Eigentlich ist es nicht erstaunlich, dass es derzeit so ausschaut, als wolle keiner so recht mit der Union regieren. Das ist bei Blendern nun mal so, die nur vorgeben, etwas anderes im Sinn zu haben, als die Fortsetzung der neoliberalen Politik. Und weil das so ist, hält sich die Euphorie auch in Grenzen. Befürchtet wird der eigene Untergang, wenn die Wähler das Blendwerk erkennen.
Kurzzeitig konnte man sogar den Eindruck gewinnen, als wollten Teile der Union nicht mehr mit sich selbst regieren. Aber das war ja nur ein Missverständnis. Dennoch tun alle Beteiligten im Augenblick so, als hätten sie noch nie Koalitionsverhandlungen miteinander geführt. So möchte die wieder eingefärbte FDP vor allem viel FDP durchsetzen und die Grünen viel Grün. So als ob die Farbenlehre aus dem Kunstunterricht gelten würde, wonach die Mischung aus Gelb und Grün ein gelblicheres Grün ergibt.
In der politischen Farbenlehre sieht das aber ganz anders aus. Gelbe sind ja nicht gelb und Grüne auch schon lange nicht mehr grün. Sie sind beide eher einheitlich schwarz, wie die SPD übrigens auch, die zwar jetzt in die Opposition gehen, aber die bisherigen schwarzen Kuttenträger weiter in ihren Führungsgremien behalten will. Man tut halt so, als wäre man plötzlich wieder rot oder immer schon gelb gewesen und natürlich grün.
Was noch fehlt, sind die symbolischen Taten, die den Übertreibungen der PR-Kampagnen im Wahlkampf irgendwie entsprechen. Das ist der eigentliche Sinn der anstehenden Verhandlungen. Also wird der Koalitionsvertrag vielleicht in Versalien geschrieben, um den Grünen entgegen zu kommen und der Rest mit dem neuen Herrenduft der Liberalen parfümiert. Angela Merkel wird es egal sein. Sie hat nur bei ihrer Kartoffelsuppe klare Vorstellungen, in politischen Dingen ist sie ja eher anspruchslos.
SEP
Über den Autor:
André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.