Das G7-Desaster mit Ansage

Geschrieben von: am 10. Jun 2018 um 13:54

Screenshot Twitter, 10.06.2018

Trump hat es wieder getan. Er hat alle mit zwei Twitter-Nachrichten überrascht. Wobei man strenggenommen ja damit rechnen musste, es also nur dann eine Überraschung hätte sein können, wenn der amerikanische Präsident es nicht getan hätte und still geblieben wäre. Doch Trumps Bestnote 10 ist kaum mehr wert als Merkels vollstes Vertrauen einem x-beliebigen Bundesminister gegenüber.

Um es klar zu sagen, der G7-Gipfel ist keinesfalls am „irren“ Trump gescheitert, sondern an den übrigen Teilnehmern, die jeden Formelkompromiss, der irgendwie von allen Partnern mitgetragen werden könnte, als Erfolg verkaufen. Seltsamerweise schaut niemand in das Abschluss-Kommuniqué, das Trump mit seinem Verhalten torpediert haben soll. Was steht denn drin? Dort steht im Grunde nur, dass man sich nicht einig ist. Trump hat also auch im Nachhinein nichts kaputtmachen können, das nicht schon vorher ramponiert gewesen war.

Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte vor dem Gipfel ja selbst, dass es wenig Sinn habe, bestehende Konflikte zuzukleistern. Trump nahm sie also nur beim Wort, als sie und die anderen genau das im Abschluss-Dokument wie auch bei den Pressestatements versuchten vorzugaukeln. Natürlich meinte Merkel nicht den Handelsstreit, sondern den Vorschlag Trumps, Russland an den Verhandlungstisch zurückzuholen. Das war wieder so eine Überraschung mit der viele nicht rechneten. Doch wer genau hinschaut, erkennt die Strategie des „Irren“ im Weißen Haus, der so irre gar nicht ist.

Trump nutzt nur das konsequent aus, was die Europäische Union seit Jahren mit Blick auf sich selbst verleugnet. Die eigene selbstverschuldete innere Zerrissenheit. Durch die deutsche Dominanz und dem Diktat der strikten Haushaltsdisziplin ist Europa defacto am Ende. Italien hat deshalb jüngst eine neue Regierung bekommen, die nicht nur EU-kritisch eingestellt ist, sondern von Brüssel auch eine andere Position zu Russland und den verhängten Sanktionen fordert. Italiens neuer Regierungschef Giuseppe Conte reagierte daher zunächst wohlwollend auf Trumps Vorschlag, bevor Merkel regulierend eingriff. Wer dahinter keine Absicht der Amerikaner erkennt, muss doch blind sein.

Panikmodus

Trumps Ziel bleibt, die schon bestehende Spaltung der EU weiter zu forcieren und damit vor allem auch Deutschland mit seinem einseitigen Wirtschaftsmodell zu treffen. Da helfen auch keine vagen Abschlusserklärungen mehr oder Lippenbekenntnisse zur Einheit Europas. Berlin und Brüssel, die das jetzt immer wieder fordern, haben die Gemeinschaft mit ihrem Austeritätsdogma vorher rücksichtslos zerstört. Auf dieser Grundlage sind Einigungen ohnehin sehr schwierig geworden. Trump stiftet daher wohlüberlegt chaotische Verhältnisse, um zu bekommen, was er will. Die deutsche Exportwirtschaft scheint jedenfalls derart in Panik, dass die Autolobby bei der EU inzwischen darum bettelt, die Einfuhrzölle auf amerikanische Fahrzeuge zu senken, um Trump zu besänftigen.

Als über den Klimaschutz und den Plastikmüll in den Weltmeeren in Kanada gesprochen wurde, war der US-Präsident schon gar nicht mehr dabei. Das Thema interessiert ihn einfach nicht, weshalb die übrigen sechs zu eigenen Verabredungen kamen. Doch was sind die schon wert? Im Entwurf des Klimaschutzberichts der Bundesregierung, den das Kabinett in der kommenden Woche verabschieden will, heißt es, Deutschland werde seine selbst gesetzten Ziele für das Jahr 2020 um acht Prozent verfehlen. Statt den Ausstoß von Treibhausgasen um 40 Prozent gegenüber dem Jahr 1990 zu senken, werde man wohl nur 32 Prozent schaffen. Da fehlt es am beispielhaften Vorbild. Parallel dazu streitet die Bundesregierung auch über die CO2-Grenzwerte bei Autos. Verkehrsminister Scheuer trumpelte schon mal laut: „Die Vernichtung einer europäischen Leitindustrie mache ich nicht mit!“

So sieht dann der deutsche Kampf gegen Protektionismus aus. Deutsche Autos first. Beim Kernkonflikt Handel hatten sich die G7-Teilnehmer auf die wohl schwammigste Formulierung geeinigt, die es gibt. So ist zu lesen, dass es nach schwierigen Verhandlungen gelungen sei, die zentrale Bedeutung eines regelbasierten internationalen Handelssystems zu betonen. Wow. Wer wollte das denn nicht? Das Problem ist nur, dass jeder die Regeln eben anders interpretiert und daran wird sich auch künftig wohl nichts ändern. Schon bei den Abschlusserklärungen wurde deutlich, dass ja rein gar nichts gelöst worden ist. Das räumte sogar die Bundeskanzlerin vor ihrem Abflug ein, als sie sagte, dass der Dissens mit den USA in Handelsfragen weiterhin fortbestehe. Deutlicher kann man ja nicht sagen, dass das Abschluss-Kommuniqué aus nichts anderem, als einem gespielten guten Willen für die Weltöffentlichkeit besteht.

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Über den Autor:

André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.
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Kommentare

  1. Hartmut Schwarz  Juni 10, 2018

    …die These USAmerikan first, kann doch nur mit einer Antithese gekonnterr werden,
    Italien-, Frankreich-, Deutschland, etc.first, das spaltet wie geplant noch deutlicher das komplett uneinnige EU – Europa.
    Und auf dieser EU -Schäche kann Trump ohne nennenswerte Gegenwehr reiten, wie ein Surfer, der seine persönliche Superwelle sucht um diese dann sofort zu nutzten, wenn sie ihm wie eine Steilvorlage angeboten wird.
    Die Grenzenlosedummheit der EU wird vorallem in der (grenzenlossen !!! ) Merkelschen Arroganz, in Form einer allzu simplen Merkeltypischen Alternalternativlosigkeit, mit unkonkretem EU Handeln begründet liegen.
    Könnte man doch glatt denken, dass dieser EU – Supertanker unter Merkels unangefochtener Zickzack Führung, direkt dem Sckicksal einer Titanic sehr nahe ist.
    Bei mir nährt sich immer tiefer dieser Verdacht.
    Kein Wunder also, das jviele versuchen, kurzfristig das sinkende Schiff zu verlassen, um das eigene Land ! noch zu retten.
    Und die Kapitänin plumpst doch noch als erste ins rettende Rettungsboot und kommt erst im Hafen wieder zu Besinnung….ohne Schiff. Denn das hat sich mit einem Felsen angelegt…

  2. Helmut Kaufmann  Juni 10, 2018

    Im Grunde genommen hat Trump nicht mal so viel unrecht. Immer mehr produzieren mit immer weniger Menschen, und zu jedem Preis exportieren stößt an mathematischen und physikalischen Grenzen. Trump wirft den letzten Rettungsanker.
    Ein Ballon platzt zuerst an der schwächsten Stellen. Griechenland war der Anfang. Andere Staaten werden folgen. Am Schluss trifft es uns.
    Ein Mini Beispiel: Vor x-Jahren, als noch kein Freihandel bestand, durften während der deutschen Erdbeerernte keine italienischen eingeführt werden. Heute werden wir ganzjährig von X-Ländern damit überschwemmt.

    In Uganda lebte eine Familie von Radieschen Anbau. Jetzt sind holländische auf dem Markt zum halben Preis. Zölle wären hier lebensnotwendig. Jetzt wundern wir uns warum Millionen zu uns wollen.
    Ob mit oder ohne Zölle. Ein Schneeballsystem hat noch nie funktioniert und wird in Kürze die Erde kahlfressen.

  3. Jörg Wiedmann  Juni 10, 2018

    Die G7 Gipfel gehören in die Mottenkiste. Erstens zu teuer (400 Mio für was?) und zweitens kommen sowieso nur Banalitäten -wenn überhaupt- heraus. Die Abschlusserklärungen sind doch schon lange nur noch ein Witz. Trump legt mit vielen seiner scheinbar „irren“ oder „unberechenbaren“ Tweets doch nur den Finger in die Wunde.
    Der Unterschied zwischen Trump und den anderen Teilnehmern liegt meiner Meinung nach darin, dass Trump einfach keinen Bock auf Gelabber und schwülstige Erklärungen hat, sondern das für Trump wichtig ist das endlich auch mal gehandelt wird. Die Rückkehr von Russland an den G7 Tisch wäre mehr als wünschenswert aber ich denke die Russen haben im Moment andere Prioritäten. (China)
    Nachdem Merkel -und die EU- sich eindeutig gegen eine erneute Aufnahme Russlands an den G7 Tisch ausgesprochen haben, war zu erwarten das Trump genau das Gegenteil vorschlagen würde. Dabei wäre es für die EU und ganz besonders für Deutschland wichtig endlich diese schwachsinnigen Russlandsanktionen ad acta zu legen und wieder konstruktiv mit Russland zusammen zuarbeiten. Aber mit einer russophoben Kanzlerimitation wie Merkel ist das eben nicht zu machen.
    Was Trump mit seinem Verhalten erreicht ist das so langsam auch dem letzten Schlafmichel aufgehen müsste, das unsere EU-Politik Eliten eben gut im endlos labbern aber komplett unfähig sind das kleinste Problem alleine zu lösen.
    Das Trump das Pariser Klimaabkommen als reine Showveranstaltung -die lediglich dazu dient Aktionismus vorzutäuschen- demaskiert hat werden Ihm unsere europäischen Politkasper und unsere grün-linke Mainstreampresse wohl nie verzeihen.