Themen im Abseits

Geschrieben von: am 28. Jun 2017 um 17:48

Die „Ehe für alle“ überstrahlt im Augenblick alles. Wie bestellt, um dahinter die noch wichtigeren Themen zu verstecken, die natürlich nicht dem Gewissen, sondern ausschließlich der Koalitionsdisziplin unterworfen sind.

„Bessere Renten für alle, höhere Löhne für alle, bessere Arbeitslosenversicherung für alle, bessere Gesundheitsversorgung für alle, existenzsichernde Arbeitsplätze (keine Leiharbeit, Werkverträge, Befristungen usw) für alle.“ Das wäre doch was, ja wenn die SPD nicht so an Muttis Rockzipfel hängen und erst auf ihre Erlaubnis warten würde.

Die letzte Sitzungswoche des Bundestages vor den Sommerferien hat aber noch andere Themen auf der Tagesordnung, die bislang nicht Gegenstand von Eilmeldungen sind:

  • Heute ist im Haushaltsausschuss über die Zustimmung des Bundestages zu weiteren „Griechenland-Hilfen“ gesprochen worden. Die dürfte es ja eigentlich gar nicht geben, da sich der IWF nicht an dem Programm beteiligt, sondern nur so tut als ob. Die Beteiligung des Währungsfonds wurde aber vom Bundestag als Bedingung formuliert. Deshalb hat Schäuble einen Bettelbrief an die Abgeordneten geschrieben, wie das Handelsblatt berichtet. Nun hat der Haushaltsausschuss aber darauf verzichtet, eine Stellungnahme zur Eurogruppen-Einigung über die Auszahlung einer dritten Tranche in Höhe von 8,5 Milliarden Euro an Griechenland abzugeben. Er winkt das Thema auf Wunsch von Schäuble einfach durch. Eine Diskussion im Bundestag findet nicht statt. Hausaufgaben müssen eben immer nur die anderen machen.
  • Der Armutsbericht stand ebenfalls auf der Tagesordnung. Gestern lobte sich die SPD noch für ihre Regierungsarbeit und attestierte sich eine „hervorragende Bilanz“. Der 5. Armuts- und Reichtumsbericht ist allerdings Zeugnis des Gegenteils, obwohl der Bericht schon geschönt und zensiert präsentiert wird. Jüngste Studien zeigen außerdem eine Zunahme der Altersarmut an. Trotzdem sagt die zuständige Bundesministerin Andrea Nahles, Deutschland gehe es im Grunde gut.
  • Am Donnerstag wird es auch um das Thema Rüstung gehen. In der letzten Woche hatte die Große Koalition im Haushaltsausschuss noch ein gigantisches Beschaffungsprogramm auf den Weg gebracht, obwohl Kanzlerkandidat Martin Schulz, nachdem er sein Sakko auf dem Parteitag der SPD am Sonntag ausgezogen hatte, die Rüstungslogik wieder verurteilte. Er sagte: „Die SPD setzt sich in unsicheren Zeiten für friedliche Konfliktlösung und Abrüstung ein.“ Richtig ist hingegen, dass die SPD ihre Zustimmung zur Beschaffung von Kampfdrohnen verweigert, aber nicht, weil es der SPD um Frieden und Abrüstung geht, sie wollten lediglich erst später entscheiden, ob diese Drohnen bewaffnet werden dürfen.

Über all das liest man in den gängigen Medien eher wenig. Dort freut man sich über so ein Thema, wie die „Ehe für alle“ und beschäftigt sich mit Fragen, ob Merkels Aussage bei Brigitte nun ein Betriebsunfall war oder nicht. Vermutlich lachen sich die GroKo-Größen gerade beim gemeinsamen Koalitionstee kaputt.

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Über den Autor:

André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.
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Kommentare

  1. Hartmut Schwarz  Juni 28, 2017

    …vermutlich lachen sich die GroKo Politiker gerade beim Lesen der Qualitätsmedien kaputt. So wird Merkels „Betriebsunfallfake“ zum Hauptthema hochstilisiert und solange gekocht, bis ein neuer Ablenker aufgemacht werden kann. Leider ist das kein Zufall mehr. Es scheint System zu sein und viele Menschen diskutieren in den Sozialmedien munter weiter. Und so kann Politik auch GGÄnderungen ohne große Öffentlichkeit durchwinken. In vielen Qualitätsmedien geht es immer noch um den „Betriebsunfallface“….und ein Hinweis auf die positiven Änderungen im täglichen Leben durch die GGÄnderungen…ohne wirkliche Informationen…das ist Realität…so oder ähnlich geraten wichtige Themen ins Abseits, sehr zum Gelächter einiger GroKopolitiker…