Die Union treibt die SPD vor sich her. Auch in NRW. Angela Merkel hält ein Stöckchen hin und Hannelore Kraft springt darüber. Die Ministerpräsidentin Nordrhein-Westfalens erfüllt das Verlangen der Union und betont noch einmal, dass sie ein rot-rot-grünes Bündnis ausschließt. Doch dass Kraft mit den Linken keine gemeinsame Sache machen will, ist schon seit über einem Jahr bekannt.
Ein Interview mit Hannelore Kraft im WDR Radio ist kurzzeitig zu einer Top-Meldung aufgeblasen worden. „Kraft schließt Koalition mit Linken aus“, lautet die Schlagzeile. Neu ist das aber nicht, denn Hannelore Kraft bezeichnet die Linken in NRW schon seit Monaten als regierungsunfähig, so dass bereits vor einem Jahr geschlagzeilt wurde: „Hannelore Kraft erteilt rot-rot-grüner Koalition eine Absage“ Geholfen hat das der SPD in den Umfragen kaum. Es ging eher weiter bergab.
Nun sagt sie es noch einmal etwas deutlicher, weil am Sonntag Landtagswahl ist und die Union es ausdrücklich verlangt. So als wollte Kraft die Umfragewerte wieder sicher dahin zurückbringen, wo sie vor dem Start des Schulz-Zuges schon waren. In dieser Woche hatte sogar die CDU-Vorsitzende Angela Merkel, auch via WDR-Radiointerview, an der Ministerpräsidentin die Einstellung zu Rot-Rot-Grün bemängelt: „Sie sagt nicht klar, ‚ich mach das nicht.’“ Das konnte Hannelore Kraft natürlich nicht einfach so stehen lassen und machte daher umgehend deutlich:
„Mit mir als Ministerpräsidentin wird es keine Regierung mit Beteiligung der Linken geben“
Damit tut sie der CDU einen Gefallen, die im ganzen Land mit der x-ten Version einer Rote-Socken-Kampagne diesmal unter der Überschrift „Alarmstufe Doppelrot!“ plakatiert. Indem Kraft das Verlangen der Union erfüllt und selber erzählt, wie schrecklich regierungsunfähig die Linken doch seien, gibt sie im Grunde genommen der Kampagne des politischen Gegners Recht. Insofern wäre es nur konsequent, wenn nicht Armin Laschet, sondern Hannelore Kraft auf den Wahlplakaten der Union erschiene.
Fremdbestimmung
Schließlich scheint es auch niemanden in der SPD zu stören, dass die CDU den Ausschluss einer Koalitionsoption von der SPD einfach so verlangen kann. Das geht offenbar nur, weil die sprichwörtliche Fremdbestimmung bei den Sozialdemokraten inzwischen zur Gewohnheit geworden ist. Doch indem die SPD das Verlangen des politischen Gegners erfüllt, bildet sie selbst keine Alternative mehr, sondern ist nur noch Anhängsel. Das will die Ministerpräsidentin, die noch nie im Verdacht stand, eine wirklich progressive politische Kraft zu sein, offenbar am Wochenende auch erreichen.
Vielleicht schafft sie es, noch einmal stärkste Kraft zu werden, dann aber auf jeden Fall mit herben Verlusten im Vergleich zur letzten Landtagswahl. Da alles andere mehr oder weniger ausgeschlossen ist, wird es zu einer Großen Koalition kommen, in der sich die SPD dann wieder darüber beklagt, was alles mit der CDU nicht geht. Vermutlich werden sich die Wähler, die der SPD bislang recht wohlgesonnen waren, bis zum Sonntag die bekannten GroKo-Ausreden noch einmal in Erinnerung rufen und sich bei diesen Aussichten fragen, warum sie überhaupt noch zur Wahl gehen und der SPD ihre Stimme geben sollten.
Nicht ausgeschlossen ist daher, dass die CDU mit ihrer Angstkampagne, die durch die amtierende Ministerpräsidentin Unterstützung erfährt, am Ende dann doch noch das Rennen macht. Man darf gespannt darauf sein, mit welcher Begründung die Niederlage im Willy-Brandt-Haus diesmal erklärt werden wird.
MAI
Über den Autor:
André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.