Da hat die Telekom eine Störung und was hört man in den Nachrichten. Es wird vor hackenden Russen gewarnt. Schon komisch.
Statt sich mit den offensichtlich schwachen technischen Endgeräten aus dem Hause des Bonner Telekommunikationskonzerns zu beschäftigen – Router anderer Hersteller im Netz der Telekom waren schließlich nicht betroffen – oder mit der Frage, wie sinnvoll das sogenannte Triple-Play ist, also Telefon, Internet und Fernehen via IP (ist eins weg, ist alles weg), warnt der Chef des BND, Bruno Kahl, allgemein vor Hackerangriffen, die, wie sollte es anders sein, nur von Russland aus betrieben werden können.
Ist die Cyber-Attacke auf die Telekom nur ein Vorgeschmack auf die Dinge, die noch kommen?
Wir sollen glauben: Nur die Russen hacken im World Wide Web, nur die Russen führen Krieg, werfen Bomben auf Krankenhäuser und annektieren Territorien in der realen Welt, nur die Russen betreiben Propaganda in allen Foren und ach ja, nur die Russen dopen ihre Sportler.
Schadprogramme
Und jetzt fürchtet der BND-Chef auch noch, dass die Russen Einfluss auf die Bundestagswahl 2017 nehmen könnten. Na, wenn es der Wähler schon nicht tut, könnte man da scherzhaft anmerken. Aber Spaß beiseite, Kahl redet von russischen Störversuchen, die eine politische Verunsicherung hervorrufen könnten. Nun wird es aber ernst. Die Demokratie ist in Gefahr.
Kanzlerin Angela Merkel hat schließlich erst 11 Jahre auf der Regierungsuhr und will den Rekord vom dicken Oggersheimer noch knacken. Da die dauerhafte Wiederwahl eines Regierungschefs entgegen der Gepflogenheiten in anderen Demokratien in Deutschland nicht verboten ist, könnte sie das auch schaffen und als bekannte technische Störung weiter durchdiktieren.
Noch einmal anzutreten und natürlich zu gewinnen, darüber hat Merkel dann auch lange, nein, unendlich viel nachgedacht. Störversuche haben ihr bis zur offiziellen Verkündung nichts anhaben können. Selbst die angetraute und weiterhin willige Juniorpartnerin SPD steht für eine Neuauflage der Großen Koalition bereit, will das aber so öffentlich nicht zugeben und fantasiert stattdessen etwas von einer offenen Bundestagswahl.
Daneben führen die Sozialdemokraten einen Affentanz um den eigenen Kanzlerkandidaten auf. Neuestes Kapitel: Ich weiß ja was, was du nicht weißt, aber ich sage es nicht. Doch Vorsicht lieber Leser: Auch wenn es so aussieht, hier hat der Russe nicht hineingehackt, um für politische Unruhe zu sorgen. Dafür ist die SPD als ehemaliges Betriebssystem, das sich bereits vor Jahren in ein unberechenbares Schadprogramm verwandelt hat, viel zu unattraktiv.
Ein Virus breitet sich aus
An eine Behebung der technischen Dauerstörung bei den Sozialdemokraten glaubt schon lange keiner mehr. Daher hofft auch die halbe Republik angesichts der Wahlerfolge von Trump und Co. auf die Kanzlerin, die plötzlich auch bei Linken als Stimme der Vernunft wahrgenommen wird. Sie könne zur Retterin der freien Welt mutieren, liest man da. Offenbar breitet sich ein ganz anderes Virus aus, von dem das Gerede über die Vogelgrippe nur ablenken soll.
Nur sollte die politische Unruhe tatsächlich zunehmen und Merkel nicht, wie derzeit laut Umfragen noch zu erwarten ist, ihre vierte Amtszeit mit der dann dritten Großen Koalition fortsetzen können, sondern andere Kräfte einen Erfolg einfahren, dann ist jetzt schon klar, wer dafür die Verantwortung trägt. Die Russen. Denn Zitat: „Anhaltspunkte für eine Spur nach Russland“ gebe es bereits.
Nur: „Die Zurechnung zu einem staatlichen Akteur (gemeint ist wohl Putin, AT) ist technisch naturgemäß schwierig“, so Kahl. Mit anderen Worten: Beweise gibt es keine und wird es auch nicht geben. Aber wer braucht die schon. Es sind ja schließlich die RUSSEN. Das ist Beweis genug. „Postfaktisch“ ist nämlich nicht neu, sondern Teil jener technischen Störung, die die Regierenden seit Jahren bei sich ignorieren.
NOV
Über den Autor:
André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.