Post von Guido Westerwelle

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Auch der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle hat mir einen Brief geschickt, in dem er um meine Stimme bei der Bundestagswahl wirbt. Interessant ist zunächst einmal, dass die FDP für diesen Brief meine formale Anschrift verwendet hat. Da stellen sich die Fragen, wie kommen die daran, wer hat sie ihnen verkauft und ist das nicht strafbar? Guido Westerwelle selbst würde mit Sicherheit von „Stalking“ sprechen. :DD

Doch nun zum Inhalt. Wirklich lustig.

„Wir wollen, dass unser Land von der Mitte aus regiert wird und nicht von den Rändern.“

Da scheint der Herr Westerwelle auch unter einem Wahrnehmungsproblem zu leiden. Denn die FDP ist doch die größte Randpartei im deutschen Bundestag. Sie macht keine Politik für die Mitte, sondern für eine Klientel, die viel kleiner ist, als jene gesellschaftlichen Gruppen, die von anderen kleineren Parteien angesprochen werden. Und dankenswerterweise liefert mir Guido Westerwelle in seinem Brief auch noch den Beweis.

„Wir werden ein faires Steuersystem durchsetzen. Wir wollen vor allem kleine und mittlere Einkommen entlasten und unmittelbar nach der Wahl mit den Familien beginnen.“

Da Guido mit Zahlen in seinem Brief geizt, gebe ich meinen Lesern selbige mal zur Kenntnis. Die FDP versteht unter einem „fairen Steuersystem“ ein dreistufiges Einkommenssteuersystem mit einem Grundfreibetrag für jedes Familienmitglied in Höhe von 8.004 Euro. Die ersten 20.000 Euro über dem Grundfreibetrag werden nach dem FDP-Modell künftig mit einem Steuersatz von 10% berechnet, die nächsten 30.000 Euro mit einem Steuersatz von 25% und wer dann noch mehr verdient, also insgesamt über 58.004 Euro Einkommen im Jahr hat, soll ab dieser Höhe mit einem Satz von 35% besteuert werden.

Mit diesem Modell sorgt die FDP insgesamt für ein Absinken der Grenz- und Durchschnittssteuerbelastung quer durch alle Einkommensgruppen. Also kann man aus dieser Perspektive betrachtet durchaus von einer Entlastung sprechen. Mal abgesehen davon, dass höhere Einkommen viel deutlicher entlastet werden, da sie auch und gerade von der Abflachung der Eingangssteuersätze profitieren, bleibt doch nun eine entscheidende Frage. Welche Konsequenzen ergeben sich aus einer Steuerreform, die seriösen Berechnungen folgend, zu einem staatlichen Einnahmeausfall in Höhe von 89 Mrd. Euro führt. Und darauf gibt Westerwelle in seinem Brief Antwort.

„Wer arbeitet, muss mehr haben als derjenige, der nicht arbeitet.“

Was verständlich und relativ unblutig klingt, ist in Wahrheit die Formel für ein grausames Streichkonzert bei denen, die auf staatliche Transferleistungen angewiesen sind. Es ist die Formel für den weiteren Abbau des Sozialstaats, für eine Verschiebung von sozialen Kosten in die Privatsphäre, wie die Absicherung von individuellen Risiken wie Krankheit, Pflegebedürftigkeit, Arbeitslosigkeit und Rente, die bisher von einer breiten Solidargemeinschaft getragen wurden. Deshalb fordert die FDP mehr Netto vom Brutto. Sollte die FDP mitregieren, werden sie die zusätzlichen Euros im Portemonaie dringend brauchen, reichen wird das Geld dann aber hinten und vorne nicht. Denken sie daran, dass die FDP einen steuerlichen Einnahmeausfall von rund 89 Mrd. Euro gegenfinanzieren muss.

Und zum Schluss schreibt Westerwelle noch folgende Begründung, warum man die FDP wählen sollte.

„Wir werden den Respekt für die Bürgerrechte wieder stärken. Wenn das Bankgeheimnis aufgehoben wird, Computer willkürlich durchsucht werden können, Mitarbeiter von Unternehmen ausgespäht werden, dann kommen die Bürgerrechte unter die Räder.“

Dann kann man also davon ausgehen, dass sich die FDP, weil sie das Bankgeheimnis an erster Stelle der schützenswerten Bürgerrechte nennt, dafür einsetzen wird, dass Behörden der Zugriff auf Konten von Leistungsempfängern nicht mehr gestattet wird und dass Ämter auch nicht mehr unter Androhung von Leistungskürzungen gegenüber den Betroffenen den Zugriff auf Konten einfordern dürfen. Aber wahrscheinlich meint die FDP, dass nur jene Konten vor dem staatlichen Zugriff geschützt werden sollten, die mit Hilfe von Steuerhinterziehung auch im Ausland befüllt worden sind. Da muss man eben den liberalen Leistungsgedanken beim Verständnis der Guidoischen Zeilen mit einbeziehen.

An zweiter Stelle nennt Herr Westerwelle die willkürliche Durchsuchung von Computern, die es, wenn ich ihn richtig verstehe, nicht geben dürfe. Die Daten auf dem heimischen PC sind ein schützenswertes Bürgerrecht. Das muss der Bundesvorsitzende dann aber noch dringend seinen mitregierenden Parteikollegen in Hessen und Sachsen vermitteln. In Sachsen zum Beispiel haben sich FDP und CDU kürzlich darauf geeinigt, dass das Abhören von Internet-Telefonaten vor beziehungsweise nach einer Verschlüsselung direkt auf dem Rechner des Betroffenen zulässig sein soll (Quelle: heise online). Die eingesetzte Technik ist vergleichbar mit jener, die zu Online-Duchsuchungen eingesetzt wird.

Dem Schreiben von Guido Westerwelle liegt ferner noch ein Antwortbogen bei, in dem ich Infomaterial zur Politik der FDP und oder Unterlagen für eine FDP-Mitgliedschaft anfordern kann. Darunter steht dann, „Machen Sie sich für die Freiheit stark:“ und eine Auflistung, wie man das durch persönlichen Einsatz erreichen könne. Und ein Punkt ist richtig lustig:

  • Bieten Sie in Internet-Blogs der Linken und Rechten Paroli und halten Sie die liberale Fahne für die vergessene Mitte in Deutschland hoch.

Die FDP hat entweder keine eigenen nennenswerten Blogs und Internetaktivitäten, mit denen sie die Leute erreichen und langweilen kann, noch hat sie begriffen, dass der Extremismusvorwurf, indem man Linke und Rechte im gleichen Atemzug nennt, immer auch ein Ausdruck der eigenen Argumentationsschwäche ist. Im Übrigen ist die zuschreibende Gleichmacherei links wie rechts böswillige Demagogie. Der FDP unterstellt man ja auch nicht, sie trüge mit dem „F“ den Faschismus im Namen, obwohl sie alle Kriterien deselben erfüllen würde.

Nationalistisch („Fahne hochhalten“), populistisch („vergessene Mitte“) und ausgeprägter Führerkult (Guido, die selbst ernannte „Freiheitsstatue“, die keine Wahlniederlage umzuwerfen vermag).

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Bundestagswahl: Kopf-an-Kopf-Rennen? – So ein Blödsinn

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Über diese Schlagzeile muss man sich wirklich wundern. Die Umfrageinstitute vermelden eine wackelnde Mehrheit auf Seiten des sog. „bürgerlichen Lagers“ aus CDU und FDP. Das „linke Lager“ hole auf, lautet die Botschaft. Bis zum 27. September steige die Spannung. Welche Spannung? Es gibt doch überhaupt keine. Die SPD liegt immer noch 10 Prozentpunkte hinter der Union. Sollte es nicht zu einer schwarz-gelben Mehrheit kommen, gibt es die Große Koalition. Wer also angesichts dieser Fakten über ein Kopf-an-Kopf-Rennen siniert, hat schlichtweg ein ernsthaftes Wahrnehmungsproblem.

Es ist auch sehr merkwürdig, dass man hier von Lägern spricht. Im Grunde gilt für die fünf Parteien CDU, CSU, FDP, SPD und Grüne doch eines. Nicht mit der Linkspartei. Somit muss die Linke auch aus der Betrachtung herausfallen und als eigenes Lager gezählt werden. Dann stünde es 48 Prozent für Schwarz-Gelb zu vielleicht 36 Prozent Rot-Grün. Nach Kopf-an-Kopf sieht das dann aber nicht mehr aus. Eher nach weit abgehängt oder weit voraus, je nachdem, welchen Blickwinkel man bevorzugt. Wenn also der SPD-Vizekanzlerkandidat Steinmeier Schwarz-Gelb verhindern will, braucht er zwangsläufig die Linke. Lustig was? Er tut aber so, als würde seine Partei das Zünglein an der Waage sein, und er berechtigte Chancen auf den Kanzlersessel haben. Einfach verrückt.

Die Medien scheinen das auch nicht so richtig einsortieren zu können und plappern derweil den Unsinn von einer Richtungsentscheidung nach. Wenn dem so wäre, könnte man Steinmeier darauf festnageln und ihn vorführen bzw. fragen, warum er denn schwarz-gelb mit Hilfe der Linkspartei verhindert und nicht aus eigener Kraft. Der Logik seiner Argumente folgend, müsste sich Steinmeier am Wahlabend nämlich hinstellen und verkünden, dass er eine schwarz-gelbe Minderheitsregierung aus Merkel und Westerwelle durch seine Partei tolerieren lässt, da ein Linksbündnis keinesfalls machbar sei. Die Regierung aus CDU und FDP zu verhindern, hieße ja, die Mehrheitsverhältnisse, die dann bestünden, zu nutzen. Das will der Steinmeier aber nicht. So und nun muss man mal die grauen Zellen etwas anstrengen und sich fragen, was eine Große Koalition, die ja dann kommen muss, eigentlich politisch repräsentiert.

RICHTIG! SCHWARZ-GELB!

Die Große Koalition ist nämlich inhaltlich nichts anderes als die Tolerierung einer schwarz-gelben Regierung durch die SPD, nur mit größerer Mehrheit und anderen Karrieristen in den entscheidenden Funktionen. Ich frage mich immer wieder, warum man Herrn Steinmeier nicht in schärfster Form auf diesen Sachverhalt anspricht und ihn damit konfrontiert, dass wesentliche Teile seines Wahlprogramms wie die Einführung von flächendeckenden Mindestlöhnen zum Beispiel oder einer gerechteren Besteuerung von hohen Einkommen und Vermögen nie und nimmer umgesetzt werden können. Im gestrigen NDR-Hörfunkinterview widersprach sich der Vizekanzlerkandidat, ohne dass die fragenden Journalisten da nachhakten.

In Bezug auf die Linkspartei sagte er, eine Zusammenarbeit sei nicht möglich, da es inhaltlich nicht ginge, wegen der ablehnenden Haltung der Linkspartei zu Auslandseinsätzen der Bundeswehr und hier insbes. Afghanistan und zum Vertrag von Lissabon. Bei der Option einer Fortsetzung der großen Koalition aber, die Kollege Steinbrück öffentlich nicht für ein Unglück hält, sagte Steinmeier, dass eine Zusammenarbeit sich immer daran orientieren müsse, was inhaltlich möglich sei. Die Zusammenarbeit demokratischer Parteien in einer Demokratie dürfe nicht als Unglück gelten oder als solches empfunden werden, so Steinmeier. Der entscheidende Maßstab sei, was könne man mit einem Partner erreichen und was nicht.

Donnerwetter!, dachte ich. Die Journalisten im Studio offenbar auch und fragten dann prompt, aber widersinnig, ob eine Große Koalition dann nicht von vorn herein die bessere Option für die SPD sei, weil man sich schließlich kennen würde. Eigentlich hätte man in Kosequenz aus dem Gesagten unmissverständlich folgern müssen, dass Steinmeier und die SPD lieber als Juniorpartner in einer verdeckt arbeitenden schwarz-gelben Regierung in Afghanistan Krieg führen wollen, als in einer eigenen Regierung in Deutschland nachhaltig für soziale Sicherheit und witschaftliches Wachstum zu arbeiten. So sieht es aus. Ganz nach dem Motto, was mit einem Partner machbar ist und was nicht.

Die SPD stellt in ihrer derzeitigen Verfassung keine Alternative dar. Sie zu wählen, bedeutet immer, für die Fortsetzung einer Großen Koalition oder wie wir jetzt wissen, für eine verdeckt arbeitende schwarz-gelbe Regierung zu votieren. Aus Sicht der FDP ist dieser Zustand eigentlich komfortabel und genial. Haben sie sich nicht auch schon gefragt, warum Guido Westerwelle so viele Bundestagswahlen als Verlierer unbeschadet überstanden hat und es sich leisten kann, Machtoptionen kindisch auszuschließen? Weil er eben und seine Strippenzieher, also ein riesiger Lobbyhaufen aus Finanz- und Versicherungsakteuren, Gewinner sind. Ihre politischen Ziele und Interessen werden in einer Großen Koalition hinreichend bedient, ja selbst unter Rot-Grün war das so. Hinterher müssen sie sich nicht verantworten, da sie offiziell nicht an der Regierung beteiligt waren und können als Jäger in Wahlkämpfen ordentlich punkten.

Darum von mir wieder der Aufruf, setzen sie ihre beiden Stimmen weise ein und gehen sie am 27. September wählen. ;)

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