Beiläufig dahingeschrieben oder doch Wahlwerbung

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In den Kommentaren der Neuen Presse Hannover finden sich allerhand Satzkonstruktionen mit Aussagen, die immer so beiläufig, meist als Begründung für etwas anderes, angefügt werden. Damit soll der Eindruck erweckt werden, als hätte die beiläufige Begründung einen unumstößlichen Wahrheitsgehalt. Das ist der übliche Trick der Meinungsmache. Ich hatte ja im Zuge der ausführlichen und anbiedernden Berichterstattung über den FDP-Parteitag in Hannover bereits einen Kommentar von Anja Schmiedeke genannt, in dem sie über die Gesundheitsausgaben schrieb. Darin gab sie Folgendes von sich:

Denn egal, was wir uns wünschen würden – dass das Geld nicht reicht, um jede Medizin für alle zu bezahlen, ist offenkundig. Also müssen Entscheidungen gefällt werden – nicht nur von Ärzten, sondern von allen Mitspielern in dieser gesetzlichen Krankenversicherung wie Krankenkassen, Politik und Patientenverbände. Ziel muss eine ernsthafte Debatte darüber sein, welche Basisversorgung die Solidargemeinschaft ihren Mitgliedern zugestehen will – unabhängig vom Alter und individuellen Gesundheitsrisiken.“

Hier können sie diesen Trick sehr schön sehen. Die Behauptung ist, dass das Geld im Gesundheitssystem nicht reicht und deshalb klar sei, dass nicht jede Medizin für alle bezahlt werden könne. Die Basisversorgung sei deshalb unumgänglich. Diese Konstruktion ist nicht nur aus dem FDP-Parteiprogramm und von anderen Privatisierungsanhängern kritiklos übernommen, sondern auch in der Darstellung irreführend. Frau Schmiedeke verzichtet nämlich darauf, auf den Zusammenhang von Beschäftigung, Löhnen, Beiträgen, Bemessungsgrenzen und chronischer Reformitis im Einklang mit akuter Korruption hinzuweisen. Stattdessen tut sie so, als wären diese entscheidenden Faktoren, an denen man etwas ändern könnte, um die Finanzierungsbasis wieder zu stabilisieren, neben der schlichten Tatsache, dass bei den Leistungserbringern immer weniger Geld ankommt, gar nicht weiter wichtig. Und weil das so ist, labert man einfach die Rezepte der FDP und der Versicherungswirtschaft nach, weil die so einfach klingen und zudem in den recht knapp bemessenen Raum passen.

Den zweiten Manipulationsversuch lese ich heute von Frau Schmiedeke im Leitkommentar auf Seite 1 über das Apotheken-Urteil. Darin schreibt sie folgenden Satz:

„Doch der Gesundheitsschutz wird nicht automatisch von Kapitalgesellschaften missachtet, wenn sie um Gesundheitswesen mitmischen, wie die vielen privaten Investoren im Krankenhaussektor zeigen.“

Hier wird beiläufig behauptet, dass die Privatisierung des Krankenhaussektors eine Erfolgsgeschichte sei. Und das der Gesundheitsschutz durch Private Akteure nicht missachtet würde. Diese Aussage muss man entschieden zurückweisen und Frau Schmiedeke mit allem Nachdruck entgegen halten, dass die Privatisierung der stationären Versorgung nachweislich zu Lasten der Patienten erfolgt ist. Zuletzt konnte man dazu einen Bericht des Magazins Monitor vom 23.04.2009 sehen, in dem auf die Missstände in einem privaten Uni-Klinikum in Hessen hingewiesen wurde. Gewinnmaximierung auf Kosten der Patienten, lautete der Titel des Berichts.

Bei Frau Schmiedeke lese ich also auch hier zwischen den Kommentarzeilen einen FDP-Slogan, nämlich: Privat kann es besser als Staat. Damit soll der Leser kampagnenmäßig auf die Linie der FDP eingeschworen werden. Wahrscheinlich gibt das der Verleger Madsack so vor.

Nachtrag:

Frau Schmiedeke behauptet in dem zitierten Satz auch, dass es viele Investoren gäbe – also eine Art von Markt entstanden sei. Die Wahrheit ist aber, dass ähnlich wie im Energiesektor, die Kliniken unter privaten Ketten wie Helios, Asklepios, Rhön, Sana und Co aufgeteilt werden.

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Unglaublich: "Es gibt wieder Optimismus"

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Das finden zumindest die Wirtschaftsforscher Wolfgang Franz vom ZEW und mit Sicherheit auch Professor (Un)Sinn vom ifo-Institut. Deren Indizes stiegen zuletzt. Das ZEW verkündet dann auch, auf Grundlage der ermittelten Daten, dass die Wirtschaft angeblich die größte Konjunkturzuversicht seit drei Jahren aufweise. Da fällt man ja glatt vom Stuhl. Nicht das die Neue Presse Hannover, in der ich diese Meldung heute auf Seite 1 lese, da mal kritisch nachfragt hätte, aber es stellt sich doch die Frage, wie die eigentlich auf diesen Quatsch kommen.

Und ein paar Zeilen weiter unten liest man es dann. Der DAX sei über die „psychologisch“ wichtige Marke von 5000 Punkten gesprungen. Na ganz toll. Wenn mir jetzt noch einer der Vollchecker in der NP-Redaktion erklären würde, was die Höhe des DAX-Wertes mit der realen Wirtschaft oder genauer, mit der Konjunktur zu tun hat, wäre ich sicher schlauer. Im Börsenteil findet sich dann folgendes Zitat eines Analysten:

„Der Pessimismus der vergangenen Monate geht immer stärker zurück. Wir werden im Laufe der Woche sicher über der 5000er Marke schließen.“

Ich würde diese Aussage eher als Drohung verstehen bzw. als Beleg dafür, dass mitten in der Krise, die Geschäfte für Anleger offenbar wieder ganz gut zu laufen scheinen. Aber statt sich zu fragen, wie es sein kann, dass die Spekulation an den Börsen unvermindert weiter geht, während gerade die Verluste der letzten Hausse von der Allgemeinheit beglichen werden, wertet der Vorsitzende des Sachverständigenrates Wolfgang Franz dieses Analysten-Gewäsch als konjunkturrelevant.

Dabei ist es der größte Unfug von Börse auf Konjunktur zu schließen. Allein zwischen 1995 und 2000 haben sich die DAX-Werte vervierfacht, ohne dass man nun feststellen könnte, dass es irgendwelche Auswirkungen auf den Konjunkturzyklus gehabt hätte. Schlimmer noch. Die Zahlen spiegelten ja nicht einmal die reale Wertschöpfung wieder. Und im Fall der Commerzbank zahlt der Staat jetzt gerade das sechsfache des Börsenwertes, um sich dann mit 25 Prozent + 1 Aktie zufrieden zu geben. Das ist doch einfach hohl.

Aber dennoch tut man bis heute so, als läge in den Börsenmeldungen eine tiefere Bedeutung, die es unbedingt zu erzählen gilt. Hören sie mal Anja Kohl im Ersten zu, wenn sie irgendwelche Sprüche und Weisheiten aus dem Hut zaubert, die das Geschehen am Finanzmarkt erklären sollen. Die Anja Kohl-Persiflage der Pro Sieben Truppe von „switch“ trifft dagegen genau den Kern. Nichtssagende Quasselei. Und die Ohnmacht bricht sich auch in dieser Zunft weiter Bahn. Wenn man aktuell solchen Leuten wie Franz Zink vom ZDF zum Beipiel zuhört, der schon mal zugibt, nichts mehr erklären zu können, so nach dem Motto, alles ist möglich, dann fragt man sich doch unweigerlich, wie zeitgemäß Börsenmeldungen eigentlich noch sind. Es sind doch nur rund fünf Prozent der Deutschen Aktienbesitzer. Der Rest hat mit Spekulation nichts zu tun.

Außer der Tatsache, dass die Verluste des Kasinospiels nun auf die breiten Schultern der Allgemeinheit verlagert werden. Es gibt nur eine logische Konsequenz aus dem weiterhin hoch spekulativen Börsengeschehen. Es schadet vor allem der Wirtschaft, als dass es ihr nützt. Das ist doch gerade die Lehre aus der aktuellen Krise. Aber nein. Ein neuerlicher Höhenflug des DAX wird gleich wieder übersetzt mit Wirtschaftswachstum und positiver Stimmung.

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