Zum TV-Dreikampf im Ersten – Wahlwerbung für die FDP

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Gestern Abend lief eine Wahlkampfsendung mit den Spitzen der drei Oppositionsparteien im deutschen Bundestag in der ARD. Moderatoren und Fragensteller waren Jörg Schönenborn vom WDR und Sigmund Gottlieb vom Bayerischen Rundfunk. Vorweg, ich habe in die Sendung hineingeschaltet und nicht alles von Anfang an gesehen. Dennoch sind mir einige Merkwürdigkeiten aufgefallen. Zunächst einmal zu Herrn Schönenborn, der für die ARD eigentlich Umfragen präsentiert und gestern wie erwartet als dummer Einfaltspinsel auffiel. Zum Beispiel stellte er die Rentenfrage. Und zwar wandte er sich an Jürgen Trittin mit der Frage, warum man vor dem Hintergrund der Einführung der Rente mit 67 nicht einfach sagen könne, da hätte jemand an die Zukunft gedacht. Künftige Generationen müssten nicht die Zeche zahlen. Zum Zweiten sagte Schönenborn wahrheitswidrig, in Sachen Abschaffung der Rente mit 67 seien sich alle Oppositionsparteien einig.

Die Neue Presse Hannover spricht heute auch von der einen Gemeinsamkeit in Bezug auf die Abschaffung der Rente mit 67. Ohne Umschweife, das ist versteckte Wahlwerbung für die FDP. Denn wenn man Guido Westerwelle genau zugehört hat, wird man vielleicht bemerkt haben, wie er seine Vorstellung einer gerechten Rente begründet. Im Sinne der Versicherungswirtschaft nämlich. Die Branche hat mittlerweile ja erkannt, dass sich Geringverdiener eine private Zusatzrente erstens nicht leisten können und zweitens nichts von ihr haben, da der Gesetzgeber die Privatrente im Alter mit der Grundsicherung verrechnet. Die Pointe mit der Riester-Rente hatten ja die Kollegen von Monitor 30 Jahre zu früh verraten. Und das ist sehr wichtig, um zu verstehen, warum Westerwelle einen geheuchelten sozialen Schwenk vollzieht und nunmehr für ein höheres Schonvermögen eintritt.

Das ist doch glasklar. Die Leute sollen weiter die Renditen der großen Versicherer und Finanzinstitute bezahlen und nicht auf die Idee kommen, dass ihnen die vielen Zusatz-Sinnlosversicherungen nichts weiter bringen als Kosten und Ärger. Logischerweise muss man dann auch der immer größer werdenden Gruppe von Arbeitslosen einen höheren Schonbetrag lassen. Denn Westerwelle will das Geld nicht für den Staat, sondern für die Finanzindustrie, als dessen Anwalt er in Wirklichkeit immer wieder auftritt. Ich fand es schade, dass Lafontaine dieses miese Drecksspiel nicht offen angesprochen hat, zumal er Herrn Schönenborn harsch anging, als dieser mit Zahlen vom Versicherungslobbyisten Raffelhüschen kam und wieder so tat, als seien die einer seriösen Forschung entsprungen. Auch daran können sie sehen, dass Schönenborn als Vertreter der Meinungsforschung im Fernsehen einfach untragbar ist.

Es ist unerträglich, wie sich Westerwelle als Vorkämpfer einer Mittelschicht inszeniert, aber in Wahrheit die Interessen der immer gleichen Klientel bedient. Das können sie in einigen Ärzte-Wartezimmern der Republik unter Umständen sehen. Die Partei eigene Initiative Ärzte empfehlen FDP – Und die FDP empfiehlt den Ärzten Infomaterial hat bereits Anklang gefunden und zahlreiche niedergelassene Ärzte pflastern ihre Wände und Türen in den Praxen mit dem FDP-Müll zu. Diese Klientel zum Beispiel würde von dem eiskalten Neoliberalismus profitieren. Wenn die Patienten mehr und mehr Rechnungen selbst bezahlen müssten, ließen sich traumhafte Renditen erzielen.

Gestern sagte Westerwelle entschlossen, mit der FDP in der Regierung höre die Gesundheitspolitik der Ulla Schmidt endlich auf. Das müssen sie als Drohung begreifen, auch wenn sie zu Recht mit der Arbeit von Ulla Schmidt unzufrieden waren. Die FDP begründet in ihrem Wahlprogramm auf Seite 6 die beabsichtigten Steuersenkungen nämlich so.

Unser einfacher und verständlicher Drei-Stufen-Tarif von 10, 25 und 35 Prozent senkt die Steuerbelastung und schafft den dringend benötigten finanziellen Spielraum für Bürger und Unternehmen: Für mehr privaten Konsum, für Vorsorge für Alter, Gesundheit und Pflege, als Impuls für Wachstum und Investitionen.

Das heißt ganz klar, dass das Gerede von mehr Netto vom Brutto nur dem einen Ziel dient. Sie sollen die durch den Staat und die gesetzliche Sozialversicherung künftig eingespaarten Kosten, gefälligst selber tragen und aus privater Tasche zahlen. Dafür werden schließlich Steuern und Abgaben gesenkt. So einfach ist das Weltbild der FDP. Glauben sie bitte ja nicht, dass sie mit einer privaten Absicherung von Gesundheitsrisiken billiger fahren, als unter dem Ordnungsprinzip einer Sozialversicherung und Solidargemeinschaft.

Es ist wirklich schade, dass keiner es vermag, den Westerwelle zu entzaubern und mit den harten Fakten und seiner Interessenverflechtung zu konfrontieren. Im Gegenteil: Die angeblichen Journalisten jagen lieber Oskar Lafontaine, um ihm dann noch dreist zu sagen, dass sie nicht bedauern würden, wenn der Chef der Linkspartei sich aus der Politik zurück zöge. Das geht doch nun überhaupt nicht. Dann hätte man statt Schönenborn und Gottlieb auch Kai Diekmann und Hugo Müller-Vogg hinstellen können.

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