Das ging aber schnell: Ein kleines Bundesland mit nur 800.000 Wahlberechtigten reicht aus, um die euphorisierte SPD in den Krisenmodus zurückzuschicken. Der Applaus wirkt schon wieder gequält, das Lächeln aufgesetzt und dem Heiligen Martin fällt kaum mehr ein, als von Dauerläufen und langen Atemzügen zu sprechen, die seine Jünger, weil sie doch Lust an der Qual haben, noch machen werden. Das klingt nicht nach Zuversicht, sondern bereits nach verzweifelten Durchhalteparolen.
Die erste Wahl in diesem Jahr ist gelaufen und die SPD ist mit ihrem Latein bereits am Ende. So könnte man das Ergebnis der Abstimmung im Saarland wie auch die Reaktionen danach zusammenfassen. Die Weigerung, konkrete Aussagen zu politischen Zielen und Bündnissen zu treffen, fällt den Sozialdemokraten nunmehr auf die Füße zurück. Sie müssen weitere Niederlagen fürchten, da klar ist, dass die Umfragen auch im Jahr 2017 meilenweit von den tatsächlichen Wahlergebnissen entfernt liegen.
Dennoch klammert sich die SPD, die einmal sagte, keine Umfragen gewinnen zu wollen, an ebendiese. So wird aus einem realen Prozentverlust dann doch noch eine tolle Aufholjagd. Die Union hat nun leichtes Spiel. Mit ihrer Forderung, sich für einen Koalitionspartner zu entscheiden, zwingt Merkel die Schulz-SPD in die Defensive oder weiter in die Glaubwürdigkeitsfalle, sollte die SPD immer noch außerparlamentarisch links zu blinken versuchen.
Nichts als leere Drohungen
Immerhin hat Schulz einen Fehler bereits korrigiert und kommt nun doch zum Koalitionsgipfel ins Kanzleramt. Allerdings hat er nichts als leere Drohungen im Gepäck. Zitat:
„Wir wollen die Begrenzung von Managergehältern und die Rückkehr von Teilzeit in Vollzeit durchsetzen. Und wir werden auch die Ehe für alle auf die Tagesordnung setzen. Wenn die Union weiter blockiert, werden wir das ganz sicher zum Thema im Wahlkampf machen.“
Da bekommt die Union jetzt aber Angst, wenn sich die SPD auf die Hinterbeine stellt und irgendwas zum Thema im Wahlkampf machen will. Wie albern ist das denn? Eine Drohung ergebe nur dann einen Sinn, wenn Schulz die vorhandene Mehrheit im Bundestag für all diese Dinge konsequent nutzen würde und damit der Union signalisierte, es geht auch ohne Euch. Aber das will er nicht. Seine SPD nennt das Agieren gegen die eigenen Überzeugungen absurderweise Verlässlichkeit. Schließlich habe man den Koalitionsvertrag nicht unterschrieben, um ihn zu brechen.
Nur was sollen die Wähler davon halten? Der hart arbeitende Mensch zum Beispiel, der sich an die Regeln hält und pausenlos von Schulz umgarnt wird. Wie soll er die Haltung einer SPD verstehen, die vorgibt, seine Interessen zu vertreten, aber für die ein Koalitionsvertrag mit der Union am Ende des Tages dann doch immer wichtiger ist? Der hart arbeitende Mensch wird die Sache mit der Blockadehaltung vermutlich ganz anders sehen, sich dann ein weiteres Mal arg verschaukelt fühlen und der SPD künftig noch seltener über den Weg trauen, bis sie da gelandet ist, wo die Sozialdemokraten in den Niederlanden schon sind.
MRZ
Über den Autor:
André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.