Heute gibt es einen Rekord zu vermelden. 87 Tage und damit einen Tag länger als beim letzten Mal vor vier Jahren, dauert nun schon die Regierungsbildung. Wobei Regierungsbildung das falsche Wort ist. Gebildet wird ja im Grunde seit drei Monaten nichts, sondern lediglich Gespräche darüber geführt, wann man weiter Gespräche führt. So könnte es mit der Regierungsunbildung noch lange weitergehen. Einige meinen bis Ostern, dabei finden die bayerischen Landtagswahlen doch erst im Herbst statt.
Ohne Regierung ist Deutschland ja nicht. Geschäftsführend werden die Ämter anständig verwest. Erstaunlicherweise geht das auch mit weniger Ministern. Es sind nur noch 12 von ursprünglich 15 im Kabinett. Nahles, Schäuble und Dobrindt haben die Regierung bereits verlassen und fallen nun an anderer Stelle unangenehm auf. Ihre Ressorts Arbeit, Finanzen und Verkehr übernehmen Barley, Altmaier und Schmidt kommissarisch mit. Von Überlastung hört man allerdings nichts, was bei immer noch über 30 Staatssekretären, die sich die GroKo von Anfang an leistet, auch nicht wirklich verwunderlich ist.
Die geschäftsführende Kanzlerin macht ebenfalls weiter wie bisher. So dürfen Sie sich auf die 13. Ausgabe ihrer Neujahrsansprache freuen. Vermutlich wird sie wieder etwas über schwerste Prüfungen erzählen, wozu zweifellos die Regierungsunbildung in diesen Tagen, Wochen und Monaten gehört. Im letzten Jahr war das noch ganz anders. Da bestimmte der islamistische Terrorismus, der Deutschland ganz fest im Visier gehabt habe, die Diskussion. Heute wissen wir, „dem Anschlag von Berlin ging eine Kette von Fehleinschätzungen, Versäumnissen und Pannen bei den Sicherheitsbehörden voraus“.
Indem wir unserem Leben und unserer Arbeit nachgehen, sagen wir den Terroristen: Sie sind Mörder voller Hass, aber wie wir leben und leben wollen, das bestimmen nicht Sie. Wir sind frei, mitmenschlich, offen.
…erzählte die Kanzlerin in ihrer Neujahrsansprache vor einem Jahr. In dieser Woche hat die Geschäftsführende nun irgendwo ihre Mitmenschlichkeit entdeckt und es dann doch noch einrichten können, mit den Angehörigen der Opfer vom Breitscheidplatz ein Gespräch zu führen. Der Termin wäre unter normalen Umständen vermutlich sogar ausgefallen, wenn im Deutschen Bundestag wie vor vier Jahren geschehen, ganz plötzlich eine Kanzlerwahl stattgefunden hätte. Gewählt wird mindestens bis Ostern aber nicht mehr und so bleibt auch mal Zeit für andere Dinge.
Übrigens: Der Ostersonntag fällt im nächsten Jahr auf Dienstag, den 1. April. Das Datum sollten Sie sich daher schon jetzt gut einprägen, damit sie nicht unvorbereitet auf Scherzmeldungen über eine geglückte Regierungsbildung hereinfallen. ;-)
DEZ
Über den Autor:
André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.