKT