Gestern schrieb Claus Lingenauber noch über den Bruch der Kieler Koalition vorwurfsvoll an die Adresse der SPD:
„Eine Koalition als Eisschrank dauergekühlt durch das frostige Klima zwischen SPD-Chef Stegner und Regierungschef Carstensen.[…]
Dafür hat der Mann mit der Fliege zu häufig gestänkert und zu viele Krisen ausgelöst. Die FDP jubelt jedenfalls schon mal. Brechen jetzt schwarz-gelbe Zeiten an?“
Heute geht die Wahlwerbung für schwarz-gelb indes unvermindert weiter. Gestern war nämlich CSU-Parteitag, bei dem Horst Seehofer Harmonie demonstrierte, obwohl er auch immer gegen den politischen Partner stänkert und unter Profilierungswahn leidet wie ein Ralf Stegner von der SPD. Für Lingenauber ist das kein Anlass, Parallelen zu ziehen und Schuldzuschreibungen über unionsinterne Krisen zu formulieren. Bei dem Thema Steuersenkungen zum Beispiel. Nein, Seehofer sei sich seiner Aufgabe bewusst. Ein kluger Kopf, der weiß was zu tun ist, wenn es um die Wurst geht.
„Mit dem begnadeten Populisten Seehofer ist es zurückgekehrt, dieses Mia-san-mia-Gefühl, das die CSU im Freistaat wieder zur 50-Prozent-Partei machen soll. Dass der CSU-Chef Angela Merkel nicht ausstehen kann, ist ein offenes Geheimnis aber wenn es um das strategische Ziel Wahlsieg geht, lobt er die Kanzlerin auch schon mal über den grünen Klee. Der Bayer weiß natürlich, dass er zum Schulterschluss gezwungen ist. Da müssen persönliche Animositäten schon mal hintanstehen. Es geht um Berlin und die Mehrheit und das Ende der ungeliebten Koalition mit der SPD.“
So hätte Lingenauber gestern auch die Strategie des „geselligen“ Peter Harry Carstensen beschreiben können. Oder verfolgt der anscheinend so harmlose Bauer aus dem Norden kein strategisches Ziel? Nein, in Schleswig-Holstein sei aufgrund der Schlammschlachten zwischen Stegner und Carstensen keine Zukunft mehr vorstellbar. Auch nach einer Neuwahl nicht. So ist das immer bei den Rechten Zeitgenossen. Lingenauber wollte gar sowas wie eine Wechselstimmung erzeugen, als er gestern etwas von einem Klimawandel für Kiel faselte.
„Merkel, Steinmeier und Co. haben bis zuletzt verantwortungsvoll Politik gemacht, haben bisher trotz des nahenden Wahlkampfes Schlammschlachten vermieden. Da kann man sich hinterher wieder in die Augen sehen. Bei Carstensen und Stegner ist das nicht vorstellbar. Schleswig-Holstein braucht nicht nur eine neue Koalition, Kiel braucht einen Klimawandel.“
Das ist offene Wahlwerbung für Schwarz-gelb, gestern wie heute, wie aus Lingenaubers Abschlussbemerkung hervor geht.
„Und Merkel scheint professionell genug, die weiß-blaue Sonderstellung zu akzeptieren, wenn sie denn Erfolg verspricht. Sie braucht ein gutes CSU-Ergebnis, um ein passables Unionsergebnis zu erreichen.“
JUL