Die Maske fällt

Geschrieben von: am 28. Mrz 2017 um 18:09

Morgen tagt der Koalitionsausschuss in Berlin. Nach dem Ausräumen von Terminschwierigkeiten ist nun auch SPD-Chef Martin Schulz dabei. Der hat ziemlich schnell nach der Saarland-Wahl eine Debatte um Koalitionsoptionen am Hals. Alle melden sich zu Wort, auch die Flügel in der eigenen Partei. Die Geschlossenheit scheint dahin. Doch das alles war vorhersehbar.

Die SPD kommt aus ihrem selbst verschuldeten Dilemma nicht heraus. Und das heißt Große Koalition. Um den Wahlkampf spannend zu machen, entschieden sich die Strategen im Willy-Brandt-Haus schon im letzten Jahr, als noch Gabriel an vorderster Stelle und seine Partei in den Umfragen ziemlich weit hinten stand, für angebliche „Lockerungsübungen“ mit der Linkspartei. Gabriel tauchte bei einer regelmäßig stattfindenden Gesprächsrunde mit Bundestagsabgeordneten von SPD, Grünen und Linken auf, um mal zu hören, worüber die so reden.

Die SPD spielt nur auf Platz

Das politische Signal verfehlte seine Wirkung nicht. Das rot-rot-grüne Schreckgespenst machte am nächsten Tag mal wieder die Runde und ein SPD-Kanzlerkandidat ergab plötzlich auch mit nur 25 minus X Prozent plötzlich wieder einen Sinn. Die Andeutung einer Möglichkeit, neben der Union auch andere Koalitionspartner in Betracht zu ziehen, schien aus Sicht der SPD erforderlich, um den Eindruck zu zerstreuen, doch wieder nur auf Platz zu spielen.

Doch die SPD spielt auf Platz. Die Saarland-Wahl, ich wies bereits am Montag darauf hin, hat dies noch einmal eindrücklich gezeigt. Nicht das Offenhalten einer Machtoption mit den Linken war hier das Problem, wie vor allem von denen behauptet wird, die am Rockzipfel der Kanzlerin hängen (also u.a. die Union, der Seeheimer Kreis und viele Hauptstadtjournalisten), sondern die Bereitschaft, die Große Koalition als ganz normales Bündnis zu verstehen, das man einfach fortsetzen könne.

Wenn die Große Koalition aber so normal für die SPD geworden ist, kann das Offenhalten einer weiteren Machtoption ja auch nur die Fortsetzung der Politik bedeuten, die es in der Großen Koalition mit der SPD schon gibt. Die zusätzliche Machtoption ist also keine wirkliche Alternative, sondern der SPD-Vorschlag für ein Weiter-so in anderer farblicher Zusammenstellung. Wenn der Wähler nun aber spürt, dass er inhaltlich das gleiche wie bisher geboten bekommt, ist der Wunsch nach einem Wechsel eher gering. Er wählt gleich das Original.

Alles auf Schulz

Will die SPD also erfolgreich sein, muss sie sich inhaltlich ändern und klarmachen, dass die Ziele mit der Union nicht zu erreichen sind. Sie muss sagen, dass die Große Koalition jetzt zu Ende und ein Politikwechsel erforderlich ist. Doch was macht die SPD. Sie klammert sich an einen Koalitionsvertrag, den die Union schon längst für erledigt hält, und setzt alles auf Schulz. Der reist nun am Mittwoch mit kämpferischer Einstellung und drei Kernforderungen nach Berlin, um sich zu blamieren – mit oder ohne faulen Kompromiss.

Denn Martin Schulz will die Union dazu bewegen, einer Begrenzung von Managergehältern, der Rückkehr von Teilzeit in Vollzeit und einem Kompromiss bei der Ehe für alle zuzustimmen. Sollte es damit nicht klappen, droht der Kanzlerkandidat nicht etwa mit dem Ende der Koalition oder einer Abstimmung im Bundestag, die er vermutlich gewinnen würde, sondern aus Rücksicht auf die Große Koalition lediglich mit einem verschärften Wahlkampf.

Obwohl damit klar ist, dass sich Schulz auf die Fortsetzung der Großen Koalition auch nach dem 24. September bereits festgelegt hat, wollen er und seine Parteispitze doch weiter alles offenhalten, in der Hoffnung, irgendwie stärkste Kraft zu werden, die sich dann aussuchen kann, mit wem sich die eigenen Inhalte besser umsetzen lassen. Doch das ist verlogen. Denn wer sich alle Richtungen offenhält, hat gar keine Inhalte, sondern nur das Weiter-so mit Posten für Minister und Staatssekretäre im Sinn.

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Über den Autor:

André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.
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Kommentare

  1. Hartmut Schwarz  März 28, 2017

    Spekulationen:
    Warum verhält sich die SPD so, als hätte sich da ein Trojaner eingeschlichen, der die Steuerung übernommen hat. Das kann doch nicht sein. Kann nicht sein, erklärt aber einiges. Journalistisch findet sich vielleicht ein intellektueller Ansatz, der abzuleiten wäre. / Das ist alles so enttäuschend, was diese Partei anstellt.

  2. Arnold Schiller  März 28, 2017

    Das ist doch schon lange klar, dass die SPD nicht rot-rot-grün will. http://arnold-schiller.de/anpacken-statt-rumlabern/ würde den Kanzlersturz bedeuten – der so ungewöhnlich in der Geschichte der BRD nicht wäre. r2g hat die Mehrheit im Parlament und könnte mit einem Kanzler Martin Schulz in den Wahlkampf ziehen. Was bis zur Wahl angefangen würde, würde der Wähler dann absegnen oder aber eben anders wählen, wenn es dem Wähler nicht gefällt. Das Risiko will Rot-Rot-Grün aber gar nicht eingehen. Man will nur wie in den vergangenen zwei Wahlkämpfen das linke Wählerpotential mit der Hoffnung locken, dass sich was ändert. Hat ja die letzten beiden Male auch funktioniert. Und im Saarland kam die große Koalition sogar auf 70 Prozent. Bald ist ein dreiviertel der Deutschen für Überwachung durch PKW-Maut auch noch flächendeckend mit Bewegungsprofilen und für die Offenlegung der persönlichen Daten NETZDG. Dann braucht die Stimmung nur noch zu kippen und ein deutscher Edogan kann die Macht auf eine Art und Weise übernehmen, dagegen waren Honecker und Hitler Bambi.

  3. Habnix  März 29, 2017

    Die Schulzkarte war mit Absicht, damit es zur großen Koalition weiter gehen kann.

    In der Politik gibt es keine Zufälle, wenn etwas geschieht, dann war es so geplant.