Sechs Stunden hat das Treffen der Koalitionsspitzen im Kanzleramt gedauert, in der Hoffnung, dass jemand in den frühen Morgenstunden einbricht, also nicht ins Kanzleramt, was durchaus wünschenswert gewesen wäre, um die versammelte GroKo-Truppe noch einmal wachzurütteln. Nein es geht um die Verfassung der Verhandlungspartner. Denn nächtliche Gespräche sind dazu da, den Gegenüber erst in die Müdigkeit zu treiben, um ihm dann Zugeständnisse abringen zu können. Und siehe da, Der Großen Koalition gelang ein Durchbruch beim Einbruch.
Einbrecher sollen härter bestraft werden. Unklar ist, ob damit auch ein politisches Verhalten gemeint sein könnte, also beispielsweise ein Nachgeben der SPD beim Thema „Ehe für alle“. Die Sozialdemokraten könnten nämlich leicht dem Werben von Linken und Grünen erliegen und schon morgen ein Gesetz beschließen, das die Rechte gleichgeschlechtlicher Partnerschaften stärkt. Einfach so, ohne die Union. Diesem Szenario schob die GroKo, die offenbar unter dem besonderen Schutz des Grundgesetzes zu stehen scheint, aber einen Riegel vor.
Wer einbricht, soll mindestens mit einem Jahr Haft bestraft werden, heißt es im nächtlichen Kompromiss. Böse Zungen behaupten aber, dass sich die SPD Ende September gleich noch einmal für vier Jahre freiwillig einsperren lässt. Gestützt wird die Annahme auch durch das Thema Begrenzung der Managergehälter, das die Sozialdemokraten lediglich im Wahlkampf weiter verfolgen wollen. Im Gegenzug soll der Einblick in die Gehälter von Männern und Frauen noch in dieser Wahlperiode straffrei möglich sein. Gemeint ist ein sogenanntes Auskunftsrecht für Arbeitnehmer in Betrieben mit mehr als 200 Beschäftigten.
Statt auf schnöde Lohngleichheit, setzt die SPD lieber auf intellektuelle Transparenz. Denn jeder weiß, Wissen ist auch Kapital. Für einen entsprechenden Ausgleich hat die Union aber gesorgt, indem sie den Ausbruch aus der Teilzeitfalle verhinderte. Das von der SPD verlangte Rückkehrrecht in Vollzeit bleibt ausgeschlossen. Damit konnte ein möglicher Einbruch bei der Zahl der Teilzeitverträge verhindert werden. Wer nun eine leichte Übelkeit verspürt, braucht sich nicht zu sorgen. Denn zum Glück können verschreibungspflichtige Arzneien auch weiterhin straffrei über das Internet bestellt werden. Danke SPD.
PS: Im Schatten der für die Kameras inszenierten Streitigkeiten hat die GroKo auch mal wieder große Einigkeit demonstriert und zwar bei dem dicken Geschenk für Versicherungen und Banken unter dem Stichwort „Infrastrukturgesellschaft“. Sie soll natürlich kommen. Zur Beruhigung heißt es aber in dem Ergebnispapier: „Es wird keine Privatisierung der Bundesstraßen geben.“ Dafür wird aber die Beteiligung von Investoren im Rahmen öffentlich-privater Partnerschaften bei Einzelprojekten erlaubt. Das hat natürlich überhaupt nichts mit Privatisierung zu tun.
Siehe dazu auch: Trickserei bei Maut nicht vorbei
MRZ
Über den Autor:
André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.