Zurzeit läuft eine große Märchenerzählung, wonach die SPD in der Bundesregierung doch eine gute Politik betreibe, diese nur nicht wahrgenommen würde, weil Streitereien und Ähnliches diesen positiven Eindruck überlagerten.
Das ist so schrecklich schlecht, dass man ausrasten könnte. Die SPD macht keine gute Regierungsarbeit, sondern das glatte Gegenteil von dem, was einmal mit sozialer Gerechtigkeit beschrieben worden ist.
Der Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD ist die Fortsetzung des Weiter so, nur mit schönen Begriffen wie Aufbruch, Dynamik usw. So etwas nennt man Mogelpackung. Das haben viele kluge Menschen schon im März festgestellt. Die festgeschriebenen Ergebnisse ändern nichts an der unsozialen Entwicklung hierzulande oder am unsolidarischen Kürzungskurs in Europa.
Sich jetzt hinzustellen und wieder auf den europäischen Zusammenhalt hinzuweisen, für den sich die SPD ja angeblich einsetze, ist eine Frechheit. Finanzminister Olaf Scholz macht mit seinem Festhalten an ausgeglichenen Haushalten und Schuldenbremsen das glatte Gegenteil. Lassen wir Olaf Scholz noch einmal selbst zu Wort kommen und zwar bei seiner ersten Regierungserklärung als Bundesfinanzminister:
„Ich habe überall in Europa gesagt: Ein deutscher Finanzminister ist ein deutscher Finanzminister, egal welches Parteibuch er hat. Ich glaube, die Botschaft ist gut angekommen.“
Keine Helden
Die SPD steht nicht für den gesellschaftlichen Zusammenhalt, sondern für eine der größten Spaltungen. Das Programm dazu lautete Agenda 2010. Es wirkt bis heute. Die Sozialdemokraten wollen darüber aber nur insofern nachdenken, als sie sich die Frage stellen, was nach Hartz IV wohl kommen könnte.
Ein Bewusstsein darüber, was mit der Agenda-Politik angerichtet worden ist, existiert offenbar immer noch nicht. Damit ist die SPD auch verantwortlich dafür, dass inzwischen vielmehr Arbeitnehmer nicht mehr die SPD, sondern eine offen arbeitnehmer- und fremdenfeinliche Partei wie die AfD wählen. Das scheint die SPD-Führung aber nicht die Bohne zu interessieren.
Man übt sich in Durchhalteparolen und nimmt das Lob derer gern an, die tagein tagaus von nichts anderem als der angeblich guten Regierungsarbeit der SPD reden. Das Ziel dieses vergifteten Lobs sollte aber längst klar sein. Bloß kein Kurswechsel. Auf gewisse Weise erfüllt sogar die Erfindung von Linksradikalen in der SPD diesen Zweck.
Wenn es besonders wenig zu verkünden gibt, marschiert traditionell die gesamte Parteispitze auf. Das war auch heute so. Inzwischen wirken die „Untergehakten für einen kraftvollen Zusammenhalt“ aber wie die Bordkapelle der Titanic. Es gibt nur einen Unterschied. Die Musiker galten als Helden eines sinkenden Schiffes.
Aktuelle Ergänzung:
#Nahles forderte doch heute, dass die #SPD klarer in ihren Botschaften werden müsse, wegen des Zusammenhalts. Sie vergaß aber zu erwähnen, dass die Anhebung des Verteidigungsetats für das kommende Jahr bereits mit dem Koalitionspartner geklärt worden ist. https://t.co/URX4jZThr6
— André Tautenhahn (@adtstar) November 5, 2018
NOV
Über den Autor:
André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.