Nach der Vorstandsklausur der CDU im saarländischen Perl haben Annegret Kramp-Karrenbauer und Angela Merkel heute eine Pressekonferenz gegeben. Wie immer interessierte sich die Presse nur für Nebensächlichkeiten wie Obergrenzen, den Frieden zwischen CDU und CSU und Sicherheitspolitik. Dabei hätte eine Aussage Merkels für etwas mehr Aufsehen sorgen sollen. So sagte die Kanzlerin, dass sie nicht viel von Abschottung und Protektionismus halte, wie das offensichtlich vom neuen Präsidenten der USA geplant sei. Als Begründung führte Merkel Deutschland an, das bisher immer als fairer Spieler im Welthandel aufgetreten sei und auf ein Miteinander gesetzt habe. Das stimmt natürlich überhaupt nicht.
Bevor Angela Merkel aus Imagegründen im vorletzten Jahr Grenzen öffnete, erledigte sie zusammen mit Wolfgang Schäuble Griechenland. In einem beispiellosen Vorgang setzte Deutschland ein weiteres Austeritätsdiktat für Europa durch. Entweder das neue Programm, das heute schon wieder Makulatur zu sein scheint, oder der Rausschmiss aus der Eurozone. So lautete das Ultimatum damals, das wenig mit einem partnerschaftlichen Umgang zu tun hatte, als mehr mit dem Ausnutzen einer Machtposition, obwohl Merkel in anderen Zusammenhängen ein „Recht des Stärkeren“ immer wieder geißelt.
Unterdessen arbeitet ihr Finanzminister weiter unbeirrt am deutschen Europa. Schäuble sehe es gerne, wenn die Verteilung von EU-Geldern künftig an Bedingungen geknüpft werde und zwar an solche, die natürlich Berlin vorgibt, in der Regel sind das irgendwelche Spar- und Reformauflagen. Damit das auch wie gewünscht geschieht, ist inzwischen das U-Boot Günther Oettinger in der EU-Kommission für das EU-Budget zuständig. Auch hier zeichnet sich kein partnerschaftlicher Umgang miteinander ab.
Bleiben noch die enormen deutschen Überschüsse in der Handelsbilanz, die hierzulande kaum als Problem erkannt werden. Dabei beschreiben sie die Einseitigkeit einer Wirtschaftspolitik, die andererseits Protektionismus geradezu provoziert. Auf diesen Zusammenhang weisen die Partner im G20 Format übrigens immer wieder hin, was allerdings bei Schäuble und deutschen Medien ebenso häufig auf taube Ohren stößt.
Es ist daher albern und falsch zugleich, wenn sich Merkel als faire Spielerin im Welthandel versteht und Länder dafür verurteilt, wenn sie sich mit Protektionismus gegen Überschussländer wie Deutschland oder China zu Wehr setzen wollen. Das ist nämlich erlaubt, wie Heiner Flassbeck kürzlich ausgeführt hat.
Deutschland sollte sehr genau hinsehen, wie Trump sich zu China verhält, denn auch Deutschland, das G20 Land mit dem höchsten Überschuss der Exporte über die Importe (fast 9 % des BIP) hat einiges zu verlieren. Die USA sind für Deutschland der Handelspartner mit dem größten Defizit von etwa 60 Milliarden Euro pro Jahr. Das wird dem Präsidenten Trump spätestens dann auffallen, wenn sein Finanzminister den jährlichen Currency Report an den Kongress erstellt, in dem aus der Sicht der USA die größten Sünder im internationalen Handel angeprangert werden.
Was also kann ein Präsident Trump gegenüber den Überschussländern tun? Ein Handelskrieg, so der Eindruck in Europa, würde am Ende auch den USA schaden. Doch das ist viel zu kurz gedacht. Zunächst ist es kein Handelskrieg, wenn man Überschussländer in die Schranken weißt. Nach den Regeln der Welthandelsorganisation (WTO) kann man Ländern mit hohen Überschüssen ganz legal mit dem Schutz der eigenen Märkte drohen und sanktionieren.
JAN
Über den Autor:
André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.