Ich muss noch einmal auf das traumhafte Sommerwetter zu sprechen kommen, das fälschlicherweise als ein extremes Ereignis wahrgenommen wird. Das ist es aber nicht.
Im Sommer kann es auch mal länger warm sein, so wie es im Winter, oh Schreck, in der Regel auch mal kalt werden kann. Das derzeitige Sommerwetter ist nicht extrem. Es hat ja noch nicht einmal neue Rekorde irgendwo gegeben. Na ja, vereinzelt vielleicht, aber unterm Strich ist das doch ein Sommer, den sich die Menschen wünschen, wenn sie viel Geld für eine Reise in den Süden ausgeben. Richtig ist, dass so viele tolle Sommertage am Stück in unseren Breiten eher selten sind. Selten ja, aber eben überhaupt nicht ungewöhnlich. Ich schrieb ja schon. Geht baden! Die Freibäder werden es Euch danken. Andere dürfen auch gern weiterlesen…
Von dauerhaft über 30 oder 35 Grad Celsius brennt auch kein Wald oder Acker ab. Meist ist absichtliche oder fahrlässige Brandstiftung in Tateinheit mit Trockenheit die Ursache. Dennoch liest man ständig, die Hitze sei verantwortlich für Brände. Nein, es ist die Dürre, die zum Brandbeschleuniger für menschliche Unachtsamkeit wird. Dass in Brandenburg ein Wald brennt, liegt nicht an der Hitze, sondern allem Anschein nach an einer weggeworfenen Zigarettenkippe, wie so oft. In Griechenland war die Brandstiftung wohl Absicht und in Schweden muss es auch der Mensch gewesen sein, da sich nur etwa vier Prozent aller weltweiten Waldbrände überhaupt auf natürliche Ursachen zurückführen lassen.
Ja, es gibt den Klimawandel. Die derzeitige Hitze und die aktuellen Waldbrände sind nun aber kein Beweis dafür. Denn so richtig katastrophal kann so ein Brand bei Dürre auch werden, wenn die Mittel und das Personal fehlen, um die Bevölkerung und deren Besitz vor den Flammen zu schützen. Aus Griechenland hört man zum Beispiel, dass Kürzungen im Katastrophenschutz Teil der Austeritätspakete waren, die die Griechen zu akzeptieren hatten. Gerade in diesem Frühjahr seien am Brandschutz demnach 34 Millionen Euro gespart worden. Dadurch gebe es immer weniger Feuerwehrleute in Griechenland und immer weniger davon seien einsatzbereit. Insofern könnte man auch sagen, dass die Naturkatastrophe in Wirklichkeit eine Katastrophe des Neoliberalismus ist.
Dass Menschen an der Hitze unnötig leiden oder meinen, abends Sport treiben zu müssen, gerade dann, wenn die gesundheitsschädlichen Ozon-Werte am höchsten sind, könnte wiederum auch an Brennpunkten liegen, die lieber über einen „Extremsommer“ berichten, als ihrem Bildungsauftrag gerecht zu werden. Die Hitzewelle im Juli 2006 dauerte übrigens viel länger und „war mit einer Abweichung vom Klimamittel um +5 Grad der wärmste seit Beginn der Wetteraufzeichnungen“, schreiben die Wetterexperten von Kachelmann. Da hieß das aber nicht Extremsommer, sondern Sommermärchen.
JUL
Über den Autor:
André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.