Merkel warnt vor "Protektionismus"

Geschrieben von:

Es ist Halbzeitpause. Gerade lese ich im Videotext der ARD, dass Frau Merkel in Davos die Amerikaner vor protektionistischem Verhalten warnte. Sie sehe es unter anderem mit Misstrauen, dass die Vereinigten Staaten ihre Automobilindustrie massiv unterstützen. Die soziale Marktwirtschaft basiere jedoch auf Prinzipien, die weltweit gelten sollten. :DD

Ich schmeiß mich weg. Da geht dem wandelnden Sprechblasenautomat aber gehörig die Muffe. Da scheint jemand schlagartig begriffen zu haben, welch dusselige und eindimensionale Wirtschaftspolitik man doch in den letzten Jahren betrieben hat. Oder doch nicht? Na ja. Jedenfalls hat der Steinbrück heute im Bundestag gesagt, dass Deutschland als Exportweltmeister das Land sei, welches am stärksten von der Kaufkraft anderer Volkswirtschaften abhängig ist. Jo, und da ist es nunmal schlecht, wenn Nationen wie die USA erstmal ihre eigene Wirtschaft schützen, bevor sie wieder die Dumpingprodukte made in Germany ins Land lassen.

Protektionismus, auch ein „Spring ins Feld Teufel“? Nein. Auch das hätte man vorher wissen können. Die USA lassen doch nicht ihre Realwirtschaft vor die Hunde gehen, nur weil deutsche Produkte so billig sind. Umso mehr sollte sich Deutschland endlich darauf besinnen, von dem alten Kurs des radikalen Lohndumpings wegzukommen. Merkel wollte sich in Davos angeblich mit Nobelpreisträger Joseph Stiglitz treffen. Hoffentlich hört sie ihm zu und begreift, dass es an forderster Front am Einsatz des Exportweltmeisters liege, in der Krise einen Beitrag zur Stützung der Weltkonjunktur zu leisten. Schließlich hat man in den letzten Jahren enorm profitiert und sehr gut verdient. Doch die Bundesregierung steuert mit ihrem vergleichsweise mickrigen Konjunkturprogramm recht wenig zur Entspannung bei.

Insofern sollte Frau Merkel nicht vom Export ihrer „Neuen Sozialen Marktwirtschaft“ nach dem Leitbild der INSM träumen, sondern der Realität ins Auge blicken und erkennen, dass es einer Änderung der eigenen bornierten Dogmengläubigkeit bedarf, anstatt weiterer sinnentleerter Sprechblasen.

0

Schäuble greift Karlsruher Richter an

Geschrieben von:

Das Grundgesetz wird in diesem Jahr 60 Jahre alt. Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble hat aus diesem Anlass auf einer Veranstaltung in der Universität Karlsruhe gesprochen und darüber geklagt, dass die Karslruher Verfassungsrichter seit geraumer Zeit der Politik ihren Gestaltungsspielraum nähmen und mahnte die Robenträger zur Zurückhaltung. Schäuble sprach von einem „Trend zur Konstitutionalisierung der Tagespolitik“. Dies sei schon deshalb bedenklich, da den Gerichten die demokratische Legitimation fehle. |-|

Das sagt ausgerechnet der Mann, der es für wichtiger gehalten hat, der Weltmacht USA eine Demütigung zu ersparen, als zuzugegen, dass der Krieg im Irak falsch war. Mal abgesehen davon, dass nicht die Karlsruher Richter der Politik ihren Spielraum nehmen, sondern Herr Schäuble und seine Kollegen sich selbst ziemlich viel herausnehmen und damit am laufenden Band gegen die Verfassung verstoßen, sollte man das „perverse Weltbild“ des Dr. Wolfgang Schäuble zum Thema machen und darüber nachdenken, was die Steigerung von „Arschloch“ sein könnte, so wie es Volker Pispers tut…

0

Zur beitragfreien Entgeltumwandlung

Geschrieben von:

Auf den NachDenkSeiten taucht immer mal wieder der simple Zusammenhang zwischen der Reduzierung von SV-Beiträgen und direkten Leistungskürzungen auf. So auch in den heutigen Hinweisen. Die viel beworbene Möglichkeit, Teile des Lohns beitragsfrei umwandeln zu können, um damit etwas für die private Altersvorsorge zu tun, ist ein schönes Beispiel, an dem man die Praxis bewusster Irreführung demonstrieren kann.

Beitragsfreihe Entgeltumwandlung heißt ja konkret eine Kürzung des eigenen Sozial-versicherungsbruttos. D.h. wiederum weniger Geld für die Sozialvericherungszweige.

Und weniger Beiträge bedeuten dann natürlich auch weniger Leistung, also

  • Weniger Rente
  • Weniger Arbeitslosengeld I
  • Weniger Krankengeld
  • Weniger Krankengeld bei Betreuung eines kranken Kindes
  • Weniger Übergangsgeld
  • Weniger Mutterschaftsgeld
  • Weniger Kurzarbeitergeld
0

Die "Bad Bank" ist schon da

Geschrieben von:

Zu diesem Ergebnis kommt man, wenn man einem Bericht der FTD folgt, in dem davon die Rede ist, dass der Finanzmarktstabilisierungsfonds (kurz SoFFin) Schrottpapiere der Banken nicht nur bis zu 36 Monate übernehmen darf, sondern ganz und gar unbefristet. 8|

Dieses kleine aber wichtige Detail plauderten nun zwei Mitarbeiter des Finanzministeriums aus und behaupten auch noch, dass diese Regelung in Übereinstimmung mit der EU-Kommission bereits am 12. Dezember 2008 getroffen wurde. Erstaunlich, dass die Öffentlichkeit von dieser Absprache bereits vor Ablauf des Januars erfährt. :>>

Wie hieß es gestern in der Anstalt so treffend, wir müssen uns daran gewöhnen, dass alle vier Wochen ein zweistelliger Milliardenbetrag überwiesen wird, wie im Fall Hypo Real Estate. Es ginge nicht drunter und drüber in der Krise, sondern geradlinig runter, sagt Lothar Dombrowski alias Georg Schramm. „Es geht ganz sauber bergab.[…] Die Party ist zu Ende“, obwohl die meisten ja gar keine hatten.

Die Ausführungen Dombrowskis sollten sie sich nicht entgehen lassen. In der Mediathek des ZDF finden sie das Video zur Sendung.

1

Die Neue Presse zum Fall Schaeffler-Conti

Geschrieben von:

In der Neuen Presse Hannover wird der möglichen Milliardenbeihilfe des Staates für Schaeffler-Conti ziemlich gelassen entgegen gesehen oder sagen wir mal, ohnmächtig. Schließlich kommt man an der Tatsache nicht vorbei, dass Jobs auf dem Spiel stehen. Das kennt man noch von der Autobahn. Eine Geschwindigkeitsbegrenzung würde zwar Leben retten, aber eben auch Jobs in der Automobilbranche gefährden. So heißt es dann eben freie Fahrt für freie Bürger und einen schönen Unfalltod allen Unbeteiligten, die zu Opfern von Raserei und PS-Wahn werden. Das alte Totschlagargument, im wahrsten Sinne des Wortes, kommt auch in dem heutigen Leitartikel von Claudia Brebach wieder zur Geltung. Keine Kritik an der Selbstbedienungsmentalität der Familie Schaeffler und auch keine Kritik an der dubiosen Vorgeschichte zur Übernahme, bei der Banken – und da kennt sich die Frau Brebach doch eigentlich aus – eine wesentliche Rolle gespielt haben. Stichwort „Cash-Settled Equity Swaps“ oder zu deutsch, eine auf Spekulation basierende Hebelvariante, bei der

  1. der Aktienkurs des zu übernehmenden Unternehmens in gewissem Maße festgeschrieben werden kann,
  2. de facto Unternehmensanteile des zu übernehmenden Unternehmens vorab erworben werden können, ohne dass diese gemeldet werden müssen,
  3. durch den Erwerb von Cash-Settled Equity Swaps vor Ankündigung eines Übernahmeinteresses, die dadurch ausgelöste Kurssteigerung des zu übernehmenden Unternehmens und der dadurch entstehenden Spekulationsgewinne einen Teil der Übernahmekosten direkt finanziert werden können.

Das Problem bei diesem für den Laien komplizierten Geschäft liegt nun darin, dass die Banken enormes Kapital aufbringen müssen, was sie sich bis vor kurzem am Kreditmarkt besorgt haben, um Aktienpakete an dem Übernahmekandidaten als Sicherheit zu erwerben, wenn der Angreifer seine Cash-Settled Equity Swaps einlösen will. Solange der Kurs der Aktie steigt, gewinnt der Angreifer bares Geld aus der Differenz der Kurssteigerung zu dem vorher bei den Banken gezeichneten Basiswert. Die Aktienpakete der Banken gewinnen dann natürlich ebenfalls an Wert und können somit mit Gewinn veräußert werden. Denn Ziel bleibt weiterhin die Übernahme des Konzerns.

Nun hat aber die Finanzkrise diesem Treiben einen Strich durch die Rechnung gemacht und wer sich den Kurs der Conti-Aktie anschaut wird verstehen, warum Schaeffler nun dringend Staatsgeld braucht. Das Ganze wird zum Minusgeschäft. Und die ausgelutschte Jobgeschichte wird erneut hervorgekramt, um zu verdecken, welch mieses Spiel da hinter den Kulissen abgelaufen ist.

0

Zur Finanzmarktkrise

Geschrieben von:

Oskar Lafontaine zum Jahreswirtschaftsbericht 2009


Die Rede in schriftlicher Form gibt’s hier.
———————————————————————————————

Und in der jungen Welt lese ich folgende Bemerkung des Redakteurs Rainer Balcerowiak,

„Aber nichts spricht dagegen, daß der Geldkreislauf künftig in staatlicher Regie organisiert wird. Die Privatbanken haben die Weltwirtschaft in eine der schwersten Krisen der Moderne geführt und dabei eine Spur der ökonomischen Verwüstung gezogen. Sie haben keine Existenzberechtigung mehr.

Quelle: junge Welt

  • Man muss sich schon fragen, warum die Bundesregierung zum Beispiel über 18 Mrd. Euro an die Commerzbank überweist, dafür aber nur 25 Prozent der Anteile übernimmt, obwohl man die Bank für 4 – 5 Mrd. Euro hätte komplett kaufen können. |-|
  • Es ist auch nicht zu begreifen, wie die Milliarden Steuergelder für die Banken vor dem Abfluss in die noch immer feuchten Steueroasen geschützt werden sollen, wenn es die Bundesregierung nicht für nötig hält, diese Trocken zu legen, wie es Steinbrück z.B. vollmundig versprochen hatte.
  • Es ist auch nicht zu verstehen, warum die Bunderegierung es bis heute noch nicht geschafft hat, die für das Casino-Spiel so wichtigen Bilanzierungsregeln zu ändern. Noch immer ist es Banken möglich, Risiken in Zweckgesellschaften auzulagern und an der eigenen Unternehmensbilanz damit vorbei zu schummeln.
  • Interessant ist dann auch Lafontaines Feststellung, dass bei der Bemessung der Dimension eines Konjunkturpakets, der Bezugsrahmen gesetzt werden müsse, d.h., dass man sich darüber klar werden müsse, wie tief die Rezession absehbar sein werde, um dann aufgrund dieser Daten den Umfang einer Gegenmaßnahme bestimmen zu können.

    Die Bundesregierung hat aber genau das Gegenteil getan. Sie verabschiedete ein erstes Konjunkturpaket, um mal zu gucken, was daraus wird. Dann musste sie schließlich zu einem zweiten Paket getragen werden, dessen Dimension dann nicht an dem eigentlichen Bedarf gemessen wurde, wie Lafontaine mit Zahlen der Commerzbank und des Bundeswirtschaftsministers schön belegt, sondern an der Tatsache, der auf Rekordniveau ansteigenden Neuverschuldung. Das ist der eigentliche Witz. Während andere Nationen sich ihre Wirtschaftsdaten genau angucken und danach entsprechend ihre Gegenmaßnahmen zur Verhinderung eines größeren Einbruchs ausrichten, debattiert man hierzulande über die Verschuldung und Schuldenbremsen. Es fehlt weit und breit an volkswirtschaftlichem Sachverstand.

  • Und das bringt uns dann mal wieder zum Finanzminister Peer Steinbrück und seinen dümmlichen Äußerungen zurück. Noch im Herbst 2008 in der Haushaltsdebatte hat er verkündet, dass er am Konsolidierungskurs und dem weiteren Abbau der Staatsquote festhalten werde. Damals hat Lafontaine in direkter Gegenrede geantwortet und ihm eine unsinnige Verhaltensweise in der Krise vorgeworfen. Da hat Steinbrück nur hämisch gegrinst und abgewunken. Nun ist dieser Idiot ziemlich abgetaucht und muss ein Konjunkturprogramm verteidigen, das er im Vorfeld immer als dummes Zeug abgelehnt hatte.
0

Anhaltende Reallohnverluste

Geschrieben von:

Seit 2004 sinken in Deutschland die Reallöhne. Das geht aus einer aktuellen Bilanz des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) in der Hans-Böckler-Stiftung hervor (siehe hier).

Reallohnentwicklung

Und das Ganze trotz der bejubelten Aufschwungsjahre. Das ist einmalig in der Geschichte der Bundesrepublik. Die Reformen wurden fälschlicherweise für das Wirtschaftswachstum verantwortlich gemacht. Richtig ist, dass sie die abfallende Lohnentwicklung verursacht und beschleunigt haben. Denn nur durch den massiven Ausbau des Niedriglohnsektors, verknüpft mit der Förderung von Leiharbeit und prekärer Beschäftigung, der Einführung von Hartz IV und den damit verbundenen Druck auf die Tarifverträge sowie das jahrelange Gerede von der Lohnzurückhaltung, ist diese Entwicklung zu erklären.

In den Jahren 2000 – 2007 sind die Löhne in Deutschland nach Angaben der Europäischen Kommission inflationsbereinigt gerade einmal um 1,4 Prozent gestiegen. Damit belegt Deutschland in dieser Statistik den vorletzten Platz. Im Durchschnitt aller 27 EU-Länder stiegen die Löhne im selben Zeitraum um 7,5 Prozent. In den 15 alten EU-Staaten stiegen sie um 6,4 Prozent – also über viermal so viel, wie in Deutschland. Das Volkseinkommen wuchs dagegen zwischen 2000 und 2007 um 20 Prozent oder 300 Milliarden Euro an. Davon haben die Beschäftigten aber nur 80 Milliarden Euro abbekommen – der Rest landete im Geldbeutel einiger weniger.

Das gutbetuchte obere Zehntel der Bevölkerung verfügt derzeit über mehr als 60 Prozent des Gesamtvermögens von 6,6 Billionen Euro – das sind also rund 4 Billionen Euro. Die unteren 70 Prozent besitzen dagegen nur neun Prozent des Gesamtvermögens. Über ein Viertel aller Erwachsenen haben nach FR-Informationen gar nix oder sind verschuldet. Und dennoch wird bei den beginnenden Tarifverhandlungen im Öffentlichen Dienst, bei der Bahn sowie bei der Telekom schon wieder gemauert und gedroht. Diesmal wird die Wirtschaftskrise vorgeschoben, um abermals auf die Lohnbremse drücken zu können.

Die Bundesregierung spricht in ihrem Wirtschaftsbericht davon, dass der konjunkturelle Einbruch nur vorübergehend sein werde und fordert in ihrer Erklärung optimistisches Denken ein. Christoph Slangen quasselt in der Neuen Presse Hannover mit „Zweckoptimismus im Superwahljahr“ mal wieder völlig am Thema vorbei. Bis zum Jahreswechsel war in diesem Blatt eine Kaufrausch-Geschichte nach der anderen zu lesen, und nun heißt es auf einmal, dass die Konsumlust doch nicht so rasch um sich greifen werde, obwohl den Menschen „wegen niedrigerer Rohstoffpreise“ angeblich mehr Geld zur Verfügung stünde (Zitat: Christoph Slangen).

Über die katastrophale Lohnentwicklung und dem damit einhergehenden anhaltenden Kaufkraftverlust sowie die realen Vermögensverhältnisse verliert der Berliner Honorarschmierfink mal wieder kein Wort. Die Binnennachfrage wird also auch in diesem Jahr nichts zur wirtschaftlichen Entwicklung beitragen können, dabei wäre sie ein wirksames Instrument gegen die Rezession.

0
Seite 1 von 4 1234