Und was sieht man da am späten Abend? Beckmann. Zu Gast waren Oskar Lafontaine und Björn Engholm. Nun habe ich gedacht, dass einem hier in der Türkei das Hirn gelegentlich einen Streich spielen könnte, da es so unglaublich heiß ist. Wenn man sich aber die gestrige Sendung von Beckmann im Ersten anschaut, fragt man sich verwundert, welche Temperaturen im Hamburger Studio geherrscht haben müssen. Vor allem der Moderator Beckmann machte einen besonders debilen Eindruck. Total von der Rolle.
Außerdem fielen die stümperhaft durchgeführten Schnitte innerhalb des Interviews auf. Man wusste also gar nicht, ob da alle Antworten auf die dusseligen Fragen von Beckmann gesendet worden waren. Jedenfalls entpuppte sich Björn Engholm als Stichwortgeber und Spielpartner von Beckmann. Er nahm jeden Ball auf und lies sich als Kronzeuge gegen seine eigene Partei einspannen. Es ist immer dieselbe Medienmasche. Clement war ja auch so ein beliebter Spezi.
Des Weiteren wurden Lafontaine Ausschnitte präsentiert, auf die er gar nicht antworten durfte. Er konnte erst nach einem längeren Dialog zwischen Beckmann und Engholm auf den zuvor gezeigten Ausschnitt reagieren. Beckmann stellte aber ablenkend eine andere Frage an Lafontaine, die mit dem an ihn gerichteten Ausschnitt gar nix mehr zu tun hatte. Damit sollte es so aussehen, als ob Lafontaine selbst ablenken würde.
Zum Inhalt: Selten hat man so einen Müll gehört, obwohl: Mittlerweile läuft es in nahezu allen Medien so. Engholm behauptete, dass eine Koalition zweier linker Parteien, hier SPD und Linke, deshalb nicht möglich sei, weil es keine gesellschaftliche Mehrheit dafür gäbe. Die Menschen wollten so eine Konstellation nicht. Nun ja, seit 1998 gibt es im Bundestag jedenfalls eine brach liegende Mehrheit und im letzten Jahr gab es auch eine in Hessen. Dort hat man ja bekanntlich so lange gewählt, bis es für Roland Koch passte. Das braucht man für den Bund in diesem Herbst sicherlich nicht befürchten. Dort läuft der Auflösungsprozess der SPD munter weiter.
Besonders dümmlich war das Gespräch zwischen Beckmann und Engholm bezüglich der tollen Umfragewerte des von und zu, die ja ähnlich souverän seien wie die der Bundeskanzlerin. Ja der Mann mache tolle Arbeit, vertrete eine klare Linie, spreche den Bürgern aus der Seele, wenn er Millionenhilfen für größere Unternehmen ablehnt. Denn diejenigen, die befragt würden, seien vor allem in Unternehmen beschäftigt, die nicht so groß seien, sagte Engholm. Wenn es allein schon stimmen sollte, dass die Befragung nur bei Leuten in solchen Unternehmen stattgefunden hätte, wäre die Umfrage nicht zu gebrauchen. Aber Engholm hat natürlich überhaupt keinen blassen Schimmer, sondern labert nur drauf los. Solange der Moderator nickt.
Lafontaine konterte natürlich und hielt fest, dass tolle Beliebtheitswerte auch etwas mit PR zu tun haben. Er stellte weiterhin fest, dass die Menschen, die in kleineren Unternehmen tätig sind, unmittelbar abhängig sind, von der Existenz der Großen. Nicht umsonst meldeten letzte Woche zahlreiche kleinere Unternehmen im Zuge der Arcandor-Pleite ebenfalls Insolvenz an. Und ganz deutlich stellte Lafontaine fest, dass es sich eine sozialdemokratische Partei einfach nicht erlauben könne, Unternehmen mit vielen Mitarbeitern im Stich zu lassen. Welche Aufgabe hätte denn eine sozialdemokratische Partei sonst, lautete die Frage, die Lafo nicht stellte, aber jeder verstehen konnte. Da guckte der entzauberte Engholm aber ziemlich ertappt aus der Wäsche. Als Sozialdemokrat dazustehen, der gar nicht mehr seine Aufgabe zu erfassen vermag, sondern lieber die Rhetorik der Konservativen predigt, ist schon ziemlich arschig. Das konnte man in Engholms Augen deutlich sehen.
Aber gut. Auf die Napoleon-Vergleiche, die sich Lafontaine von Engholm auch wieder anhören musste, verzichte ich jetzt mal einzugehen. Ich muss jetzt wieder an den Pool. Ich brauche Abkühlung.
JUN