Über Beben

Geschrieben von: am 04. Okt 2018 um 22:49

Was ist ein Beben? Mit Sicherheit das, was in Indonesien gerade passiert ist und vielen Menschen das Leben gekostet hat. Ein weiteres, diesmal vermeidbares Beben ist, dass die Hilfe für die Betroffenen vor Ort nur sehr schleppend anläuft, weil viel Geld und Ressourcen offenbar nur für Rüstung und Krieg, nicht aber für die Folgen von Katastrophen und die Beseitigung des Elends dieser Welt zur Verfügung stehen.

Mit Sicherheit aber kein Beben ist das, was vor einer Woche im politischen Berlin stattgefunden hat. Und obwohl es ein echtes schlimmes Beben und mehrere weitere Beben in Südostasien gegeben hat, reden die Journalisten unter der Berliner Käseglocke weiter nur über ihr lächerliches Medien-Beben, das man früher als Rauschen im Blätterwald bezeichnete. Heute nehmen diesen Unsinn aber alle ernst.

Als Ralph Brinkhaus die Wahl zum Vorsitz der CDU/CSU-Bundestagsfraktion gewann, war Merkel gefühlt schon entmachtet. Eine brandgefährliche Niederlage sei das für die Kanzlerin gewesen, unkten die Edelfedern. Bereits einen Tag danach war davon aber schon gar nicht mehr die Rede. Es wurde kräftig zurückgerudert. Doch Leuchten wie Heribert Prantl wussten immer noch ganz genau, dass Merkels Stündlein geschlagen habe. Ja, nicht mehr sofort, dann aber auf dem Parteitag der CDU in Hamburg an Nikolaus. Ganz sicher, weil ja die Wahlen in Bayern und Hessen, Achtung X-Faktor, verloren gehen werden.

Dann folgte aber die Klarstellung der Kanzlerin am Rande einer Wahlkampfveranstaltung in Bayern, dass sie sich nicht vorstellen könne, im Amt auf das andere Amt zu verzichten, sie also Vorsitzende der CDU bleiben wolle. Merkel selbst hatte damit schon mal das angebliche Ende ihrer Ära auf ein Amt reduziert, ohne dass die Edelfedern etwas davon mitbekommen hätten. Die ergötzen sich derweil wie aufgeschreckte Hühner an einer noch lächerlicheren „Kampfkandidatur“ um den Parteivorsitz.

Da will ein Unternehmer aus Hessen, der gerade erst in die Partei eingetreten ist und ein 26-jähriger Jura-Student aus Berlin Merkel beim Parteitag herausfordern. Wieso lacht darüber eigentlich niemand? Vermutlich weil die Leute, die diesen Stuss als ernsthafte Nachrichten verkaufen auch daran glauben, dass „Herzbeben“ ein Wort sei, nur weil Helene Fischer damit ganze Stadien füllt. Mit Beben hat das aber alles nichts zu tun, sondern eher mit der Unfähigkeit, sich mit den wirklich wichtigen Dingen zu beschäftigen.

Weiter so wie bisher

Und damit ist nicht der Diesel gemeint oder das Raumfahrtprogramm einer Regionalpartei, sondern andere Dinge, die einvernehmlich unter dem Radar laufen, wie die Einsätze der Bundeswehr. Bei den vielen Hirnbeben in der letzten Zeit kann die inzwischen zur Normalität gewordene Verlängerung von Mandaten auch mal schnell als Beendigung von irgend etwas betitelt werden, weil die Regierung es gerne so kommuniziert haben will.

Da kommen dann eben unsinnige Formulierungen heraus wie:

„Die Bundesregierung will den Einsatz der Tornado-Aufklärungsjets über dem Irak und Syrien im Kampf gegen die Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) im kommenden Jahr beenden. Dies habe das Kabinett am Dienstag zusammen mit der Verlängerung der Mission beschlossen, hieß es in Regierungskreisen.“

Im Klartext: Der Bundestag muss Ende Oktober, bis dahin läuft das Mandat, den Einsatz erst einmal wieder verlängern, damit dann Teile des Auftrags im nächsten Jahr beendet werden können, sofern es sich die Bundesregierung dann nicht doch wieder anders überlegt. In der Erklärung des Kabinettsbeschlusses selber heißt es ja nur: „Das neue Irak-Mandat gilt bis zum 31. Oktober 2019, inhaltlich bleibt es unverändert.“ Demnach hätte die Schlagzeile also auch lauten müssen: „Es geht alles so weiter wie bisher.“

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Über den Autor:

André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.
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Kommentare

  1. Hartmut Schwarz  Oktober 6, 2018

    Sollte sich unter Merkel wirklich etwas ändern, wer ist denn seiner Zeit bereits soweit fortgeschritten?
    Son Quatsch verbreiten schon mal Urgesteine der Wahrheitspresse ungeniert.
    Ganz sicher bebt irgendwann auf der Welt wieder mal die Erde, aber nicht in Merkeldeutschland.