Eine Einigung im Tarifstreit zwischen IG Metall und den Arbeitgebern im Südwesten der Republik wird heute vermeldet. Die Metaller in Baden-Württemberg präsentieren laut eigener Aussage einen „vernünftig ausbalancierten“ Kompromiss. Am Ende des Tages dürfte aber klar sein: Die Arbeitgeber haben sich wohl durchgesetzt.
Die IG Metall ist mit einer Forderung von 6 Prozent mehr Lohn für eine Laufzeit von 12 Monaten in die Tarifverhandlung mit den Arbeitgebern gegangen. Herausgekommen sind nun 4,3 Prozent mehr Geld für eine „biblische“ Laufzeit von 27 Monaten. Das entspricht auf das Jahr gerechnet ein Plus von nur 1,9 Prozent. Die ersten drei Monate dieses Jahres müssen aber noch abgezogen werden. Denn von Januar bis März gilt die Tariferhöhung ja nicht, dafür wird eine Einmalzahlung von 100 Euro gewährt.
Ein Erfolg für die Beschäftigten ist das mit Sicherheit nicht. Komisch ist es allerdings schon, wenn die Arbeitgeberseite meint, die 4 vor dem Komma schmerze. Sich selbst können sie damit nicht gemeint haben, da sie einmal mehr erreichten, weniger vom Kuchen abgeben zu müssen, als es der „verteilungsneutrale Spielraum“ zulässt. Unterm Strich verzichten doch wieder die Arbeitnehmer, denen man im Gegenzug hübsche, aber leere Verpackungen überreicht.
Einen Anspruch der Beschäftigten auf eine befristete Absenkung der Wochenarbeitszeit auf 28 Stunden mag auf dem Papier gut klingen, dürfte in Wirklichkeit aber eher selten umgesetzt werden. Denn die Arbeitgeber schreiben, dass sie den Anspruch unter bestimmten Voraussetzungen ablehnen können, etwa wenn es betrieblich nicht umsetzbar ist. Das klingt sehr allgemein und dann eben nicht mehr nach einem Anspruch, sondern eher nach einer freiwilligen Leistung.
Auf der anderen Seite erhalten die Arbeitgeber sehr konkrete Möglichkeiten, mehr 40-Stunden-Verträge abschließen zu dürfen, und zwar per Anhebung der Quotenregelungen in Betriebsvereinbarungen. Die Widerspruchsrechte der Betriebsräte werden dagegen eingeschränkt. Was wird also passieren? Die Arbeitgeber werden weiterhin über Fachkräftemangel jammern und darauf bestehen, dass es dann keine 28-Stunden-Wochen gibt, sondern im Gegenteil eine Erhöhung der Arbeitszeit.
Ähnlich verhält es sich mit den tariflichen Zusatzgeldern, die aus gewerkschaftlicher Sicht als Erfolg präsentiert werden. Die Beschäftigten sollen im nächsten Jahr pauschal 400 Euro mehr bekommen. Sicher ist das aber nicht, da die Betriebe diese Leistung auch verschieben, senken oder streichen dürfen, wenn sie meinen, die wirtschaftliche Lage sei gerade schwierig. Das tarifliche Zusatzgeld („T-ZUG“) in Höhe von 27,54 Prozent eines Monatsentgelts klingt auch weniger nach mehr als nach einem faulen Kompromiss.
FEB
Über den Autor:
André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.