Der Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble… Wenn ein Satz schon so beginnt, ist klar, es geht mal wieder um eine Äußerung des Mannes, der nicht Finanzminister sein sollte, weil es ihm nicht um die Sache der Finanzen, sondern vorwiegend um Demütigung und Machtpolitik geht. Schäuble hat Macht und er spielt sie mit bewussten Provokationen wieder und wieder aus. Um vom Streit der Gläubiger abzulenken, die noch immer um eine griechische Lösung ringen, sagt er, Griechenland leiste sich einen zu hohen Lebensstandard. Widerspruch vom Koalitionspartner folgt auf dem Fuße, doch er ist nicht ernst gemeint.
So hat SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann den Finanzminister davor gewarnt, Griechenland schon wieder schlechtzureden. Eine Zuspitzung sei gefährlich, so Oppermann. „Auch deshalb rate ich Herrn Schäuble von einer erneuten öffentlichen Kampagne wie im Sommer 2015 gegen Griechenland ab.“ Ein guter Rat, mehr aber auch nicht. „SPDexit bei Grexit“ würde die Warnung glaubhafter machen. Doch so? Während der Kanzlerkandidat der SPD, Martin Schulz, weiterhin den Europafreund gibt, der alles friedlich zusammenhalten und den Aufstieg noch radikalerer Kräfte verhindern will, haut Schäuble den Laden weiter kurz und klein.
Es geht nicht um Griechenland
Doch die SPD bleibt brav an seiner Seite, ist doch klar. Kein Minister räumt seinen Stuhl vorzeitig. Es gilt der Koalitionsvertrag. Und der verspricht den Sozialdemokraten in der Regierung nun einmal einen hohen Lebensstandard. Schäuble weiß das. Er weiß auch, dass der Kanzlerkandidat der SPD auf allen Kanälen eine bessere Politik verspricht und damit Stimmen fängt. Bei Schulz ist viel von Gerechtigkeit die Rede, die es wieder herzustellen gelte. Ein schwacher Angriff, den Schäuble nur zu gern mit einem brutalen Gegenschlag beantwortet, um den in Umfragen aufschließenden Koalitionspartner vorzuführen.
Schäuble muss ja keine Rücksicht nehmen. Sein Image als harter Hund ist bekannt. Das Bashing gegen die Griechen ist zudem noch immer populär, gerade wenn mehr oder weniger geschickt von einem höheren Lebensstandard in Zusammenhang mit einem von Hilfszahlungen abhängigen Krisenland gefaselt wird. Die Griechen müssen halt herhalten für den Wahlkampf, den Wolfgang Schäuble hierzulande auszutragen pflegt. Die SPD könnte das Spiel leicht beenden und der Regierung den Rücken kehren oder noch besser einen Beschluss herbeiführen, der die Kanzlerin und ihren Minister zur Abdankung zwingt.
Doch eine Mehrheit ließe sich natürlich nur theoretisch finden. Vermutlich würden die inzwischen pechschwarz anlackierten Grünen lieber als Mehrheitsbeschaffer zugunsten der Union in die Bresche springen, als bei einem derartigen Experiment mitzumachen. Und so geht die Rechnung Schäubles sicher auf. Indem er die Griechen demütigt, führt er die Sozen vor, macht den Grünen wieder Hoffnung und bekommt am Ende vermutlich das, was er haben will. Den Vorsprung, den Merkel braucht, um Kanzlerin zu bleiben.
FEB
Über den Autor:
André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.