Das Abstimmungsergebnis auf dem SPD-Parteitag war doch überraschend knapp. Ich hatte wegen der unverschämten Angstkampagne der GroKo-Befürworter mit einer klareren Entscheidung für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit der Union gerechnet. Das knappe Ergebnis zeigt aber auch, dass es wohl ein Leichtes gewesen wäre, die irrlichternde Parteiführung endlich vom Sockel zu stoßen oder wahlweise in die Wüste zu schicken. Aber dazu fehlt es offenbar an Sozialdemokraten mit Format und Mut.
Stattdessen sah man Scharping, Müntefering, Gabriel und Beck Seit an Seit in der ersten Reihe sitzen. Das soll wohl die künftige Erneuerung oder einen sozialdemokratischen Aufbruch symbolisieren. Außerdem ist zu lesen, dass ausgerechnet Andrea Nahles ihren schwachen Parteichef gerettet haben soll. Kaum zu glauben. Denn diese Frau kann weder reden, noch singen und geschweige denn vernünftig argumentieren, um Menschen zu überzeugen. Nahles ist ein quietschender Widerspruch, wenn sie einerseits an weiteren Zugeständnissen der Union zweifelt, aber andererseits verspricht, hart verhandeln zu wollen, um „gute Sachen herauszuholen“. Was soll das werden? Ein Schaukampf?
Jedenfalls müssten die Umfragewerte für die SPD jetzt nach diesem Parteitag buchstäblich durch die Decke gehen, da ja angeblich nur ein Nein der Delegierten noch ein Stockwerk tiefer in den Umfragekeller geführt hätte. Vermutlich werden sich die Werte für die SPD aber auch jetzt kaum verbessern, weil der Parteitag eben nicht über neue ungeahnte Gestaltungsmöglichkeiten in einer Regierung abgestimmt oder einen inhaltlichen wie personellen Aufbruch beschlossen hat, wovon die Wähler vielleicht beeindruckt gewesen wären, sondern schlichtweg über eine weitere Amtszeit von CDU-Chefin Angela Merkel als Kanzlerin.
Die SPD wählt also Merkel und dazu sichert die Partei ihrer schlingernden Parteiführung die Jobs. Das ist ja auch etwas, hat nur mit Sozialdemokratie leider rein gar nichts mehr zu tun.
JAN
Über den Autor:
André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.