Sigmar Gabriel blickt als Außenminister zur Stunde mit Sorge auf die arabische Halbinsel. Dort wird Katar von seinen Nachbarn isoliert, nachdem US-Präsident Donald Trump die Region vor zwei Wochen besucht hatte. Gabriel spricht nun von einer „Trumpisierung des Umgangs miteinander in einer ohnehin krisengeschüttelten Region.“ Er warnte vor einer weiteren Eskalation und schlägt vor, dass Deutschland vielleicht eine Internationale der Gemäßigten und Moderaten ins Leben rufen könne, die quasi einen Gegenpol zu den Scharfmachern bilde. Dabei ist er doch selbst einer.
Von einer gemäßigten Internationalen spricht ausgerechnet der, der über die Bild-Zeitung vor ziemlich genau zwei Jahren an Griechenland ausrichten ließ: „Wir werden uns nicht erpressen lassen, und wir werden nicht die überzogenen Wahlversprechen einer zum Teil kommunistischen Regierung durch die deutschen Arbeitnehmer und ihre Familien bezahlen lassen.“ Gabriel hatte die „Trumpisierung des Umgangs miteinander“ schon drauf, als Trump noch gar kein Thema war. Möglicherweise hätte Gabriel damals anders gesprochen, wenn Griechenland über einen Staatsfonds Anteile an VW, Hapag Lloyd, Siemens und Deutsche Bank gehalten hätte.
Inzwischen ist es ja so, dass die profitablen Häfen und Flughäfen Griechenlands in deutscher Hand sind und die Regierung in Athen brav das erfüllt, was die Bundesregierung verlangt. Inzwischen ist auch der IWF auf die kompromisslose Linie Berlins eingeschwenkt. Vor ein paar Wochen hatte Gabriel noch gefordert, dass man Griechenland nun endlich die versprochenen Schuldenerleichterungen verschaffen müsse. Schäuble sagte wie immer „nein“ und Gabriel nahm es hin. Jetzt erfüllt auch noch Lagarde den Wunsch des deutschen Finanzministers, die ganze Angelegenheit bis nach der Bundestagswahl zu verschieben.
Griechenland steht indes mal wieder mit leeren Händen da. Eigentlich ein Skandal, wenn man bedenkt, welche Spardiktate jüngst das Athener Parlament beschließen musste. Doch der Umgang der Europäer miteinander ist kaum der Rede wert, wenn man doch einen Trump in Washington sitzen hat, der prima als Prügelknabe taugt. Dessen rüpelhafte Kommunikationsmethoden auf weltpolitischer Bühne lassen den eigenen, nicht minder rüpelhaften Umgang mit den Griechen, in einem besseren Licht erscheinen. Trump zu attackieren ist auch deshalb sehr bequem, weil es ein wenig den Blick auf den Außenminister selbst verstellt, der an anderer Stelle wie ein Dackel dem Despoten Erdogan hinterher trottet und als Mitglied der Bundesregierung Waffenlieferungen in Krisenregionen weiterhin toleriert.
JUN
Über den Autor:
André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.