Parteischädigend

Geschrieben von: am 17. Dez 2018 um 17:24

Nun will die SPD erneut versuchen, Thilo Sarrazin aus der Partei zu werfen. Der dürfte aber gelassen dem mittlerweile dritten Parteiordnungsverfahren entgegen blicken. Die Hürden für einen Rauswurf sind ja immer noch sehr hoch und die Wahrscheinlichkeit damit groß, dass sich die Parteispitze ein weiteres Mal blamiert. Der Ansatz des Parteiausschlussverfahrens ist ohnehin falsch.

Grundlage eines Parteiordnungsverfahrens ist parteischädigendes Verhalten. Was ist nun parteischädigend, werden Sie zurecht fragen? Ist es ein Thilo Sarrazin mit seinen Büchern und wirren Thesen oder ein Vorstand, der die Partei, um die es geht, mit immer wieder gleichlautenden Fehlentscheidungen von einem Wahldesaster zum nächsten führt.

Um es klar zu sagen, Sarrazin ist mit Sicherheit kein Sozialdemokrat. Aber sind es die anderen, die gegen ihn ein Ordnungsverfahren anstrengen? Vielleicht will der Vorstand mit diesem Manöver auch nur davon ablenken, dass aus dem groß angekündigten Erneuerungsprozess wieder einmal nichts wird. So sagte Andrea Nahles nach den Wahldebakeln in Bayern und Hessen: „Diese Zeit haben wir nicht.“

Erstaunlich, da die Bundestagswahl vor über einem Jahr im September 2017 verloren ging. Seit dem machte das Phantom Erneuerung die Runde. Ex-Parteichef Schulz ließ beispielsweise Positionspapiere erarbeiten und schickte die Abgeordneten zu Haustürgesprächen in die Wahlkreise zurück. Ergebnis: keins, da die SPD plötzlich wieder Regierungsverantwortung übernehmen musste.

Der Vorstand versprach, beides zu können: Regieren und Erneuern. Doch bis heute ist die Partei weder in dem einen, noch in dem andern gut. In der Regierung stimmt sie schon wieder das alte Klagelied an, wonach die Union vieles erschwere und überhaupt an allem Schuld sei. Das gipfelte schließlich in der absurden Behauptung, dass letztlich der Streit zwischen CDU und CSU zu den schlechten Wahlergebnissen der SPD geführt habe.

„Für wie bescheuert muss man den Wähler halten, ihm so einen Unfug vorzulegen“, kommentierte SPD-Urgestein Rudolf Dreßler treffend. Für die Wähler scheinen derlei Formulierungen aber auch gar nicht gedacht zu sein, sondern vielmehr für die verbliebenen Anhänger in den eigenen Gliederungen. Die lassen sich ja leider immer wieder mit Lippenbekenntnissen zufrieden stellen und auf Linie bringen.

Insofern ist es auch nicht verwunderlich, wenn ein Thilo Sarrazin sagt, dass er sich in dieser SPD immer noch gut aufgehoben fühlt. Denn eine SPD, die „spaßige“ Debattencamps veranstaltet und reihenweise Ankündigungen in Umlauf bringt, in der Regierung aber immer wieder klein beigibt, befindet sich nämlich auf demselben jämmerlichen Niveau.

Kleiner Tipp: Vielleicht sollte der Vorstand einfach mal die Politik ändern, also wieder zur Sozialdemokratie zurückkehren, statt dem Neoliberalismus und der Union permanent hinterherzulaufen. Vermutlich würde sich dann ein Herr Sarrazin auch viel unwohler fühlen und von ganz allein das Weite suchen.

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Über den Autor:

André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.
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