Kurz notiert: Das Versprechen

Geschrieben von: am 09. Feb 2018 um 18:43

Es ist schon erstaunlich, wie locker über ein angebliches Versprechen von Martin Schulz an Sigmar Gabriel hinweg gegangen wird. Bitte mal sortieren. Es wird behauptet und das bestätigt Gabriel ja durch sein Interview in den Funke Medien indirekt selbst, dass Schulz ihm für den Fall einer Fortsetzung der Großen Koalition versprochen habe, den Posten des Außenministers behalten zu dürfen. Nur wann dieses Versprechen abgegeben worden sein soll, haben die Kollegen offenbar nicht herausgefunden.

Doch der Zeitpunkt wäre für die Beweisführung schon interessant. Sollte dieses Versprechen nämlich in dem Moment abgegeben worden sein, als Schulz Spitzenkandidat und später Parteichef wurde, wäre neben der Aussage von Thomas Oppermann unmittelbar nach der Wahl im Handelsblatt über eine theoretische GroKo auch durch Gabriel bestätigt, dass es im Wahlkampf nie um etwas anderes ging, als um die Fortsetzung der Großen Koalition und zwar als Juniorpartner. Das ist doch der eigentliche Skandal. Und daran sind ja wohl sehr viel mehr Genossen beteiligt wie natürlich auch die Spitzenfunktionäre auf Seiten der Union.

Nur scheinen diese Absprachen im Hintergrund heute niemanden sonderlich zu interessieren, sie gelten mehr oder weniger als ein offenes Geheimnis und als nicht weiter beachtenswert. Nur ist über diese eigentlich bekannten Vorgänge im letzten Jahr nie berichtet worden. Im Gegenteil. Die Medien wie auch die SPD-Mitglieder übernahmen am 24. September einfach die Behauptungen von Schulz und der Parteiführung, die ja immer noch im Amt ist, wonach die GroKo Schuld an der Wahlniederlage und Jamaika das erklärte Ziel von Angela Merkel gewesen sei.

Nun beklagen sich genau diese Leute aus den eigenen Reihen über den schrecklich schlechten Hauptdarsteller dieses Schmierentheaters. Sein Verhalten schade der Glaubwürdigkeit der Partei, so ist zu hören. Man hätte den Wählern den Zickzackkurs des scheidenden Vorsitzenden nicht mehr länger vermitteln können. Das heißt, andere Dinge wie den Koalitionsvertrag dagegen schon. Diesem Papier dichtet die Parteiführung nach wie vor eine sozialdemokratische Handschrift an. Doch da ist keine. Versprochen.

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Über den Autor:

André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.
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Kommentare

  1. Jörg Wiedmann  Februar 9, 2018

    Martin Schulz hat im Europawahlkampf 2014 gegen den Luxemburger!! Junker verloren. Wie man überhaupt ernsthaft! auf die Idee kommen konnte Martin Schulz hätte gegen die -aus welchen Gründen auch immer- beliebte Kanzlerparodie Merkel eine wirkliche Chance erschliesst sich mir nicht. Martin Schulz war von Anfang an der falsche Kandidat und es war ein kluger Schachzug von Siechmar Gabriel den eitlen EU Genossen als Kandidaten aufzustellen und zudem noch zum SPD Chef zu machen. 100% Witz inklusive. Ich sehe Martin Schulz sehr kritisch aber wie nun -trotz aller Fehler- von Seiten der SPD mit Ihm umgegangen wird ist mehr als erbärmlich.
    Besonders Genosse Siechmar sollte die „Fresse“ (Nahles Zitat :-) ) halten. Wer war denn von 2009 bis März 2017 SPD Chef?. Wer ist also für dafür verantwortlich das sich die SPD zu einem gewissenlosen neoliberalen Trümmerhaufen ohne sozialdemokratisches Profil entwickelt hat. Wer hat denn alle internen Kritiker brüskiert und ohne Rücksicht abgewatscht?. Wer hat die Basis auf Regionalkonferenzen quasi zur Zustimmung zur GroKo 2013 genötigt? Wer ist für den Verfall der Sitten und den Umgang miteinander innerhalb der Partei verantwortlich?
    Und ausgerechnet dieser Siechmar Gabriel muss nun den Moralapostel spielen.
    Entschuldigung für die derbe Formulierung: Aber ich kann keinesfalls so viel essen wie ich kotzen könnte.

  2. Hartmut Schwarz  Februar 9, 2018

    Die SPDBasis wird begeistert sein von der schauspielerischen Höchstleistung ihrer Spitzenplayer, denn für sie ist diese Show sicher auch interressant oder sogar uraufgeführt. Die Sinnhaftigkeit bleibt mir allerdings verborgen.
    Nach diesem Ja, Nein, Ach, Doch oder Nichtdoch….ist auch mein letzter Glaube an dieser maroden Parteienlandschaft in der Biotonne gelandet, das wird dann wenigsten noch Dung zum Weiterverkaufen.
    Nur der Postenwillen Politik zu veranstalten, wird viele Wähler von SPD und CDU ZUM Nachdenken anregen. Sooh darf es nicht mehr weitergehen.
    Und wenn doch, was dann ?

  3. Moika  Februar 12, 2018

    Egal was man von Schulz halten mag,man hat ihn in der Partei von Anfang an schäbig behandelt und als Sündenbock auserkoren. Gabriel hat aus machtpolitischer Taktik auf den Vorsitz verzichtet, weil klar war, dass diese SPD nichts gewinnen kann. Später aber hat er sich weiter so verhalten, als wäre er noch Parteivorsitzender und ist Schulz zu jeder Gelegenheit in die Parade gefahren. Nahles und Scholz, die übrigens ebenfalls einen „zickzack Kurs“ gefahren sind haben kein Wort zu seinen Gunsten gesagt. Jetzt allerdings wollen sie Personaldebatten ver-hindern.

  4. Rupert Krömer  Februar 12, 2018

    Vielen Dank –
    ein interessanter Blick, wer, was, wem verspricht…
    (1) Mir fehlt der Bezug führender Politiker zu
    a) Demokratie und Bürger
    b) ihrer jeweiligen Partei und den Mitgliedern
    c) den Interessen unserer Republik und ihrer Bundesländer
    d) den Interessen der Menschen – auch den uns nachfolgenden
    (2.1) Braucht unsere Republik andere Bürger –
    wenn man sagt, dass die jeweilige Gesellschaft sich in ihren Volksvertretern spiegelt?
    (2.2) Sind immer noch zu viele Bürger im Dornröschenschlaf?
    (3) Aufwachen und engagieren – aber wie?
    (3.1) Es hat sich bisher bei Grünen, Linke, AfD als „neu“ jeweils gegründete Parteien gezeigt,
    dass sie nicht in der Lage sind, bisherige Strukturen zu verändern…
    (3.2) Die beiden „Volksparteien“ verlieren nicht nur Wähler, sondern kontinuierlich Mitglieder
    Hat das Parteiensystem ausgedient – oder kann es reformiert werden?
    (3.3) Bevor das bisherige Parteiensystem zerschlagen wird, sollten wir versuchen es zu reformieren.
    Wir müssen uns in den Volksparteien engagieren und sie verändern. Dafür ist eine gemeinsame Strategie erforderlich. Darüber sollten wir nach- und vorausdenken.