In dieser Woche liegt der Fokus wieder auf Europa. Der französische Präsident Macron hat vor dem Europäischen Parlament in Straßburg eine Rede gehalten, in der es um nicht weniger als um „Europas Wiedergeburt“ geht. Das wirkt schon befremdlich, nachdem er gerade das Völkerrecht in Syrien gebrochen hat.
Die Euphorie blieb daher aus. Doch was soll er machen. Trump spielt Golf in Florida, hat also keine Zeit für Weltpolitik und Theresa May ist ja faktisch schon ausgestiegen aus der Europäischen Idee. Das Rad dreht sich dennoch weiter. Macron hofft dabei auf Deutschland und die Große Koalition. Die hat ja bekanntlich einen „Neuen Aufbruch für Europa“ versprochen und ganz nach vorne gestellt.
Nur leider hat die Bundesregierung überhaupt kein Interesse an einem solchen Aufbruch. Er diente ja auch nur dazu, die Reihen der eigenen Wahlvereine zu schließen, als die Regierungsbildung Spitz auf Knopf stand. Wer dieser Tage zum Beispiel ins Bundesfinanzministerium schaut, reibt sich doch verwundert die Augen.
Sein wie Schäuble
In einer langen Nacht des Anschweigens und des Orangenschälens haben die Sozialdemokraten das Ressort erobert. Und was machen sie daraus. Nichts. Minister Scholz hat sich nicht nur einen Investmentbanker von Goldman Sachs ins Haus geholt, sondern behält auch die volkswirtschaftlich inkompetente Mannschaft seines Vorgängers.
Scholz will sein wie Schäuble. So ruft auch er zur Sparsamkeit auf und setzt die bekannte deutsche Blockadehaltung in Europa fort. Der Abbau der Exportüberschüsse scheint nach wie vor kein Thema zu sein, aber dabei wird vermutlich Präsident Trump nachhelfen, wenn er seine Golfrunde in Florida beendet hat. Die Stimmung in der deutschen Wirtschaft scheint sich offenbar zu drehen und das IMK spürt bereits eine Rezessionsgefahr.
Mach neu, aber langweile mich nicht
Am Sonntag ist SPD-Sonderparteitag in Wiesbaden. Andrea Nahles will Parteichefin werden. Vermutlich wird sie es auch, ganz locker, obwohl die Spitzengenossen kein Geheimnis aus ihrer Absicht machen, alles so weiterlaufen zu lassen wie bisher. Generalsekretär Lars Klingbeil rief die Mitglieder erst auf, „Wenn’s Dir nicht gefällt, mach neu.“ Er vergaß aber zu erwähnen, dass er dabei nicht gelangweilt werden möchte.
Es soll sich eben nichts ändern. Deshalb ist Merkel auch weiterhin die ewige Kanzlerin, der blasse Scholz Finanzminister, Seehofer als Experte fürs Orangenschälen bei den Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst und Nahles bald SPD-Parteichefin. Sehen Sie einen Aufbruch für irgendwas? Es ist doch das Gegenteil. Ein Abbruch für Deutschland und Europa sowieso.
APR
Über den Autor:
André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.