Inszenierter Streit bei der Grundrente

Geschrieben von: am 28. Sep 2019 um 7:00

Der Streit um die Grundrente währt schon lang. Er dreht sich dabei noch immer um die Bedürftigkeitsprüfung, über die mittlerweile auch in einem Arbeitskreis der Großen Koalition gesprochen wird. Es gibt eigentlich keinen Grund, die Klärung dieser simplen Frage künstlich in die Länge zu ziehen. Nun war zuletzt binnen kurzer Zeit von einem Einigungskorridor die Rede und danach bereits ein Kompromiss so gut wie verkündet, als schließlich das vorübergehende Scheitern der Gespräche bekanntgegeben wurde. Um die Sache geht es dabei nicht. Das Hin und Her ist nur für das Koalitionsklima und die Simulation von Politik von Bedeutung.

Die Grundrente wird kommen, ob mit oder ohne Bedürftigkeits- oder gar Einkommensprüfung spielt dabei keine Rolle. Vermutlich wird es eine Lösung geben, mit der die SPD gut leben und die sie als großen Erfolg verkaufen kann. Das ist auch deshalb notwendig, weil die führenden Funktionäre kein vorzeitiges Ende dieser Regierung wollen. Da es aber eine Halbzeitbilanz geben wird, steht zu vermuten, dass die Einigung in der Grundrentenfrage direkt davor gelingt, um den GroKo-Gegnern den Wind aus den Segeln zu nehmen.

Das Problem mit der Grundrente liegt sowieso woanders. Sie hilft den Menschen ein wenig, ja, aber sie schützt einfach nicht vor Altersarmut. Das größte Hindernis bleibt die Regelung, wonach die Betroffenen 35 Beitragsjahre vorweisen müssen. Das schließt einen großen Kreis einfach von vornherein aus. Hinzu kommt, dass einige, die Anspruch auf eine Grundrente haben, auch dann nicht über das Grundsicherungsniveau hinauskommen und es damit vollkommen egal ist, ob die Grundrente mit oder ohne Bedürftigkeitsprüfung geliefert wird. Wer auf Grundsicherungsniveau landet, muss sich so oder so vor den Behörden ausziehen.

Die Grundrente ist sicherlich ein Schritt in die richtige Richtung, aber auf jeden Fall nicht der große Wurf, zu dem die SPD eine Einigung wieder aufbauschen wird. Für die Fortsetzung der Großen Koalition wird es aber reichen, weil man in der öffentlichen Darstellung vor allem den langen und harten Kampf mit dem unnachgiebigen Koalitionspartner betonen wird. Daher braucht es den inszenierten Streit mit der Union. Für die CDU/CSU wäre ein Nachgeben bei Zugeständnissen wie immer kein großer Verlust, da die Bundeskanzlerin das Ergebnis ohnehin für sich reklamieren wird. Darüber hinaus gibt es eine solch sparsame Sozialpolitik wie mit der SPD sonst mit keinem anderen Bündnispartner.


Bildnachweis: Wilfried Pohnke auf Pixabay

3

Über den Autor:

André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.
  Verwandte Beiträge

Kommentare

  1. Dieter  September 28, 2019

    Die Rentendiskussion gibt es seit 10 Jahren
    2009 Alterseinkommen oberhalb der Grundsicherung
    2012 Zuschuß zur Rente
    2013 Solidarische Lebensleistungsrente
    2017 gesetzliche Solidarrente
    2019 Respekt Rente/ Grundrente

    Das Ergebnis nach 10 Kahren Diskussion ?
    Nichts !

    siehe auch
    https://www.youtube.com/watch?v=0rBN4uvvaQ0

    Solidarrente in der Schweiz

    https://www.archiv-grundeinkommen.de/rente/schweiz.pdf

    „Die erste Säule wird generell im Umlageverfahren finanziert – und zwar zu 80 Prozent aus Beiträgen der Versicherten und der Arbeitgeber und zu 20 Prozent aus Zuschüssen desBundes und der Kantone. Außerdem fließt zweckgebunden seit dem 1. Januar 1999 ein Prozentpunkt der Mehrwertsteuer in die AHV. Kurzfristige Einnahmeschwankungen werden über einen gesonderten Ausgleichsfonds aufgefangen, der nicht unter eine Jahresausgabe sinken darf.

    In der AHV und in der IV sind alle Erwerbstätigen pflichtversichert – d.h. Arbeitnehmer und Selbstständige. Arbeitnehmer zahlen insgesamt 10,1 Prozent vom Arbeitseinkommen, diese Beiträge werden von Arbeitnehmern und Arbeitgebern jeweils zur Hälfte getragen. Eine obere kappende Beitragsbemessungsgrenze gibt es nicht.Selbstständige zahlen aus ihrem Einkommen – ebenfalls ohne Beitragsbemessungsgrenze– insgesamt 9,5 Prozent. Bei Jahreseinkommen unter 50.700 SFr. (34.461 Euro) gilt stufenweise ein niedrigerer Beitragssatz, und der Mindestbeitrag liegt bei 425 SFr. im Jahr (289 Euro).Bei Personen, die nicht erwerbstätig sind, richten sich die Beiträge grundsätzlich nach dem Vermögen und nach dem so genannten „Renteneinkommen“.Zum Vermögen zählen Sparkonten, Wertpapiere und Grundbesitz. Renteneinkommen sind unter anderem Renten und Pensionen, Unterhaltsleistungen, Tagegelder aus der Kranken-und Unfallversicherung, Stipendien und Arbeitslosenunterstützung. Die darauf zu zahlenden Beiträge liegen zwischen 425 SFr. (289 Euro) im Jahr als Mindestbeitrag und 10.100 SFr. (6.865 Euro) als Maximalbeitrag.

    Die schweizerische Mindestsicherungsorientierung führt dazu, dass in der ersten Säule sowohl die gesamte Bandbreite der Renten als auch die geschlechtsspezifischen Rentenunterschiede erheblich geringer ausfallen als in der deutschen GRV.“

  2. Dieter  September 28, 2019

    „Beveridge argumentierte, dass die vorgeschlagenen Wohlfahrtseinrichtungen die Wettbewerbsfähigkeit der britischen Industrie in der Nachkriegszeit verbessern würden, denn nicht nur würden dadurch die Kosten für Gesundheitsfürsorge und Renten auf die Schultern der Allgemeinheit verlagert, sondern es stünden auch gesündere, wohlhabendere und damit motiviertere Arbeitskräfte zur Verfügung, die zugleich die Nachfrage nach britischen Produkten erhöhen würden. Der National Health Service wurde in den späten 1940er Jahren unter Premierminister Clement Attlee (Labour Party) eingerichtet. “

    https://de.wikipedia.org/wiki/William_Henry_Beveridge

    Das Konzept hat aktuell u.a. Schweden.
    Schweden hat eine höheres pro Kopf BIP.
    Außerdem ein höheres nachhaltige BIP Wachstum über 10 Jahre gesehen.
    Sie geben real deutlich weniger für Gesundheitswesen aus.
    Aber die Schweden sind viel gesünder.
    Während Rentner in Deutschschnitt im Schnitt 6,7 Jahre gesund sind, sind es in Schweden 17 Jahre.
    Gesunde Rentner brauchen keinen Arzt und auch keine Pflege !